Von wegen Manager-Spielzeug

Mobile Geräte und Apps definieren BI neu

02.03.2013 von Manfred Bremmer
Nach Smartphones und Tablets kommen nun auch die dazu passenden Anwendungen in die Unternehmen, etwa aus dem BI-Bereich. Unterstützt von Reports, Dashboards und grafischen Darstellungen erhalten die Entscheider auch unterwegs klare Einsichten in betriebswirtschaftliche Zusammenhänge.
Das iPhone bahnte den Weg, aber erst mit dem iPad wurden Geschäftsprozesse im großen Stil mobilisiert.
Foto: Twelve South

Der Trend zur Mobilität und die damit einhergehenden Apps und Web-Services stellten die Welt der Business Intelligence allmählich auf den Kopf: War Business Intelligence als Summe der möglichen Auswertungen aus ERP-Systemen in der Vergangenheit für Startups sowie kleine und mittlere Unternehmen zu aufwändig, hat sich nun eine "Grassroots"-Bewegung entwickelt, die junge und kleine Unternehmen – oder auch Nutzer von Tablets in Konzernabteilungen - mit neuen und kostengünstigen Lösungen zur Business Intelligence versorgt.

Als einer der ersten hat IDC-Analyst Dinesh Srirangpatna diese Entwicklung im September 2012 in einem Blog beschrieben. Er spricht davon, dass sich die "Legacy-IT", also die uns bekannte Server-und-PC-Landschaft hin zu einer "hybriden IT" wandelt. Diese hybride IT setzt nach wie vor auf den PC, viel wichtiger aber noch sind die mobilen Plattformen mit Smartphone und Tablet-Computer. "Visionäre Unternehmen der nächsten Generation planen ihre IT bereits heute ausschließlich bestehend aus mobilen Geräten", so Srirangpatna. "Junge Unternehmen setzen auf mobile Apps, um ihr Geschäft zu transformieren und investieren nicht unerheblich in sie."

Die Kollegen von Forrester stimmen zu. Ihnen zufolge planten bereits vor knapp zwei Jahren zwischen einem Viertel und einem Drittel aller Unternehmensverantwortlichen den Einsatz von Business Intelligence auf iPad und iPhone. Bildschirmgröße und Touchscreen-Steuerung seien wie geschaffen für mobile Geschäftsanalysen, so die Erklärung von Forrester. Es entstehe ein neues "Überall-BI" auf Basis von Echtzeit-Daten. Die Folge seien verbesserte Kunden- und Partnerbindungen, schnellere Reaktionsmöglichkeiten und ein nicht zu unterschätzender "Coolness-Faktor", vor allem, wenn die Lösungen auf den Geräten in der Kommunikation mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern zum Einsatz kommen. Forrester rät Unternehmen entsprechend, nicht mehr länger zu zögern und sich an die Umsetzung zu machen.

Der Roambi Visualizer erlaubt es, die Informationen komplexer Tabellen optisch ansprechend und klarer verständlich darzustellen - auch auf dem iPad.
Foto: MeLLmo

Geeignete Anwendungen gibt es genug. Der US-amerikanische BI-Experte Doug Lautzenheiser hat eine vielbeachtete Liste mit von ihm getesteten neuen und schlanken BI-Lösungen für iPad und Co veröffentlicht. Seiner Erfahrung nach können QlikView for iPad HD, das Open-Source-Tool BIRT Mobile Viewer, Targit iTop sowie der Roambi Visualizer empfohlen werden. Es gebe aber auch sehr spezialisierte Angebote wie das für Kreditinstitute von Leapfactor.

Mobile BI-Lösungen

Apple selbst empfiehlt den Nutzern eine ganze Reihe von bereits ausführlich getesteten BI-Lösungen für das Tablet- und Smartphone-Betriebssystem iOS. An erster Stelle nennt das Unternehmen Angebote wie Roambi, SAP Business Objects, MicroStrategy Mobile, QlikView, PushBI Mobile und Analytics HD. Die Ergebnisse würden visuell hervorragend präsentiert und seien leicht nachvollziehbar.

Filemaker Go iPad
Foto: FileMaker

Im eigenen Haus bietet Apple über die Tochtergesellschaft Filemaker zudem eine Möglichkeit, Dashboards und Business Intelligence via App als Eigenentwicklung einzurichten. Die damit entwickelten Lösungen seien in der Regel weniger komplex als die speziellen Entwicklungsplattformen, bewertet Filemaker sein Angebot, richteten sich aber genauer an die Bedürfnisse des Anwenders und passten vom Design her besser in die Apple-Welt.

Genau genommen handelt es sich bei Filemaker um ein Datenbank-Management-System für Mac OS X, iOS und Windows, auf dem entsprechende Datenbank-Anwendungen gebaut werden können. Wenn für BI-Anwendungen Daten aus anderen Quellen benötigt werden, unterstützt Filemaker Server die Kommunikation mit externen Quellen durch Schnittstellen zu SQL-Datenbanken wie Oracle, MySQL oder SQL Server. Zudem verwendet Filemaker offene Formate für den Datenaustausch wie ODBC, JDBC, XML oder PHP.

Die Verbindung zum mobilen Gerät stellt die im AppStore kostenlos beziehbare App Filemaker Go 12 her. Damit können zum einen auf das iOS-Gerät übertragene Filemaker-Datenbanken quasi vor Ort bearbeitet werden. Zum anderen können die Devices auch auf Filemaker-Datenbanken zugreifen und solche bearbeiten, die über WLAN oder eine Mobilfunkverbindung auf einem Einzelplatz-Rechner mit Filemaker Pro oder auf einem Filemaker-Server gehostet sind. Das Erstellen neuer Datenbanken oder das Ändern der Struktur ist mit Filemaker Go allerdings nicht möglich.

Im Einsatz hat FileMaker 12 unter anderem Ralf Jürgens von der Münchner Firma Creative Networks. Der Filemaker-Partner hat in den vergangenen Jahren einige Lösungen im Bereich der Außendienststeuerung großer Konzerne realisiert. Unter anderem erledigt „CN Touch-and-go BI“ für ein Elektronikunternehmen in 16 Ländern Europas die mehrsprachige Live-Vertriebssteuerung auf dem iPad. Die Stammdateninitialisierung erfolgte dabei aus internen Excel-Listen, hinzu gespielt wurden weitere Daten aus MySQL-Quellen im Web. Ins Filemaker-System eingebracht, wurde die gesamte Vertriebssteuerung inklusive Sales-Reporting für die Vertriebsmitarbeiter abgebildet – mit einer Termin- und Besuchsplanung als Anfangspunkt, Bestandsermittlungen bei den Händlern und schließlich dem Live-Zurückspielen der Bestellungen auf den Filemaker-Server. Die Unternehmensleitung erhielt bei Bedarf auf Knopfdruck sofort PDF-Reports.

Ergebnisdarstellung in Echtzeit

Im Unterschied zu den vorher genannten "klassischen" BI-Anwendungen passiert die Ergebnisdarstellung bei Filemaker-Anwendungen damit in Echtzeit. Hierbei stehen diverse Charttypen, Tabellen und Dashboards zur Verfügung. Die Berechtigungssteuerung für Datenzugriffe und Auswertungen erfolgt über einen zentralen Server. Dieser überträgt über eine verschlüsselte Verbindung alle relevanten Daten aus dem Unternehmen auf iPad oder iPhone. Durch die zentrale Berechtigungssteuerung können die Anwender Daten individuell zusammenstellen und speichern.

Als besondere Stärke der Lösung sieht Jürgens, dass sich CN Touch-and-go BI sehr leicht in bestehende Systeme integrieren lässt. Der Anwender müsses sich nicht mit Datenbanktechniken wie Online Analytical Processing (OLAP) oder Analyseverfahren auseinandersetzen, die Anbindung an diverse ERP- und CRM-Systeme erfolge einfach und schnell. Hinzu komme - und das dürfte für viele IT-Verantwortliche neu sein –das besondere Look & Feel der Anwendungen. Wer den Umgang mit Consumer-Apps auf seinem Smartphone gewöhnt ist, der erwartet ein ähnliches Design auch von Business-Apps. Das Design einer App sei für die Akzeptanz fast ebenso wichtig wie die Funktionalität, so Jürgens.