Digitale Transformation bei B. Braun Aesculap

Innovativer Ansatz mit SAP Cloud Platform

15.11.2016 von Andreas Schaffry
Die B. Braun-Tochter Aesculap setzt bei der digitalen Transformation auf SAP Cloud Platform. Mit den Technologien des Platform-as-a-Service-Angebots lassen sich intuitiv zu bedienende Apps zügig erstellen und ein Data-Lake-Konzept für intelligente Abfragen und Analysen realisieren.

Ob beim Entfernen des Blinddarms, bei der minimalinvasiven Herz-Thorax-Chirurgie oder dem neurochirurgischen Eingriff an Gehirn, Wirbelsäule und Rückenmark: Oberstes Gebot bei jeder Operation ist, die Sicherheit des Patienten und des medizinischen Personals zu jedem Zeitpunkt zu gewährleisten - vor, während und nach dem Eingriff.

Systempartner für die Chirurgie

Entsprechend hoch sind daher die Anforderungen an das Operationsteam und an die chirurgischen Instrumente einschließlich der dazugehörigen Prozesse wie Bereitstellung, Reinigung, Desinfektion, Pflege, Reparatur, Sortierung, Sterilisation oder Entsorgung. Für diese Aufgaben ist in der Regel die zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) einer Klinik zuständig. Im Hinblick auf die Sicherheit müssen Effizienz und Qualität dieser Prozesse laufend geprüft und verbessert werden.

Als Systempartner für die Chirurgie unterstützt Aesculap, eine Sparte des Medizintechnikherstellers B. Braun Melsungen AG, Operationsteams und Kliniken dabei mit einem umfassenden Produkt- und Dienstleistungsportfolio. Ein wichtiger Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg des B. Braun-Konzerns, der 2015 mit über 57.000 Beschäftigten einen Umsatz von mehr als 6,1 Milliarden Euro erzielte, ist der ganzheitliche und beratende Vertriebsansatz. "Wir haben die Hand zu jeder Zeit direkt am Puls des Kunden, entwickeln - im Einklang mit unserem Leitsatz 'Sharing Expertise' - im konstruktiven Dialog mit ihm neue Produkte und Lösungen und erarbeiten gemeinsam innovative Konzepte zur Optimierung seiner Prozesse", erläutert Christian Frank, Head of Service Innovation bei Aesculap.

Digitaler Wandel braucht Agilität und Flexibilität

Der digitale Wandel eröffnet dabei ganz neue Möglichkeiten im Hinblick auf die Interaktion und die Kommunikation mit dem Kunden. Den damit verbundenen Herausforderungen begegnet der Medizintechnikhersteller mit einer Digitalisierungsstrategie, die im Rahmen seiner "Strategie 2020" Schritt für Schritt umgesetzt wird. "Der digitale Wandel verschärft die Notwendigkeit, ähnlich wie ein Start-up rasch und flexibel auf die Anforderungen des Marktes und der Kunden zu reagieren, denn auch die Konkurrenz schläft nicht", unterstreicht Sören Lauinger, Director Sales and Service Innovation bei Aesculap.

Packlistengenerator unterstützt Sterilgutkreislauf und Instrumentenmanagement in der Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA).
Foto: B. Braun Aesculap

Eine wichtige Grundlage für höhere Agilität ist die schnelle Entwicklung und Inbetriebnahme moderner und intuitiver digitaler Anwendungen. Die offenen Technologien von SAP HANA Cloud Platform, einer stabilen, leistungsstarken, skalierbaren und hochverfügbaren Platform-as-a-Service-Umgebung (PaaS), eignen sich für diese Zwecke besonders gut. Überzeugt haben auch die Vorteile der SAP HANA-In-Memory-Technologie in Bezug auf die Geschwindigkeit der Datenverarbeitung und Auswertung sowie das attraktive Preismodell.

Digitaler Cloud-Marktplatz für innovative Apps

Mithilfe der direkt nutzbaren Services aus SAP Cloud Platform baut Aesculap in Zusammenarbeit mit der B. Braun IT Service GmbH einen digitalen Marktplatz auf. Über ihn sollen künftig zeitgemäße Apps mit intuitiver SAPUI5-Oberfläche bereitgestellt werden, mit denen Kliniken, Patienten und Geschäftspartner spezifische Aufgabenstellungen durchgängig und effizient abwickeln können - und auch die Vertriebsmitarbeiter bei Aesculap. Sie arbeiten bis dato mit speziellen Expertentools, die nun nach und nach durch einfach zu bedienende Apps ersetzt werden sollen.

Ziel ist es, diese Anwendungen in einem einheitlichen Look & Feel über die Portal Services der HANA Cloud Platform (Launchpad) externen Kunden zur Verfügung zu stellen. Ergänzt wird dieses Angebot durch weitere mobile Apps, die über die App Stores von Apple oder Google heruntergeladen und auf dem Smartphone oder Tablet installiert werden können. Dadurch eröffnen sich für Aesculap völlig neue Möglichkeiten zur Vermarktung der eigenen Produkte und Services. "Eine Klinik etwa kann mit einer solchen App Vorgänge im Sterilgutkreislauf digitalisieren, die handschriftlich vorliegen beziehungsweise in Ordnern dokumentiert sind. Sie kann die Prozesse harmonisieren, vereinfachen und beschleunigen und so reibungslose, sichere und effiziente Prozesse von hoher Transparenz etablieren", verdeutlicht Christian Frank.

Datenverwaltung künftig per App statt auf Papier

Die Vorzüge des digitalen Arbeitsflusses lassen sich gut darstellen am Beispiel der Lagerung von chirurgischen Instrumenten, die bei einer Operation kontaminiert wurden und wiederaufbereitet werden sollen. In der ZSVA werden Packinformationen für die einzelnen Instrumente häufig umständlich in Packlisten auf Papier oder in Microsoft Excel verwaltet und dokumentiert:

Mobile App „Count Sheet Manager“
Login
Mit der mobilen App „Count Sheet Manager“ (Packlistengenerator) für das Apple-iOS-Betriebssystem, die Aesculap auf Basis von SAP HANA Cloud Platform zusammen mit SAP und Apple entwickelt hat, lässt sich dieser Vorgang deutlich einfacher und damit effizienter und straffer durchführen.
Home
Mit dieser nativen App kann das medizinische Personal der ZSVA komfortabel via iPad jederzeit aktuelle Packlisteninformationen zum Packen der bei einer Operation kontaminierten Instrumente abrufen.
Packliste Listendarstellung
Für den Zugriff auf die relevanten Daten, die in der Cloud einheitlich, konsistent und in hoher Qualität verwaltet werden, benötigt man lediglich eine Internetverbindung.
Packliste Icon-Darstellung
Der Count Sheet Manager richtet sich vor allem an Kliniken, die aufgrund ihrer geringen Größe und/oder aus Kostengründen auf ein Instrumentenmanagementsystem (IMS) verzichten

In einem nächsten Schritt soll die App gezielt erweitert werden, etwa durch die Integration von Handlungsanweisungen für die Wiederaufbereitung kontaminierter Instrumente oder sogenannte Zerlegungsposter. Sie erläutern in Text und Bild, wie medizinische Geräte wie etwa ein Endoskop korrekt auseinandergebaut beziehungsweise zusammengesetzt werden.

Verborgene Zusammenhänge erschließen

Darüber hinaus will Aesculap SAP Cloud Platform als zentralen Speicherort im Sinne eines Data-Lake-Konzeptes für die Vielzahl an Daten zu seinen Produkten, Services und Kunden nutzen, die im Moment noch in unterschiedlichen IT-Systemen verwaltet werden. Intelligente Abfragen und Auswertungen von in der Cloud gespeicherten Daten aus den verschiedenen Quellsystemen, SAP oder Non-SAP, erschließen dann eventuell bislang verborgene Zusammenhänge und Beziehungen.Davon erhofft man sich neue Erkenntnisse, um Prozesse beim Kunden gezielt optimieren oder wettbewerbsdifferenzierende Geschäftsabläufe und -modelle entwickeln und realisieren zu können. Die Möglichkeiten dazu bieten die In-Memory-Technologien von SAP HANA und integrierte Algorithmen für das Data Mining als wichtiger funktionaler Baustein.

"Für diese komplexen Aufgabenstellungen brauchen wir Data Scientisten, die in der Vielzahl unterschiedlicher Daten Zusammenhänge feststellen und die richtigen Abfragen durchführen", sagt Christian Frank. Datenmodellierung, -analyse und -exploration erfolgen in der Anwendung SAP BusinessObjects Cloud, die ebenfalls auf SAP Cloud Platform aufbaut. Diese SaaS-BI-Lösung liefert sofortige Einblicke und Ergebnisse und visualisiert sie übersichtlich - egal ob am Desktop oder mobil per Smartphone oder Tablet. Die Resultate lassen sich auch problemlos in die Anwendungen von Drittanbietern einbinden, die bei Aesculap genutzt werden, zum Beispiel die Vertriebslösung Salesforce.com oder die Büro- und Kollaborationsssoftware Microsoft Office.

Benchmarks mit hoher Aussagekraft

Die Kombination des Data-Lake-Konzepts in SAP Cloud Platform mit den Möglichkeiten von SAP BusinessObjects Cloud eröffnet völlig neue Perspektiven, etwa in Bezug auf Benchmarkanalysen zu einzelnen chirurgischen Produkten und Lösungen. Wegen des Kostendrucks ist eine vergleichende Analyse von Instrumenten, Siebkörben oder Sterilgutcontainern für die Kliniken von hoher Bedeutung. Sie wird von Aesculap als Serviceleistung erbracht.

Die erforderlichen Daten stammen aus einem Instrumentenmanagementsystem (IMS), wo chirurgische Produkte und Lösungen inventarisiert und die Kosten für Handling und Reparatur - zum Beispiel nach Instrument, Operation oder Patient - dokumentiert sind. Sie wurden bisher per Export an Aesculap übermittelt und von den Experten dort in einer Microsoft-Excel-Lösung ausgewertet. Aufgrund der stetig steigenden Datenmenge gestaltet sich dieses Verfahren jedoch zunehmend komplex, die Kapazitätsgrenzen sind erreicht.

AUF EINEN BLICK

Unternehmen: B. Braun, Tochterfirma Aesculap Branche: Medizintechnik

Ziel/Art des Projekts: Entwicklung eines digitalen Marktplatzes mit Apps für Kliniken, Geschäftspartner und die eigenen Vertriebsmitarbeiter; Verbesserung der Agilität und Flexibilität bei der Interaktion und der Kommunikation mit Kunden

Lösungen: SAP HANA Cloud Platform, SAP BusinessObjects Cloud

Implementierungspartner: B. Braun IT Service GmbH, IBsolution GmbH

Bisherige Systemumgebung: Heterogene Systemlandschaft zur Datenerfassung und -auswertung

Neue Systemumgebung: SAP Cloud Platformals Platform-as-a-Service-Umgebung für einen digitalen Marktplatz, SAP BusinessObjects Cloud, SAPUI5-basierte Apps und ein Data-Lake-Konzept

Einordnung in digitale Transformation: Projekt ist Teil der Digitalisierungsstrategie und der „Konzernstrategie 2020“ der B. Braun Melsungen AG

Wird das IMS dagegen über vordefinierte Integrationsservices (OData Schnittstellen) an SAP Cloud Platform angeschlossen, können die Daten zu den Kosten für Handling und Reparatur direkt in die Cloud übertragen und dort gespeichert werden. Die Klinikdaten werden dann mit Daten kombiniert, die aus den SAP-Systemen von B. Braunstammen und über den SAP Landscape Transformation Server (SLT) in die SAP Cloud Platform repliziert werden. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Qualität der Beratungsservices aus und trägt zur Optimierung der Kosten für das Management chirurgischer Instrumente und Medizinprodukte beim Kunden bei.

Digitaler Wandel braucht Start-up-Kultur

Ein derart anspruchsvolles digitales Transformationsprojekt ist natürlich auch mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. B.Braun begegnet ihnen mit einer Start-up-Mentalität, die Innovationen fördert und zum Experimentieren ermutigt, und hoher Veränderungsbereitschaft. "Dadurch sind wir in der Lage, auf neue oder ungewöhnliche Fragen und Problemstellungen zeitnah mit einer intelligenten Lösung zu antworten", erläutert Sören Lauinger. In der Aesculap Brain Factory als Innovationszentrum für Services und digitale Kooperationen wird diese Start-up-Kultur in Zukunft gefördert und organisatorisch im Unternehmen verankert sein. Sie soll zum Jahresbeginn 2017 ihre Arbeit aufnehmen.

Der Forderung nach hoher Flexibilität und schnellem Time-to-Market bei der Entwicklung digitaler Anwendungen hat der Zentralbereich Information Technology der B. Braun Melsungen AG ebenfalls Rechnung getragen und die B. Braun IT Service GmbH gegründet. Im agilen Umfeld der Aktivitäten von B. Braun Aesculap übernimmt die rechtlich eigenständige IT-Tochter alle relevanten IT-Aufgaben von der Entwicklung und Inbetriebnahme einer neuen Applikation und ihrer Integration mit den IT-Systemen der Kunden bis hin zur Anbindung bestehender SAP-Lösungen an SAP HANA Cloud Platform. Das von B. Braun eigenentwickelte SAP-basierte Stammdatensystem, in dem der Konzern alle Informationen zu seinen Produkten verwaltet, ist bereits mit der PaaS-Plattform verbunden, im nächsten Schritt folgt nun die Anbindung des zentralen SAP-ERP-Systems. Der Zugriff auf die Daten der On-Premise-Lösungen geschieht via SAP HANA Cloud Connector.

Agil dank Scrum: Ideen einfach in Apps umsetzen

"Durch die Nutzung agiler Scrum-Methoden bringen wir zusätzliches Tempo in die Applikationsentwicklung", erklärt Martin Runkel, Geschäftsführer der B. Braun IT-Service GmbH. Ideen, die "on the fly" entstehen, fachliche Anforderungen oder Änderungswünsche lassen sich so zügig und mit geringem Aufwand umsetzen, das zeitraubende Erstellen umfangreicher Lastenhefte entfällt. Auf Basis von SAP BUILD wird zunächst in enger Abstimmung mit dem Business erst ein Mock-up und dann ein Prototyp der späteren Anwendung erstellt. "So erkennen wir bereits früh, ob die Webanwendung oder mobile App wie geplant realisiert werden kann oder gegebenenfalls neu erstellt werden muss", so Martin Runkel.

Einen wesentlichen Vorzug der Scrum-Methoden sieht Martin Runkel auch darin, dass die Mitarbeiter sich bei der Entwicklung einer Anwendung nun ganz auf die Applikationslogik konzentrieren können. SAP Cloud Platform bietet die nötige Infrastruktur, vordefinierte Services unter anderem für Integration, Authentifizierung und Internet of Things (IoT), SAPUI5 als Standard für Oberflächen sowie eine zentrale Zuweisung und Verwaltung der Zugriffsrechte mit der Identity-as-a-Service-Lösung (IDaaS) SAP Cloud Identity Access Governance. Da externe IT-Dienstleister neue Applikationen künftig ebenfalls auf diese Weise erstellen und nicht, wie bisher, vom Log-in über das Datenmodell bis hin zur Geschäftslogik neu programmieren, sinken auch die Projektkosten und die Entwicklungsdauer. Die IT-Dienstleister lassen sich zudem leichter in IT-Projekte einbinden, da die Entwicklung auf SAP Cloud Platform erfolgt und somit strikt von den Back-End-Lösungen getrennt ist.

"Wir haben innerhalb kurzer Zeit eine komplett neue Infrastruktur zur Entwicklung digitaler Lösungen geschaffen und werden den agilen Weg konsequent weitergehen. Nur so können wir den Anforderungen als Systempartner in der heutigen Zeit gerecht werden", so Christian Frank. Die hierbei gemachten Erfahrungen und das erworbene Wissen werden auch den anderen Geschäftssparten des B.-Braun-Konzerns zur Verfügung gestellt - ganz nach dem Leitspruch "Sharing Expertise".

Ihre Ansprechpartner

Christian Frank
Head of Service Innovation, Aesculap AG
E-Mail: christian.frank@aesculap.de
Tel: 07461/951891

Martin Runkel
B. Braun IT Service GmbH
E-Mail: martin.runkel@bbraun.com
Tel: 05661-722616

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