Marktüberblick Kommunikation und Kollaboration: Teamarbeit heute - total digital

21.09.2007 von Alexander Roth
Die Art der Kommunikation in Unternehmen ändert sich: Während die Bedeutung von E-Mails und Telefonie sinkt, sind flexiblere Kommunikatoren wie Instant-Messenger, Videokonferenzen und Dateiaustauschprogramme auf dem Vormarsch. Was der Markt alles bietet, lesen Sie hier.

Teamarbeit wird für Unternehmen immer bedeutender. Was früher wie Zukunftsmusik klang, ist heute dank neuer moderner Kommunikationssoftware, Breitbandabdeckung und Durchbruch von VoIP kein Problem mehr: In den USA hat längst Instant-Messaging weitgehend den internen E-Mail-Verkehr von Unternehmen ersetzt, Kunden-Support findet immer häufiger per Videoschaltung statt, und auch Projektarbeit per Internet erfreut sich dank einer zunehmenden Zahl von Web-Diensten zunehmender Beliebtheit.

In Deutschland scheint es allerdings noch der Mittelstand zu sein, der hinterherhinkt: Die Möglichkeiten von Web 2.0 – wie das neue interaktive Internet-Verständnis genannt wird –, Instant Messenger (IM) und Videokonferenzsoftware kommen bei vielen Mittelständlern nicht über den Rang eines Spielzeugs hinaus. Zu Unrecht, wie ein Blick auf die Phalanx neuer Kommunikations-und Kollaborationslösungen zeigt, die unter dem Schlagwort „Unified Communications“ den Markt überschwemmen.

Unter den Herstellern tut sich vor allem Microsoft hervor: Der größte Softwarekonzern der Welt hat sich „Kommunikation“ auf die Fahnen geschrieben und liefert mittlerweile Lösungen für so ziemlich jede interaktive Anforderung, die im Unternehmen gestellt wird. Grundsätzlich bietet Microsoft zwei Formen von Kollaborationslösungen an: den Web- Dienst „Live“, der als Plattform standpunktunabhängig genutzt werden kann, und die Kommunikationsplattformen „Sharepoint“, „Live Communications Server“ und „Groove“, die sich eher für die netzwerkinterne Kommunikation und Interaktion eignen.

Ab Herbst: VoIP und Webcam

Microsoft offeriert alle genannten Lösungen zwar schon seit Jahren, hat aber ihre Einsatzmöglichkeiten stetig und deutlich erweitert. In Kombination mit dem Betriebssystem Vista und der neuen 2007-Server-Software-Generation sowie dem Groupware-Produkt „Exchange“ stehen dem Nutzer mittlerweile beeindruckende Möglichkeiten offen.

Windows Live“ steht prinzipiell als Markenname für eine Gruppe von Microsoft-Produkten, die allesamt per Web-Browser erreichbar sind. Für Unternehmen ist vor allem der Dienst „Office Live Meeting“ interessant. Mit diesem Web-Konferenzdienst als skalierbare Plattform können gerade kleine Firmen zusammenarbeiten oder auch Online-Trainings und Support anbieten. Derzeit liefert Microsoft noch die 2005er-Version, angekündigt ist indes bereits die 2007er-Ausgabe mit neuer Oberfläche und Funktionen. Sie soll im Herbst dieses Jahres verfügbar sein.

Office Live Meeting 2005 ermöglicht es den Teilnehmern, eine beliebige Datei aus Microsoft-Office- oder HTML-Anwendungen zu sehen oder sogar auf den Bildschirm eines anderen Teilnehmers zuzugreifen und dabei die Kontrolle über seine Tastatur und Maus zu übernehmen. In der neuen Version will Microsoft zusätzlich die Übertragung von Flash-, Audio- und Videodateien möglich machen. Die Kommunikation findet noch per Telefonkonferenz oder Text-Chat statt – VoIP und das Einbinden von Webcam- Bildern, auch einer 360-Grad-Kamera, sollen ab Herbst möglich sein. Office Live kann per Plug-In zudem an die E-Mail-Clients Outlook und Lotus Notes, beispielsweise für einen gemeinsamen Kalenderzugriff, angebunden werden.

Für Instant Messaging setzt Microsoft zunehmend auf den „Windows Live Messenger“: Er ist das Nachfolgemodell des alten „MSN“-Client, der aber auch in der jetzigen Form weiter erhältlich sein soll. Der Live Messenger ist für die Betriebssysteme Microsoft Windows und Mac OS erhältlich und kann seit Herbst vergangenen Jahres auch mit dem „Yahoo Messenger“ dienstübergreifend kommunizieren.

Mit dem Windows Live Messenger, der in der aktuellen Version 8.1 im Vista- Design erscheint, können Anwender chatten, Webcam-Konferenzen veranstalten, online spielen, Dateien austauschen und per VoIP telefonieren. Seit Version 7.5 wird der Messenger nur von den Betriebssystemen Windows XP, Vista und Windows Server 2003 unterstützt, Benutzer früherer Windows- Versionen müssen mit dem funktionsärmeren MSN Messenger 7.0 vorlieb nehmen, der zudem kein VoIP möglich macht. Mit einer Erweiterung über den „MSN Mobile Dienst“ lässt sich der Windows Live Messenger auch auf Smartphones und über SMS-Textverkehr auch auf Handys nutzen.

Transparenz gleich Effizienz

Wer bei Microsoft netzwerkinterne Kollaborationslösungen sucht, dem ist „Groove“ zu empfehlen: Das Softwareprodukt ist in das aktuelle 2007-Office- Paket integriert und dient laut Microsoft dafür, „eine integrierte Umgebung für die Zusammenarbeit“ zu schaffen. So können Groove-Nutzer dank einer Peerto-Peer (http://de.wikipedia.org/wiki/ Peer-to-Peer)-ähnlichen Client-Struktur gemeinsam auf Office-Dateien jeglicher Art zugreifen und diese zeitgleich bearbeiten und synchronisieren, wobei sie auch chatten und per Voicemailing miteinander sprechen können.

In Verbindung mit dem Microsoft- Office-„SharePoint Server“, dessen Ziel es ist, Anwendungen und Datenquellen unter einer einheitlichen Web-Oberfläche zusammenzuführen, steigen die Möglichkeiten von Groove: Beispielsweise lassen sich dann Daten synchronisieren, auch wenn einzelne Mitglieder nicht online sind.

Schließlich präsentiert Microsoft noch mit dem „Live Communicator“ ein bisschen Zukunftsmusik: Dabei handelt es sich um ein Instant-Messaging-Programm, ähnlich dem „Live Messenger“, der in Verbindung mit dem „Office Live Communications Server“ als zentraler Kommunikations-Client für Unternehmensmitarbeiter dienen soll. Der Communicator zeigt im „Big-Brother- Stil“ den Status aller angebundenen Teilnehmer an – „online“, „offline“ oder „beschäftigt“ – und kann, je nach Status, Ausstattung und Wunschoption des jeweiligen Mitarbeiters, diese per Mausklick in beliebiger Form „anfunken“: per E-Mail, per (Webcam-)Chat oder per VoIP-Anruf. Microsoft betont, dass diese Form des Kommunizierens in der Geschäftswelt künftig gang und gäbe sein werde, frei nach dem Motto: „Transparenz gleich Effizienz“.

Der Wettbewerb schläft nicht

Im direkten Wettbewerb zu Microsofts „Live“-Plattform steht die Cisco-Tochter Web-Ex. Der Web-Dienst Anbieter gilt laut dem Marktforscher IDC als Marktführer im Bereich On-Demand- Collaboration und weist beeindruckende Wachstumszahlen aus. Die Funktionspalette reicht von Online-Meetings und Web- und Videokonferenzen bis hin zur Möglichkeit für Firmen, übers Internet Support anzubieten und auf Büroanwendungen zuzugreifen.

Der Hauptwettbewerber im Bereich Instant Messaging von Microsoft ist AOL: Der Messenger „ICQ“ wird von
mehr als der Hälfte aller Chatter weltwelt genutzt. Allerdings ist ICQ nicht kompatibel zu anderen Kommunikationsanwendungen. Zudem ist Multi-Chat nicht möglich, woran auch die neue Version, die im Sommer erscheint, nichts ändern wird. Inkompabilität ist auch das Manko des größten VoIP-Anbieters „Skype“, dessen praktische und einfach zu bedienende Software sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreut.

Es gibt jedoch zahlreiche Anbieter, die sogenannte „Cross-Plattformen“ (kompatible Kommunikatoren auch für die IM-Kommunikation von verschiedenen Betriebssystemen) anbieten. Pidgin, Mercury und Trillian sind nur einige unter vielen. Ein guter Überblick findet sich im Internet auf der Seite http://www.voip-information.de.

Sicherheit für den Mittelstand

Auch im Bereich des Instant-Messaging gibt es Visionäre: Entwickler wie Agile bieten mittlerweile Messenger für Handys an, und der Lieferant Barracuda hat eine besonders sichere Lösung speziell für den Mittelstand parat: Die Lösung beinhaltet kompatible IM-Software, speziellen Schadcode-Schutz und einen Content-Filter, der das Chatten beim Erscheinen bestimmbarer Schlagworte, die beispielsweise auf privaten Textverkehr schließen lassen, unmittelbar stoppen kann. Indes verzeichnen die meisten reinen Anbieter von Video-Telefonie- Lösungen ein rückläufiges Geschäft, da die Breitbandabdeckung ihr Übriges tut: Wo früher Kanalbündelung und Videokonferenz-Tools nötig waren, reichen heute problemlos die Zusatzfunktionen von Instant Messengern und oftmals preiswerte Hardware wie Webcams und Headsets.

Neben dem Microsoft Messenger MSN sind in Deutschland vor allem der T-Online-Messenger (TOM) sowie der AOL-Instant-Messenger (AIM) beliebt. Auch der Yahoo-Messenger und Trillian lassen sich um Videotelefonie erweitern – diese Funktion bei Trillian gibt es allerdings nur in der kostenpflichtigen „Pro“-Version, die etwa 20 Euro kostet. Apple-Nutzer erfreuen sich am Mac- OS-X-Standard-Programm „iChat“, und Linux-User können mit dem Programm „Gnome-Meeting“ Video-Chats abhalten.

Integrale Lösungen müssen her

Für kleinere mittelständische Firmen sind zudem Anbieter wie Daviko und Polycom relevant: Sie ermöglichen Video-Telefonie-Sitzungen, bei denen sich mehrere Teilnehmer zusammenschalten können, ohne dass ein eigener Server nötig ist. Die Nutzer können dabei auch ihre aktuell laufenden Programme zeigen (Application Sharing), um beispielsweise mit Kollegen Excel-Tabellen oder Powerpoint-Präsentationen zu besprechen.

Experten verweisen auf die Gefahren von Video-Chats: Für Hacker sei es relativ einfach, Übertragungen umzuleiten und anzuschauen. So gibt es zwar einige Sicherungsprogramme, doch die können nur von Nutzern des gleichen Programms eingesetzt werden. Abhilfe schaffen will das Fraunhofer-Institut, das im nächsten Jahr die Software Communitrust auf den Markt bringen will. Das Programm soll den Datenstrom direkt auf dem PC verschlüsseln, um sie für heimliche Beobachter unlesbar zu machen.

Auch wenn es manche Anbieter nicht gerne hören werden: Die meisten Kommunikationsanwendungen haben nach wie vor den Nachteil, dass sie untereinander nicht kompatibel sind und auch nicht als Plattform für andere Formen der Kommunikation dienen können. Hier integrale Lösungen zu schaffen wird die nächste Richtung sein, in die sich der Markt bewegt.