Codename "Buffy"

Facebooks Telefon nimmt Gestalt an

22.11.2011 von Thomas Cloer
Facebook entwickelt unter dem Codenamen "Buffy" ein eigenes Smartphone. Als Betriebssystem dient ein Android-Fork.
Mit "ChaCha" (Foto) und "Salsa" baut HTC immerhin schon zwei Telefone mit einem Facebook-Hardwareknopf.
Foto: HTC

Das berichtet das gewöhnlich gut informierte Blog "All Things Digital" des "Wall Street Journal" unter Berufung auf Insider. Als Hardware-Lieferant für das Facebook-Telefon ist demnach der taiwanische Hersteller HTC mit im Boot. Diese Entscheidung sei erst kürzlich gegen mindestens Samsung gefallen - was gleichzeitig bedeute, dass tatsächliche Produkte wohl noch mindestens ein Jahr auf sich warten lassen dürften

"Buffy" soll mit einem modifizierten Android als Betriebssystem laufen, das eng mit den Facebook-Diensten verzahnt ist und außerdem HTML5 als Plattform für Anwendungen unterstützt. Die Entwicklung laufe mit unterschiedlicher Ausrichtiung und Leitung seit zwei Jahren, aktuell leite Facebook-CTO Bret Taylor das Projekt.

Eine Facebook-Sprecherin wollte gegenüber "AllThingsD" keine direkte Stellungnahme zu "Buffy" abgeben, erklärte aber immerhin: "Unser mobile Strategie ist simpel: Wir denken, dass jedes mobile Gerät besser ist, wenn es sehr sozial ist. Wir arbeiten mit der gesamten Mobilbranche - mit Netzbetreibern, Hardwareherstellern, Plattform- und Anwendungsentwicklern, um mehr Menschen rund um den Globus starke soziale Erlebnisse zu bringen." [Dafür sind die Apps von Facebook für iPhone, Android, Windows Phone und Blackberry allerdings ganz schön mau, Anm. d. Red.] HTC wollte den Bericht ebenfalls nicht kommentieren.

Facebook hat nach eigenen Angaben 350 Millionen aktive mobile Nutzer und Beziehungen zu 475 Carriern weltweit. Allerdings hat das soziale Netzwerk nur wenig Einfluss auf die aktuell dominierenden mobilen Plattformen Android (in dem Sponsor Google natürlich bevorzugt seine Dienste unterbringt) und iOS (bei dem sich Apple in Version 5 für eine enge Integration mit Twitter entschieden hatte). Es ist daher verständlich, dass es ein eigenes System haben möchte, das es direkt kontrolliert.

Fork oder Nicht-Fork - das ist hier die Frage

In einem weiteren Beitrag geht "All Things Digital" genauer auf die Chancen und Risiken einer Eigenentwicklung auf Android-Basis ein. Grundsätzlich stellt Google den Quellcode neuer Version mit leichtem Zeitversatz für jedermann zur Verfügung. Allerdings verlieren Gerätehersteller ab einem bestimmten Grad von Veränderung (den Facebook gewiss errreicht) das Recht, Google-Services zu verwenden. Für das Gros der Dienste dürfte das Facebook herzlich egal sein, weil es ohnehin die eigenen Dienste respektive die seiner Partner nutzen will.

Allerdings bliebe dem "Buffy"-Fork auch der Zugang zum Android Market verwehrt, dem App Store von Google für Android-Apps von Drittanbietern. Facebook bräuchte hier eine Alternative und könnte beispielsweise auf den App Store von Amazon oder weniger bekannte wie GetJar oder Appia zurückgreifen. Ohnehin stellt sich erstens die Frage, ob auf der Facebook-Plattform für das offizielle Google-Android programmierte Apps noch laufen. Und zweitens die nach dem Aufwand einer Anpassung der geforkten Plattform an neue Android-Releases.

Für die meisten Anbieter überwiegen aus Sicht von "AllThingsD" die Vorteile der Google-Entwicklung die einer tiefgreifenderen eigenen Anpassung. Was allerdings nicht heißt, das es solche nicht auch gäbe - aktuelle Beispiele sind etwa der "Kindle Fire" von Amazon.com - das angeblich ja auch an einem eigenen Android-Telefon arbeitet - oder der Tablet-Computer "Grid 10" von Fusion Garage.

Allerdings sei ein angepasstes Android noch kein Patentrezept für einen Erfolg von Facebook im Mobilmarkt. Social, schreibt Ina Fried. Social sei zwar ein wichtiger Bestandteil von Smartphones, aber beileibe nicht der einzige. Die Verbraucher wollten eben auch ein Telefon, mit dem man einfach auf multimediale Inhalte zugreifen, Apps herunterladen und andere Dinge außerhalb des Facebook-Universums erledigen könne. Facebook müsse hier möglicherweise neue eigene Dienste anbieten oder Partnerschaften eingehen, um Services wie Musik oder Video mobil anbieten zu können.

Es sei trotzdem verständlich, dass Android aus Facebook-Sicht die attraktivste Plattformoption darstelle, auch wenn es mögliche Alternativen gebe - Intel beispielsweise suche nach Partnern für seine Anstrengungen im Bereich mobiles Linux, und Hewlett-Packard schaue sich nach einem guten Zuhause für webOS um. Allerdings könnte weder Linux noch webOS vorweisen, was Android bereits biete - eine große installierte Basis und Entwicklergemeinde.