Verdacht auf Explosionsgefahr

EU droht Apple mit iPhone-Rückruf

30.09.2009 von Manfred Bremmer
Sollten Untersuchungen fertigungsbedingte Mängel ergeben, will EU-Verbraucherschutzkommisarin Meglena Kuneva das Kult-Handy wegen Explosionsgefahr aus dem Handel nehmen.
EU-Kommisarin Meglena Kuneva will das Mysterium um die explodierten iPhone-Displays lösen. Foto: EU-Kommission
Foto: EU-Kommission

Wie die Presseagentur AFP berichtet, sieht es die oberste Verbraucherschützerin als ihre Aufgabe, das Mysterium um die explodierenden iPhone-Bildschirme zu lösen und bei Gefahr für Konsumenten durchzugreifen. Sie brauche für einen Einfuhrstopp nicht die Erlaubnis von Apple, soll Kuneva gegenüber Reportern erklärt haben: "Sind die Geräte gefährlich, werde ich einen Rückruf anordnen."

Nach eigenen Angaben hat Kuneva aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland Beschwerden über zerplatzte iPhone-Displays erhalten. In einigen Fällen kam es sogar zu Verletzungen. Ein Mädchen soll sogar Feuer gefangen haben, als das Gerät direkt vor ihr in Brand geriet, berichtete sie in Brüssel.

Der EU-Kommisarin zufolge werde derzeit in unabhängigen Laboren in Frankreich geprüft, ob es ein Problem mit dem Handy oder dessen Akku gibt oder ob es sich bei den Vorfällen um unsachgemäßen Gebrauch handelt. Die EU brauche hundertprozentige Klarheit von einem Mitgliedsstaat, dass diese Geräte gefährlich sind, erklärte Kuneva. Sobald sie aber von den französischen Behörden diese Information erhalte, werde sie im Interesse der Konsumenten handeln.

iPhone-Explosionen
Die Landkarte der Explosionen
Bei der französischen Tageszeitung Le Figaro können sich betroffene iPhone-Nutzer mittlerweile in eine interaktive Karte eintragen. (Quelle: 'Le Figaro' / Google Maps)
Kaputtes iPhone in Aix-en-Provence
Glaubt man dem 17-jährigen Nutzer ist das iPhone weder heruntergefallen, noch wurde es übermäßig heiß. Immerhin kann man damit noch telefonieren.
Tatort Bretagne
Auch in dem von Europe 1 dokumentierten Fall soll keinerlei Fremdeinwirkung im Spiel gewesen sein.
Selbstmord in Cannes
Dem Nutzer zufolge machte es plötzlich "Pop" - und das iPhone in seiner Hand hatte einen diagonalen Riss im Display.
Crash in Chambon
Wie bei dem iPhone in Aix en Provence ist das Display dieses Exemplars komplett geborsten.
Merde in Marseille
Diesem Nutzer ist das iPhone vor dem Ausfall heruntergefallen - allerdings geschah dies schon einige Wochen davor.
Unfall in Noisy
Dieses iPhone war bei dem Unfall überhitzt, das Display splitterte nicht komplett, Stücke davon trafen den Nutzer jedoch im Gesicht.
Foul in Versailles
Das hier gezeigte iPhone befand sich im Inneren eines Autos und stand unter Sonneneinstrahlung.
Risse in Villevielle
In diesem Fall verfasste der Nutzer gerade eine SMS, als es es "Schplock" machte und das Display an zwei Stellen Risse aufwies.

Keine leeren Drohungen

Dass es sich bei dieser Ankündigung nicht um eine leere Drohung handelt, beweisen zahlreiche Fälle. So wurden 2008 nach Angaben der EU insgesamt 1866 Produkte vom Markt genommen - ein Großteil davon wurde - wie das iPhone - in China hergestellt. Kuneva selbst verwies auf Kaffeemaschinen vom Typ Senseo. Diese wurden im April von der EU zurückgerufen, weil sie die Hände der Verbraucher verbrühten.

Apple hatte der EU Mitte August versichert, dass es sich bei den Berichten von explodierenden Bildschirmen um Einzelfälle gehandelt habe. Die splitternden Displays seien dabei auf mechanische Beschädigungen des Gehäuses zurückzuführen. Laut Apple sei auf die Gehäuse äußerer Druck ausgeübt worden. Hinweise auf überhitzte Akkus gebe es dagegen nicht, so das Unternehmen weiter. Die BBC berichtete dagegen, dass auch Benutzer in Großbritannien, Holland und Schweden sowie Belgien ähnliche Fälle gemeldet hätten.

In Internet-Foren zweifeln allerdings etliche User an den Erklärungsversuchen seitens Apple. Erschwerend kommt hinzu, dass der Versuch des Unternehmens, einem Geschädigten in Großbritannien einen Maulkorb zu verpassen, nicht unbedingt als vertrauensbildende Maßnahme betrachtet wird. Dort habe Apple, so ein Times-Bericht, einem Geschädigten das Gerät nur nach Abgabe einer Verschwiegenheitserklärung ersetzen wollen.

iPhone
Maulkorb?
Während Apple-Fanboys die Probleme noch negieren, berichtet die Times davon, wie Apple versucht, Betroffenen einen Maulkorb zu verpassen. (Quelle: Times Online)
Explodierende iPhones
In Frankreich häufen sich die Meldungen über explodierende iPhones. (Quelle: Blog 'Le Figaro')
Hitzefrei
Auf seinen Support-Seiten räumt Apple selbst ein, dass das iPhone im Sommer ab 35 Grad den Dienst verweigert, weil es ihm zu heiß ist. (Quelle: Apple)
Landkarte der Explosionen
Bei der französischen Tageszeitung Le Figaro können sich betroffene iPhone-Nutzer mittlerweile in eine interaktive Karte eintragen. (Quelle: 'Le Figaro' / Google Maps)