BI.apps und Movilizer

Mobile Business-Anwendungen selbst erstellen

20.09.2010 von Manfred Bremmer
Neue Entwicklungskonzepte wie "BI.apps" von GIA und die "Movilizer"-Plattform von Movilitas machen mobile Anwendungen auch für kleine Firmen erschwinglich.
Neue Konzepte und Lösungen machen mobile Anwendungen auch für kleine Unternehmen erschwinglich. Foto: Fotolia.com/morganimation
Foto: Fotolia/morganimation

Zusammen mit den Smartphones haben mobile Anwendungen Einzug in manche Unternehmen gehalten. Der hohe Projektaufwand, fehlendes internes Know-how und die nur schwer abzuschätzenden Entwicklungskosten schrecken jedoch viele Kleinbetriebe ab, an die eigenen Abläufe angepasste mobile Anwendungen zu nutzen. Oft begnügen sie sich mit der Möglichkeit, auch unterwegs E-Mails empfangen oder auf Websites zugreifen zu können, bestenfalls kommen einfache Productivity-Tools zum Einsatz. Dabei gibt es durchaus erschwingliche Lösungen, die nicht von der Stange kommen, sondern an individuelle Bedürfnisse und Geschäftsabläufe angepasst werden können.

Do-it-Yourself-Lösung

Das Leverkusener Unternehmen GIA (Gesellschaft für industrielle Automatisierung) bietet etwa mit "BI.apps" eine Komplettlösung zum Selbsterstellen mobiler Anwendungen an. Anwender sollen damit in der Lage sein, nach dem Do-it-Yourself-Prinzip Unternehmens- oder Produktionsdaten in native mobile Anwendungen umzusetzen. Denkbar sind laut GIA beispielsweise Applikationen für das Anzeigen und Eingeben von Daten aus SAP- und anderer Unternehmenssoftware, von Lagerbeständen oder Anlagenzuständen. Auch die Nutzung für das bidirektionale Vertriebs- und Kontakt-Management, für Genehmigungsprozesse und für die mobile Datenerfassung in der Instandhaltung ist denkbar. Dem Unternehmen zufolge unterstützt der Baukasten praktisch alle Systeme, also Datenbanken (Access, Excel, Oracle, SAP, SQL Server), Steuerungen und Leitsysteme (OPC), Web-Services sowie die RFID-Auswertung.

BI.apps
BI.apps Windows-Client
BI.apps Demo Klimaanlage
BI.apps Screen Anmeldemaske
BI.apps Demo Lagerabfrage
BI.apps Webcam
BI.apps Screen Klimaanlage
BI.apps Anlagensteuerung
BI.apps Wahlfeld Maßnahmen
BI.apps Screen Patientenakte
BI.apps Projekteinstellungen
BI.apps-Grafik
BI.apps Objekte
BI.apps
BI.apps Objekte BFS
BI.apps Objekte 2

Client-seitig laufen die erstellten Anwendungen auf den unterschiedlichsten Mobilgeräten wie Smartphones, PDAs, Tablet-PCs, Net- und Notebooks. Als Plattformen werden dazu Blackberry, Windows 6.5, Windows, Android und Symbian (Java) unterstützt, jedoch nicht das in iPhone und iPad laufende iOS. Wie GIA-Geschäftsführer Armin Winkler erklärte, ist das iPhone aktuell bei den bestehenden Kunden - dazu zählen Großunternehmen wie RWE, Bayer und Böhringer - nur wenig gefragt. Sollte sich die Situation ändern, würde GIA aber nachliefern.

Der Aufbau der BI.apps-Plattform von GIA: Alle Komponenten laufen auf herkömmlichen PCs vor Ort.

Die BI.apps-Plattform besteht aus drei Komponenten: Zentrales Element ist der "BI.apps Editor", die Anwendung läuft auf herkömmlichen Windows-Rechnern und erstellt die mobilen Applikationen. Der "BI.apps Client" führt die Anwendung anschließend auf dem Endgerät aus. Die "BI.Apps Engine" - wiederum ein einfacher PC - verbindet schließlich das mobile Device über die Anwendung und das Internet mit den erforderlichen Daten.

Keine Programmierkenntnisse erforderlich

Winkler zufolge sind zum Bau der Apps keinerlei Programmierarbeit oder Vorkenntnisse nötig, Wissen über die vorhandenen Abläufe und Systeme genüge. Wegen der einfachen Bedienung und der Effizienz lasse sich beispielsweise die Entwicklungszeit für ein mobiles Betriebsführungssystem von acht Wochen auf eine halbe Woche reduzieren, so Winkler. Zudem könne ein Unternehmen die Anwendung jederzeit ändern oder erweitern, da das Know-how im Haus bleibe.

Wie ein Kurztest der COMPUTERWOCHE zeigte, hat der GIA-Manager nicht zu viel versprochen. Die Einstiegshürde für die Apps-Entwicklung mit BI.apps ist tatsächlich niedrig gehalten, ohne dass die Funktionsbreite oder Übersichtlichkeit im Editor leiden würde. Die Schwierigkeitsstufe entspricht etwa der von ausgereifteren Baukastensystemen für Websites: Man definiert die verschiedenen Screens einer App, legt dafür Objekte - also Formen, Texte, Linien, aber auch Schaltflächen, Auswahllisten, Checkboxen oder Tabellen - fest. Zudem werden die Datenendpunkte konfiguriert und die grafischen Objekte mit den Konnektoren verknüpft. Um bei der Entwicklung auch die Benutzbarkeit im Auge zu behalten, enthält das Programm einen Test-Client für verschiedene Plattformen beziehungsweise Endgeräte (HTC HD2, Blackberry Bold, HP Tablet PC etc.).

Preislich tritt BI.apps dabei kürzer als gewohnte Lösungen. Die Spanne reicht vom Silver-Paket (ein Projekt, ein Client, beliebig viele Screens) für knapp 2200 Euro bis hin zum alles enthaltenden Platinum-Paket für etwa 14.900 Euro.

Movilizer soll Firmen mobilisieren

Eine weitere Alternative zur aufwendigen Apps-Entwicklung bietet das von ehemaligen SAP-Beratern ins Leben gerufene Startup Movilitas. Die drei Gründer kamen während ihrer Tätigkeit bei SAP zu der Erkenntnis, dass die von ihnen zu implementierenden mobilen Anwendungen viel einfacher und kostengünstiger gestaltet werden könnten. Als Lösung entwickelten sie in drei Jahren Arbeit die vor kurzem gestartete "Movilizer"-Plattform (www.movilizer.com).

Diese soll vor allem kleinen Firmen einen einfachen Einstieg in die Welt mobiler Anwendungen erlauben, ohne dass dafür viel Geld für Hard- und Software in die Hand genommen werden muss. Dies soll möglich sein, da keinerlei Programmierkenntnisse vonnöten sind: Weil die Lösung multiplattformfähig ist und neben Windows Mobile 6.5, Android, Blackberry und Symbian (keine iPhone-Unterstützung) auch einfache Java-Handys unterstützt, müssen keine speziellen Endgeräte angeschafft werden. Auch für Middleware und Backend ist keine zusätzliche Hardware nötig, da sich die Movilizer-Plattform in der Cloud befindet.

Movilizer-Plattform
Movilizer: Die Konfigurationsoberfläche ist leicht zu bedienen..
Das Movilizer-System kann als Standalone-Lösung...
...oder mit Integration in das bestehende Backend-System genutzt werden.
Movilizer: Unterschiedliche Features für die Kostenlos- und die Bezahlversion...
Movilizer: Unterschiedliche Features für die Kostenlos- und die Bezahlversion...
Movilizer für Installationsbetriebe
Movilizer für Stadtwerke
Movilizer für Beratungsunternehmen
Movilizer für Facility Management
Movilizer für Landwirtschaft
Movilizer für Sozialversorgung
Movilizer für Versorgungsunternehmen
Movilizer für Weinproduzenten
Movilizer branchenübergreifend
Das gesamte (aktuelle) Movilizer-Angebot

Aktuell stehen auf Movilizer.com 25 einfache Anwendungen zur Verfügung, davon sieben branchenübergreifende Programme und 18 Applikationen für Industriebereiche wie Landwirtschaft, Facility-Management, Sozialwesen, Versorger oder Stadtwerke. Da die Anwendungen zum großen Teil aus abgeschlossenen Projekten stammen, finden sich aber beispielsweise auch vier Apps für Weinproduzenten.

Das Cloud-basierende Movilizer-System kann als Stand-alone-Lösung oder mit Integration in das bestehende Backend-System genutzt werden.

Finden Interessenten eine geeignete Anwendung, können sie im dort befindlichen Administrationsportal die jeweiligen Masken gemäß ihren Anforderungen konfigurieren und Nutzerprofile anlegen. Im Anschluss werden die Anwender dann via SMS zu einer passwortgeschützten Website gelotst, wo sie den Movilizer-Client und die Movelets genannten Applikationen auf ihr mobiles Endgerät laden können.

Bis zu zehn Nutzer kostenlos

Die Nutzung ist bei bis zu zehn Anwendern kostenlos, sind es mehr, fallen zehn Euro pro Nutzer und Monat an. Ab hundert Nutzern ist der Preis verhandelbar. Kosten entstehen auch, wenn ein Unternehmen die erweiterten Funktionen der Enterprise-Version nutzen will. Diese ermöglicht es etwa, die mobile Anwendung stärker anzupassen oder mit der App auf verschiedene Gerätehardware (etwa Kamera, GPS, Mikrofon) zuzugreifen. Außerdem haben Bezahlkunden die Option, über die Anwendung erfasste Informationen nicht nur in Excel (csv.-Daten), sondern über Web-Services oder einen Konnektor in das bestehende Backend ihrer Business-Software (etwa SAP PM oder andere SAP-ERP- und CRM-Module, Salesforce.com oder Business One) zu exportieren. Für letzteren Fall stellt Movilitas im Administrationsportal einen entsprechenden Plug-in-Konnektor zum Download bereit. Sollte das gewünschte Modell nicht verfügbar sein, bietet das Mannheimer Startup ein Software-Development-Kit (SDK) zum Eigenbau an oder erstellt den Konnektor im Kundenauftrag.

Gleiches gilt in der Anfangsphase für von Kunden vermisste Anwendungen - ab kommendem Jahr dürfen dann aber auch Partner und Anwenderunternehmen neue mobile Applikationen bauen und vermarkten. Wie eine Produktdemonstration zeigte, ist dies dank einer Art Baukastensystem kein Hexenwerk und im Schwierigkeitsgrad mit dem BI.apps Editor vergleichbar.

Marketing-Chef Alberto Zamora zufolge will Movilitas bis Jahresende nicht nur die Anzahl der verfügbaren Apps auf 50 bringen. Gleichzeitig soll auch iOS als mobile Plattform unterstützt werden, um Apple iPhone/iPad zu integrieren. Damit verbunden ist der Plan, die bislang etwas schlichte Benutzeroberfläche aufzuwerten - etwa durch die Möglichkeit, Bilder einzubinden. Zwar steht bei dem Movilizer-Client eher die Funktionalität im Vordergrund. Um Einlass in den App Store gewährt zu bekommen, muss er sicher noch etwas aufgehübscht werden.