iSCSI bläst zum Halali

Fibre-Channel hat einen echten Konkurrenten

25.09.2008 von Harry Konupitzky
Bei Storage Area Networks war Fibre-Channel bisher als Vernetzungstechnologie gesetzt. Und kaum ein IT-Leiter wird auf die Idee kommen, FC aus bestehenden Infrastrukturen zu bannen. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema iSCSI lohnt sich dennoch.

Wenn das Stichwort SAN fällt, denken die meisten zuerst an Fibre-Channel (FC). Diese beiden Begriffe waren nicht zu trennen als Hersteller begannen, Produkte für das dedizierte Speichernetz oder Storage Area Network auf den Markt zu bringen. Seit einiger Zeit hat aber der Anwender eine Alternative. Zumindest sollte er sich ein weiteres Protokoll anschauen, das im Revier des Platzhirsches kräftig wildert: iSCSI. Beide haben ihre Argumente, doch vor allem kleinere Unternehmen könnte iSCSI die lang ersehnte Erleichterung bei ihrer Speicherumgebung bringen.

SAN oder nicht SAN? Das war keine Frage, die sich große Unternehmen stellen mussten, als die Technologie aufkam. Ein SAN musste über FC verbunden werden, das war Fakt, und auch wenn es enorme Kosten verursachte, so implementierte der IT-Leiter alles, was ein ordentliches SAN so braucht: FC-Switches und -Direktoren, FC-HBAs und die besondere FC-Schulung wurde auch bezahlt. Für den Mittelstand waren die Kosten und das fehlende Know-how die K.O.-Kriterien für FC und damit auch für ein SAN.

Die ursprüngliche Frage ist aber in den Hintergrund getreten seit iSCSI die Bühne betreten hat. Jetzt muss sich ein Administrator überlegen, welche Protokolle er für sein SAN einsetzen will. Die Eigenschaften von iSCSI, das SCSI-Befehle über das Ethernet versendet und so eine vernetzte Speicherlandschaft schaffen kann, sind sehr verlockend.

iSCSI muss sich nicht hinter FC verstecken

Da iSCSI auf Ethernet und TCP/IP basiert, hat es zwei entscheidende Vorteile gegenüber Fibre-Channel. Zum einen sind Ethernet-Switches einfach günstiger als ihre FC-Kollegen, auch wenn die Preise für FC-Switches und andere entsprechende Komponenten inzwischen deutlich nachgegeben haben. Damit entfällt ein wichtiger Punkt, der beim Finanzchef normalerweise reflexartig ein deutliches "Nein" auslöst.

Zudem sind Ethernet und TCP/IP die Grundsteine jedes Unternehmensnetzes. Der Administrator findet eine funktionierende Infrastruktur vor, die er für ein iSCSI-SAN benutzen kann. Er kennt sich mit dem Equipment aus und braucht keine neue Technologie für den Einsatz von iSCSI zu erlernen. Für das FC-SAN ist dagegen eine komplett neue Infrastruktur erforderlich, für die der Administrator neue Komponenten anschaffen muss.

Die vorhandene Infrastruktur reicht in der Regel auch aus, um ein iSCSI-basierendes SAN aufzusetzen, da die klassischen Ethernet-Switches den besonderen Speicherverkehr mit abwickeln können. Schließlich kann der IT-Verantwortliche mit iSCSI die bestehende Speicherlandschaft ohne großen Umbau erweitern. In Sachen Skalierbarkeit steht ein iSCSI-Speichernetz dem FC-SAN nicht nach.

Der Vorsprung schrumpft

Die Argumente für ein Fibre-Channel-SAN sind nicht von der Hand zu weisen, können aber heute fast alle auch von iSCSI erreicht werden. FC basiert beispielsweise auf Glasfaserleitungen, die Übertragung ist schnell und zuverlässig. Aktuell läuft FC über 4- oder bereits 8-GBit-Leitungen, auch wenn bereits 10 GBit/s realisiert werden können. Da steht iSCSI mit Übertragungsraten von 1 GBit/s zunächst hinten an. Die superschnelle Verbindung setzen Administratoren derzeit aber nur für Inter-Switch-Links innerhalb des SAN ein. Große Datenmengen aus Applikationen und Datenbanken lassen sich ferner via FC gut organisieren, die Administrierbarkeit ist zu schaffen.

iSCSI hat über die Jahre aber aufgeholt. Eine IT-Abteilung muss sich nämlich überlegen, ob es superschnelle Verbindungen überhaupt benötigt. Streaming-Anwendungen, die tatsächlich so geringe Latenzzeiten brauchen, sind nicht gerade das tägliche Brot eines durchschnittlichen Mittelständlers. Abgesehen davon kann Ethernet inzwischen ebenfalls mit 10 Gbit/s aufwarten, wenn es denn wirklich nötig werden sollte. iSCSI kann außerdem mit Hilfe von gebündelten Kanälen und dank einer so möglichen Lastenverteilung eine höheren Datendurchsatz erreichen.

Auch der Parallelbetrieb ist sinnvoll

iSCSI-Netze lassen sich auch ordentlich verwalten und stehen in puncto Sicherheit dem physikalisch oder logisch vom produktiven Netz getrennten SAN in nichts nach – solange ebenfalls eine solche strikte Trennung besteht. Beide Protokolle verbindet die Block-basierte Abwicklung des Datenstroms. Auch hier hat FC keinen Vorsprung. Besonders iSCSI ist hierbei eine lohnende Ergänzung zu oft in kleineren Unternehmen eingesetzten NAS-Umgebungen, die Daten auf File-Ebene verschicken. Der parallele Einsatz beider Technologien führt dazu, die Stärken beider zu nutzen.

Verzieht sich also der Platzhirsch demnächst in die Wälder und lässt sich nur noch selten auf der SAN-Lichtung blicken? So leicht hat es iSCSI wohl doch nicht. Unternehmen, die FC bereits im Einsatz haben, werden kaum ihre Speicherinfrastruktur wieder neu aufbauen. Die Investitionen waren hoch und wenn alles läuft, dann läuft's. Auch bei I/O-intensiven Anwendungen liegt der Administrator derzeit noch eher mit FC richtig.

Wer allerdings erstmals einen gesonderten Speicherbereich aufsetzen möchte, für den ist iSCSI deutlich günstiger und erfüllt in der Regel alle Anforderungen an ein stabiles und ausreichend schnelles SAN.