Digitales Werkzeugmanagement ermöglicht intelligente IoT-Szenarien

MAPAL vernetzt Kunden und Lieferanten über SAP Cloud Platform

29.11.2016 von Andreas Schaffry
Der Hersteller von Präzisionswerkzeugen MAPAL vernetzt mit c-Com auf Basis von SAP Cloud Platform Kunden und Lieferanten. Dadurch lassen sich werkzeugbezogene Prozesse einfacher und transparenter gestalten sowie intelligente IoT-Szenarien realisieren. Die Beschaffungskosten sinken und die Instandhaltung wird optimiert.

Fräsen, drehen, bohren, reiben, schleifen, spanen: Die spanende Bearbeitung von Metallwerkstücken und faserverstärkten Kunststoffen beispielsweise in der Automobil- und Luftfahrtindustrie oder im Maschinen- und Anlagenbau verlangt höchste Genauigkeit. Die exakte Bearbeitung von Werkstücken ist unerlässlich, um die Qualität des Endprodukts zu gewährleisten, egal ob es sich dabei um ein Getriebe, einen Motor, Bremsen oder Fahrwerkskomponenten handelt.

Werkzeugdatenmanagement ist wenig effizient

Das wiederum erfordert hochpräzise Werkzeuge, maßgeschneiderte Sonderwerkzeuge sowie innovative Bearbeitungslösungen, wie sie die MAPAL Dr. Kress KG aus dem baden-württembergischen Aalen bietet. Das inhabergeführte, international agierende Unternehmen erzielte 2015 mit 4.800 Beschäftigten einen Umsatz von 540 Millionen Euro. Als "Technologiepartner des Kunden" kennt MAPAL dessen Anforderungen an die Werkzeuge genau und unterstützt ihn mit umfassenden Services vom Engineering über die Werkzeuglogistik, die Wartung und Instandhaltung bis hin zur Schulung der Mitarbeiter.

Dr. Jochen Kress, Mitglied der Geschäftsführung bei der MAPAL, Dr. Kress KG
Foto: MAPAL Dr. Kress KG

Damit die Produktion effizient arbeiten kann, muss sich das richtige Werkzeug zur richtigen Zeit an der richtigen Maschine befinden und optimal eingestellt sein. Dies erfordert eine effiziente Verwaltung aller Werkzeuge und werkzeugbezogenen Daten. "Das stellt eine große Herausforderung für Fertigungsunternehmen dar, vor allem, wenn sie an mehreren Standorten produzieren. Doch daran hapert es noch", erläutert Dr. Jochen Kress, Mitglied der Geschäftsführung der MAPAL Dr. Kress KG. Hinzu kommt, dass Aufwand und Kosten für die Beschaffung von Werkzeuge in vielen Fällen unverhältnismäßig hoch sind, wenn man bedenkt, dass sie als C-Teile nur einen geringen Anteil des gesamten Einkaufsvolumens - in der Regel im einstelligen Prozentbereich - ausmachen.

Werkzeuge machen nur einen geringen Anteil des gesamten Einkaufsvolumens aus. Umso wichtiger ist eine effiziente Verwaltung aller Werkzeuge.
Foto: MAPAL Dr. Kress KG

Kunden und Lieferanten digital vernetzen

Abhilfe schaffen will MAPAL hier mit der offenen Cloud-basierten Plattform c-Com, die auf der leistungsstarken, skalierbaren und sicheren Platform-as-a-Service-(PaaS)-Lösung SAP Cloud Platformbasiert und in enger Zusammenarbeit mit SAP entstanden ist. Ganz im Sinne von Industrie 4.0 können sich Kunde und Lieferant via c-Com digital vernetzen und werkzeugbezogene Daten auf der Grundlage klar definierter Regeln und Zugriffsrechte gemeinsam pflegen und nutzen. "Mit dieser voraussetzungslosen Digitalisierung", so Dr. Jochen Kress, "wird das Konzept der Sharing Economy auf das Werkzeugdatenmanagement übertragen."

Die offene Plattform führt alle Informationen zu einem Werkzeug, also seine Stamm-, Bewegungs-, Prozess- und Bestandsdaten, zentral auf einer SAP-HANA-Datenbank in der Cloud zusammen. Sie können so über den gesamten Lebenszyklus einheitlich und in hoher Qualität verwaltet und stets aktuell gehalten werden. Da die Endanwender beim Kunden wie auch beim Lieferanten, etwa im Einkauf und in der Fertigungsdisposition, mit denselben Daten arbeiten, entsteht eine bisher nie da gewesene Transparenz, die sich auf vielfältige Weise geschäftlich nutzen lässt und echten Mehrwert verspricht.

Einkaufsprozesse und Bestand optimieren

Der Einkauf kann mit c-Com die Beschaffung von Werkzeugen, aber auch anderer C-Teile nun standortübergreifend harmonisiert und somit auch kosteneffizienter durchführen. Zum Vergleich: Beim Einsatz einer herkömmlichen Einkaufsplattform müssen die werkzeugbezogenen Daten mehrfach angelegt und gepflegt werden, da Kunde und Lieferant sie jeweils in einem eigenen ERP-System verwalten. Aktualisiert einer der beiden seine Daten, der andere dagegen nicht, arbeiten die Partner mit unterschiedlichen Daten, und es kommt zu Missverständnissen, die Verwirrung stiften und sich unter Umständen nur mühsam durch Nachfrage per Telefon oder E-Mail aufklären lassen.

c-COM bietet Kunden und Lieferanten eine Plattform, um sich im Sinne von Industrie 4.0 zu vernetzen.
Foto: MAPAL Dr. Kress KG

Darüber hinaus weist c-Com unverzüglich auf Über- oder Fehlbestände hin. Auf diese Weise kann der Werkzeugbestand optimiert werden, der Einsatz der Geräte in der Produktion lässt sich effizient disponieren. Dadurch verringert sich die unnötige und kostspielige Kapitalbindung im Lager, gleichzeitig wird das Risiko eines Produktionsstillstands reduziert, der rasch geschäftskritisch werden könnte.

Mit Benchmarks Potenzial erschließen

Bis dato erfassen die einzelnen Standorte ihre Werkzeugdaten in unterschiedlichen Tools oder sogar noch auf Papier. Das Übertragen und Zusammenführen dieser Informationen für vergleichende Analysen erfolgt dann arbeitsintensiv, fehleranfällig und unwirtschaftlich von Hand. Die zentrale Verwaltung der Werkzeugdaten eröffnet nun die Möglichkeit, Benchmark-Vergleiche zwischen einzelnen Standorten anzustellen und Optionen zur Standardisierung und Optimierung der Bearbeitungsprozesse zu erschließen.

Der Vergleich von technischen Lösungen und Bearbeitungsparametern für identische Werkstücke innerhalb des Unternehmens kann zum Beispiel Erkenntnisse darüber liefern, weshalb ein Bohr-, Fräs- oder Schleifwerkzeug unterschiedliche Standzeiten an den einzelnen Standorten aufweist. Auf diese Weise lassen sich standortübergreifend Best Practices für die Bearbeitung gleicher Werkstücke etablieren und damit die Kosten für die Bearbeitungsprozesse senken.

Dr. Peter Gantner, Head of Corporate Processes and Operations und Chief Digital Officer (CDO), bei der MAPAL Dr. Kress KG
Foto: MAPAL Dr. Kress KG

Ein Lieferant wiederum kann dem Kunden neue Services für seine Werkzeuge schon während der Entwicklungsphase via c-Com anbieten und die Versuchsergebnisse auf der Plattform dokumentieren und für alle zugänglich machen.

"Datenautobahn" für Werkzeugmanagement schaffen

"Ursprünglich war unsere Idee, c-Com als neutrale Plattform zu entwickeln, die als 'Datenautobahn' den schnellen Austausch werkzeugbezogener Informationen zwischen Lieferanten und Kunden ermöglicht", erläutert Dr. Jochen Kress. Für die technische Umsetzung dieses Konzepts kam nur eine cloudbasierte Lösung infrage. SAP Cloud Platformer wies sich, nach intensiver Prüfung vergleichbarer Plattformen, für diesen Zweck als am besten geeignet. Das Platform-as-a-Service-(PaaS)-Angebot stellt die nötigen offenen und zukunftsfähigen Technologien bereit und bietet die Möglichkeit, mit modernen, intuitiv zu bedienenden HTML5-basierten Oberflächen zu arbeiten.

Alle Daten werden im SAP-Rechenzentrum in Deutschland gespeichert, sodass Datenschutz und Datensicherheit jederzeit gewährleistet sind. Mithilfe der Integrationsservices von SAP Cloud Platform und dank der API-Management-Technologie lässt sich zudem die erforderliche Verknüpfung zwischen der offenen Cloud-basierten Plattform c-Com und einem Back-End-System, egal ob SAP- oder Non-SAP-Software, schnell und mit geringem Aufwand bewerkstelligen. Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für SAP Cloud Platform spielte aber auch die Tatsache, dass viele Kunden von MAPAL bei der Abwicklung ihrer Geschäftsprozesse bereits auf SAP-Software vertrauen.

Agil wie ein Start-up agieren

Vom Kick-off bis zur Inbetriebnahme beanspruchte das Erstellen der Betaversion von c-Com nur sechs Monate. Dies ist nicht zuletzt der zielgerichteten und partnerschaftlichen Zusammenarbeit des kleinen Projektteams aus MAPAL-Mitarbeitern und Experten von SAP Digital Business Services zu verdanken.

AUAF EINEN BLICK

Unternehmen: MAPAL Dr. Kress KG

Branche: Spanende Fertigung

Ziel/Art des Projekts: Entwicklung einer cloudbasierten Plattform für die Verwaltung und den Austausch von Werkzeugdaten zwischen Zulieferer und Hersteller

Lösung:SAP Cloud Platform

Implementierungspartner: SAP

Bisherige Systemumgebung: Nicht in SAP-Software integrierte Lösungen, Eigenentwicklungen unter anderem auf Basis von Microsoft Excel

Neue Systemumgebung:c-Com als offene Cloud-basierte Plattform zur Verwaltung von Werkzeugen und Werkzeugdaten auf Basis von SAP Cloud Platform

Einordnung in digitale Transformation: Digitales Werkzeugmanagement als Baustein für Industrie-4.0- und IoT-Szenarien sowie für neue

Besonders beeindruckt haben die Verantwortlichen die Agilität und die Flexibilität bei der Anwendungsentwicklung mit SAP HANA Cloud Platform. "Bei der Applikationsentwicklung agieren wir inzwischen so beweglich wie ein Start-up und können für spezielle Anforderungen beim Werkzeugmanagement zeitnah die nötigen Apps bereitstellen. Die Ideen dazu lassen sich dank agiler Methoden wie DevOps jetzt direkt in Form eines Mock-up umsetzen. Das zeitraubende Erstellen und Abstimmen umfangreicher Lastenhefte fällt weg", erklärt Dr. Peter Gantner, Head of Corporate Processes and Operations und Chief Digital Officer (CDO) bei der MAPAL Dr. Kress KG.

Werkzeugdaten einfach via App abrufen

Gerade in Zeiten des digitalen Wandels erweist sich diese hohe Flexibilität als unschätzbarer Vorteil. Gemeinsam mit Experten von SAP und Apple haben die MAPAL-Spezialisten beispielsweise innerhalb sehr kurzer Zeit eine native App für das Apple-iOS-Betriebssystem auf Basis von SAP Cloud Platformen twickelt und in Betrieb genommen, die den Werkzeug- beziehungsweise Toolmanager bei seiner täglichen Arbeit effizient unterstützt.

Alle Informationen zu einem Werkzeug, zum Beispiel die Anzahl der Schleif- und Schärfungsvorgänge oder die Standzeiten, lassen sich mit dieser App , die im Übrigen kinderleicht zu bedienen ist, jederzeit und überall abrufen; sie werden auf einer modernen iOS-Oberfläche übersichtlich visualisiert. Anhand der angezeigten Werte erkennt der Toolmanager dann unter anderem, ob das Werkzeug neu geschärft oder ausgetauscht werden muss.

Eine cloudbasierte Plattform zum Managen und Teilen relevanter Daten von C-Teilen zwischen Kunden und Lieferanten.
Foto: MAPAL Dr. Kress KG

Per Augenschein festgestellte Probleme dokumentiert er mithilfe der Kamerafunktion des Mobilgeräts von Apple und übermittelt sie zusammen mit dem Servicebericht, bei dessen Erstellung ihn die App mit vorgefertigten Textbausteinen unterstützt, umgehend an den Lieferanten. Muss das Werkzeug ausgetauscht werden, lässt sich im SAP-ERP-System, das nahtlos mit der mobilen App verknüpft ist, per Knopfdruck eine Bestellanforderung erzeugen und in eine Bestellung umwandeln.

Mit IoT Werkzeugkosten reduzieren

Um eine fehlerfreie Identifizierung und die Nachverfolgbarkeit zu garantieren, ist jedes Werkzeug mit einem Data-Matrix-Code versehen. So entsteht ein "digitaler Zwilling" des physischen Produkts, der die reale und die virtuelle Welt zu einem Internet der Dinge, Dienste und Daten verbindet und Internet-of-Things-(IoT)-Szenarien mit selbststeuernden Arbeitsabläufen ermöglicht. Entnahmen aus einem Werkzeugausgabeschrank, der online mit c-Com bzw. SAP Cloud Platformverbunden ist, können vollautomatisch erfasst werden; die erforderliche Nachbestellung wird über die c-Com-Plattform direkt im ERP-System des Kunden und ohne manuellen Eingriff ausgelöst. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die benötigten Werkzeuge stets in der richtigen Menge verfügbar sind.

Ist ein Werkzeug mit Data-Matrix-Code oder wahlweise auch mit RFID-Transponder ausgestattet, lassen sich außerdem seine Transportwege sowie alle Instandhaltungsprozesse - Reparatur, Wiederaufbereitung oder die Modifikation von Länge, Durchmesser oder Schneidengeometrie - transparent überblicken und lückenlos dokumentieren. Das ist eine wichtige Voraussetzung, etwa um Nachschleifzyklen zu optimieren, das Werkzeug zum richtigen Zeitpunkt auszutauschen und, nicht zuletzt, um die Werkzeugkosten sehr präzise zu kalkulieren und im besten Fall sogar zu senken.

Die Möglichkeiten ausschöpfen

"Die Möglichkeiten, die SAP Cloud Platformin Verbindung mit IoT-Technologien hier eröffnet, sind nahezu grenzenlos. Es liegt an uns, sie nach Kräften auszuschöpfen", sagt Dr. Jochen Kress. MAPAL wird deshalb in einem ersten Schritt das eigene Werkzeugmanagement auf Basis von c-Com optimieren. Anschließend soll die offene Plattform für namhafte Pilotkunden installiert werden. Das Interesse der Kundschaft ist groß, die Anfragen übertreffen die Erwartungen. Für die nähere Zukunft ist vorgesehen, c-Com in Richtung eines kompletten C-Teile-Managements auszubauen.

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