Baustein der digitalen Gesellschaft

Linux feiert 20. Geburtstag

25.08.2011
"Ich arbeite an einem (freien) Betriebssystem (nur ein Hobby, wird nicht groß und professionell..)."

Heute vor 20 Jahren tauchte in der Newsgroup comp.os.minix folgendes Posting auf: "Ich arbeite an einem (freien) Betriebssystem (nur ein Hobby, wird nicht groß und professionell..)." Da irrte der finnische Student Linus Torvalds, als er am 25. August 1991 den Start von Linux bekanntgab. Das freie Betriebssystem wurde so erfolgreich, dass es heute von mehreren tausend Entwicklern und vielen Firmen in aller Welt unterstützt wird.

Linux war vor 20 Jahren bereits der vierte Versuch, ein freies PC-Betriebssystem auf der Basis des in den 70er Jahren gestarteten Unix-Systems zu etablieren - nach BSD (1977), GNU (1983) und Minix (1987). Torvalds orientierte sich vor allem an Minix, hatte aber bald den Ehrgeiz, es besser zu machen. Über die Version 0.01 von Linux sagte er später: "Sie war nicht schön, sie hatte keinen Treiber für Diskettenlaufwerke, und sie konnte kaum etwas Sinnvolles tun. (..) Aber ich hatte Feuer gefangen und wollte nicht aufhören, bevor ich Minix rausschmeißen konnte."

Im Usenet, dem bis heute lebendigen Newsgroup-Bereich im Internet, lud Torvalds bastelfreudige Programmierer zum Mitmachen ein. Im März 1992 konnte so die Version 1.0 bereitgestellt werden - seit Anfang August ist die Kernel-Version 3.0.1 aktuell. Torvalds und seine Mitstreiter widerlegten in den vergangenen 20 Jahren auch Skeptiker wie den Minix-Entwickler Andrew Tanenbaum, der sich nicht vorstellen konnte, wie ein verteiltes Programmieren gelingen soll: "Ich denke, dass die Koordination von 1000 Primadonnen, die überall auf der ganzen Erde leben, genauso einfach ist wie Katzen zu hüten", schrieb Tanenbaum in einer inzwischen legendären Debatte im Usenet.

"Linux hat den wunderbaren Ansatz, dass es von Anfang an ein Hardware-unabhängiges Betriebssystem sein sollte", sagt der deutsche Linux-Veteran Karl-Heinz Strassemeyer, der 44 Jahre für IBM tätig war. Er hat maßgeblich daran mitgewirkt, das für den PC entwickelte Linux 1998 auf den Großrechner (Mainframe) zu bringen. Die schwerfällige Hardware von IBM war eigentlich nicht dafür gedacht, ein direkt vom Kunden betriebenes System zu unterstützen. Aber es gab einen wachsenden Bedarf, auch Unix-Anwendungen auf den großen Rechenanlagen zum Laufen zu bringen.

10 Linux-Desktops im Vergleich
Ubuntu
Ubuntu gibt es in mehreren unterstützten Geschmacksrichtungen, hier Kubuntu.
Desktop
So sieht Kubuntu nach dem Start aus.
Netbook-Edition
In dieser Variante ist Unity bereits im Einsatz.
Büro-Software
Ubuntu hat natürlich OpenOffice.org an Bord.
Netzwerk
Heterogene Netzwerke sind kein Problem.
Linux Mint
Seit Linux Mint 10 ist das ganze System nicht mehr so extrem grün.
Mint-Menu
Das Menü in Linux Mint gestaltet sich sehr übersichtlich.
Software-Manager
Da sich in Mint Anwendungen bewerten lassen, können Nutzer Programme bereits vor der Installation einschätzen.
Backup-Tool
Mit Mint Backup können Sie auch die Liste der installierten Programme sichern.
Alles im Griff
Mit dem Mint Kontrollzentrum können Sie das System Finetunen.
Red Hat Enterprise Linux
Während der Installation gibt Ihnen RHEL diese Auswahlmöglichkeit.
GNOME
Red Hat Enterprise Linux verwendet GNOME per Standard.
Eclipse
Entwicklern muss man diese Software nicht weiter vorstellen.
Qt Designer
Plattformübergreifendes Framework.
Java
Bestimmte Java-Tools sind ebenfalls vorinstalliert.
Fedora
Fedora 14 ist erst vor kurzer Zeit erschienen.
Software
Weitere Pakete lassen sich bequem über den Software-Manager einspielen.
Anderer Desktop
So sieht die KDE-Ausgabe von Fedora 14 aus.
Mit LXDE
Fedora gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen.
Thunar
Der Dateimanager und Geany in der Xfce-Variante.
Macpup
Nach dem Start lässt sich das System anpassen.
Midori
Auch der Browser ist klein und schnell.
Alles dabei
Macpup hat eigentlich alles an Bord, nur eben minimalistischer und unbekannter.
Weitere Software
Mittels Quickpet können Sie bequem weitere Pakete installieren.
Lucid Lynx
Da die aktuelle Macpup-Version mit Ubuntu 10.04 binärkompatibel ist, lassen sich die entsprechenden Repositories aktivieren.
Ultimate Gamers
Bei dieser Linux-Distribution dreht sich alles ums Spiel. Hier ist der Lemmings-Klon Pingus im Einsatz.
Voll
Das DVD-Abbild ist bis oben hin voll mit kostenfreien Games.
Frozen Bubble
Das Vorbild Puzzle Bobble war ein echter Renner auf den Spielautomaten.
PlayOnLinux
Dieses GUI für Wine hilft bei der richtigen Konfiguration und ermöglicht das Laufenlassen vieler Windows-Spiele und Aplikationen.
Urban Terror
Von freien Shootern bis zu Denkspielen ist alles vorhanden.
PCLinuxOS
PCLinuxOS ist eine Anfänger-freundliche Linux-Distribution.
Die Quelle
Am Installer Draklive merkt man den Ursprung von PCLinuxOS - Mandriva.
Sieht anders aus
Die beliebte Open-Source-Software lässt sich mittels nur einem Klick und der Eingabe des root-Passworts installieren.
OpenOffice.org
Die beliebte Open-Source-Software lässt sich mittels nur einem Klick und der Eingabe des root-Passworts installieren.
Konfiguration
Auch das Kontrollzentrum von PCLinuxOS ist schön und übersichtlich.
openSUSE 11.3
Die GNOME-Version der beliebten Linux-Distribution.
Menü
GNOME-unüblich startet sich das Menü in openSUSE von unten links.
Yet another Setup Tool
YaST ist openSUSEs Allzweckwaffe in Sachen Systemeinstellungen.
Übersichtlich
Alle Anwendungen im Überblick.
Software-Verwalter
Weitere Programm lassen sich auf einfache Weise nachträglich installieren.
Sabayon Linux
Sabayon Linux basiert auf Gentoo.
XBMC
Sabayon lässt sich als Multimedia-Station einsetzen.
Repository-Update mit Sulfur
Die Paketlisten auf den aktuellen Stand bringen.
Repository-Update mit Sulfur
Die Paketlisten auf den aktuellen Stand bringen.
Software mit Entropy
Sabayon bringt einen grafischen Paketverwalter mit sich.
Debian
Während der Installation können Sie schon vorgeben, wo es hinführen soll.
Desktop
So sieht die aktuelle Debian-Variante aus.
Konservativ
OpenOffice.org 2.4 ist etwas angestaubt im stabilen Debian-Zweig.
Netzwerk
Mit heterogenen Netzwerken klappt alles gut.
GParted
Der Partitions-Manager GParted ist per Standard installiert.

Programmieren für Kommunisten

"Wir haben dann im Internet gefragt: 'Gibt es hier ein paar Linux-Hacker, die uns helfen können?'", erinnert sich Strassemeyer. Dabei habe es im IBM-Management zunächst erhebliche Widerstände gegen das freie System gegeben - sogar die Warnung: "Nehmt die Hände weg von Linux, das ist Programmieren für Kommunisten." Microsoft-Chef Steve Ballmer bezeichnete Linux im Jahre 2001 als ein "Krebsgeschwür, das in Bezug auf geistiges Eigentum alles befällt, was es berührt". Zum Geburtstag aber überreicht Microsoft der Linux Foundation in einem Trickfilm einen Geburtstagskuchen.

Die Grundidee von freier Software schien lange Zeit mit dem kommerziell betriebenen Software-Geschäft kaum vereinbar: Der Quellcode (Source Code) von Software darf kein Betriebsgeheimnis sein, sondern wird allen Interessierten offen bereitgestellt. Dann können andere den Code verbessern und ergänzen, müssen ihn aber wieder für die Community bereitstellen.

"Wir haben diesen offenen Aspekt gebraucht, um auch proprietäre Systeme attraktiver zu machen", sagt Strassemeyer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Und gemeinsam kann man mehr erreichen, als wenn man nur das Gemüse auf dem eigenen Mist anpflanzt."

Dieses Motto verfolgt auch IT-Architektin Jutta Kreyss, die bei IBM das 2005 gestartete Linux-Projekt der Stadt München unterstützt: Von den 15.000 Arbeitsplätzen in der städtischen Verwaltung sollen 12.000 mit freier Software ausgestattet werden. Bislang sind es nach Angaben von Kreyss 6600 Rechner, bis 2013 soll das Projekt abgeschlossen sein. "Was ich persönlich bei Linux spannend finde", sagt Kreyss, "ist, dass das eine Story ist, die sich durchzieht von der Hardware über die Software bis zu den Services." Das Projekt "LiMux" fand weltweit aber nur wenig Nachahmer.

Die Fähigkeit, sich ohne großen Aufwand an unterschiedliche Prozessoren und Hardware-Plattformen anpassen zu lassen, hat Linux jetzt eine neue Erfolgsgeschichte beschert. Das auf der Grundlage von Linux entwickelte Google-System Android hat bei Smartphones nach den Zahlen der Marktforschungsfirma Gartner einen Anteil von 43,4 Prozent - verglichen mit 1,6 Prozent für Windows. Anders hingegen sieht es auf dem PC aus, wo Linux nicht über einen Anteil von zwei Prozent hinauskommt, während 94 Prozent der in diesem Jahr ausgelieferten PCs Windows 7 vorinstalliert haben. Das ebenfalls auf Unix (genauer FreeBSD) beruhende Mac-System kommt 2011 laut Gartner auf 4,5 Prozent.

Präsenter ist Linux auf dem Server: Wenn man im Browser eine Webseite aufruft, werden die Daten mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Server mit Linux und der Software Apache ausgeliefert. In noch einmal 20 Jahren, so schätzt Strassemeyer, werde sich Linux als Basis-Betriebssystem für die unterschiedlichsten Einsatzzwecke etabliert haben. "Abgesehen von einigen wenigen historischen Verpflichtungen sehe ich dann keinen Grund mehr für irgendwelche anderen Betriebssysteme."

Die Festivitäten

Die Linux Foundation, für die Torvalds heute tätig ist, feiert den Geburtstag mit Festen, einer Ausstellung und einer Sammlung von Video-Beiträgen. Nur der Free-Software-Pionier Richard Stallman ist am Linux-Geburtstag grummelig. "Warum sollte ich das Werk von jemandem feiern, der unsere Werte nicht teilt?" antwortet er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Der Gründer des GNU-Projekts mit der von Linux verwendeten Software-Lizenz GPL wirft Torvalds vor, dass ihm nicht die Freiheit am Herzen liege, sondern nur die Qualität der Software: Mit der Betonung von Open Source als Gegenbegriff zu freier Software hätten sie "einen völlig anderen Diskurs aufgemacht".

Freie Software sei in den Kernaussagen der stärkere, der radikalere Begriff, erklärt der Mitbegründer des LinuxTags, Nils Magnus. Open Source sei die pragmatische Interpretation von freier Software. "Für die Anwender spielt das aber keine große Rolle. Das ist eher eine charmante philosophische Fragestellung." (dpa/tc)