Facebook, Twitter, XING & Co.

Mit Social Media auf Kundenfang

09.04.2011 von Jürgen Mauerer
Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter oder YouTube werden immer wichtiger. Lesen Sie, wie Firmen davon profitieren.
Foto: Stauke - Fotolia.com

"Zuhören, Dialog und Mitmachen auf Augenhöhe" - das sind die Eckpfeiler der Social-Media-Aktivitäten der Westaflexwerk GmbH aus Gütersloh, eines Herstellers von Spezialrohren und Schalldämpfern für die Automobilindustrie sowie Luft- und Klimatechnik mit rund 250 Mitarbeitern. Das mittelständische Unternehmen setzt intern mit "Westapedia" für das Wissensmanagement eine Art Wiki mit derzeit rund 420.000 Dokumenten ein. Zudem bloggt das Unternehmen, nutzt Twitter, hat einen eigenen YouTube-Kanal und produziert Podcasts, die Produkte erklären sowie Themen aus der Branche behandeln. All diese Aktivitäten bündelt das Unternehmen in seinem "Social Media Newsroom".

Up to date mit Web 2.0 und Social Media

In einer Präsentation auf Slideshare stellt das Unternehmen unter dem Titel "Westaflex-Wohlfühlweb" die Ziele vor, die es mit den Aktivitäten im Web 2.0 beziehungsweise Social Media verfolgt. Demnach dienen Twitter, YouTube & Co. vor allem zur kostengünstigen Imagewerbung und zur Abgrenzung von den Mitbewerbern. Denn Web 2.0 stehe für Innovation und modernes Denken, diese Attribute werden dann mit dem Unternehmen verknüpft, das heißt Westaflex sei "up to date", wie es in der Präsentation heißt. Zudem geht es dem Unternehmen um die Vermittlung von Informationen und die Kundenbindung.

Twitter-Sprüche
Schokolade aus Tintenfisch?
eingeschickt von Katja D.
Auf hoher See
eingeschickt von Kai
Superschurken
eingeschickt von Julia
Eine Frage der Einstellung
eingeschickt von Johannes K.
Kiwi-Kraftwerk
eingeschickt von Tobias R.
Irgendwann schrumpelt's
eingeschickt von Ute M.
Was nicht passt...
eingeschickt von Sebastian W.
Zurück in die Zukunft
eingeschickt von Sebastian K.
Singles haben's schwer
eingeschickt von Dennis
Total männlich
eingeschickt von Peter B.
Einer flog übers Kuckucksnest
eingeschickt von Hakan T.

Social Web verrät viel über die Kundenpersönlichkeit

Foto: Westaflex

"Unser Ziel ist vor allem der offene Dialog mit unseren Mitarbeitern, Kunden und Partnern. Durch Anregungen und Kritik seitens der Kunden konnten wir bereits die Service- und Produktqualität verbessern", erklärt Jan Westerbarkey, Geschäftsführer von Westaflex. "Über Social Media können wir zudem zeigen, welche Menschen mit welcher Denkweise hinter unseren Produkten stehen. Da Produkte immer austauschbarer werden, wollen wir die Persönlichkeiten dahinter darstellen." Das findet laut Jan Westerbakey großen Zuspruch, auch intern. Etwa 30 Mitarbeiter sind regelmäßig im Social Web aktiv. "Man braucht keine Angst zu haben. Wenn man Mitarbeitern Vertrauen schenkt, dann machen sie auch keinen Quatsch".

CW Marktstudie Social Media im Industrieumfeld

Diese Studie des IFOM-Instituts liefert Antworten auf aktuelle B2B-Marketing Fragen wie bspw.: »Wer macht was mit welchem Erfolg im Social-Media Umfeld?« und »Wie aufwändig ist der wirkungsvolle Einsatz von Social-Media-Services?«. www.computerwoche.de/social-media

Unternehmen fürchten Verrat von Betriebsgeheimnissen

Filme mit Know how: Westaflex veröffentlicht auf seinem eigenen You Tube-Kanal auch Schulungs-Videos.
Foto: Westaflex

Doch Westaflex ist eine Ausnahme unter den mittelständischen Unternehmen. Das Gros scheut (noch) den Einstieg in die Social-Media-Welt. "Gründe sind vor allem die Angst vor zu hohen Investitionen, vor zu großer Transparenz, negativer Kritik und dem Verrat von Betriebsgeheimnnissen etwa durch twitternde Mitarbeiter", erläutert Thomas Euler, Strategieberater für Social Media bei Eck Kommunikation. Doch seiner Meinung nach kann kein Unternehmen künftig das Mitmach-Web am Arbeitsplatz aus Angst vor den Sicherheitsrisiken ignorieren. "Social Media stellt eine neue Umweltbedingung dar, ist weit verbreitet und wächst stetig", so Euler.

Deutsche Bürger lieben soziale Netzwerke

In der Tat: Mehr als 30 Millionen Deutsche nutzen dem IT-Branchenverband Bitkom zufolge regelmäßig soziale Netzwerke. Und die Zahlen steigen täglich. Die verschiedenen Social-Media-Kanäle stehen für ein stärker vernetztes, offenes Internet, das jeder Nutzer als Teil eines Netzwerks aktiv mitgestalten kann. Jeder kann Inhalte wie Text, Bilder, Videos publizieren und dann mit anderen Nutzern diskutieren. Das Besondere: Dieser Austausch ist öffentlich, jeder kann am Gespräch teilnehmen.

Chief Listening Officers sammeln Social-Media-Daten

Unternehmen müssen sich daher fragen: Worüber sprechen die Menschen in den Foren, Blogs, durch Mikroblogging auf Twitter oder in Bewertungsportalen? Bin ich als Unternehmen, sind meine Themen, Produkte und Marken Bestandteil von Gesprächen, Videos, Fotos? "Das Monitoring der Social-Media-Kanäle stellt bereits eine Art Marktforschung dar. Wenn ein Unternehmen sich nicht aktiv beteiligt, sollte es zumindest wissen, was die Nutzer über die eigene Branche oder einen selbst schreiben", sagt Thomas Euler. Große Unternehmen wie Dell oder Kodak haben dazu seit kurzem den Posten eines "Chief Listening Officer" geschaffen, der die Daten aus allen Kanälen sammelt, auswertet und im Unternehmen an die richtigen Leute weiterleitet.

Mit den richtigen Leuten ins Gespräch kommen

"Für den Mittelstand gelten aber völlig andere Voraussetzungen als für Großunternehmen", meint Mirko Lange, Inhaber und Geschäftsführer der Münchner PR-Agentur talkabout communications, die sich auf Social Media spezialisiert hat. "Über große Unternehmen wird im Internet sehr viel gesprochen. Sie müssen darauf reagieren, um ihr Image zu stärken oder zu verändern. Bei mittelständischen Unternehmen sieht das ganz anders aus. Über sie wird zu wenig gesprochen. Bei ihnen geht es mehr darum, überhaupt mit den richtigen Leuten ins Gespräch zu kommen und sich bei diesen als kompetenter Gesprächpartner zu etablieren", so Lange, der unter anderem Studienleiter an der Social Media Akademie und der Bayerischen Akademie für Werbung ist.

Firmen können im Blog Fachkompetenz zeigen

Foto: Marko Lange

Über Social Media könnten mittelständische Unternehmen gerade auch im B2B-Bereich persönliche Kontakte aufbauen, so Lange. Er skizziert einen möglichen Weg, um eine interessierte Fachöffentlichkeit zu erreichen: Ein Unternehmen sollte Themen setzen und etwa in einem Fachartikel auf seinem Blog seine Kompetenz zeigen. Diesen Artikel und weitere Inhalte wie Präsentationen, Podcasts und Videos zum Thema sollte es dann auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen vernetzen und vor allem dort verbreiten, wo sich bereits Leute über dieses Thema unterhalten, etwa in XING-Foren.

"Ziel ist es, Interessierte zu finden und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, Kontakte zu Gleichgesinnten zu knüpfen", erläutert Mirko Lange. "Social Media ist Public Relations in Reinform, der Aufbau von Beziehungen zu einer für das Unternehmen relevanten Teilöffentlichkeit." Dabei gehe es nicht um die Masse, sondern um den Aufbau einer persönlichen Beziehung zu potenziellen Kunden, Partnern, Journalisten oder anderen Multiplikatoren. "Nirgends sonst kann man so leicht so viele wertvolle Kontakte knüpfen wie im Social Web", sagt Lange.

Digital Natives schaffen Wettbewerbsvorteil

Mittelständische Unternehmen können sich via Social Media von den Wettbewerbern abheben, ihre Marke aufwerten und ihre Reichweite in der anvisierten Zielgruppe ausweiten. Zudem erscheinen sie als ein Unternehmen mit einer modernen, offenen Unternehmenskultur. Damit wird das Unternehmen auch als Arbeitgeber attraktiv für hoch qualifizierte Fachkräfte, die als "Digital Natives" mit dem Internet und der Social-Media-Welt aufgewachsen sind.

Fachkräfte mit Employer Branding im Social Web gewinnen

Hier setzt auch die Monster Worldwide Deutschland GmbH an. Mitte 2009 begann das Unternehmen seine Social-Media-Aktivitäten rund um den Personalmarkt. Zielgruppe der Jobbörse sind Bewerber sowie Unternehmen als Arbeitgeber. Monster fährt daher zweigleisig. Zum einen berät das Karriereportal Unternehmen, die sich mit Hilfe von Social Media als moderner Arbeitgeber positionieren wollen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen und emotional durch Employer Branding an sich zu binden. Zum anderen sprechen die internen Abteilungen Marketing und Kommunikation von Monster die Bewerber über Social Media direkt an.

Karriereportal nutzt Facebook- und Twitter-Kanäle

Direkte Ansprache: Auf seiner Facebook-Seite steht Monster im Dialog mit Bewerbern.
Foto: Monster

Die Karriereplattform betreibt einen YouTube-Kanal mit Videos rund um Job und Karriere. Diese Videos sind auch auf der eigenen Facebook-Seite eingebunden. "Auf Facebook steht der Dialog zu beruflichen Themen wie Weiterbildung, Work-Life-Balance etc. im Vordergrund. Wir gehen dorthin, wo sich unsere Nutzer aufhalten", wirbt Till Kaestner, Vice President Marketing Central Europe bei Monster. Zudem füllt Monster rund 80 Twitter-Kanäle mit konkreten Stellenangeboten, Nachrichten zu Karrierethemen oder mit spezifischen regionalen (Ballungsräume München, Berlin, Hamburg etc.) und auf Branchen bezogenen (IT, Gesundheit etc.) Inhalten. "Auch hier geht es uns um direkten Kontakt zu unserer Zielgruppe", betont Kaestner.

Soziale Netze als Tool für PR, Marketing und Vertrieb

Für PR und die Kommunikation nach außen eignen sich soziale Netzwerke besonders gut. Mirko Lange spricht hier von "Social Media als 24/7-Tag der offenen Tür", da die Kunden rund um die Uhr erfahren können, was im Unternehmen läuft. Doch auch in Marketing, Kundenservice, Vertrieb und der Personalabteilung kann der geschickte Einsatz von Social-Media-Tools neue Wege eröffnen, die Ziele besser zu erreichen. Für den Erfolg gibt es allerdings kein Patentrezept.

Social Media muss einen Mehrwert bieten

"Die Unternehmen sollten vor allem darauf achten, dass sie strategisch vorgehen und eindeutige Ziele definieren", sagt Thomas Euler von Eck Kommunikation. "Auf diese Weise finden sie heraus, welcher Social-Media-Kanal zu ihnen und zu ihrer Marke passt sowie wen man mit welchem Medium erreicht." Dann könne man die verschiedenen Zielgruppen differenziert ansprechen, zum Beispiel Endkunden über Facebook und Journalisten über Twitter. Laut Thomas Euler sollten die Unternehmen der Öffentlichkeit über Social Media immer einen Mehrwert bieten (zum Beispiel Fachinformationen, Unterhaltung etc.) und zudem intern die Rahmenbedingungen und Prozesse für Social Media schaffen. Dazu gehören die schnelle Freigabe von Inhalten sowie die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg.

Welche Gefahren Social Media birgt

Neben den vielen Chancen birgt Social Media auch gewisse Risiken. Da Unternehmen über das Social Web der Öffentlichkeit Einblicke gewähren, wird auch das Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter sichtbar. Zudem besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter unbedacht Interna ausplaudern oder geschäftskritische Informationen nach außen geben. Ein aktuelles Beispiel ist die peinliche Affäre beim Hersteller des Tablet-Computers WeTab. Der damalige Geschäftsführer Helmut Hoffer von Ankershoffen lobte das eigene Produkt im Online-Shop von Amazon unter falschem Namen in höchsten Tönen. Die Folge: ein verheerender Imageschaden.

Einfallstor für Hacker und Malware

Die vielen Informationen auf Twitter, Facebook, XING & Co können zudem zu einem Einfallstor für so genannte Social-Engineering-Angriffe werden. Hacker können beispielsweise einem Nutzer Vertraulichkeit vortäuschen und ihn verleiten, Malware auf seinen Rechner herunterzuladen oder sensible Informationen preiszugeben. Zudem können Hacker eine Social-Networking-Seite mit schadhaftem Code manipulieren, so dass potenziell jeder Besucher gefährdet ist.

Mitarbeiter schulen und Richtlinien definieren

Neben technischen Hilfsmitteln wie Firewalls etc. gegen Social Engineering ist die Schulung der Mitarbeiter sehr wichtig. Unternehmen sollten in Richtlinien festlegen, ob und wann Mitarbeiter Social Media während der Arbeitszeit nutzen dürfen. Zudem sollte darin definiert sein, welche firmenbezogenen Informationen ein Mitarbeiter preisgeben darf. Etliche Firmen verbieten ihren Mitarbeitern, in ihren Profilen auf Diensten wie Facebook Details zu ihrer Funktion im Unternehmen zu nennen. Dies soll es Hackern erschweren, wichtige Zielpersonen und somit potenzielle Angriffsziele zu identifizieren.