Echtzeitanalyse mit In-Memory

Mit iPad und ohne Handbuch unterwegs

11.05.2011 von Ima Buxton
Mit Hilfe der In-Memory-Technologie beschleunigt der stellvertretende CIO der Berliner Universitätsklinik Charité Martin Peuker den Zugriff auf die Daten - finanzielle wie medizinische. Seine Ziele: Einfache Handhabe und schenlle Ergebnisse.

Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Euro (2009), über 13 000 Mitarbeiter, davon über 3700 Wissenschaftler und Ärzte sowie über 220 Professoren: Das sind typische Kennzahlen eines internationalen High-Tech-Konzerns. Tatsächlich ist die Berliner Universitätsklinik Charité einer der größten Arbeitgeber in der deutschen Bundeshauptstadt und zählt zu den größten und fortschrittlichsten Krankenhäusern Europas.

"Wir haben das System so ausgelegt, dass der Arzt die Anwendung ohne Handbuch bedienen kann und trotzdem die Antworten auf seine Fragen erhält." Martin Peuker, stellv. CIO, Charité
Foto: Charité Berlin

Die explosionsartige Vermehrung des Datenvolumens trifft den Medizinbetrieb mit gleicher Wucht wie jedes hochtechnisierte Wirtschaftsunternehmen - vielleicht sogar noch mehr, denn Faktoren wie bildgebende Diagnoseverfahren, die IT-gesteuerte Medizintechnik, innovationsgetriebene Forschung, die umfangreiche medizinische Dokumentation und nicht zuletzt die komplexe organisatorische Struktur der Charité, der 107 Kliniken angehören, lassen den digitalen Datenstrom zusätzlich anschwellen.

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Die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung in den Unternehmen hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Das Beispiel der Berliner Charité zeigt, wie es mithilfe der In-Memory-Technologie heutzutage möglich ist, den Zugriff auf Daten zu beschleunigen. Auch SAP nutzt sein Instrument, die High Analytics Appliance, kurz HANA, für die Beschleunigung der Datenalayse.

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Tabellen mit 240 Millionen Datenzeilen

Allein die monatlichen Controlling-Konferenzen mit allen 107 Einrichtungen gerieten vor diesem Hintergrund regelmäßig zum Sitzungsmarathon. Für die Abnahme der Klinikberichte, die auf Berichten aus dem ERP-System der Charité beruhen, sind jeweils 45 Minuten vorgesehen. "Wir befanden uns anfangs in der Situation, dass ein Blick hinter die Zahlen der vorliegenden Berichte nicht möglich war", erläutert Martin Peuker, stellvertretender CIO an der Charité die Ausgangslage.

"In den Konferenzen kam es immer wieder zu Nachfragen, die in der Kürze der Zeit nicht zu beantworten waren, weil entsprechende Abfragen zu lange gedauert hätten. So verfügen wir beispielsweise im klinischen Bereich über Tabellen mit 240 Millionen Datenzeilen - das überfordert jedes herkömmliche ERP-System." Auch die Datenbasis selbst wies Qualitätsmängel auf. Die Akzeptanz der Datenerfassungssysteme vor allem in der Ärzteschaft war gering. Einheitliche Vorgaben für die Erfassung von Kennzahlen fehlten. Hinzu kam, dass die Anwender, die Ärzte, zumeist wenig vertraut waren mit den Erfordernissen der Business-Intelligence-Systeme.

Data Warehouse um Accelerator erweitert

"Der Druck, die Daten für alle verfügbar zu machen und eine bessere Performance zu erreichen, wurde immer größer", erinnert sich Peuker. Der stellvertretende IT-Chef führte daher in einem ersten Schritt unternehmensweit eine umfassende Datenkonsolidierung durch. Die Berichte aller organisatorischen Einheiten sollten künftig auf ein und derselben Datenbasis beruhen. Anfang 2008 ergänzte der IT-Manager das SAP NetWeaver Business Warehouses um den auf In-Memory-Technologie basierenden Accelerator.

Weitere In-Memory-Anwendungen folgten, so etwa die SAP Business Intelligence Software Business Object Explorer, die seit Anfang 2010 produktiv läuft. "Diese ersten Maßnahmen brachten uns schon einen entscheidenden Schritt vorwärts. Die Erstellung von Berichten erfolgte deutlich schneller", resümiert Peuker. "Doch der tatsächliche Nutzen von Business Intelligence ist aus meiner Sicht erst erreicht, wenn wir noch mehr Ärzte und Pfleger von dem System überzeugen können - also Mitarbeiter, die nicht wie etwa der IT-affine Controller schon immer mit einem Business Warehouse gearbeitet haben."

Ärzte und Pfleger von dem System überzeugen

In Teil zwei des Business Intelligence Projektes an der Charité stellte Peuker daher die Frage in den Fokus, wie die eigentlichen klinischen Prozesse noch besser unterstützt werden können. Usability nennt Peuker als Stichwort. "Der Arzt braucht ein stabiles, hochverfügbares, einfach nutzbares System, das dennoch den erheblichen Compliance-Anforderungen im Bereich der Patientendaten gerecht wird- vom Datenschutz bei der Erhebungen bis zur Speicherung von Einwilligungen" erläutert Peuker. "Wir haben das System daher so ausgelegt, dass der Arzt die Anwendung ohne Handbuch bedienen kann und trotzdem Anworten auf alle seine Fragen erhält."

Da die Mediziner einen großen Teil ihrer Arbeitszeit unterwegs und beim Patienten verbringen, führt Peuker mobile Geräte ein, die den vollständigen Zugang zum Business Warehouse und den Analytics-Anwendungen erlauben. Dabei ist die mobile Nutzung in Zusammenhang mit der In-Memory-Technologie auch sicherheitstechnisch ein Sprung nach vorn, wie Peuker betont: "Die mobile Nutzung der Daten ist im Zusammenhang mit In-Memory besonders sicher: Die Speicherung der Informationen erfolgt ausschließlich auf den Servern in unserem Rechenzentrum. Smartphones und das iPad sind lediglich Arbeitsgeräte, was der Datensicherheit zu Gute kommt."

Schneller analysieren heißt auch schneller therapieren

Profiteure des In-Memory gestützten Systems werden nach Ansicht Peukers aber auch die Patienten sein und das nicht nur, weil die Ärzte aufgrund der besseren Performance des Systems mehr Zeit für ihre Patienten aufbringen können. Die Möglichkeit, relevante Informationen zur aktuellen Heilbehandlung in Sekundenschnelle am Bett des Patienten auf dem iPad zur Verfügung zu haben, werde sicherlich die Patientenzufriedenheit erhöhen, so Peuker - auch wenn das zunächst noch ein Ausblick auf die potenziellen Anwendungsbereiche von In-Memory sei.

Aber auch in der Zusammenarbeit mit Partnereinrichtungen sieht Peuker positive Effekte. "Wenn wir - natürlich unter den strengen Voraussetzungen des Datenschutzes - die In-Memory-Technologie auch unseren Partner zur Verfügung stellen können, wären wir etwa in der Lage, Analyseergebnisse schneller vorzulegen und entsprechend Therapievorschläge schneller zu erarbeiten. Auch Doppelbehandlungen können so effizient reduziert werden - das sind Effekte, die schließlich auch dem gesamten Gesundheitswesen zu Gute kommen."