Software-Lizenzen

Multicore-Prozessoren sorgen für Lizenzierungsprobleme

11.09.2008 von Uli Ries
Die Lizenzpolitik der großen Softwarehersteller ist an sich schon komplex genug. Noch komplizierter wird es, wenn die Anwendungen und Betriebssysteme auf Servern und PCs mit Mehrkernprozessoren zum Einsatz kommen. Gänzlich den Überblick verlieren könnten Einkäufer, wenn die Software in virtualisierten Umgebungen installiert werden soll.

Die Einführung von Mehrkernprozessoren vor einigen Jahren hat die Preis- und Lizenzpolitik aller großen Softwarehersteller durcheinander gewirbelt. Schließlich waren die Kunden nicht bereit, all ihre bereits erworbenen Lizenzen noch einmal zu bezahlen, nur weil im neuen Server ein Prozessor mit zwei statt nur einem Rechenkern arbeitet. Die Anpassung der Lizenzmodelle sorgte zwar für Größtenteils zufriedene Kunden, da sie nicht noch tiefer in die Tasche greifen mussten. Andererseits wurden die Modelle aber auch komplizierter, da teilweise je nach CPU-Architektur (x86, Risc, Sparc etc.) verschiedene Preise fällig werden.

Vergleichsweise übersichtlich ist Microsofts Lizenzmodell, wenn es um den Einsatz auf Mehrkernprozessoren geht: Es ist egal, wie viele Kerne ein Prozessor hat, die Lizenz richtet sich einzig nach der Anzahl der CPUs im Server. Aber keine Regel ohne Ausnahme, wie sich zeigen wird. Denn beim Windows Server 2008 wird die Angelegenheit dann doch wieder komplexer. Laut eines Whitepapers, das der Softwarekonzern seinen Partnern zur Verfügung stellt, spielt es zwar grundsätzlich keine Rolle, ob die jeweilige Servervariante mit dem neuen Virtual-Machine-Manager Hyper-V erworben wird, da die Bestimmungen identisch sind. Die einzelnen Server-Typen unterscheiden sich dann jedoch schon hinsichtlich ihrer Lizenzmodelle: Windows Server 2008 Standard und Server 2008 Enterprise werden pro Server lizenziert, die Datacenter-Edition hingegen pro Prozessor: Pro im Server vorhandener CPU ist also eine eigene Lizenz notwendig.

Virtuelle Instanzen bei Windows Server

Foto: Microsoft

Virtualisierte Umgebungen behandelt Microsofts neue Lizenzpolitik ebenfalls. So darf die Standard-Edition des Windows Servers 2008 als Grundlage für eine virtualisierte Instanz desselben dienen. In diesem Fall darf die zugrunde liegende Installation aber lediglich die virtuelle Maschine starten und sonst keinerlei andere Dienste ausführen. Die Enterprise Edition erlaubt bis zu vier virtuelle Instanzen auf Basis einer herkömmlichen Installation. Laufen alle vier virtuellen Maschinen, darf die zugrunde liegende jedoch auch wieder nur zur Steuerung der virtuellen Maschinen dienen. Windows Server 2008 Data Center Edition erlaubt hingegen eine unbegrenzte Anzahl virtueller Installationen auf ein und demselben Server.

Microsoft hat zudem vor Kurzem die Lizenzbestimmungen von insgesamt 41 Server-Anwendungen an die durch die fortschreitende Virtualisierung geänderten Anforderungen angepasst. Zu den Anwendungen gehören zum Beispiel SQL Server 2008 Enterprise, Exchange Server 2007 SP1 (Standard und Enterprise), Dynamics CRM 4.0 oder der Office SharePoint Server 2007. Bei all diesen 41 Produkten gilt von nun an, dass Kunden nur noch die Lizenzen pro Server-Farm ermitteln – und zahlen – müssen und nicht länger pro Server. In der Praxis können die Anwendungen so also auf beliebig viele virtuelle Maschinen verteilt und je nach Anzahl bezahlter Lizenzen betrieben werden.

Symantecs Lizenzpolitik: Ein bunter Mix

Symantec, von dem seit dem Kauf der Firma Veritas vor einigen Jahren ja auch die weit verbreitete Backupsoftware Backup Exec stammt, bietet verschiedene Lizenzmodelle, die sich abhängig vom verwendeten Betriebssystem unterscheiden. So erklärt Alexander Neff, Senior Director Channel Sales bei Symantec für Zentraleuropa, dass Mehrkernprozessoren die Lizenzierung dabei nur indirekt beeinflussen. Läuft die Software beispielsweise auf Windows-Servern, richten sich die Lizenzkosten nach der verwendeten Lizenz des Windows-Servers (Standard, Enterprise oder Data Center-Edition). Werden die Symantec-Programme auf Linux-Rechnern installiert, unterscheiden sich die Kosten durch die Anzahl der CPUs.

Multicore-Prozessoren beeinflussen die Lizenzierung vor allem bei Unix-Servern: Hier hängen die Kosten für eine Lizenz von der Leistung des Servers ab. Darauf hat die Anzahl der Kerne einen direkten Einfluss, auch wenn die Kerne selbst beim Lizenzmodell nicht berücksichtigt werden. In diesem Bereich arbeitet Symantec nach eigener Auskunft eng mit den Herstellern der Server zusammen. Kommt ein neuer Server auf den Markt, wird er von Symantec-Experten in den USA nach Leistung bewertet und in eine Tier-Stufe – eine Art Leistungsindex – eingeteilt. Die Abstufung reicht momentan von "Tier A" bis "Tier N", wobei Tier A einen typischen Unix-Einstiegsserver mit einem Prozessor beschreibt und Tier N die leistungsfähigsten Modelle auf dem Markt umfasst.

Grundsätzlich gilt also: Je höher die Performance eines Servers, umso höher rangiert er in den Symantec-Tier-Klassen und desto teurer sind die Lizenzen. Das hat laut Neff einen einfachen Grund: "Ein High-End-Server kann natürlich eine viel größere Zahl von Usern verwalten als ein kleines Einstiegsmodell."

Oracle und IBM halbieren die CPU

IBMs verschiedene Lizenzoptionen sind derart verschieden, dass sich Big Blue offenbar nur mit einem Online-Kalkulator zu helfen weiß. Je nach CPU-Typ muss die Anzahl der Kerne – nicht Prozessoren – mit einem Faktor multipliziert werden. Im Fall von x86-Prozessoren beispielsweise mit 0,5, so dass hier Lizenzen für die Hälfte der vorhandenen Cores erworben werden müssen.

Oracle behandelt x86-Prozessoren genau wie IBM, auch hier gilt der Faktor 0,5. Damit ist aber auch schon Schluss mit der Übersichtlichkeit. Die Kosten der Lizenzen für Oracle-Produkte hängen von einer ganzen Reihe an Faktoren ab. So wird zum Beispiel zwischen Produkt- und Standby-Systeme entschieden: Betreibt ein Kunde eine Oracle-Datenbank auf einem Cluster, um die Ausfallsicherheit zu erhöhen, darf er das Produkt nach Kauf einer Lizenz zweimal installieren. Die zweite Installation darf aber nur im Standby-Modus laufen und nur hochgefahren werden, wenn der erste Server ausfällt. Andere Lizenzierungsszenarien listet Oracle in einem online verfügbaren Dokument.

Virtualisierte Server werden von Oracle genauso behandelt wie physikalische Maschinen: Jede Installation muss lizenziert werden. Dabei wird jede Lizenz sogar einem einzelnen Server zugewiesen und kann nicht ohne weiteres auf eine andere Maschine umziehen. Damit werden Notfallpläne, die auf dem Verschieben von virtuellen Maschinen basieren, unmöglich. Die vollständige Preisliste aller Oracle-Produkte findet sich ebenfalls in einem PDF.