Wie ein IT-Dienstleister Clouds sieht

Mode oder echter Nutzwert?

09.10.2009 von Klaus Manhart
Cloud Computing ist derzeit mit das angesagteste Trendthema. Doch bietet "die Wolke" auch einen echten Nutzwert? Der IT-Dienstleister Scanplus sieht mehrere, ganz konkrete und praktische Vorteile durch Clouds - auch für den Mittelstand.
Microsoft-Chef Steve Ballmer: "Cloud-Computing wird künftig eine zentrale Rolle in der IT spielen."

Cloud-Computing wabert seit mehr als einem Jahr durch die Fachpresse. Wenn es allerdings darum geht, genau zu definieren, was sich dahinter versteckt, fallen die Erklärungsversuche eher dünn aus. Die Chance für die Wolkenmacher, die Definitionsfreiräume unter Beschlag zu nehmen und selbst mit den entscheidenden Inhalten zu füllen.

Zunächst galt die Wolke nur als neues Modethema und Cloud-Computing als Trendbegriff. Als die Frankfurter Allgemeine Zeitung allerdings an prominenter Stelle darüber berichtete, dass Ray Ozzie, Chef-Softwarearchitekt von Microsoft, die Abkehr des Konzerns vom Personalcomputer und die Zuwendung zur Wolke als verbindendes Element zwischen allen Computern, Netzwerkrechnern und mobilen Geräten, proklamiert hatte, sah die Sache schon anders aus. Auch Microsoft-Chef Steve Ballmer verkündete in einem Interview: "Cloud-Computing wird künftig eine zentrale Rolle in der Informationstechnologie spielen."

Kampf der Cloud-Anbieter

Diese Ansage war freilich nicht weniger als eine Kampfansage. Microsoft wird die Wolke an Konkurrenten wie Amazon und Google, die weit früher in den Startlöchern standen, nicht einfach herschenken. Zu groß und lukrativ ist der Markt, denn via spezieller Software sollen künftig nicht nur Personalcomputer aus dem virtuellen Raum betrieben werden. Es geht unter anderem auch um die Kopplung mit anderen netzwerktauglichen Geräten wie dem Mobiltelefon. Auch IBM ist mit seiner "Blue Cloud"-Initiative mittendrin im Wettbewerb. Denn darin sind sich die Fachleute einig: Das Rechenzentrum der Zukunft wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Wolke liegen.

Beeindruckendes Wachstum: Laut Bitkom steigt der Markt für Cloud Computing allein von diesem auf nächstes Jahr um knapp 50 Prozent (Quelle. Bitkom).

Die Hard- und Softwarehersteller müssen sich schon deshalb positionieren, weil Firmen künftig nicht mehr teure Netzwerke und IT-Abteilungen aufbauen werden. Vielmehr werden sie ihren IT-Bedarf ganz einfach bei Wolken-Anbietern mieten können. Die Softwarehersteller verkaufen keine Lizenzen mehr, sie vermieten "Software as a Service". Einen drastischen Vorteil haben viele Unternehmer, die zunächst Mühe mit dem Gedanken hatten, ihre digitalen Dokumente aus dem Haus zu geben, schnell realisiert. Trotz aller Bedenken bezüglich Sicherheit und Verfügbarkeit liegen die Vorteile auf der Hand: Man mietet nach Bedarf - und neue Anwendungen werden problemlos vom Anbieter installiert.

Hoher Nutzwert

Dieter Hirt, der technische Leiter des IT-Unternehmens ScanPlus, das am Standort Ulm ein grünes Rechenzentrum betreibt, sieht für potenzielle Kunden nur Vorteile. "Anstatt sich in der Firma zehn native Rechner hinzustellen, kann man sich den ganzen damit verbundenen Stress sparen, denn wir können komplett ausgestattete Rechner zur Verfügung stellen, die nicht nur rund um die Uhr von unserem Network Operation Center überwacht werden, sondern auch völlig abgeschottet den neuesten Ansprüchen des Datenschutzes entsprechen."

Man könne in der so genannten Wolke zwei Welten so vereinen, dass man gleichzeitig ein nach außen gerichtetes System und eine Privat Cloud nutzen könne. "Wir finden die Idee der Wolke wirklich sehr gut, haben sie aber ein klein wenig negiert", sagt Hirt. Bei den globalen Wolken-Anbietern sei ja oftmals von der Vernetzung mit anderen Usern die Rede, "wir bieten eine hoch performante, hoch ausfallsichere und extrem zugriffssichere Plattform an. Und dies in geschlossenen Benutzergruppen."

Safety first heißt die Devise nicht nur beim Kauf eines Autos, sondern auch beim Einsatz von moderner IT. Die Wolke muss sicher sein. "Das System ist durch moderne Techniken wie die der Firma Citrix gegen Zugriffe von außen abgesichert. Die Daten liegen bei uns im Rechenzentrum sehr sicher und verlassen es nicht", sagt Hirt.

Neben der für hoch verfügbare und ausfallsichere Rechenzentren üblichen Redundanz könne man vor Ort einen Service Desk bieten, der rund um die Uhr besetzt ist und in einem der seltenen Störungsfälle klar strukturiert und professionell reagieren könne. Fehler im System des Kunden werden umgehend gesucht, analysiert und behoben, wenn dies vertraglich so gewünscht ist.

Dienste nach Bedarf

Ein weiterer Nutzen des Systems Wolke: Kunden können sich genau das Maß an Diensten mieten, das sie benötigen, um ihren Betrieb sicher zu stellen und zudem noch ihre Spitzenlasten absichern. "Üblicherweise muss ein System so gebaut sein, dass diese Spitzen - die meist sehr selten auftreten - abgedeckt sind. Ansonsten ist es bei weitem nicht ausgelastet und die Firmen hocken auf Servern, die ansonsten das ganze Jahr nichts zu tun haben. Beim Cloud-Computing gibt man dieses Problem ganz einfach an den Anbieter weiter und muss sich nicht mehr darum kümmern", sagt Hirt und weist darauf hin, dass die Aufträge in kürzester Zeit realisierbar und skalierbar sind.

Es sei sehr einfach, ein solches System zu erweitern und der ökologische Gedanke sei auch nicht unwichtig. Schon allein durch die Konzentration der IT-Dienste in einem Rechenzentrum würden Ressourcen gespart, durch den Betrieb des Systems in einem grünen Datacenter noch weit mehr.

Besonders für Mittelständler sei eine Auslagerung in die Wolke sehr sinnvoll, denn in den einzelnen Bereichen - wie etwa dem Mailsystem - werde sich die Komplexität deutlich steigern. Für eine Firma, die alles selbstständig betreiben wolle, sei es schwierig, sich so viele Spezialisten zu halten. Auch die Kosten halten sich in Grenzen. Der Kunde zahlt tatsächlich nur das, was er benötigt und was zu seinem vertraglichen Volumen gehört.

Nächster Schritt - Desktop-Virtualisierung

Jürgen Hörmann, Geschäftsführer von ScanPlus, gesteht, man habe vor einem Jahr selbst kurz überlegt, sich bei Amazon Rechnerleistung dazu zu buchen. Doch am Ende habe sich das unterm Strich nicht gerechnet, ganz abgesehen vom Unsicherheitsfaktor, der nicht zu entkräften gewesen sei.

Eigentlich könnte jedes Rechenzentrum ein Cloud-Anbieter sein. Es gehe allerdings darum, dank einer großen Server-Farm auch modernste Technologien zur Verfügung zu stellen. Applikations- und Streaming-Technologie auf dem neuesten Stand sei da ebenso gefragt wie ein dynamisches HMC-System (Hardware Management Console), das dem Nutzer die Möglichkeit biete, mit wenigen Mausklicks seine Exchange- und SharePoint-Services zu managen. Und zwar via Internet von jedem Platz auf dieser Welt.

Die idealerweise mit HMC einhergehende Desktop-Virtualisierung ist die konsequente Weiterentwicklung der Server- und Speicher-Virtualisierung. Dabei wird anstelle einer einzelnen Komponente oder Anwendung der komplette PC-Desktop im Rechenzentrum virtualisiert. Somit liegen alle Ressourcen, Software und Daten, die ein Endanwender benötigt zentral in einem hochsicheren und redundanten Rechenzentrum und werden nicht lokal auf den Endgeräten installiert.