Die Trends, die den Markt für Customer-Relationship-Management (CRM) derzeit bewegen, sind eigentlich nicht völlig neu. Es handelt sich vielmehr um moderne Techniken, die neuartige Möglichkeiten der Kundenkommunikation eröffnen sowie zusätzliche Anwendungsgebiete erschließen.
Jedenfalls boomt das CRM-Geschäft. Einer Studie des Marktforschungsunternehmens IDC zufolge haben die Softwareanbieter 2011 weltweit einen Zuwachs von elf Prozent sowie einen Rekordumsatz von 18,2 Milliarden Dollar erzielt. In Deutschland erreichten sie bei einem Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Euro sogar ein Wachstum von 16 Prozent. Auch 2012 ist mit einer starken Nachfrage zu rechnen, weil mittelständische Unternehmen in Projekten unter anderem folgenden CRM-Trends Rechnung tragen wollen:
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Strategische Nutzenoptimierung,
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Datenschutz,
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Mobile CRM und
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xRM
Trend 1: CRM strategisch nutzen
Gegenwärtig gehen Analysten davon aus, dass etwa 80 Prozent der deutschen Firmen Software zum Management ihrer Kundenbeziehungen einsetzen. Allerdings nutzt nur etwa die Hälfte davon CRM-Software in Verbindung mit einer kundenorientierten Unternehmensstrategie. Der Grund: Viele Betriebe haben in der mittlerweile 14 Jahre andauernden Historie CRM lediglich als Softwarethema betrachtet und nur technisch umgesetzt. Die eigentlichen CRM-Ziele wie Kundenbindung und Neukundengewinnung - also messbare Ergebnisse - blieben hingegen auf der Strecke.
Nach einer aktuellen Marktstudie von Makam Market Research unter 250 Unternehmen in Deutschland sowie der Schweiz arbeiten noch 15 Prozent der Befragten in Sachen Kundenanalyse mit einfachen Office-Tools wie Excel. Nur 16 Prozent sind mit ihrer CRM-Lösung zufrieden. Das am häufigsten genannte Ziel einer neuen CRM-Software ist für 60 Prozent der Befragten die Verbesserung der Datenqualität. Mit dieser Zielsetzung befinden sie sich am untersten Ende der CRM-Bedürfnispyramide. Das erklärt auch, warum höher qualifizierte Ziele wie Kundenbindung und Potenzialausschöpfung oft noch in weiter Ferne liegen.
Viele Unternehmen lernen inzwischen jedoch aus den Defiziten der Vergangenheit. Sie planen, CRM strategisch auszubauen, um die mit einer besseren Kundenorientierung verbundenen Erfolgspotenziale ausschöpfen zu können. Zu diesem Zweck sind oft allerdings auch Ersatzinvestitionen erforderlich. Zum Beispiel, wenn neue Anforderungen nachträglich nicht umgesetzt werden können oder ein Wechsel des Softwareherstellers aus anderen Gründen angestrebt wird.
Datenschutz und Social CRM
Trend 2: Verschärfter Datenschutz
Mit der Integration von Social Media und Cloud Computing müssen Unternehmen noch mehr datenschutzrechtliche Richtlinien erfüllen. In beiden Fällen kommen besonders schützenswürdige, personenbezogene Daten ins Spiel. Die teilweise noch fehlende Rechtssicherheit und Verunsicherung in diesen Punkten führt jedoch noch zur Zurückhaltung potenziell an CRM interessierter Betriebe.
Im Herbst 2012 wird es zudem zu weiteren Änderungen im Datenschutzrecht kommen, weil dann die Übergangsfrist der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes ausläuft. Außerdem hat die EU-Kommission kürzlich den Entwurf einer neuen EU-Datenschutzverordnung vorgelegt, die im Herbst in Kraft treten soll. Wenn diese wie geplant verabschiedet werde, so Markus Klinger, Rechtsanwalt und Experte für Datenschutz in Stuttgart, hätte dies massive Auswirkungen auf das Marketing eines jeden Unternehmens.
Nach Klingers Erfahrung spielt der Datenschutz bei CRM-Projekten bis dato aber nur eine untergeordnete Rolle. Hier bestehe gerade im Mittelstand immenser Nachholbedarf. Die Unternehmen werden es sich spätestens mit Inkrafttreten der EU-Datenschutzverordnung nicht mehr leisten können, diese Anforderungen zu ignorieren. Klinger rät daher, "das Thema Datenschutz in CRM-Projekten sehr ernst zu nehmen: "Wer hier rechtzeitig handelt und die Weichen richtig stellt, wird in Zukunft Wettbewerbsvorteile haben."
Trend 3: Social CRM
Nach Angaben der Marktforscher von Gartner entfielen 2010 rund 90 Prozent der Ausgaben für Social Media beziehungsweise Social CRM auf den Business-to-Consumer-Markt. Inzwischen schätzen die Analysten das Volumen des Marktes für Social-CRM-Produkte bis Ende 2012 auf eine Milliarde Dollar. Gemessen am gesamten CRM-Geschäft macht dies momentan nur einen Anteil von fünf Prozent aus.
Eine Befragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) bei 185 Unternehmen in Deutschland zeigt aber, dass 85 Prozent der Teilnehmer dem Thema Social Media eine hohe Bedeutung beimessen. Derzeit sind in Deutschland knapp 50 Millionen Bürger online in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter aktiv. Dort tauschen sie Erfahrungen und Meinungen aus, empfehlen Produkte oder Bezugsquellen oder warnen vor bestimmten Produkten. Dieses Wissen und diese Informationen stellen für die Anbieter einen unschätzbaren Wert dar. Deshalb wollen sie selbst an diesem Wissensaustausch und Dialog teilzunehmen, um einerseits Daten relevanter Personen zu erhalten und andererseits für ihre Produkte und Marken zu gewinnen. Die Unternehmen wollen dabei auch neue Impulse zur Produktentwicklung direkt von den Personen bekommen, die diese Produkte einsetzen. Sehr erfolgreich wird Social CRM im Service und Beschwerde-Management eingesetzt.
B2C-Lösungen für Social CRM
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Einer der ersten Anbieter einer integrierten Social-CRM-Lösung ist der CRM-Hersteller Update Software AG. Deren Produkt COSMIC kann soziale Netzwerke automatisiert nach bestimmten Suchbegriffen durchsuchen, identifizieren und in einer Datenbank abspeichern. In einer zweiten Stufe sorgt COSMIC für das Monitoring, indem es die Inhalte analysiert und auswertet. Das dritte Modul ist in der Lage, die gewonnenen Informationen an das CRM-System zu übergeben. Der Hersteller integriert damit Social-Media-Analyse und operative CRM-Prozesse in einem Social-CRM-System.
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CDC Software bietet für seine CRM-Lösung Pivotal ein Modul zur Integration von Social Media wie Facebook, Twitter und Blogs in die Kundenbeziehungen. Anwender aus Vertrieb, Marketing, Kundendienst und Support können damit qualifizierte Leads identifizieren, Informationen für den Vertriebsprozess erheben und entsprechende Kampagnen betreiben.
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CAS Software AG in Karlsruhe kündigte im Sommer 2011 die Integration von Social-Media-Inhalten in die neue Version x3 seiner CRM-Software CAS genesisWorld an. Auf Knopfdruck sollen Informationen aus Facebook, Xing, Twitter oder Blogs direkt in das CRM-System übernommen werden können. Dem Datenschutz wird laut CAS dabei voll Rechnung getragen.
B2B-Lösungen für Social CRM
Auch im B2B-Umfeld werden Social-CRM-Lösungen eingesetzt. Salesforce hat bereits 2010 ein Collaboration-Tool namens Chatter vorgestellt, das Mitarbeitern in Vertriebsorganisationen automatisch Aktualisierungen zu definierten Personen und Projekten zur Verfügung stellt. Chatter ist kostenlos. Darüber hinaus gibt es seit 2011 auch eine Facebook-Komponente, mit der sich der Dialog über das eigene Unternehmen und seine Produkte bei Facebook beobachten lässt.
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Salesforce hat Ende 2011 sein Engagement auf diesem Gebiet ausgebaut und den Social-CRM-Anbieter Radian6 übernommen. Dieses Software-Tool wird als Social-Media-Listening-Plattform bezeichnet und eignet sich für die Erfassung großer Mengen von Textinformationen aus sozialen Netzwerken sowie anschließend für das Monitoring, Analysen und Auswertungen.
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Microsoft unterstützt diesen Trend seit über einem Jahr über den Microsoft Outlook Social Connector. Damit werden die Informationen aus den sozialen Netzwerken direkt in Outlook angezeigt.
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Ein Add-on zur CRM-Lösung von SAP entwickelte die CRM-Beratung movento zur Integration sozialer Netzwerke in SAP CRM. Damit können Anwender direkt aus der SAP-CRM-Oberfläche heraus Informationen von Online-Communities nutzen, um sich ein vollständiges Bild über einen Geschäftspartner zu machen. Wichtige Funktionen von movento SocialCRM sind die Anzeige von Profildaten aus sozialen Netzwerken wie etwa Facebook, Xing oder LinkedIn in SAP CRM für den Einsatz im Kundenservice oder Marketing.
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Globalpark hat das CRM-System Social Insight Connect entwickelt. Bosch Power Tools ist Anwender der Software und wurde im Herbst 2011 von der COMPUTERWOCHE als "Social CRM Pionier" ausgezeichnet. Mit Hilfe dieses Tools kann die Sparte Elektrowerkzeuge von Bosch ihre Kunden gezielt in eine geschützte Community auf Facebook einladen, dort den Dialog aufbauen und Informationen erfragen. Dies hilft dem Kundenservice von Bosch, schneller auf Kundenwünsche zu reagieren.
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Intraworlds, Anbieter von Social-Networking-Software, hat mit seinem Social-Media-Tool neue Anwendungsgebiete für den B2B-Markt erschlossen. Im Vordergrund steht dabei der Einsatz im Bereich Recruiting und Talent-Management. So nutzt zum Beispiel die Unternehmensberatung Accenture offene Social-Media-Anwendungen, um mehr Talente an das Unternehmen heranzuführen. Besonders innovative B2B-Unternehmen binden identifizierte Talente (zum Beispiel ehemalige Praktikanten, Azubis, Workshop-Teilnehmer oder ehemalige Mitarbeiter) in exklusive Talent Pools ein und schirmen sie so gegenüber der Konkurrenz ab.
Soziale Netzwerke sind aber keine Selbstbedienungsläden, sondern unterliegen strengen Datenschutzrichtlinien. Auch hier ist die Zustimmung der betreffenden Personen erforderlich. Ohne diese dürfen nur allgemein zugängliche Daten in CRM-Systeme aufgenommen werden.
Cloud Computing und mobile CRM
Trend 4: Cloud Computing
Im Gegensatz zu den USA ist der Mittelstand in deutschsprachigen Ländern von Cloud Computing noch nicht restlos überzeugt. Für die ablehnende Haltung sind wohl weniger wirtschaftliche und rechtliche Bedenken verantwortlich als vielmehr psychologische. Trotzdem geht der Trend auch in Sachen CRM in Richtung Cloud. Oracle hatte vor kurzem mit RightNow einen CRM-Anbieter übernommen, der seine Lösungen ausschließlich über das Internet anbietet.
Prüfungen der Wirtschaftlichkeit haben ergeben, dass Cloud Computing im Vergleich zur Einmallizenz meist dann schlechter abschneidet, wenn keine signifikanten Einsparungen durch den Wegfall von Hardware und Personal realisierbar sind. Die Voraussetzung zur Kostensenkung ist in den meisten mittelständischen Unternehmen mit funktionierender IT-Infrastruktur im eigenen Haus sowie eigenem IT-Personal allerdings nicht gegeben.
Was derzeit jedoch erfolgreich praktiziert wird, ist ein Hybrid-Betrieb, das heißt eine teilweise Auslagerung von speziellen Anwendungen wie zum Beispiel E-Mail-Marketing. Hierbei werden die Ergebnisse der Cloud-Anwendung regelmäßig mit der Kundendatenbank im eigenen Rechenzentrum ausgetauscht.
Aus Datenschutzgründen ist es wichtig, dass die Datenhaltung im Cloud-Betrieb im Inland erfolgt. Alle CRM-Anbieter mit Cloud-Angeboten bemühen sich deshalb, das Vertrauen potenzieller Kunden zu gewinnen, indem sie explizit auf inländische Rechenzentren verweisen oder wie Microsoft ein Vertragsmodell für Cloud-Geschäfte geschaffen haben.
Inzwischen bieten fast alle CRM-Anbieter in Deutschland ihren Kunden bezüglich des Betriebsmodells die freie Wahl an. Da die meisten Anbieter bisher mit dem On-Premise-Modell arbeiten, kann der Kunde meist nach Belieben wählen und auch während der Vertragslaufzeit wechseln. Außerdem können Unternehmen, die noch nicht überzeugt sind, das Hosting der Cloud-Lösung auch in einer "privaten Cloud" in eigenen Räumen realisieren.
Trend 5: Mobile CRM
Für die meisten CRM-Hersteller ist der Trend zu immer schlankeren Geräten wie Smartphones und Tablet-PCs eine natürliche und notwendige Entwicklung. Viele CRM-Anbieter haben auch schon Apps für solche Endgeräte im Angebot. Laut CRM-Hersteller CDC Software in München fordern die Kunden eine Benutzeroberfläche für den Zugriff auf Daten und Funktionen ihres CRM-Systems über das Web. Damit sollen mobile Anwender im Vertrieb oder Service wie gewohnt in ihrer Kundendatenbank arbeiten können.
IT-Systemhäuser sprechen bereits von der Post-PC-Ära. Forrester Research erwartet bis 2013 bei Tablet PCs einen höheren Umsatz als bei Desktop-PCs. Das fordert die CRM-Softwarehersteller heraus, denn ihre Anwendung soll künftig auf allen Plattformen gleichermaßen laufen. So hat zum Beispiel der auf den Mittelstand spezialisierte CRM-Anbieter cobra computer's brainware mit Cobra Mobile CRM eine passende App für Blackberry, iPhone und iPad programmiert. Damit kann sich der Außendienst unterwegs aktuell über den Umsatzverlauf, neue Servicefälle, letzte Einträge in der Kundenhistorie oder neue Aufträge informieren. Auch die Gesprächsnachbereitung nach einem Kundenbesuch erfolgt online.
Auch der norwegische CRM-Abieter SuperOffice hat den Trend erkannt und ein Pocket CRM / iPhone entwickelt, mit dem der Außendienst direkten Zugriff auf die zentrale CRM-Datenbank hat.
any Relationship Management (xRM)
Trend 6: Von CRM zu xRM
Bemerkenswert ist im CRM-Markt auch die Entwicklung neuer Anwendungsszenarien außerhalb der direkten Kundenbeziehungen. Auf der Basis von CRM-Standardsystemen werden zunehmend neue Anwendungsgebiete mit ähnlichem Anforderungsprofil entwickelt und unter dem Kürzel xRM eingeführt, das für "any Relationship Management" steht.
CAS Software AG, ein Spezialist für mittelständische CRM-Software, hat als einer der ersten Anbieter den Terminus xRM aufgegriffen. xRM birgt dem Hersteller zufolge in einer zunehmend vernetzten Welt die Chance zu einer neuen Unternehmensstrategie, weil sich damit sämtliche Beziehungen einer Organisation erfassen, steuern und analysieren lassen.
Auch Microsoft definiert den Begriff xRM als Erweiterung von CRM und hat auf Basis der eigenen CRM-Software ein spezielles Framework dafür entwickelt. Damit können CRM-Lösungen erweitert und individuelle Anwendungen erstellt werden. Ähnlich wie CAS ermöglicht das xRM-Framework von Microsoft auch die Steuerung von völlig verschiedenen Beziehungsstrukturen und Organisationseinheiten wie Franchise-Einheiten, Lieferanten, Bürgern, Patienten, aber auch Gebäuden, Fahrzeugen oder Verkaufsstellen.
Fazit
Die genannten CRM-Trends sind mit Sicherheit für viele mittelständische Unternehmen von Interesse und auch wegweisend, wie das Beispiel Datenschutz beweist. Dennoch müssen konkrete Maßnahmen je nach Bedarf und Standort des eigenen Unternehmens sehr gut überlegt und geplant werden. Vor einer erfolgreichen Einführung der einen oder anderen hier genannten CRM-Maßnahme muss eine kritische Standortbestimmung und Zieldefinition stehen.
Nur anhand einer solchen Analyse kann bestimmt werden, welche Werkzeuge und Wege sich am besten für das jeweilige Unternehmen eignen. Am Ende einer jeden CRM-Einführung muss künftig weit mehr stehen als nur die Verbesserung der Datenqualität, nämlich ein strategischer Nutzen. (pg)