Smartphone mit AI-Chip

Huawei Mate 10 Pro im ersten Hands-On

17.10.2017 von Panagiotis Kolokythas und Dennis Steimels
Huawei hat mit der Mate 10 Series sein neues Premium-Smartphone vorgestellt. Wir haben das erste AI-Smartphone ausprobiert.

Besonders originell sind die Smartphone-Hersteller bei der Ausstattung ihrer Android-Smartphones seit einiger Zeit nicht mehr. Entsprechend stark ähneln sich auch die Geräte. Huawei präsentiert mit dem Mate 10 und Mate 10 Pro zwei Modelle, die vollkommen neuartige Funktionen und Eigenschaften besitzen. Und gleich vorweg: Hierzulande wird nur das Huawei Mate 10 Pro erhältlich sein, daher konzentrieren wir uns auf dieses Modell. In der Übersicht weiter unten erfahren Sie, wie sich das Pro von der Non-Pro-Version – außer natürlich beim Preis – unterscheidet.

Huawei Mate 10 Series offiziell vorgestellt

Huawei will mit dem neuen Premium-Smartphone ein Gerät mit kompakten und dennoch großem Bildschirm, sehr hoher Performance, langer Akkulaufzeit und fortschrittlichen Kameras anbieten. Ob und wie gut das gelingt, beleuchten wir im restlichen Artikel.

Huawei Mate10 Pro: Kirin 970 mit NPU für AI

Im Mate 10 Pro steckt der neue Huawei-Prozessor Kirin 970, der über acht Kerne verfügt. Der Kirin 970 ist laut Huawei etwa 20 Prozent schneller und 50 Prozent Energie-effizienter als der Vorgänger Kirin 960. Die Taktfrequenz des Kirin 970 liegt bei 4 x 2,36 GHz (Cortex A73) und 4 x 1,8 Ghz (Cortex A53).

Die Besonderheit: Der achte Kern ist eine NPU (Neural-network Processing Unit) und damit eine auf höchste Performance im Bereich der künstlichen Intelligenz getrimmte Einheit. Das ist nach Ansicht von Huawei die ideale Antwort auf die immer komplexer werdenden Anforderungen an Smartphones. Andere Hersteller setzen hier auf die Cloud-AI, übertragen die Daten also zunächst auf Server, lassen sie dort analysieren und senden dann die Antwort zurück an das Smartphone. Im Vergleich zur Cloud AI hat die NPU zwei entscheidende Vorteile: KI-Berechnungen sind auch dann möglich, wenn man gerade kein Netz hat und die Daten verlassen nicht das Gerät, was ein mehr an Sicherheit bedeutet.

Für 100 Fotos braucht die Bilderkennung beim Mate 10 Pro nur 5 Sekunden und ist der Konkurrenz damit überlegen

„Sees, thinks, learns – like us, for us“, heißt auch das Motto für das neue Smartphone seitens Huawei. Die NPU kann laut Hersteller etwa 25 Mal schneller und 50 Mal effizienter AI-Aufgaben als eine CPU erledigen.Selbst im Vergleich zu einer GPU ist die NPU etwa 4x schneller und 8x effizienter. Dadurch können beispielsweise 2000 Bilder pro Minute erkannt werden, wodurch auch die Erkennung von Videos (mit 30 Bildern pro Sekunde) möglich wird. Das Galaxy S8 und iPhone 7 Plus bringen es da nur auf 95 bzw. 487 Bilder/Minute, so Huawei. Zum Energiesparen und zur Performancesteigerung trägt bei, dass eine verhaltensgesteuerte AI-Technologie dafür sorgt, dass Aufgaben der verwendeten Apps automatisch an die CPU, GPU oder NPU verteilt werden.

Für App-Entwickler bietet Huawei ein offenes Ökosystem für die Anpassung der Apps ein. Aktuell sind diese Anpassungen noch notwendig. Später im Laufe des Jahres werden aufgrund geplanter Änderungen aber die Apps dann automatisch für die NPU-Nutzung angepasst. Microsoft ist Partner des Open-AI-Systems und steuert seine Apps mit KI bei. Darunter auch eine komplett offline nutzbare Übersetzungs-App und eine Bild-Text-Übersetzungs-App.

Dank KI: Die Kamera erkennt, dass wir eine Pflanze fotografieren wollen (Icon links über dem Auslöseknopf) und passt Einstellungen an

Dual-Kamera von Leica

Die NPU kommt auch beim Fotografieren zum Einsatz. Per maschinellem Lernen wurden 100 Millionen Bilder analysiert und die Erkenntnisse darauf in das Huawei Mate 10 Pro gepackt. Beim Fotografieren erkennt die Kamera dadurch auf Wunsch das Szenario und optimiert dementsprechend die Kameraeinstellungen. Zum Start des Geräts werden 13 Szenarien erkannt: Text, Essen, Bühne, blauer Himmel, Schnee, Strand, Hund, Katze, Nacht, Sonnenuntergang, Pflanze, Portrait und Blumen. Will der Nutzer beispielsweise Blumen fotografieren, dann erkennt dies die künstliche Intelligenz, passt die Einsetllungen an und sorgt damit, dass die Blumen besonders gut auf dem Foto zur Geltung kommen.

Das Smartphone selbst besitzt eine neue Leica Dual-Kamera mit großer Blende. Die Eckdaten:

* Hauptkamera: 20 MP + 12 MP Leica Dual-Kamera Summilux-H 1:1.6/27 ASPH, LED-Blitz

* Frontkamera: 8 MP, f2.0

Die Kameraeinheit soll auch deutlich schneller und reaktionsschneller als beim Vorgänger-Smartphone sein. Laut Huawei ist aktuell kein anderes Smartphone mit einer so großen Blende auf dem Markt erhältlich.

OLED-Display, viel RAM, großer Akku

Das Huawei Mate 10 Pro verfügt ein 6-Zoll-Display im 18:9-Format und besitzt dennoch die Größe eines 5,5-Zoll-Geräts. Der OLED-Bildschirm löst mit 2.160 x 1.080 Pixeln auf und es wird HDR10 unterstützt. Die Screen-to-Body-Ration fällt sowohl beim Mate 10 mit 81,79 Prozent als auch beim Mate 10 Pro mit 81,61 Prozent größer als beim iPhone X von Apple mit 81,36 Prozent aus.

Die Rückseite des Geräts besteht aus Glas. Der sogenannte „SIgnature Stripe“ über der Doppel-Kamera soll als Hingucker dienen und dem Gerät einen optisch peppigeren Look spendieren. Das Gehäuse ist gemäß IP67 staubgeschützt und wasserdicht.

Wie im Vorgängermodell steckt auch im Mate 10 Pro ein 4.000 mAh starker Akku. Dieser soll genügend Strom für 2,4 Tage (bei normaler Nutzung) bzw. 1,7 Tage (intensivere Nutzung). Über die Huawei-Safe-Supercharge-Technologie kann der Akku in 30 Minuten auf knapp 60 Prozent geladen werden. Außerdem handelt es sich um die erste Schnellladetechnik, die Ende zu Ende vom TÜV Rheinland auf Sicherheit zertifiziert wurde, daher auch der Begriff „Safe“ im Namen.

Das Mate 10 Pro besitzt 6 Gigabyte RAM und 128 Gigabyte internen Speicher. Der Speicher ist nicht via MicroSD-Karte erweiterbar.

Dual-LTE-SIM und erstes Gerät mit LTE Cat 18(!)

Das Mate 10 Pro ist das erste Smartphone mit LTE Cat 18 Unterstützung. Dadurch können Daten mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1,2 Gigabit pro Sekunde übertragen werden. Oder anders ausgedrückt: Eine Folge einer TV-Serie landet binnen zwei Sekunden in hoher Qualität auf dem Gerät. Die hohe Geschwindigkeit wird mit 4x4-MIMO-Antennten, 256-QA-Modulation und 5CA (fünffache Carrier Aggregation) erzielt.

Klingt super, allerdings: Hierzulande unterstützt noch kein Mobilfunkanbieter LTE Cat 18. Andere Hersteller, wie Samsung, haben ebenfalls LTE-Cat18-Smartphones angekündigt.

Bei der Dual-SIM-Unterstützung gibt es auch eine Besonderheit: Es dürfen parallel zwei LTE-SIMs in das Gerät gesteckt werden.

Mit EMUI 8.0 und Android 8.0

Das Huawei Mate 10 Pro kommt mit Android 8.0 (Oreo) und EMUI 8.0. Bei seiner eigenen Oberfläche EMUI überspringt Huawei die Versionsnummern 6 und 7, um diese mit der Android-Version anzugleichen.

Für die leichtere Einhand-Bedienung bietet das Gerät den Floating Dock. Ein Antippen löst den „Zurück“-Befehl aus und ein Wischen bringt den Nutzer zurück auf den Startbildschirm. Die Easy-Talk-Funktion sorgt dafür, dass bei störenden Hintergrundgeräuschen der Angerufene den Anrufer möglichst laut und deutlich hören kann. Es besteht also keine Notwendigkeit, in das Mikrofon zu schreien oder zu flüstern. Auch die Stimme des Anrufers wird bei Bedarf verstärkt, so dass man ihn besser hören kann.

Huawei Mate 10 Pro per USB Type-C am PC anschließbar

Über USB Type-C und einem HDMI-Adapter kann das Mate 10 Pro direkt an einen HDMI-fähigen Fernseher anschlossen werden. Dort erwartet den Nutzer dann eine per Maus und Tastatur steuerbare Desktop-Oberfläche, bei der alle Apps in einem großen Format angezeigt werden. Das ist ideal, wenn man beispielsweise an einem Text-Dokument über die Google-Docs-App arbeiten möchte, eine Präsentation halten will oder einfach ein Youtube-Video auf einem größeren Bildschirm betrachten will. Praktisch: Benachrichtigungen wie eingehende SMS-Nachrichten, werden auf Wunsch nur auf dem Smartphone-Display und nicht am angeschlossenen Fernseher/Monitor angezeigt.

Anders als beim Galaxy S8 (Plus) wird also kein Zwischengerät (Samsung Dex) für das Übertragen des Bildes an den Fernseher benötigt, sondern es muss nur ein HDMI-Kabel verwendet werden. Außerdem bleiben in der Zeit der Übertragung beide Displays aktiv.

Mate 10 Pro: Alle Specs im Überblick

Display

6 Zoll OLED mit 2.160 x 1.080 Pixeln (18:9)

Prozessor

Huawei Kiri 970 (4 x 2,36 GHz, 4 x 1,8 GHz)

Speicher

6 GB RAM, 128 GB interner Speicher

Hauptkamera

20 MP + 12 MP Leica Dual-Kamera Summilux-H 1:1.6/27 ASPH, LED-Blitz

Frontkamera

8 MP, f2.0 Blende

Akku

4.000 mAh

Aufladung

Huawei Safe Supercharge

SIM

Dual-SIM (2 x Nano-SIM, beide LTE-fähig)

Sensoren

Fingerabdruck, Umgebungslicht, Näherung, Beschleunigung, Kompass, Gyroskop, Barometer, Hall, IrDA

Betriebssystem

Android 8.0, EMUI 8.0

Wi-Fi

802.11 a/b/g/n/ac

Bluetooth

BT 4.2

NFC

ja

USB

Type-C 3.1

USB-Funktionen

Aufladung, Tethering, DisplayPort, Audio, Power Delivery, OTG und MTP

Schutzklasse

IP67 (staubgeschützt und wasserdicht)

Gewicht

179 Gramm

Größe

154,2 x 74,55 x 7,9 mm

Huawei Mate 10 vs. Mate 10 Pro

Huawei hat das Mate 10 und das Mate 10 Pro angekündigt. Wie beim Vorgänger wird es aber hierzulande nur das Mate 10 Pro geben. Der Vollständigkeit aber noch die wichtigsten Unterschiede:

Mate 10

Mate 10 Pro

Display

5,9 Zoll LCD

6 Zoll AMOLED

Auflösung

QHD (2.560 x 1.440)

FHD+ (2.160 x 1.080)

Format

16:9

18:9

RAM

4 GB

6 GB

Interner Speicher

64 GB

128 GB

Erweiterbar?

ja (microSD)

nein

Kopfhörer

3,5mm

USB Type-C

Akku

4.000 mAh

4.000 mAh

LTE

LTE Cat 16

LTE Cat 18

Preis und Verfügbarkeit

Das Huawei Mate 10 Pro wird für 799 Euro ab November in Deutschland (und Österreich und der Schweiz) erhältlich sein. Und zwar in den Farben Midnight Blue, Titanium Grey und Mocha Brown (exklusiv nur bei Vodafone). Außerhalb Deutschlands wird es das Mate 10 Pro auch noch in der Farbvariante Pink Gold geben.

Vorbesteller erhalten das Mate 10 Pro mit einem Moleskine Smart Writing Set inklusive Tasche im Wert von 299 Euro gratis dazu. Mehr Infos zur Aktion und den Teilnahmebedingungen finden Sie auf dieser Seite.

Außerdem wird es ab Dezember auch das Huawei Mate 10 Porsche Design in Deutschland (und der Schweiz) geben. Der Preis für das Gerät mit 6 GB RAM und 256 GB internem Speicher im Porsche-Look: 1.395 Euro.

Das Mate 10 kommt in ausgewählten Märkten mit 4 GB + 64 GB für 699 Euro auf den Markt. In Europa wird das Gerät zunächst nur in Spanien verkauft.

Huawei Mate 10 Pro: Erste Einschätzung

Wir hatten schon Gelegenheit, für kurze Zeit das Huawei Mate 10 Pro auszuprobieren. Das Gerät sieht super-schick aus, lässt sich trotz des großen Displays gut mit einer Hand bedienen und die Glas-Rückseite schmiegt sich dabei sanft an die Hand. Es hat aber das Manko der anderen Smartphones mit Glas-Rückseite: Ein paar Sekunden in der Hand, schon sind überall hässliche Fingerabdrücke zu sehen. Da sollte man immer einen Lappen zum Wischen dabeihaben.

Ansonsten glänzt das Gerät mit einer hervorragenden Ausstattung (viel RAM, schnelle CPU, großer Akku), die ein bisschen über das hinausgeht, was andere Hersteller so anbieten. LTE Cat 18 – nice, aber geschenkt, weil man es derzeit eh nicht nutzen kann. Die Leica Dual-Kamera mit großer Blende und AI-Power ist da viel interessanter. Und die NPU in dem Gerät bietet natürlich ein enormes Potential. Huawei selbst verspricht mit dem Gerät „die weltweit erste mobile Computing-Plattform für Künstliche Intelligenz“. Das mag stimmen, allerdings müssen nun erst Mal die App-Entwickler darauf anspringen und entsprechende Apps anbieten, die die NPU auch voll ausreizen.

Spannend ist auch die Möglichkeit, dass Mate 10 Pro über USB Type-C an einen Monitor/Fernseher hängen zu können. Damit hat man quasi immer einen Mini-PC in der Hosentasche. Das ist zwar keine Neuheit, allerdings benötigt man hier nur ein Kabel und keine Box.

Was das Huawei Mate 10 Pro tatsächlich leistet, wie lang die Akkulaufzeit ist und wie gut die Kamera ist, wird natürlich erst der Test zeigen. Nach den vielen langweiligen 08/15-Smartphone-Ankündigungen der vergangenen Monate kommt mit dem Mate 10 Pro endlich ein Gerät auf den Markt, welches etwas mehr Spannung bietet. (PC-Welt)