Personaldienstleister wie Hays registrieren eine höhere Nachfrage im Bereich mobile Systeme: Besonders gefragt: IT-Freiberufler, die Apps entwickeln. Jörn Bäumer, Bereichsleiter Contracting bei der Hays AG, vergleicht die aktuelle Situation mit den Anfangsjahren des Internets, auch wenn die Hysterie nicht ganz so groß sei wie damals. Die Auftraggeber, allen voran Banken und Versicherungen, seien vorrangig interessiert an jüngeren IT-Freelancern bis etwa Mitte 40. Der Hays-Manager: "Wenn ein IT-Freiberufler bereits objektorientiert programmieren kann, fällt ihm der Sprung in die neue Entwicklungsumgebung relativ leicht."
Branchenwissen bleibt auch für App-Entwickler wichtig
Auch wenn Technologie und Anwendungsgebiete neu seien, müssten die gesuchten Entwickler wie bisher auch Sozialkompetenz und Kreativität mitbringen. Ein weiteres wichtiges Auswahlkriterium sei die Branchenerfahrung: In Bäumers Augen wird ein Fernsehsender keinen Entwickler anheuern, der vorher bei einer Versicherung gearbeitet habe und umgekehrt. Um hier die richtigen IT-Freelancer an den richtigen Platz zu bringen, müssten die Personaldienstleister den Markt sortieren und die Spreu vom Weizen trennen. "Wir versuchen die in Frage kommenden Entwickler kennen zu lernen, bevor die Kunden auf uns zukommen", erklärt Bäumer.
Christoph Duyster hat einen festen Job und entwickelt auch freiberuflich Applikationen. Seine Baumbestimmung für das iPhone ("Identify Tree") gehört zu den am meisten verkauften Apps in der Kategorie Bildung. Duyster ist überzeugt, dass die mobilen Systeme die Auftragswelt verändern werden. Freiberufler müssen sich auf mobile Systeme einlassen und entsprechend qualifizieren. Er selbst ist allerdings kein Fan von Schulungen. Seine Informationen holt er sich lieber aus dem Netz, etwa Vorträge der Harvard-Universität, die er sich als Video kostenlos bei iTunes herunterlädt: "Hier wird der Stoff hervorragend erklärt, und man kann die Ergebnisse direkt anwenden." Seiner Erfahrung nach ähnelt diese Art der Weiterbildung dem Studium an einer Fernuniversität. Auch Apple entwickle neue Funktionen wie Gesichtererkennung oder Facebook-Anbindungen. Die würden die Entwickler auch in ihre Apps einbauen und ständig verbessern. Weiterbildung sei umso wichtiger, da gerade Externe versuchen sollten, den Auftraggebern ein Stück voraus zu sein. "Wenn sich Freelancer nicht permanent auf dem Laufenden halten, sind sie schnell weg vom Markt", resümiert Duyster.
Dass Apps zunehmend kommerziell genutzt werden, bestätigt auch Oliver Knittel, der als IT-Freelancer im Versicherungsbereich tätig ist. So gebe es in seiner Branche Überlegungen, Systeme wie Tarifrechner oder Beratungssoftware auch mobil für den Außendienst bereitzustellen. "Für Programmierer sind die mobilen Systeme ein lukratives Geschäftsfeld mit interessanten Perspektiven", erklärt der Softwareexperte. Für ihn selbst mache es jedoch keinen Unterschied, ob er Projektleiter für die Einführung einer neuen Bestandsführungssoftware oder für ein neues mobiles System sei. Knittel: "Die fachlichen Anforderungen sind bei den Entwicklungsvarianten gleich und machen für IT-Projektleiter keine Spezialisierung erforderlich."
Während mobile Systeme den Freiberuflermarkt erobern, hält sich Dirk Bisping bei deren Beurteilung eher zurück: "Dieses Thema ist für uns zurzeit noch nicht relevant." Zwar ist auch der Vorstand des Bundesverbands Selbständige in der Informatik (BVSI) überzeugt, dass der Markt für mobile Systeme wachsen wird, fürchtet aber eine ähnliche Entwicklung wie bei Java-Projekten: "Die Externen könnten sehr rasch mit ausländischen Freiberuflern konkurrieren müssen." Bisping legt Freiberuflern nahe, sich lieber mit klassischen Beratungsthemen auseinanderzusetzen: "Wenn Projekt-Manager gesucht werden, haben Externe aus der Region - allein wegen der Sprache - ausgezeichnete Chancen."
Mobile: Outsourcing lohnt sich nicht
Die Befürchtung, dass die Projekte im mobilen Bereich ins Ausland verlagert werden, teilt Freiberufler Thomas Kötter nicht. Für ihn geht der Trend stark in Richtung Web-Apps, die im Gegensatz zu nativen Apps nicht für jede Plattform (Android, iOS, Blackberry, Windows Phone) angepasst werden müssen. "Das ermöglicht eine schnellere Entwicklung, für die Nähe und direkter Austausch innerhalb des Teams und zum Kunden notwendig sind", sagt Kötter. Da mobile Apps in kürzeren Zeiträumen und kleineren Teams entstünden, lohne sich das Outsourcing nicht. Der organisatorische Aufwand sei in Relation zur Entwicklungszeit zu groß. Klassische Java-Projekte indes würden über einen längeren Zeitraum laufen und könnten leichter nach Indien verlagert werden. Kötter sieht einen anderen Trend. Die Hightech-Profis - egal ob angestellt oder freiberuflich - werden verstärkt mit Kollegen aus anderen Ländern zusammenarbeiten. Voraussetzung dafür seien wiederum die mobilen Systeme. Vernetzung und Mobilität gehörten die Zukunft. Kötter: "Ich habe dank meines Smartphones immer meine Daten und Werkzeuge dabei und kann meine Jobs ortunabhängig erledigen."
Wie seine Kollegen empfiehlt auch er, sich entsprechend zu qualifizieren. "Da das Wissen im mobilen Bereich noch nicht so weit verbreitet ist, ist es wichtig für die Externen, diese Lücke zu nutzen", betont Kötter. Aber da Freiberufler oft mehr über neue Entwicklungen wüssten, sieht er hier keine Probleme: "Der Vorteil liegt auf jeden Fall auf Seiten der Externen."