Unified Communications

Konvergente Konzepte steigern Produktivität

25.08.2008 von Michael  Schwengers
Bereits heute greifen die Anwender auf zahlreiche Kommunikationsmittel zurück, müssen diese aber isoliert voneinander handhaben. Mit einer konvergenten Infrastruktur können Unternehmen ohne Medienbrüche kommunizieren und so die Kosten senken.

Über die Hälfte (56 Prozent) der Geschäftsbereichsleiter deutscher Unternehmen hält die Integration von Kommunikationsfunktionen im Rahmen eines Unified-Communications-Konzepts für sinnvoll. So das Ergebnis einer Umfrage der Berliner Analysten von Berlecon Research bei Einkaufs- und Vertriebsverantwortlichen aus dem Frühjahr dieses Jahres. Laut einer aktuellen Erhebung der Schweizer Beratungsagentur MSM Research setzen sich sogar 86 Prozent der eidgenössischen Unternehmen aktiv mit dem Thema auseinander. Reagieren die Unternehmen damit lediglich auf einen Modetrend, der schnell aufkommt, um bald wieder abzuflauen? Oder zählt die Integration von Sprach- und Datenkanälen, Festnetz- und Mobilfunknetzen sowie Kommunikations-, Office- und Unternehmensanwendungen zu den Voraussetzungen für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg?

Wachsendes Kommunikationsvolumen

Die vielzitierte IP-Telefonie oder das Verschmelzen von Mobilfunk und Festnetz sind nur zwei Facetten von UC. Mehr Optionen eröffnet der Collaboration-Bereich.
Foto: Berlecon Research

Um es gleich vorwegzunehmen: Unified Communications ist deutlich mehr als nur ein Modetrend. Der Grund für das zunehmende Interesse von Unternehmen an einer konvergenten ITK ist das in den letzten Jahren rasant gewachsene Informations- und Kommunikationsvolumen. Laut der Berlecon-Studie konstatieren 93 Prozent der Befragten, dass dieses gestiegen beziehungsweise stark gestiegen sei. Eine Hauptursache dafür sind die gewachsenen Anforderungen der Kunden, die ein immer rascheres Feedback erwarten. Zudem sind die Mitarbeiterkapazitäten in Unternehmen oftmals begrenzt, was eine deutliche Produktivitätszunahme jedes Einzelnen erfordert. Auch die stark voranschreitende Vernetzung mit externen Partnern und die zunehmende Mobilität der Mitarbeiter sind wesentliche Gründe für das wachsende Kommunikationsaufkommen.

Zahlreiche Kommunikationsmittel im Einsatz

Die Unternehmen greifen dabei bislang auf eine ganze Reihe von Techniken zurück. Das Spektrum reicht von der Fest- und Mobilfunktelefonie samt Faxgeräten über E-Mails, Kurznachrichten und Instant Meassaging bis zu Audio-, Video- und Web-Konferenzen. Wichtig oder sehr wichtig bei der täglichen Kommunikation ist nach Angaben aller Befragten die E-Mail. Für 80 Prozent ist das Smartphone, für 74 Prozent das Festnetztelefon unverzichtbar. Künftig dürfte vor allem die Bedeutung von Mobile E-Mail zunehmen.

Herausforderungen für Unternehmen

Doch aus den vielfältigen Möglichkeiten, sich mit seinem Ansprechpartner auszutauschen, ergeben sich für die Unternehmen, wie Michael Reibold, Geschäftsführer der auf Unified-Communications-Lösungen spezialisierten Cosynus GmbH in Darmstadt, aus der Projektpraxis weiß, einige Probleme. So sind beispielsweise Mitarbeiter für ihre Kollegen, Geschäftspartner und Kunden oft nur schwer zu erreichen. Nach erfolglosen Kontaktversuchen via Fest- und Mobilfunknetz schreibt der Kollege am Unternehmenssitz dem Außendienstler dann eine E-Mail mit seiner dringenden Frage. Da dieser gerade einen Kunden besucht, kann er auf sein elektronisches Postfach zunächst nicht zugreifen. Als der Mitarbeiter im Außendienst nach dem Termin den Kollegen im Unternehmen zurückruft, ist dieser an seinem Arbeitsplatz nicht zu erreichen.

Unified Communications steigert Kommunikationseffizienz

Das Beispiel macht das zentrale Dilemma deutlich. Die Anwender nutzen voneinander isolierte Endgeräte - also Festnetz- und Mobilfunktelefon, PC, Laptop und Faxgerät - und bedienen diverse Anwendungen über verschiedene Netze. Die verschiedenen Medien und die unterschiedlichen Kommunikationsmittel sind zudem nicht überall und einheitlich nutzbar. Unified Communications dagegen ermöglicht Kommunikation ohne Medienbrüche, indem sämtliche Techniken über eine unternehmensweite Plattform sukzessive integriert und an jedem Ort und zu jeder Zeit zur Verfügung gestellt werden. Dies geschieht allerdings nicht durch eine einzelne Lösung, die ein für allemal im Unternehmen implementiert wird, weiß Reibold von Cosynus. Für ihn handelt es sich vielmehr um ein übergreifendes Konzept, bei dem Schritt für Schritt und je nach individuellem Bedarf die verschiedenen Kanäle, Netze und Anwendungen zusammengeführt werden. Zudem bleiben auf diese Weise für die Unternehmen die Kosten stets überschaubar. Jede zusätzliche Investition schafft einen unmittelbaren Mehrwert.

Erleichterte Kontaktaufnahme

So lassen sich im Rahmen eines konvergenten Kommunikationskonzepts zahlreiche Funktionen realisieren, mit denen Unternehmen ihre Effizienz steigern können. Eine Präsenzsignalisierung zeigt beispielsweise an, wann ein bestimmter Anwender über welches Endgerät erreicht beziehungsweise nicht erreicht werden kann. "Der Mitarbeiter am Unternehmensstandort aus dem Beispiel", führt der Cosynus-Geschäftsführer weiter aus, "hätte dann erkennen können, dass sein Kollege im Außendienst gegenwärtig telefonisch nicht verfügbar ist und auch die E-Mail erst mit einiger Verzögerung beantworten wird." Nützlich wären in diesem Fall auch Unified-Messaging-Funktionen gewesen. Denn diese ermöglichen es, unterschiedliche Nachrichtentypen - etwa E-Mail, Instant Messaging oder Voice-Mail - über eine einzige Oberfläche zu bearbeiten. Mit einem mobilen Endgerät, das an die im Unternehmen installierte ITK-Infrastruktur angebundene ist, hätte der Außendienstmitarbeiter unmittelbar nach dem Kundentermin unterwegs auf sein elektronisches Postfach zugreifen und die Anfrage beantworten können. Im Rahmen eines Unified-Communications-Konzepts werden auch Office-Anwendungen von unterwegs zugänglich. Ein Blick via Smartphone in den allgemeinen Terminkalender hätte dem Mitarbeiter außer Haus angezeigt, wo sein Kollege gerade zu erreichen ist.

Der Kollege wird überall erreichbar

Die Möglichkeiten, die ein Unified-Communications-Konzept bietet, sind damit noch lange nicht erschöpft. So ist es mit Find-me-follow-me- oder One-Number-Funktionen wesentlich leichter, einen Ansprechpartner zu erreichen - ganz gleich, ob er sich an seinem Arbeitsplatz, im Meetingraum oder auf einer Geschäftsreise befindet. Über Kommunikationsanwendungen in Office-Lösungen werden Telefonate, aber auch Web-Konferenzen direkt vom PC aus gestartet. Während des Telefonats lassen sich dann anhand der Telefonnummer verschiedene Informationen zum Gesprächspartner via Computer Telephony Integration (CTI) automatisch etwa aus einer ERP- oder CRM-Anwendung abrufen.

Konvergentes Kommunikationskonzept senkt Kosten

All das trägt dazu bei, dass die Anwender gezielter kommunizieren, Zeit sparen und damit insgesamt produktiver arbeiten. Unified Communications bedeutet für die Unternehmen aber nicht nur mehr Effizienz, sondern auch niedrigere Kosten. So lässt sich eine konsolidierte ITK-Infrastruktur laut Manager Reibold mit sehr viel geringerem Aufwand verwalten und pflegen als eine Vielzahl von Einzellösungen. Neue Funktionen können zudem in der Regel einfach über eine Software eingeführt werden. Teure Hardwarekäufe können oft unterbleiben. So beispielsweise, wenn Unternehmen Festnetz- und Mobilfunktelefonie zur Fixed Mobile Convergence (FMC) zusammenführen und mobile Endgeräte ohne großen Aufwand zu regulären Nebenstellen machen. Werden interne Gespräche nicht mehr über einen Festnetz- oder Mobilfunkanbieter, sondern mit Voice over IP über die unternehmenseigene Infrastruktur oder das Internet geführt, sinken die Nutzungsentgelte für die verschiedenen Netze. Ferner reduzieren Audio-, Video- oder Web-Konferenzen die Kosten für Geschäftsreisen deutlich. Wenn dennoch eine Dienstreise oder ein Termin vor Ort ansteht, kann bei Wartezeiten und während der Reise dank Unified Communications genauso produktiv gearbeitet werden wie am Arbeitsplatz im Büro.

Preise für UC-Komponenten werden sinken

In einem UC-Szenario kommunizieren Mitarbeiter und Geschäftspartner jederzeit ohne Medienbrüche.
Foto: Cosynus

Voraussetzung für ein Unified-Communications-Konzept sind verschiedene Hardware- und Softwarekomponenten, die nicht nur erworben, sondern auch implementiert und an den individuellen Bedarf angepasst werden müssen. Die Investitionssumme hängt stark von der Größe des Unternehmens und dem Umfang der gewünschten Funktionen ab. Grundsätzlich gilt aber natürlich, dass mit steigender Anwenderzahl die Kosten pro Anwender sinken. Ein Unified-Communication-Konzept ist zunächst also vor allem für mittlere und größere Unternehmen interessant. "Aber auch kleinere Unternehmen", zeigt sich Cosynus-Mann Reibold überzeugt, "profitieren schon in Kürze von einer konvergenten Kommunikationsinfrastruktur." Denn je stärker sich die Technologien am Markt durchsetzen, umso mehr werden die Anbieter die Preise für ihre Leistungen senken.

Voice over IP als Basis

Auf jeden Fall lohnt es sich bereits heute, mit der Einführung einer VoIP-fähigen (Voice over IP) TK-Anlage die Grundvoraussetzung für ein Unified-Communicaton-Konzept zu schaffen. Erst durch das Internet Protocol (IP) können Sprache und Daten, Telekommunikation und Informationstechnologie integriert werden. Um gut für die Zukunft gerüstet zu sein, sollten die Unternehmen darauf achten, dass eine ausreichende Übertragungskapazität gewährleistet ist. Außerdem rät Reibold, eine offene und skalierbare Infrastruktur zu implementieren. Im Zuge einer sanften Migration lassen sich dann weitere Unified-Communications-Bausteine Schritt für Schritt ergänzen.

Was lässt sich verbessern?

Die Rentabilität jeder Phase eines Unified-Communications-Projekts hängt wesentlich davon ab, die Ist-Situation genau zu analysieren und die Optimierungspotenziale exakt zu definieren. So sollte beispielsweise darauf geachtet werden, dass zunächst diejenigen Mitarbeiter mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden, die häufig unterwegs auf E-Mails, Termin- oder Aufgabenplaner zugreifen müssen. Werden sie auf diese Weise dabei unterstützt, die Kunden unmittelbar und gut zu beraten, rechnet sich eine Investition in kurzer Zeit. Ein sinnvoller nächster Schritt könnte dann darin bestehen, auch einen Zugriff auf die ERP- oder CRM-Anwendung zu ermöglichen.

Benutzerfreundlichkeit überzeugt die Mitarbeiter

Damit ein Unified-Communications-Konzept erfolgreich eingeführt werden kann, müssen Unternehmen auf jeden Fall Akzeptanz bei den Mitarbeitern schaffen. Das gelingt nur dann, wenn die neuen Funktionen die Anwender tatsächlich bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen - leicht zu bedienende Endgeräte und Anwendungen tragen hierzu wesentlich bei.

Bereits in wenigen Jahren werden dann die Anwender auf die Möglichkeiten einer konvergenten ITK-Infrastuktur nicht mehr verzichten wollen. Schon in den nächsten zwei bis drei Jahren ist mit dem Durchbruch von Unified Communications am Massenmarkt zu rechnen. "In fünf Jahren setzt fast jedes Unternehmen ein konvergentes Kommunikationskonzept ein - sei es als integrierte Infrastruktur im eigenen Haus oder als Service eines Dienstleisters", ist Cosynus-Geschäftsführer Reibold überzeugt. Umfassende Funktionen auf mobilen Endgeräten sowie die vollständige Integration von IT-Anwendungen werden die Geschäftsprozesse in den Unternehmen stark verändern. Isolierte Kommunikation trennt die Anwender dann nicht mehr - erfolgreiche Kommunikation verbindet sie. (hi)