Morgen kommt der "Montecito"

17.07.2006
Intel bringt morgen seinen lange verschobenen Doppelkern-Itanium "Montecito" heraus. Fragt sich nur, ob den noch jemand wirklich will.

Geschätzte zehn Milliarden Dollar Entwicklungskosten hatte der Chipriese gemeinsam mit Hewlett-Packard (HP) in seine reine 64-Bit-Architektur gesteckt - um dann überrascht festzustellen, dass die Kunden doch AMDs auf 64 Bit aufgebohrte x86-Architektur besser fanden, auf der auch ihre alte 32-Bit-Software noch lief. Plötzlich hatte dann auch der Xeon x64-Erweiterungen, und den Itanium fanden eigentlich nur Nischenanwender vor allem im HPC-Bereich (High-Performance Computing) interessant.

Laut IDC wurden im ersten Quartal dieses Jahres nur geschätzte knapp 8200 Itanium-basierende Server verkauft - etwas weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum -, immerhin konnten aber die Computerbauer ihren Umsatz mit Itanium-Systemen im Jahresvergleich um 42 Prozent steigern. Intels jüngste Sparvorhaben ließen bereits Spekulationen ins Kraut schießen, der Konzern könne sein Itanium-Geschäft verkaufen oder dichtmachen. Intel weist dies vehement zurück. "Alles liegt auf dem Tisch", was die Sparpläne angehe, erklärte Intel-Sprecher Bill Kircos. "Wir haben nach Montecito schon drei weitere Itanium-Generationen in der Mache."

Viel Power, geringer Stromverbrauch

Mit seinem ersten Doppelkern-Itanium will Intel jedenfalls ein neues 64-Bit-Zeitalter einläuten. Der Montecito bringt außerdem einen besonders großen Cache (24 Megabyte Level 3) mit, um Rechenaufgaben noch schneller zu erledigen. Sein Stromverbrauch liegt mit 100 Watt zudem deutlich niedriger als bei den aktuellen Itaniums, was ihn auch wettbewerbsfähiger gegenüber der RISC-Konkurrenz von unter anderem IBM ("Power") und Sun Microsystems ("Ultrasparc") machen soll.

Natürlich schläft Konkurrent AMD auch nicht. Sein Chief Technology Officer, der frühere IBM-Manager und HPC-Chipexperte Phil Hester, hat bereits angekündigt, den "Opteron" rasch mit neuen Features aufzuwerten, mit denen der Server-Chip leistungsmäßig zum Itanium aufschließen soll. Fans des Intel-Boliden halten diesen unter anderem bei Transaktionen mit großen Datenbanken für überlegen, beispielsweise für Finanzdienstleister.

ISVs in der Klemme

Derzeit werden mehr als 80 Prozent aller Itanium-Maschinen von HP verkauft. Ansonsten bieten nur Tier-Two-Anbieter wie Fujitsu, Hitachi, NEC, SGI oder Unisys Itanium-Systeme an. Unisys hat beispielsweise einen 32-Wege-Server im Programm, der mit Montecito dann gleich 64 Prozessorkerne unterstützt. Dessen für 2007 avisierte nächste Generation "ES7000/one" soll sich parallel aber auch mit Xeons bestücken lassen.

Ein Problem beim Itanium ist und bleibt die Verfügbarkeit von Business-Anwendungen, selbst wenn inzwischen die meisten Betriebssysteme, darunter Windows, Linux und proprietäre einzelner Hersteller, darauf laufen. Was aber die Applikationen angeht, sahen sich die ISVs (Independent Software Vendors) mit Verspätungen neuer Itanium-Modelle und den "Economies of Scale" konfrontiert - es mangelt oft einfach an der kritischen Masse an potenziellen Kunden.

So habe zum Beispiel die EMC-Tochter VMware, ein durchaus bekannter Hersteller von Server-Software, entschieden, den Itanium nicht zu unterstützen, erklärt Joe Clabby, Marktforscher bei Clabby Analytics. "Ich habe irgendwie den Eindruck, dass Intel diesen Krieg verloren hat", mutmaßt der Analyst. (tc)