Wie man Lizenzkosten für E-Mail und Groupware senkt

Günstige Exchange-Alternativen

25.10.2004 von Jan Schulze
Software für E-Mail und Teamunterstützung (Groupware) hat bislang vor allem zwei Namen: Microsoft Exchange oder Lotus Notes. Doch auch andere, günstigere Lösungen lassen sich im Unternehmen einsetzen.

IN VIELEN FIRMEN ist Groupware heute unverzichtbar. Microsoft Outlook oder Lotus Notes sind auf fast jedem PC vorhanden. Weniger offensichtlich, aber ein bedeutender Kostenfaktor sind die dazugehörigen Backend-Server. Genutzt werden nicht nur die EMail- Funktionen der Programme, sondern vermehrt auch die Möglichkeit zur Teamorganisation: Adressen, Kalender oder Aufgabenlisten können von Gruppen, Abteilungen oder ganzen Unternehmen gemeinsam verwendet werden. Das vereinfacht die Koordination im Team und macht mehrfache Datenhaltung unnötig. Zudem lassen sich viele Groupware-Anwendungen auch für die Verwaltung von Dokumenten nutzen.

Fast jede heute am Markt erhältliche Groupware-Applikation setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Im Zentrum steht ein Server, der die Daten an einer zentralen und für alle Kollegen erreichbaren Stelle vorhält. Am Arbeitsplatzrechner des einzelnen Mitarbeiters dient ein Client dazu, die Daten des Servers und lokal gespeicherte Informationen dem Anwender zu Verfügung zu stellen. Bei Microsoft zum Beispiel bildet das Produkt „Exchange“ den Server, am PC greifen die Benutzer über „Outlook“ auf ihre Daten zu. Waren früher nur E-Mail und persönliche Adressbücher von Belang, haben sich in den vergangenen Jahren die Möglichkeiten zur gemeinsamen Datennutzung und zur Zusammenarbeit immer mehr in den Vordergrund geschoben. Die damit einhergehende Komplexität der Anwendungen verursacht

allerdings auch Kosten. Während damals einfache Mail-Clients wie Pegasus und CC Mail völlig ausreichten, kommen inzwischen deutlich umfangreichere Programme zum Einsatz. Das spiegelt sich auch im Preis wider: Die Mail-Programme früherer Tage waren oft kostenlos erhältlich; heute liegt die aktuelle Outlook- Version in der Einzelplatzlizenz bei einem Straßenpreis von gut 110 Euro. Der

Groupware-Markt wird heute im Wesentlichen von zwei Herstellern dominiert: Microsoft mit dem Exchange/ Outlook-Gespann und IBM mit Lotus Notes/Domino sind die dominierenden Anbieter. Das hat seinen Grund nicht zuletzt in den Client-Komponenten: Hier gibt es kaum sinnvolle Alternativen, wenn im Unternehmen Kommunikationsmöglichkeiten verlangt werden, die über E-Mail und persönliche Adressbücher hinausgehen. So setzen auch die Bemühungen der Anbieter anderer Groupware-Applikationen vor allem an der Server-Komponente an. In der Regel können an diese Lösungen die üblichen Clients wie Microsoft Outlook angebunden werden. Damit können Unternehmen auf der Server-Seite Geld sparen, ohne auf der Client-Seite mit der Akzeptanz der Benutzer kämpfen zu müssen. Alternativ stehen Browser- basierende Frontends zur Verfügung. Diese hatten in der Vergangenheit immer mit dem Problem zu kämpfen, nur rudimentäre Funktion bereitzustellen und nicht den gewohnten Bedienkomfort zu bieten. Das hat sich inzwischen geändert, die Browser-Anwendungen haben mit den Frontends der im Internet beliebten Gratis-Maildienste nichts mehr gemeinsam. Dennoch: Wer seinen Mitarbeitern „ihren“ Outlook-Client wegnehmen möchte, um Geld zu sparen, sollte sie frühzeitig informieren - auch und gerade über den finanziellen Vorteil für das Unternehmen.

Billigere Linux-basierte Lösung

Eine derzeit vielbeachtete Lösung in diesem Umfeld ist der „Open Exchange Server“ der Nürnberger Suse Linux AG. Der Linux-basierende Server lässt sich auf fast jeder Hardware betreiben. Eingesetzt wird Open Exchange Server beispielsweise von der ARS Altmann AG im oberpfälzischen Wolnzach. Bei dem Dienstleister im Bereich der Automobillogistik arbeiten seit Januar 2003 rund 250 Anwender mit der Linux- Lösung, berichtet EDV-Leiter Peter Laubsch. „Wir mussten unser damaliges Altsystem im wahrsten Sinn des Wortes über Nacht ablösen, da es ständig Probleme bereitete“, so Laubsch. Zur Debatte standen unter anderem Microsoft Exchange und Lotus Notes. Letztendlich entschied sich das Unternehmen jedoch für die damals ganz neue Suse-Lösung. „Die Lizenz- und Betriebskosten gaben den Ausschlag. Der Open Exchange Server ist rund 30 Prozent günstiger als Exchange“, begründet der EDV-Chef die Entscheidung. Technische Bedenken

gegen ein komplett neues Produkt hatte Laubsch nicht: „Da das Altsystem nicht mehr akzeptabel war, konnten wir uns nur verbessern.“

Tatsächlich ist Laubsch heute zufrieden. Die Lösung arbeite sehr stabil, ernsthafte Ausfälle waren bislang nicht zu verzeichnen. Auch die Anwenderakzeptanz ist gut: „Wir haben den Benutzern die Wahl gelassen, entweder über das Browser-Frontend zu arbeiten oder Outlook als Client zu nehmen. Inzwischen nutzen die meisten User bevorzugt ihren Internet-Browser.“ Allerdings waren in der ursprünglichen Version des Web-Frontends noch einige Unzulänglichkeiten bei der Bedienung zu bemängeln. Diese erfolgte zu wenig intuitiv. Das Problem wurden laut Laubsch jedoch inzwischen vom Hersteller behoben. Heute nutzt ARS Altmann alle gängigen Groupware-Funktionen über die Linux-Lösung: Neben E-Mail, Gruppenkalender und Newsgroups werden beispielsweise auch Dokumente wie Faxvorlagen oder Reisekostenformulare

bereitgestellt. Im nächsten Schritt soll der Open-Exchange-Server das führende System für alle Adressdatenbanken sein: „Wir haben zahllose verschiedene Adressbestände im Unternehmen, die wir nun auf den Suse-Server konsolidieren. Von dort greifen dann auch alle anderen Systeme wie zum Beispiel das Rechnungswesen auf die Adressdaten zu“, erläutert der EDV-Leiter seinen Plan. Zudem steht zum Jahreswechsel die Verbindung des Kommunikationsservers mit der Telefonanlage an (Computer- Telephony Integration).

Der einzige Wermutstropfen ist die fehlende Möglichkeit, PDAs (Personal Digital Assistants) mit dem Groupware- System zu synchronisieren. Wenn ein Mitarbeiter von seinem Palm aus auf die Daten zugreifen will, muss er mit Web- Browser und Internet-Verbindung arbeiten. „Glücklicherweise sind solche Geräte bei uns im Unternehmen kaum verbreitet“, so Laubsch.

Eine Linux-basierende Lösung bietet auch der amerikanische HerstellerScalix Corporation mit dem Kommunikationsserver „Scalix“. Der Hersteller von Lüftungs- und Haustechnik, Maico Elektroapparate-Fabrik GmbH aus Villingen-Schwenningen, hat dieses System seit kurzem im Einsatz. Das Unternehmen mit 235 Mitarbeitern hat sich damit für eine Lösung entschieden, die erst seit kurzem auf dem deutschen Markt verfügbar ist. Für EDV-Leiter Harald Bantle war ein wichtiges Argument bei der Entscheidung, dass Scalix seine Wurzeln in HP Open Mail hat: „Obwohl Scalix noch recht jung am Markt ist, haben wir es dennoch mit einer etablierten Software zu tun.“ So ist Bantle auch zufrieden, was den Leistungsumfang seiner Kommunikationslösung angeht: „Die meisten Funktionen von Exchange sind bei Scalix so abgebildet,

dass der Anwender kaum einen Unterschied bemerkt.“ Am Arbeitsplatz verwenden die meisten Benutzer ihren gewohnten Outlook-Client. Umgewöhnen mussten sich nur die Administratoren, da die eingesetzte Scalix- Version komplett über textbasierende Konsolen verwaltet wird. Damit ging ein hoher Schulungsaufwand für die ITMitarbeiter einher, um das System über Skripte steuern zu können. Doch auch wer kein Linux in die Unternehmens- IT einführen möchte, kann auf Alternativen zu Exchange und Notes zurückgreifen. Hier bietet sich zum Beispiel der „David“-Server der Tobit Software AG an - er ist für Windows und Linux erhältlich. Verbreitet ist das System besonders als Faxserver. Doch kann mit David auch der komplette Groupware- Bedarf in mittleren Unternehmen abgedeckt werden. Eine Besonderheit des Programms

besteht in dem mitgelieferten eigenen Client namens „David Infocenter“. Dieser ähnelt in vielem dem bekannten Microsoft Outlook. Die Firma Reichold Feinkost GmbH mit Sitz in Diez und Taunusstein hat seit März vergangenen Jahres die Tobit-Lösung im Einsatz. Das Unternehmen, das rund 300 Mitarbeiter beschäftigt und besonders durch seine Marke Feinkost Dittmann bekannt ist, entschied sich aus zwei Gründen für David: Neben den günstigeren Anschaffungskosten spielte die Virengefahr ein große Rolle. Da Exchange und Outlook einen extrem hohen Verbreitungsgrad haben, konzentrieren sich die Virenschreiber vor allem auf dieses System - andere Lösungen werden kaum oder gar nicht behelligt. So ist auch Sascha Heinz, IT-Koordinator bei Reichold Feinkost, von seiner Lösung überzeugt: „Wir hatten bis jetzt noch keinerlei Probleme mit Viren oder Würmern.“ Alle eingehenden Mails werden zum Beispiel bereits auf dem Mailserver nach Viren

durchsucht. Erst dann gelangen sie ins Postfach des Benutzers.

Vor der David-Einführung nutzte das Unternehmen Microsoft Outlook ohne Server. Durch die Tobit-Lösung konnten die Anwendungsmöglichkeiten deutlich erweitert und die Zusammenarbeit im Team vereinfacht werden. Auch mobile Mitarbeiter sind an die Kommunikationsplattform angebunden und greifen von unterwegs aus über PDAs auf die Daten zu. Insgesamt erfüllt das System nach Heinz auch auf der administrativen Seite die Erwartungen: „Im Vergleich zu früher ist nun zum Beispiel die Datensicherung wesentlich einfacher.“ Er bemängelt jedoch die geringe Kundenorientierung des Herstellers: „Probleme, die schnell und unkompliziert per Telefon gelöst werden könnten, verzögern sich oft über Tage, da ein Web-Formular für Anfragen genutzt werden muss.“