Wireless-Display-Technologien

HDMI ohne Kabel: Miracast & Co

09.08.2015 von Klaus Länger
Miracast, Chromecast, AirPlay, WiDi und Co. Die Liste der Möglichkeiten für das drahtlose Übertragen von Daten an Monitor oder TV ist lang. Aber nicht alle Optionen bieten dieselben Möglichkeiten. Wir bringen Licht in das Dickicht.

Beim Zugriff auf Internet oder lokale Netzwerke hat man sich schon daran gewöhnt, das über Wireless LAN oder andere drahtlose Übertragungswege zu erledigen. Für den Transfer von Bild und Ton auf Monitore, Beamer oder TV-Geräte werden heute meistens noch Kabel genutzt. Aber speziell bei immer leichteren und kleineren Mobilgeräten will man heute keine Strippen mehr ziehen. Stattdessen hat man die Wahl aus einer ganzen Reihe von drahtlosen Übertragungstechnologien.

Miracast: HDMI über Wi-Fi Direkt

Das derzeit universellste Verfahren zur drahtlosen Übertragung von Bild und Ton ist Miracast. Im Gegensatz zum Wireless-Streaming, etwa über DLNA, wird hier nicht eine einzelne Media-Datei drahtlos übertrafen, sondern der komplette Bildschirminhalt wird gespiegelt. Unter Windows 8.1 ist sogar eine Erweiterung des Bildschirms möglich, hier wird der über Miracast verbundene Bildschirm genauso behandelt, wie ein lokal angeschlossenes Display.

Für die Übertragung wird der H.264-Codec verwendet, eine eigene DRM-Schicht emuliert das HDCP-Verfahren von HDMI. Anders als beim Streaming kann so alles übertragen werden, was auch bei HDMI möglich ist, da nicht der Empfänger für das Dekodieren von Medienformaten zuständig ist, sondern das sendende Gerät.

Miracast ist auf Geräte beschränkt, die das 2010 durch die Wi-Fi-Allianz verabschiedete Wi-Fi-Direct-Protokoll unterstützen. Wi-Fi Direct als Basis für Miracast hat den Vorteil, dass für die Nutzung kein Zugang zu einem WLAN-Netzwerk notwendig ist. Das erleichtert vor allem den Einsatz in Firmen, da so für Besucher, die nur eine Präsentation drahtlos zu einem Beamer schicken wollen, kein Zugang zum Firmennetz notwendig ist. Es ist bei Miracast auch möglich, Verbindung zu einem WLAN über einen Router oder Access-Point aufzubauen und gleichzeitig eine Miracast-Verbindung zu aktivieren.

Mit TDLS und WMM Power Save gibt es noch zwei weitere Techniken, die Miracast nutzen kann, die aber nicht obligatorisch sind. TDLS (Tunneled Direct Link Setup) ist eine Ergänzung zu Wi-Fi Direct, die vor allem bei Media-Streaming zum Einsatz kommt. Sie soll sicherstellen, dass für den Transfer die maximale Übertragungsgeschwindigkeit und höchste Verschlüsselungsstufe genutzt wird. Wi-Fi Multimedia (WMM) Power Save definiert zusätzliche Energiesparfunktionen für Mobilgeräte bei der das Wi-Fi-Modul zwischen dem Versenden von Paketen in einen Schlafmodus gehen kann.

Anforderungen für Miracast

Miracast wird nativ, also ohne zusätzlich nötige Software, durch Android ab der Version 4.2 "Jelly Bean" unterstützt. Damit soll es auch herstellerspezifische Vorläufer wie etwa Samsungs AllShare ablösen. Windows und Windows Phone beherrschen Miracast mit Bordmitteln ab der Version 8.1 der Betriebssysteme. Auch Blackberry ist ab der OS-Version 10.2.1 mit von der Partie. Natürlich müssen zudem die nötigen Hardware-Voraussetzungen erfüllt sein. Bei Android-Geräten der neueren Generation ab Baujahr 2012 ist das meist der Fall, da praktisch alle Chip-Hersteller für ihre aktuelleren SoCs eine Miracast-Zertifizierung erworben haben. Bei Windows-Phones bleiben einige ältere Modelle wie das Lumia 920 oder 1020 außen vor, da sie Wi-Fi Direct nicht beherrschen.

Der Microsoft Wireless Display Adapter unterstützt Miracast und Intels WiDi.
Foto: Microsoft

Unter Windows 8.1 hat Microsoft die Anforderungen genau definiert: Der WLAN-Adapter im Rechner muss Virtual Wi-Fi und Wi-Fi Direct unterstützen. Zudem ist ein WDDM-1.3-Grafiktreiber mit Miracast-Unterstützung notwendig. Passende Treiber gibt es von Intel, AMD und Nvidia.

Für Linux als Desktop-Betriebssystem existiert derzeit keine brauchbare Miracast-Implementierung. Und Apple hat mit AirPlay eine ähnliche, aber eigenständige Wireless-Display-Technik entwickelt, die nicht zu Miracast kompatibel ist.

Die Wi-Fi-Allianz übernimmt auch die Miracast-Zertifizierung. Derzeit sind auf der Seite mehr als 3700 Geräte als Miracast-zertifiziert gelistet. Die meisten davon sind TV-Geräte, aber es gibt bereits einige Dutzend Projektoren mit eingebautem Miracast-Empfänger.

Der Microsoft Wireless Display Adapter wird im HDMI-Eingang eines Fernsehers oder anderen Ausgabegeräts eingesteckt, die Spannungsversorgung erfolgt über USB.
Foto: Microsoft

Mit einem zusätzlichen HDMI-Dongle lassen sich alle Monitore und Beamer nachträglich Miracast-fähig machen. Neben reinen Miracast-Geräten wie dem Microsoft Wireless Display Adapter für etwa 60 Euro gibt es von diversen Herstellern auch Sticks, die zusätzlich DLNA und Apple AirPlay unterstützen. Die Preise liegen meist um die 30 bis 40 Euro. Auch der Fire TV Stick von Amazon kann als Miracast-Empfänger dienen.

Mit der Software AirServer können Miracast-fähige Notebooks oder Tablets mit Windows 8.1 auch als Miracast-Empfänger genutzt werden, etwa für Android-Geräte. Die 14-Euro-Software unterstützt zudem auch noch Apple AirPlay.

Wireless Display von Intel und AMD

Für PCs mit Windows 7 oder 8 und Intel-Prozessor sowie einem passenden WLAN-Controller von Intel oder Broadcom ist Intels Wireless Display eine Alternative zu Miracast. Diese auch WiDi genannte Technik hat Intel bereits Anfang 2010 auf den Markt gebracht, sie bildet bei PCs praktisch die Basis für Miracast. Mit der 2012 veröffentlichten Treiberversion 3.5 in 2012 hat WiDi auch ein Miracast-Zertifikat erhalten. Unter Windows 8.1 nutzt WiDi auch die betriebssystemeigenen Routinen für die Verbindung zu einem Miracast- oder WiDi-Empfänger. Sie werden nur durch eigenen Tools wie Intel WiDi Remote ergänzt. Das Widget erlaubt einen schnellen Wechsel zwischen gespiegeltem und erweitertem Desktop.

Für PCs mit Windows 7 oder 8 und Intel-Prozessor sowie einem passenden WLAN-Controller von Intel oder Broadcom ist Intels Wireless Display eine Alternative zu Miracast.
Foto: Intel

Mit Intel Pro Wireless Display gibt es eine erweiterte WiDi-Lösung speziell für Firmenkunden. Mit Intel Pro WiDi können in einem Meeting auch mehrere Teilnehmer alternierend auf einen drahtlos angebundenen Beamer oder ein großes Display zugreifen. Die Profi-Lösung von Intel kennt dabei drei verschiedene Management-Modi: Der Exklusiv-Modus gibt dem Präsentator die volle Kontrolle über das Ausgabegerät, im Interaktive-Betrieb können alle Teilnehmer gleichberechtigt auf den WiDi-Empfänger zugreifen und im Moderator-Betrieb kontrolliert ein Teilnehmer den Zugriff der anderen.

Die Verbindung zu einem Pro-WiDi-Empfänger muss durch den Anwender verifiziert werden, um so ein irrtümliche Übertragung an einen anderen Empfänger zu verhindern. Administratoren können zudem auf dem Notebook oder Tablet alle Wi-Fi-Direct-Verbindungen außer Intel Pro WiDi blockieren und so potentiell gefährliche Peer-to-Peer-WLANs verhindern. Die Hardware-Voraussetzungen für Intel Pro Wireless Display sind daher auch strikter: Unterstützt werden nur Haswell- oder Broadwell-CPUs mit vPro-Technik und ausschließlich WLAN-Controller mit Dual-Band-802.11n- oder 802.11ac-Chip.

AMD hat 2013 eine eigene Wireless-Display-Technik vorgestellt, die ebenfalls Miracast-zertifiziert ist und laut AMD flüssiger als Intels WiDi arbeiten soll. Die nötigen Treiber für AMDs Wireless Display sind in Windows 8.1 enthalten, ältere Windows-Versionen unterstützt AMD nicht.

Apple AirPlay, Google Chromecast und WHDI

Apples AirPlay beherrscht ähnlich wie Miracast auch Mirroring, ist aber primär eine Streaming-Lösung für Filme, Fotos oder Musik.

In der Apple-Welt wird AirPlay für die drahtlose Übertragung von Bild und Ton zu einem Apple TV als Empfänger verwendet. Das Spiegeln des Displays ist ebenfalls möglich.
Foto: Apple

Als Quelle können neben iOS-Geräten wie iPhone, iPod oder iPad auch Mac-Rechner mit OS X dienen. Streaming funktioniert auch von Windows-Geräten mit iTunes und Android-Devices mit passenden Apps aus. Spiegeln funktioniert ohne Zusatzsoftware nur mit Apple-Geräten. Für Windows und ChromeOS ist das mit der Shareware AirParrot2 möglich.

Als Empfänger hat Apple den Apple TV der zweiten oder dritten Generation vorgesehen, vergibt aber auch Air-Play-Lizenzen an andere Firmen, die so die Funktion auch in eigene Empfangsgeräte integrieren können. Eine Miracast-Unterstützung gibt es von Apple nicht. AirPlay ist daher kein Ersatz für Miracast, sondern eher die Parallelentwicklung für das Apple-Universum.

Googles Chromecast ist primär für das Streaming von Apps gedacht. Das Spiegeln eines kompletten Desktops funktioniert nur mit einigen Android-Geräten. Die Funktion ist auch noch im Beta-Stadium.
Foto: Google

Googles Chromecast hat mit Miracast ebenfalls wenig zu tun. Der HDMI-Dongle mit USB-Stromversorgung ist primär ein Streaming-Gerät für verschiedene Internet-Dienste wie Youtube, Netflix oder auch die Mediatheken diverser TV-Sender. Gesteuert wird er dabei über Smartphone, Tablet oder Notebook. Hier unterstützt Chromecast Android, iOS, OS X, Windows und natürlich Googles ChromeOS. Das Spiegeln eines kompletten Display-Inhalts ist im Beta-Stadium und funktioniert nur mit ausgewählten Android-Geräten. Ansonsten können nur im Chrome-Browser geöffnete Webseiten übertragen werden. In jedem Fall benötigt das Google-Gerät einen vollen WLAN- und Internet-Zugang.

Aus der Unterhaltungselektronik kommt das Wireless Home Digital Interface (WHDI) als drahtloser Ersatz für das HDMI-Kabel. Und das ist hier durchaus wörtlich zu verstehen. Denn hier werden Sender und Empfänger via HDMI angeschlossen, die Verbindung erfolgt transparent ohne Treiber oder zusätzliche Software. Die Technik nutzt das 5-GHz-Band um 1080p-Full-HD mit 60 Hz zu übertragen. Allerdings sind WHDI-Geräte mit relativ kostspielig, Sender und Empfänger kosten mindestens 150 Euro. Zudem wird der Standard seit 2012 wohl nicht mehr weiterentwickelt.

Miracast in der Praxis

Für einen Praxistest von Miracast mit Windows 8.1 und Android haben wir als Empfänger den Wireless Display Adapter von Microsoft genutzt. Als Sender dienten ein Fujitsu Stylistic Q704 unter Windows 8.1 und als Android-Gerät ein Dell Venue 8 7000.

Der Wireless Display Adapter wird mit einem HDMI-Eingang des Monitors, TV-Geräts oder Projektors verbunden. Ein etwa 10 Zentimeter langes HDMI-Verlängerungskabel gehört zum Lieferumfang. Die Spannungsversorgung läuft über ein etwa 20 Zentimeter langes USB-Kabel. Neben dem Eingang des USB-Kabels findet sich noch ein kleiner. Ist der Wireless Display Adapter aktiv, dann erscheint auf dem Ausgabegerät ein Screen mit Microsoft-Logo, einem automatisch vergebenen Namen für den Adapter und der Meldung, dass er bereit für eine Verbindung ist. Auf Windows-8.1-Notebooks oder Tablets öffnet an die Geräte-Charms-Bar und wählt dort die Option "Projizieren - Drahtlose Anzeige hinzufügen" Daraufhin erscheint der Wireless Display Adapter in einer Auswahl. Wird er markiert, dann taucht auf dem Ausgabegerät der Desktop des Quellgeräts auf. Alternativ zu diesem Klon-Modus kann der Desktop auch auf das per Miracast verbundene Ausgabegerät erweitert werden. Eine zusätzliche Windows-App erlaubt Overscan-Einstellungen für TV-Geräte und auch ein Update der Firmware.

Bildergalerie:
Microsoft Wireless Display Adapter
Der Microsoft Wireless Display Adapter in Aktion. Der Screen dient zur Identifikation bei mehreren aktiven Adaptern.
Microsoft Wireless Display Adapter
Unter Windows kann die Verbindung zum Microsoft Wireless Display Adapter auch über das Gerätemenü aufgebaut werden.
Microsoft Wireless Display Adapter
Die Windows-App für den Wireless Display Adapter von Microsoft erlaubt die Bildanpassung an die Ausgabegeräte und auch Firmware-Updates. Die Einstellungen können per Passwort gesichert werden.

Bei Android gibt es bei Miracast nur den Klon-Modus. Für den Verbindungsaufbau wählt man unter Einstellungen - Display die Option "Bildschirmübertragung". Im nächsten Screen wird der Microsoft Wireless Display Adapter aufgeführt, ein Klick baut die Verbindung auf.

Von beiden Geräten aus war eine flüssige Übertragung von Videos mit Full-HD-Auflösung möglich. Auch die Bildqualität war gut. Selbst das Streamen von Youtube-Videos in hoher Auflösung, also die gleichzeitige drahtlose Datentransfer vom Router und zum Miracast-Empfänger funktionierte anstandslos. Die Nutzung des via Miracast angebundenen Ausgabegeräts als primäres Display ist aber nur eingeschränkt möglich, da doch eine deutliche Latenz sichtbar ist. Texteingaben sind noch gut möglich, Spiele nicht.

Für Verbindungen mit minimaler Latenz ist eher WiGig die richtige Technologie. Allerdings erfordert WiGig zusätzliche Chips und die Reichweite ist durch das verwendete 60-GHz-Frequenzband auf wenige Meter beschränkt, in denen es auch keine Hindernisse geben darf. (mje)