Open Source

Freie Infrastruktur-Tools - die Sieger

08.10.2009 von Stefan Ueberhorst
In der Kategorie "Middleware und Plattformen" haben in diesem Jahr neun Open-Source-Tools einen Bossie-Award erhalten.

Im geschäftskritischen Backend sind Open-Source-Lösungen noch eher die Ausnahme. Doch am Rand dieses Kerns blüht Quelloffenes, vor allem wenn es in Richtung Web geht. Die CW-Schwesterpublikation "Infoworld" hat in diesem Jahr erneut die Kategorie Middleware und Plattformen aufgenommen und dort neun Projekte gekürt. Sie reichen von Klassikern wie der Virtualisierungslösung "Xen" bis hin zu neueren Lösungen wie "WSO2 Carbon" für Service-orientierte Architekturen. Natürlich gibt es noch eine ganze Reihe anderer hochwertiger Open-Source-Angebote für die IT-Infrastruktur. Der Infoworld-Jury war es wichtig, eine Auswahl an Programmen zu treffen, die sich einerseits in der Praxis bereits bewährt haben, andererseits die heißen IT-Themen dieses Jahres abdecken. Und dazu gehören eben Virtualisierung, Service-orientierte Architekturen sowie Daten- und Applikationsintegration.

InfoWorld 2009 - Platforms und Middleware
Jitterbit
Der klassische Fall von „weniger ist mehr“ ist Jitterbit zur Daten- und Applikationsintegration. Selbst Business-Anwender sollen mit der Point-and-Click-Connectivity des Systems ihre Programme verbinden können.
Mule ESB
Unter den quelloffenen ESBs ist der Enterprise Service Bus Mule führend. In großen Projekten ist er jedoch aufgrund einiger fehlender Highend-Features eher die Ausnahme.
Nginx
Leichter, schneller und weniger Ressourcen-intensiv als seine Apache Pendants, das ist der Web-Server und Reverse-Proxy Nginx. Allerdings kommt er dafür auch mit deutlich weniger Funktionen.
OpenVZ
Eine leistungsfähige und skalierbare Server-Virtualisierung mit dynamischer Ressourcenverwaltung und einfacher Administration verspricht OpenVZ. Ein Nachteil ist seine Begrenzung auf das Linux-Umfeld.
Talend Open Studio
Datenintegration und -bewirtschaftung etwa für Data Warhouses bietet das Talend Open Studio. Eine Lösung für große und kleine Projekte mit niedrigen Einstiegshürden.
Turnkey Linux
Wer eine schnell lauffähige Software-Appliance etwa für Tomcat oder MySQL benötigt, sollte sich im Projekt von Turnkey Linux umschauen. Dort erwarten ihn 16 vorkonfigurierte Pakete.
VirtualBox
Manchem Entwickler, der auf seiner Workstation Client-Server-Systeme entwerfen und testen, dafür aber kein Geld ausgeben will, dürfte die Open-Source-Edition der Sun-Software VirtualBox reichen.
WSO2 Carbon
Quelloffene Systeme bieten sich besonders an, wenn man im Bereich von Trendthemen wie Service-orientierten Architekturen möglichst ohne finanzielles Risiko experimentieren will. WSO2 Carbon bietet hier eine Möglichkeit.
Xen
Ein Pionier im Bereich Server-Virtualisierung ist Xen. Seine Industrieunterstützung ist groß, ebenso seine Verbreitung in den Virtualisierungslösungen einiger Hersteller.

Jitterbit

Die Open-Source-Lösung "Jitterbit" dient der vergleichsweise einfachen und schnellen Daten- und Applikationsintegration. Mit dem Tool sollen selbst Business-Anwender Integrationslösungen auf Java-Basis entwerfen, konfigurieren, testen und ausrollen können. Enterprise Integration sei gelöst, heißt es auf der Projektseite, auf der die Betaversion von Jitterbit 3.0 vorgestellt wird.

Die Plattform umfasst den "Integration Server" als Laufzeitumgebung sowie die "Integration Application", dessen grafisches Interface die einfache Erstellung der Integrationsoperationen erlaubt. Es werden keine Programmierkenntnisse, keine Adapter und keine Installationen auf den zu verbindenden Systemen benötigt. Was alles unter die Point-and-Click-Connectivity fällt, listet Jitterbit auf seiner Site, darunter alle namhaften ERP- und CRM-Systeme, alle wichtigen Datenbanken sowie alle großen EAI- und ESB-Systeme.

Mule ESB

Der quelloffene Enterprise Service Bus Mule zählt zu den besten unter den Open-Source-ESBs und zu den bevorzugten Werkzeugen, wenn es darum geht, Systeme unterschiedlichster Technologien unternehmensweit zu integrieren. Das modular aufgebaute Framework definiert ein Set von Komponenten, anhand derer voneinander unabhängige Applikationen über eine virtualisierte Transportschicht miteinander kommunizieren.

Dies können Legacy-Anwendungen sein, die über einen Wrapper-Service mit dem Bus verbunden werden, Java-EE-Appikationen oder sehr feingranulare Einzelservices. Der ESB kommt mit einer integrierten grafischen Entwicklungsumgebung auf Eclipse-Basis. Allerdings führen das Fehlen von "Hot Deployment", also Installation beziehungsweise Aktualisieren von Enterprise-Anwendungen im laufenden Betrieb, sowie anderer Enterprise-Features dazu, dass Mule in großen Projekten kaum anzutreffen ist.

Nginx

Keine unnötigen Funktionen, dafür eine Konzentration auf das Wesentliche - so könnte man die Arbeitsweise von "Nginx" beschreiben, ein äußerst leistungsstarker Web-Server, Reverse-Proxy und E-Mail-Proxy. Das von Igor Sysoev entwickelte und ursprünglich auf die Bedürfnisse der russischen Suchmaschine Rambler zugeschnittene System ist modular aufgebaut und unterstützt unter anderem Techniken wie Load Balancing und Reverse Proxying, namens- und IP-basierte Virtual Hosts sowie FastCGI.

Aufgrund der Vielseitigkeit, der sehr guten Leistung und Konfigurierbarkeit wird Nginx inzwischen auch bei vielen anderen großen Services wie WordPress, ComputerBase und FastMail eingesetzt. Laut Wikipedia und der darin aufgeführten Netcraft-Statistik wurden im Juni 2009 3,69 Prozent aller Websites, die in der Statistik mit aufgenommen wurden, mit Nginx betrieben. In Zahlen ausgedrückt sind dies 8.771.415 Web-Server. Dabei konnte Nginx laut Netcraft starke Zuwächse verbuchen.

OpenVZ

Eine schnelle, effiziente und zuverlässige Server-Virtualisierung auf Betriebssystemebene verspricht "OpenVZ" im reinen Linux-Umfeld. Ähnlich wie die Solaris Container oder die FreeBSD Jails erstellt die Software auf einem einzigen physischen Server mehrere isolierte und sichere virtuelle Umgebungen (Virtual Environment = VE), die sich jeweils wie ein eigenständiger Server verhalten.

Dabei ist sicher gestellt, dass die Applikationen nicht in Konflikt zueinander geraten. OpenVZ bietet im Vergleich zu VMware und Xen zwar weniger Freiheit in Sachen Gastbetriebssysteme, dafür glänzt das Projekt jedoch im Bereich Leistungsfähigkeit, Skalierbarkeit, dynamische Ressourcenverwaltung und einfachere Administration.

Talend Open Studio

Die Datenintegrationstechnik "Talend Open Studio" bietet eine Werkzeugumgebung auf Basis des Eclipse-Frameworks, mit der sich Aufgaben bei der Verwaltung datenzentrierter Unternehmensanwendungen oder eines Data Warehouse automatisieren lassen.

So können Anwender mit dem Tool "Talend Open Studio Business Modeler" Datenbewirtschaftungsprozesse entwerfen und diese mit Hilfe des grafischen Entwicklungswerkzeugs "Talend Open Studio Job Designer" implementieren. Hierfür steht eine Komponentenbibliothek bereit. Diese bietet Basisfunktionen für Mappings, Transformationen und Lookups sowie solche für die Filterung von Daten, Multiplexing und zur Extraktion, Transformation und Landen (ETL) von Daten. Eine Lösung für große und kleine Projekte mit niedrigen Einstiegshürden.

Turnkey Linux

Noch einfacher geht es kaum: Das Projekt "Turnkey Linux" erlaubt die schnelle Erstellung von Software-Appliances, die sich einfach installieren lassen und deshalb sehr schnell einsatzbereit sind.

Derzeit gibt es 16 vorkonfigurierte Appliances, darunter solche für Tomcat, LAMP, LAPP, MySQL, PostgreSQL, Django, Rails, Drupal und WordPress. Allen Servern ist gemein, dass sie einen minimalen Betriebssystemkern auf Ubuntu-Basis besitzen und als installierbare Live-CD gepackt sind. Updates und Sicherheits-Patches werden automatisch übertragen.

VirtualBox

Sollten Entwickler die ausgefeilten Features etwa von VMware Workstation nicht benötigen, gibt es keinen Grund, in diesem Anwendungssegment noch für Virtualisierungssoftware zu bezahlen. Die Open-Source-Edition der Sun-Software "VirtualBox" unterstützt zahlreiche Betriebssysteme sowohl im Host-, als auch im Gastbereich.

Wer auf seiner Workstation diverse Client-Server-Systeme entwickeln und testen will, ist mit VirtualBox gut bedient. Die verschiedenen virtuellen Maschinen lassen sich zudem über das Virtual LAN der Software verbinden. VirtualBox emuliert unter anderem die x86-CPU des jeweiligen Wirtsystems, VESA-kompatible Grafikkarten, IDE- und Serial-ATA-Controller sowie diverse Netzwerkkarten. Unterstützung kommt für den Boot-Vorgang aus dem Netz, Soundkarten, virtuelle USBs und iSCSI.

WSO2 Carbon

Wer sich für Service-orientierte Architekturen (SOA) auf Open-Source-Basis interessiert, sollte einen Blick auf die quelloffene Middleware "WSO2" werfen, die mit "Carbon" ein SOA-Framework anbietet, das auf Equinox basiert, die Eclipse-Implementierung der OSGi-Komponentenspezifikationen.

Carbon steht für SOA-Komponenten der WSO2-Produkte, darunter einen Web-Services Application Server (WSAS), einen ESB, eine Registry und einen Business Process Server. Die Plug-and-Play-Architektur bietet alle SOA-Kernfunktionen wie Daten-Services und -Routing, Prozess-Management, Monitoring und Sicherheit, wobei einige Komponenten gut, andere eher schwach sind.

Xen

"Xen" ist ein alter Hase unter den Open-Source-Lösungen für die Server-Virtualisierung. Es ermöglicht die parallele Ausführung verschiedener Betriebssysteme wie Linux, Solaris und Windows auf einem Rechner. Das Open-Source-Produkt eignet sich für den Enterprise-Einsatz und dient der Server-Konsolidierung sowie der Flexibilisierung von IT-Umgebungen. Xen war ursprünglich ein Projekt der University of Cambridge und erschien erstmalig 2003. Später ging es in die aus dem Projekt ausgegründete Firma Xensource Inc. über, die die Xen-Community und -Entwicklergemeinde steuerte sowie die kommerzielle Variante namens XenServer entwickelte und vermarktete. Im Oktober 2007 wurde XenSource von Citrix gekauft und als eigene Division integriert. Xen profitiert seit Anbeginn von einer großen Unterstützung seitens der Industrie, beispielsweise steuerten IBM, Intel, AMD, Microsoft und Sun große Teile des Codes bei.

Xen gilt aufgrund seiner Hypervisor-Architektur als besonders leistungsfähig und performant. Der Virtual Machine Monitor (VMM) unterstützt neben dem Paravirtualisierungs-Modus (für den die Gast-Betriebssysteme modifiziert werden müssen) auch die vollständige Virtualisierung auf Basis der Prozessoren von Intel ("Intel VT", ehemals "Vanderpool") und AMD ("AMD-V", ehemals Pacifica).