Software-Audits gehen ins Geld

Ein Drittel der IT-Ausgaben verpufft

19.06.2023 von Martin Bayer
Viele Anwender tun sich schwer ein Kosten-Controlling ihrer IT-Assets auf die Beine zu stellen. Nicht zuletzt die Software-Audits der Anbieter gehen ins Geld.
Viel IT-Budget löst sich in Rauch auf, weil viele Anwender ihre Assets und die damit verbundenen Kosten nicht richtig im Blick haben.
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CIOs sind heutzutage wahrlich nicht zu beneiden. Sie müssen Legacy-Systeme am Laufen halten, neue Cloud-Services anbinden, KI-Innovationen vorantreiben und sich um immer schärfere Nachhaltigkeitsregeln in den eigenen Prozessen und Lieferketten kümmern. Bei alldem sitzt ihnen oft der Finanzchef im Nacken und verlangt ein penibles Kosten-Monitoring. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stellen die Betriebe alle Ausgaben auf dem Prüfstand, und die IT hat sich in vielen Unternehmen mittlerweile zu einem veritablen Kostenblock entwickelt.

Die zunehmend hybrid zusammengesetzten IT-Infrastrukturen machen das Kostenmanagement nicht einfacher. Vor allem die zunehmende Nutzung der Cloud entwickelt sich hier zu einem Problem. Ein Drittel der Unternehmen hat laut einer Umfrage von Flexera die Cloud-Kostenkontrolle zur Top-Priorität für das Jahr 2023 erkoren. Für seinen aktuellen "2023 State of ITAM Report" hat der Tool-Anbieter weltweit etwa 500 IT-Verantwortliche zum Management ihrer IT-Budgets befragt.

Wo IT-Budgets versickern

Die Ergebnisse sind erschreckend. Knapp ein Drittel (32 Prozent) der Ausgaben für Software as a Service (SaaS) beziehungsweise Infrastructure und Platform as a Service (IaaS/PaaS) verpuffen demnach wirkungslos. In den klassischen IT-Bereichen sieht es allerdings nicht besser aus. Die von Flexera Befragten taxieren den Anteil der verschwendeten IT-Ausgaben im Data Center auf 33 Prozent, im Bereich der Desktop-Software seien es sogar 36 Prozent.

Wo IT-Budgets sinnlos versickern

Unternehmen fällt es offenbar schwer, Best Practices für das Management und die Optimierung von IT-Ausgaben zu etablieren. Weniger als die Hälfte der Befragten (48 Prozent) verfügt über Prozesse und Tools, um die SaaS-Nutzung zu tracken und eine bedarfsgerechte Anpassung der Verträge (Rightsizing) vorzunehmen. Nachholbedarf gibt es darüber hinaus beim Managen von automatischen Verlängerungsklauseln (45 Prozent), dem Entfernen von redundanten SaaS-Anwendungen (40 Prozent) und der Kontrolle von Schatten-SaaS (35 Prozent).

Anwender klagen über komplexe Lizenzmetriken

Immer mehr Betriebe setzen daher auf Werkzeuge für das Software Asset Management (SAM) oder IT Asset Management (ITAM). Doch damit allein ist es nicht getan. Rund zwei Drittel der Unternehmen empfinden es als Herausforderung, das angeschaffte SAM-Tool richtig einzusetzen. Drei von vier Befragten klagen über fehlende SAM-Experten. Grundsätzlich bezeichnen es 83 Prozent als herausfordernd, Wege zu einem effizienteren Softwareeinsatz zu finden. Mit verantwortlich dafür sind offenbar auch die Softwareanbieter: Mehr als vier von fünf Anwenderunternehmen bezeichnen deren Nutzungs- und Lizenzregeln als zu komplex und intransparent.

Software-Chaos reißt Löcher ins IT-Budget

An einem Einsatz von Werkzeugen für einen effizienteren IT-Einsatz dürfte indes kein Weg vorbeiführen. "In der Unternehmens-IT dreht sich momentan alles um betriebliche Effizienz: Wie lassen sich Prozesse und IT-Assets verbessern, um schneller, kostengünstiger und effektiver zu arbeiten", erklärt Cyndi Tackett, Senior Vice President für das Marketing bei Flexera. Aus Sicht der Managerin entwickelt sich das IT-Asset-Management (ITAM) zu einem Knotenpunkt für all diese Unternehmensinitiativen - egal ob es um Kostenkontrolle, FinOps, GreenOps, Sicherheit oder Compliance geht. "Gesucht wird ein Single-Point-of-Truth, der tiefe Einblicke in die eigene IT liefert", so Tackett.

ITAM-Teams strecken ihre Fühler immer weiter aus

Nach Einschätzung der Flexera-Verantwortlichen ist Kostenkontrolle nur eine von mehreren Aufgaben auf der wachsenden To-do-Liste der ITAM-Verantwortlichen. Sowohl das IT-Service-Management (ITSM) als auch die IT-Sicherheits- und ESG-Teams (ESG = Environmental, Social und Governance) nutzten mittlerweile das ITAM, um ihre Prozesse zu optimieren. Gleiches gilt für das Cloud-Kosten-Management: Bereits ein Viertel der ITAM-Experten arbeiten mit den FinOps-Teams zusammen.

Laut Flexera etabliert sich zudem mit ITAD (IT-Asset Disposition) eine neue Disziplin innerhalb des ITAM. Dabei gehe es um die sichere und umweltverträgliche Entsorgung ungenutzter technologischer Ressourcen. Rund drei Viertel der Befragten (72 Prozent) recyceln inzwischen ihre ausgemusterten Hardware-Assets. Weitere 62 Prozent versuchen aktiv, den Lebenszyklus von IT-Geräten zu verlängern.

Den Erfolg von ITAM-Maßnahmen messen die Unternehmen vor allem an den erzielten Kosteneinsparungen. Dafür setzen die Teams auf unterschiedliche Maßnahmen: Als besonders erfolgreich gelten dabei die Wiederverwendung von On-Premise-Lizenzen (87 Prozent), die Reduzierung operativer Kosten durch das Entfernen unnötiger IT-Assets (85 Prozent) sowie die Neuverhandlung mit Softwareanbietern (85 Prozent).

Softwareanbieter forcieren ihre Audits

Zu den häufigsten und zeitaufwändigsten Aufgaben von ITAM-Teams zählt nach wie vor das Lizenzmanagement von On-Premise-Anwendungen (70 Prozent), so die Flexera-Umfrage. Auf Platz zwei folgt die Bearbeitung von Audit-Anfragen einschließlich Vorbereitung, Prüfung und Durchführung (66 Prozent) der Kontrollen durch die Softwareanbieter. Diese können durchaus teuer werden. Mehr als jedes zehnte der befragten Unternehmen hat in den vergangenen drei Jahren über fünf Millionen Dollar für Audits aufwenden müssen. Hier hätten alle Initiativen rund um Kosteneinsparungen bislang nur wenig Erfolg gezeigt, so die Bilanz der Flexera-Verantwortlichen.

Microsoft schaut seinen Kunden am häufigsten auf die Software-Finger.
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Das Problem könnte sich weiter verschärfen. Die Befragten berichten von verstärkten Audit-Aktivitäten der Softwarehersteller. Zu den aktivsten Kontrolleuren zählt Microsoft: 53 Prozent der Befragten berichteten, sie seien in den vergangenen drei Jahren von dem US-Anbieter auditiert worden. 2021 lag dieser Anteil noch bei 46 Prozent. Zu den aktivsten Auditoren gehören darüber hinaus IBM (37 Prozent), Oracle (28 Prozent), Adobe (25 Prozent) und SAP (23 Prozent). Auffallend dabei: Es gibt deutliche geografische Unterschiede. IBMs Auditoren waren viel häufiger bei europäischen Kunden zu Besuch (49 Prozent) als im weltweiten Durchschnitt (37 Prozent).

Audits können für die Anwender teuer werden.
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