Digitale Transformation

GE-CIO wettet auf Analytics und Künstliche Intelligenz

30.10.2017 von Wolfgang Herrmann
CIO Jim Fowler setzt auf Analytics und Künstliche und Intelligenz, um General Electric auf dem Weg zum digitalen Unternehmen voranzubringen. Im Transformationsprozess des Industriekonzerns geht es auch um organisatorische und kulturelle Herausforderungen.

Rund 650 Ölplattformen hat General Electric (GE) bereits mit Sensoren und Software ausgestattet. Die gesammelten Betriebsdaten werden an eine zentrale GE-Plattform weitergeleitet und analysiert. Auf dieser Grundlage optimiert der Industriekonzern den Betrieb und hat eigenen Angaben zufolge die Effizienz der Anlagen um zwei bis vier Prozent gesteigert.

Der Industriekonzern General Electric steckt in einem umfassenden Transformationsprozess.
Foto: Jonathan Weiss - shutterstock.com

CIO Jim Fowler legt Wert auf die Feststellung, dass die meisten solcher Verbesserungen nicht von Menschen, sondern von Maschinen auf den Weg gebracht worden seien: "Es sind eher die Maschinen, die den Mitarbeitern erklären, was zu tun ist, und nicht umgekehrt." Sensoren in Verbindung mit einer Softwareplattform hätten GE dabei geholfen, die Produktion inkrementell zu verbessern und Ausfallzeiten zu reduzieren. Der IT-Chef beobachtet ein Zusammenwachsen von Information Technology und Operational Technology, das Unternehmen einen klar erkennbaren Mehrwert bringe.

Ausgestattet mit Advanced-Analytics-Systemen könnten Maschinen Probleme selbständig diagnostizieren, Wartungsarbeiten beschleunigen und Ausfallzeiten vermeiden, so der Manager. Mithilfe der Service-App "FieldVision" verfolgt GE diesen Ansatz für die hauseigenen Fertigungsanlagen, auf denen etwa Gasturbinen und bildgebende medizinische Geräte produziert werden. Dabei senden die Fertigungssysteme Diagnosedaten an ein zentrales Hub. Muss ein Bauteil ausgetauscht werden, stößt das System automatisch einen Supply-Chain-Prozess für die Bestellung an. Fowler spricht in diesem Kontext von einer Evolution der klassischen ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) in Richtung Machine Resource Planning (MRP). Trifft ein Servicetechniker an einer Maschine ein, liegt das Ersatzteil schon für ihn bereit und er kann direkt mit der Reparatur beginnen, anstatt eine aufwändige Fehlersuche zu starten.

„Es sind eher die Maschinen, die den Mitarbeitern erklären, was zu tun ist, und nicht umgekehrt“, sagt Jim Fowler, CIO von General Electric.
Foto: General Electric

Das Thema Künstliche Intelligenz gewinnt dabei an Bedeutung, erläuterte der CIO auf einer Fachkonferenz der Open Networking User Group (ONUG): "75 Prozent der Reparaturarbeiten werden schon jetzt mit Hilfe von Artificial Intelligence vorgegeben", so der Manager. "Wir wissen, welche Teile geliefert werden müssen und welche Qualifikationen für eine Reparatur benötigt werden. Wir haben die Maschinenpläne ebenso zur Hand wie die Wartungshistorie." Unterm Strich könne GE mit diesen Maßnahmen Kosten in Höhe von 2,5 Millionen Dollar pro Jahr sparen.

Unter dem Namen GE Digital macht der Konzern solche Technologien auch externen Kunden zugänglich. Laut Fowler geht es dabei in der Regel um eine höhere Verfügbarkeit von Kundenanlagen, aber auch um mehr Durchsatz: "Wir möchten, dass Kunden mehr aus unseren Produkten herausholen können." Für GE könnten sich damit zusätzliche Umsatzpotenziale in Höhe von zehn Milliarden Dollar auftun.

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IoT und Analytics - die Cloud wird zum Enabler

Neben maschinengenerierten Daten für die Verbesserung von Prozessen setzt GE zunehmend auf Ressourcen aus der Public Cloud . Mit Predix hat der Konzern eine IoT-Plattform gebaut, die als zentraler Hub für zahlreiche neue Dienste agiert. Sie arbeitetet in einer von GE gehosteten Private Cloud, nutzt aber auch Public-Cloud-Dienste etwa von Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure. Fowler will den Einsatz von On-Premise-Ressourcen reduzieren und neue Applikationen nur noch in der Public Cloud entwickeln. Im Vergleich zur intern vorgehaltenen Infrastruktur sei die Public Cloud kostengünstiger. Schon jetzt lägen etwa 40 Prozent der gesamten Infrastruktur in der Public Cloud, so der Manager: "Wir wollen diesen Anteil soweit wie möglich steigern."

Wie der CIO die IT-Organisation umbaut

Schon seit längerem arbeitet Fowler an einem Transformationsprozess, der über technische Aspekte hinausgeht. Ein Schlüssel in diesem Prozess sei es gewesen, klassische vertikale Managementstrukturen aufzubrechen und damit horizontal einsetzbare Software-Plattformen zu ermöglichen. So werde etwa die FieldVision-App sowohl in dem für Gasturbinen verantwortlichen Unternehmensbereich eingesetzt als auch im Bereich der bildgebenden Verfahren. In der Vergangenheit seien dies strikt getrennte Bereiche gewesen, die jeweils eigene Versionen Applikationen entwickelt hätten.

Die hergebrachte vertikale Aufstellung des Konzerns habe an vielen Stellen zu redundanten Systemen geführt, berichtet der CIO. GE bewege sich weg von derartigen "Business Silos", die IT agiere mittlerweile horizontal und unternehmensweit über Bereichsgrenzen hinweg. Dazu beigetragen haben laut Fowler auch sogenannte Digital Hubs, die GE weltweit eingerichtet hat. Dort arbeiteten Mitarbeiter bereichsgreifend an neuen Applikationen etwa im Bereich Advanced Analytics.

Outsourcing passt nicht zur digitalen Transformation

Als Fowler im Oktober 2015 den Posten des Group CIO übernahm, waren etwa 74 Prozent der IT ausgelagert. Aus seiner Sicht eine falsche Weichenstellung, wie er dem Wirtschaftsmagazin Forbes berichtete. Ein derart hoher Outsourcing-Grad berge das Risiko, dass wichtiges Know-how verlorengehe, das GE benötige, um aus der IT einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Die Organisation sei hauptsächlich mit Projektmanagement beschäftigt gewesen, statt sich auf strategische Business-Initiativen zu konzentrieren. Viele Mitarbeiter hätten sich über komplizierte Reporting-Strukturen und zum Teil 30 bis 40 Jahre alte Prozesse geärgert. Vor diesem Hintergrund habe man die Entscheidung getroffen, die IT als horizontale Funktion neu aufzustellen.