Microsoft setzt mit eigenem CRM-on-Demand seine Hosting-Partner unter Druck

12.07.2006
Im Rahmen seiner für kommendes Jahr geplanten "Live"-Services will Microsoft neben Mietlösungen für Office-Programme auch seine Applikationen für das Kunden-Management On-Demand anbieten.

Ab Mitte 2007 will Microsoft seinen Kunden mit "Dynamics CRM Live" eine eigene Hosting-Lösung für das Kunden-Management anbieten. Damit erweitert der Softwarekonzern sein bereits im Herbst vergangenen Jahres vorgestelltes Live-Angebot auf die Sparte Microsoft Business Solutions (MBS) (siehe auch: Angst essen Microsoft auf). Bislang war lediglich vorgesehen, Windows- und Office-Produkte als Software-Service via Internet bereit zu stellen.

Zwar liebäugeln die Verantwortlichen in der Redmonder Firmenzentrale seit geraumer Zeit mit Softwaremietlösungen. Die jüngste Ankündigung bedeutet dennoch einen deutlichen Schwenk in der Microsoft-Strategie. Bislang baute der Konzern im Rahmen seines Software-as-a-Service-Konzepts (SaaS) einzig und allein auf seine Partner-Community. Das soll sich nun ändern: Dynamics CRM Live will der Softwareanbieter seinen Kunden auch in den eigenen Rechenzentren direkt als Software-Service offerieren.

"Nur weil wir in der Vergangenheit gesagt haben, etwas nicht zu tun, bedeutet dies noch lange nicht, dass wir es in der Zukunft auch nicht machen", sagte Microsofts CRM-Manager Jason Nash dem britischen Nachrichtendienst Computergram. Nach seinen Angaben haben die Kunden Microsoft verstärkt gedrängt, eigene Hosting-Angebote zu entwickeln und die dafür notwendige Infrastruktur selbst anzubieten. Wenn Kunden sich mit Hosting beschäftigten, suchten sie längerfristige Beziehungen zu ihrem Partner, der auch die entsprechende Sicherheit bieten müsse, erläuterte der Microsoft-Manager.

Auf den ersten Blick bedeutet der Einstieg Microsofts in das Hosting-Geschäft nicht gerade einen Vertrauensbeweis für seine Partner. Allerdings bemüht sich der Konzern, eventuell aufkeimende Spekulationen in diese Richtung zu entkräften. Demnach wird es auch mit dem neuen CRM-Release, das derzeit unter dem Code-Namen "Titan" entwickelt wird, Hosting-Möglichkeiten für die Partner geben, beteuern die Verantwortlichen. "Die neuen CRM Live Services bieten auch dem Partnerkanal neue Möglichkeiten, vorgefertigte CRM-Anwendungen anzubieten", heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Softwareherstellers.

Das neue On-Demand-Angebot für das Kunden-Management basiert auf dem nächsten CRM-Release, das für die erste Hälfte kommenden Jahres erwartet wird (siehe auch: Microsoft trimmt CRM stärker in Richtung On-Demand). Kunden können dabei zwischen drei Titan-Varianten wählen. Zum einen wird es eine Inhouse-Edition geben, die Anwender firmenintern betreiben können. Die On-Demand-Versionen werden einmal durch Partner und zum zweiten von Microsoft direkt offeriert. Alle drei CRM-Ausprägungen beruhten auf der gleichen Codebasis, hieß es von Seiten Microsofts. Es werde keine Unterschiede bei den Funktionen oder der Benutzeroberfläche geben. Zudem soll es Optionen für die Kunden geben, zwischen den verschiedenen Angeboten zu wechseln. Microsoft werde die dafür notwendigen Tools und Services bereitstellen. Über die Preismodelle wollten die Verantwortlichen bislang nichts verraten.

Allerdings setzt das Microsoft-eigene Hosting-Angebot den Anwendern enge Grenzen. Der Konzern will in seinen Rechenzentren nur die eigene standardisierte CRM-Lösung vorhalten. Code von Drittanbietern, die die eigene CRM-Anwendung ergänzen, soll nicht gehostet werden. Anwender, die Microsofts CRM-Applikation mit zusätzlichen Modulen erweitern oder stark an die eigenen beziehungsweise industriespezifischen Belange anpassen wollen, müssen sich daher an Partner wenden.

Microsofts Wettbewerber im On-Demand-Geschäft sehen den Vorstoß der Redmonder als Bestätigung ihrer eigenen Strategie. "Pandoras Büchse mit Services ist geöffnet", triumphiert beispielsweise Marc Benioff, CEO des On-Demand-Pioniers Salesforce.com. Die Softwarebranche stehe am Beginn eines grundlegenden Wandels. Hätten sich noch vor wenigen Monaten viele Verantwortliche von etablierten Softwarekonzernen noch skeptisch über die Zukunft von Mietmodellen geäußert, zweifle heute kaum noch jemand an deren Zukunftsperspektiven (siehe auch: SAP - On-Demand or No-Demand und SAP: On-Demand soll klassisches CRM-Geschäft ergänzen). Immer mehr Anbieter würden Softwareservices offerieren oder zumindest darüber nachdenken. "Die Zukunft von Software heißt nicht Software."

Die Zukunft werde von zehntausenden verschiedener Services bestimmt, die Anwender einfach via Web aufrufen könnten, prognostiziert Benioff. Der Salesforce.com-CEO träumt bereits vom Business Web, in dem alle notwendigen Funktionen von Office über VoIP bis hin zu Enterprise Resource Planning (ERP) und Customer Relationship Management (CRM) als On-Demand-Service angeboten würden (siehe auch: Salesforce.com-CEO Benioff träumt vom "Business Web"). Die Kunden forderten verstärkt entsprechende Offerten und die Softwarelieferanten müssten sich entsprechend darauf einstellen. "Das Business Web wird nicht auf Microsoft warten." (ba)