Test Thin Client Igel UD6

Igel Thin Client als Lync-2013-Endgerät

15.07.2015 von Andrej Radonic
Thin Client Hersteller Igel bringt mit dem UD6 getauften Endgerät sein neues Flaggschiff auf den Markt. Mit kraftvoller Hardware soll es auch Aufgaben meistern, die bislang vollwertigen PC-Desktops vorbehalten waren - etwa CAD, Full-HD Videos und Unified Communications.
Im aktuellen Igel Flaggschiff liefert eine Quad-Core CPU reichlich Leistung für Anwendungen wie Lync.
Foto: Igel

Thin Clients sind im Laufe der Jahre zum Erfolgsmodell geworden, vor allem weil sie kostengünstiger in der Anschaffung und weniger wartungsintensiv sind als herkömmliche Windows-PCs. "Schlank" bedeutet dabei bis dato allerdings auch weniger leistungsfähig im Hinblick auf leistungshungrige Anwendungen. Applikationen auf 3D-Basis, CAD-Software, Unified Communications oder das Abspielen von Full-HD Videos bleiben auf solchen Geräten außen vor, da CPU, GPU sowie unter Umständen auch das eingesetzte Remote Protokoll sowie die Serverinfrastruktur damit überfordert sind.

Thin Client mit Power-Hardware

Für den kürzlich veröffentlichten Igel Thin Client UD6 verspricht der Bremer Hersteller, dass nun auch solche Anwendungen mit einem Thin Client performant verwendet werden können. Dafür soll eine entsprechend umfangreiche Hardware-Ausstattung sorgen, die manchem Desktop-PC alle Ehre machen würde: Im schlanken Gehäuse ist die Quad-Core CPU Intel Celeron J1900 mit 2,4 GhZ verbaut. Diese wird flankiert von einem Intel HD Graphics Chipsatz mit 512 MB Videospeicher sowie 2 GB Arbeitsspeicher.

Das Gerät, welches auf Basis von Linux oder Windows Embedded bestellt werden kann, verfügt zudem über umfangreiche Peripherie-Schnittstellen: 2 digitale Monitoranschlüsse (1 Displayport, 1 HDMI-Port), 2 serielle sowie je zwei USB 2.0 und USB 3.0 Ports sorgen für üppige Konnektivität. Hinzu kommen ein interner Lautsprecher, Anschlüsse für Mikrophon und Line-Out sowie ein (optionaler) Smartcard-Reader. Ein freier PCIe-Steckplatz offeriert zusätzliche Erweiterungsmöglichkeiten.

Das System-on-Chip Design (SoC) arbeitet mit 8 W Leistungsaufnahme dabei trotz potenterer Hardware so stromsparend wie seine schlankeren Brüder.

Thin Client UD6 I
Im aktuellen Igel-Flaggschiff liefert eine Quad-Core-CPU reichlich Leistung.
Thin Client UD6 II
Igel packt eine vollständige Ausstattung in seine Top-Geräte.
RDP-Support für Lync
RDP-Support für Lync wird nur unter Windows angeboten.
Lync-Support mit Citrix
Igel bietet durchgängige Unterstützung für das Lync VDI-Plugin in Verbindung mit Citrix.
Lync-VDI-Plugin-Architektur
Das VDI-Plugin ermöglicht A/V-Streams in Echtzeit auf dem Thin Client.
VDI-Plugin
Das Lync-VDI-Plugin liefert A/V Streams parallel zu RDP aus
RDP-Setup I
Erst korrekte Einstellungen im RDP-Client sorgen für eine optimale Audio-/Video-Widergabe.
RDP-Setup II
Bitmap Caching sollte für optimale Performance im RDP am Client deaktiviert sein.
Gescheitertes Pairing
Das Pairing des Lync Clients mit seinem Plugin-Pendant schlägt anfangs gern fehl.
Erfolgreiches Pairing
Entscheidend ist ein erfolgreiches Pairing zwischen Lync Client und dem Lync VDI Plugin, zu erkennen am grünen Häkchen unten rechts.
Lync-Session
Der Igel UD6 liefert eine flüssige Audio- und Video-Übertragung.

Komplette Software

Das als Universal Thin Client konzipierte Gerät bringt Implementierungen sämtlicher wichtigen Remote-Protokolle mit, allen voran Citrix HDX (inklusive HDX3D Pro etwa für CAD-Programme), VMware PCoIP (als Teil des integrierten Client 3.1 für VMware Horizon) und Microsoft RDP inklusive RemoteFX. Daneben sind unter anderem auch die Clients Leostream, Wyse vWorkspace, NXTerm sowie PowerTerm WebConnect installiert.

Lync auf dem Thin Client

Das Lync VDI-Plugin liefert A/V Streams parallel zu RDP aus.
Foto: Igel

Für das Segment leistungshungriger Anwendungen, die bislang für Thin Clients tabu waren, verspricht Igel mit seiner neuen Geräteserie explizit die Unterstützung für Unified Communications Anwendungen, insbesondere für Microsofts Lync (inzwischen umbenannt in Skype for Business).

Voraussetzung ist ein virtueller Desktop auf Basis von Citrix XenApp / XenDesktop oder Microsoft VDI auf Basis von RDP. RemoteApp-Szenarien werden nicht unterstützt, der klassische Terminalserver scheidet für die Bereitstellung von Lync an Thin Clients somit aus. Während VMware Horizon den Lync 2013 Client ebenfalls unterstützt, wird diese Kombination von Igel derzeit nicht supportet.

In den Linux-Varianten des Igel Thin Clients ist die Citrix HDX Realtime Media Engine mit Support für Microsoft Lync 2010 und 2013 bereits integriert. Diese Komponente muss in den Geräten mit Windows nachträglich installiert werden.

Wird auf Microsoft VDI und reines RDP/RemoteFX gesetzt, bleiben die Linux-Varianten der Igel-Geräte außen vor. Auf den Thin Clients mit WES 7 ist zusätzlich das Microsoft VDI Plugin for Lync 2013 zu installieren. Dieses sorgt dafür, dass Realtime-Anwendungen wie Telefonie und Videokonferenzen direkt zwischen Server und dem lokalen Endgerät vermittelt werden, was die Performance dramatisch erhöhen soll.

Igel unterstützt das Lync VDI Plugin nur in bestimmten Kombinationen aus Betriebssystem und Remoteprotokoll

Igel mit Linux

Igel mit Windows

Citrix XenApp/XenDesktop

Receiver +

HDX Realtime Optim. Kit +

VDI-Plugin (integriert)

(Lync 2010+2013)

Receiver +

HDX Realtime Optim. Kit

oder

VDI-Plugin (Lync 2013)

VMware Horizon

Lync VDI nicht offiziell unterstützt

Lync VDI nicht offiziell unterstützt

Microsoft VDI

Lync VDI nicht offiziell unterstützt

RDP Client +

RemoteFX

+ VDI-Plugin (Lync 2013)

Support für Lync 2015 beziehungsweise Skype for Business ist angekündigt.

Lync 2013 Setup mit Microsoft RDP und Igel Thin Client

Erst korrekte Einstellungen im RDP-Client sorgen für eine optimale Audio-/Video-Widergabe.
Foto: Radonic

Die Kombination aus leistungsstarkem Endgerät und dem Lync VDI Plugin für einen direkten Kommunikationskanal zwischen Server und (Thin) Clients verspricht eine reibungslose Nutzung von Unified Communications Lösungen - auch ohne optimierte Protokolle von Citrix oder VMware.

Ein typisches VDI-Lync-Szenario beinhaltet folgende Komponenten:

• Lync Server 2013

Windows VM, bereitgestellt in einer VDI-Umgebung, mit installiertem Lync 2013 Client

• Thin Client mit WES 7 mit installiertem Lync VDI Plugin

Vorbereitungen

Auch wenn Microsoft ein Out-of-the-Box Setup verspricht, muss der Administrator eine ganze Reihe von Vorarbeiten durchführen, um ein funktionierendes Setup zu erhalten:

Im Lync Server 2013 muss Media Redirection als Client Policy konfiguriert werden. Dies erfolgt über das Set-CsClientPolicy Cmdlet in der Powershell mit folgendem Kommando für den globalen Scope:

PS> Set-CsClientPolicy -EnableMediaRedirection $TRUE

Wird eine Einstellung pro User oder pro Region gewünscht, muss das Kommando wie folgt abgewandelt werden:

PS> Set-CsClientPolicy -Identity site:Zentrale -EnableMediaRedirection $TRUE

Die User-VMs müssen unter Windows 7 SP1, Windows 8, Windows 2008 R2 SP1 oder Windows 2012 als VDI Desktop eingerichtet sein. Der Lync 2013 Client wird in der Desktop-VM eingerichtet.

Der Igel Thin Client bringt in seiner aktuellen Fassung bereits die wichtigsten Voraussetzungen für das UC-Szenario mit: RDP 8.0 beziehungsweise 8.1 (ab Igel WES Release 3.10.100) sowie DTLS-Support (enthalten in Update KB2574819).

Der Windows Administrator installiert nun Lync 2013 VDI Plugin in der 32-Bit-Variante (je nach verwendetem Betriebssystem) auf dem Thin Client. Seine Dienste entfaltet es anschließend ausschließlich im Verborgenen - der Thin Client User bekommt von seiner Anwesenheit nichts mit.

Erster Kontakt mit Lync

Bitmap Caching sollte für optimale Performance im RDP am Client deaktiviert sein
Foto: Radonic

Sind Mikrophon beziehungsweise Headset als auch Webcam am Igel-Gerät angeschlossen, kann auch schon die erste RDP-Verbindung zum VDI-Desktop hergestellt werden. Damit die Audio-Verbindung über das VDI-Plugin vermittelt werden kann, müssen in den RDP Remoteaudio-Optionen die Einstellungen Remoteaudio = "Auf diesem Computer wiedergeben" und Aufzeichnung = "Von diesem Computer aufzeichnen" gesetzt sein. Zudem sollte unter "Leistung" die Option "Dauerhafte Bitmapzwischenspeicherung" abgeschaltet werden.

Nach erfolgtem Login im virtuellen Desktop kann der Anwender sich nun wie gewohnt im Lync Client beim Lync Server anmelden. (Nur) nach dem ersten Login präsentiert der Client einen zweiten Login-Dialog, der in VDI-Umgebungen dazu dient, das Endgerät über das VDI-Plugin zu authentifizieren.

Anschließend erfolgt ein Pairing-Vorgang zwischen Lync Client und dem VDI-Plugin, bei dem ein AV-Kommunikationskanal aufgebaut wird, über den anschließend Audio- und Videostreams direkt zwischen Gerät und Lync Server übertragen werden. Dieser Pairing-Prozess kann anfangs fehlschlagen und bedarf dann weiterer Feinabstimmung und gegebenenfalls der Fehlersuche. Tipps zur Fehlersuche finden Sie hier.

Überzeugende Lync-Performance

Der Igel UD6 liefert eine flüssige Audio- und Video-Übertragung.
Foto: Radonic

Der mittels Lync VDI-Plugin am RDP vorbei geroutete Echtzeit-Traffic wird direkt vom Thin Client gerendert. Die Darstellung hochauflösender Videostreams geht dabei sehr flüssig über den Bildschirm, ebenso erfolgt eine klare und verzögerungsfreie Tonausgabe - entweder auf den eingebauten Lautsprechern oder am Headset. Anwender werden hier keinen Unterschied zwischen einer VDI-Umgebung sowie auf Baremetal aufgesetzten Lync-Clients feststellen.

Auch der Funktionsumfang ist für Anwender nur minimal eingeschränkt: die Konfiguration von Audio- und Video-Geräten innerhalb der Lync-Client Einstellung ist nicht verfügbar, außerdem sind keine Aufzeichnungen von Sitzungen oder anonyme Sitzungsteilnahmen möglich. Das VDI-Plugin kann zudem nicht für Office 365 verwendet werden. Abgesehen davon ist das Setup für den Anwender völlig transparent und intuitiv nutzbar.

Direkte A/V-Streams

Die Aufgabe des Lync VDI-Plugins besteht darin, eine eigene Audio-/Video Media Redirection direkt zwischen Client und Server zu implementieren sowie für den direkten Peer-to-Peer Austausch von Mediadaten zu sorgen. Der Traffic, der bei Videokonferenzen oder reinen Audiocalls erzeugt wird, passiert nicht die VDI-Remote-Desktop-Infrastruktur. Normaler Chat- und Presence-Traffic von Lync dagegen wird über das jeweilige Remote-Protokoll (RDP, ICA oder PCoIP) transportiert. Die En- und Decodierung wird vom Server auf den Client verschoben, um dessen Kapazitäten optimal zu nutzen.

Dies maximiert die Performance und schont die Bandbreiten. Diese Architektur in Verbindung mit einem leistungsfähigen Endgerät liefert eine optimale Performance, die bis dato in dieser Form für Unified-Communications-Anwendungen in virtuellen Umgebungen nicht zu realisieren war. Gleichzeitig sorgt dieser Ansatz für eine deutliche Entlastung der Serverinfrastruktur, da hier weder ein rechenintensives Rendering der Multimediainhalte noch eine Auslieferung über RDP erfolgen muss. Damit werden UC-Szenarien auch in virtualisierten Umgebungen skalierbar.

Fazit

Die Leistung des Igel UD6 überzeugt, auch bei rechenintensiven Anwendungen wie Unified Communications. Zugleich ist der Energieverbrauch sehr gering.

Der Anschaffungspreis ist hingegen recht hoch: Der IGEL UD6 ist in den Ausführungen LX (579 Euro), W7 (639 Euro) und W7+ (689 Euro) erhältlich. Die Preise bewegen sich damit schon in PC-Regionen. Damit punktet das Thin Client System eher durch die mitgelieferte Managementsoftware IGEL Universal Management Suite (UMS) sowie seine Wartungsfreundlichkeit, so dass sich die Folgekosten im Vergleich zu Fat Clients je nach Umgebung durchaus "rechnen" können.

Mit Einsparungen bei Lizenzkosten für die verwendeten Betriebssysteme ist bei VDI-Nutzung nicht zu rechnen, da die VDA-Lizenz der Redmonder jährlich zu Buche schlägt.

Unser Test zeigt dabei auch, dass ein kraftvoller Thin Client allein noch keine performante UC-Umgebung ausmacht. Erst in Verbindung mit der speziellen Media-Redirection-Lösung, die das Lync VDI-Plugin liefert, kann eine skalierbare Umgebung realisiert werden, da die Virtualisierungsserver entscheidend entlastet werden.

Interessierte Administratoren sollten den Thin Client vorab mit den wichtigsten und anspruchsvollsten Anwendungen testen, für die er später benutzt werden soll. Testgeräte für eine kostenlose Evaluierung können online bestellt werden