Best in Big Data 2013

Diskussionen um Big Data

11.09.2013 von Martin Bayer
Die jüngsten Abhörskandale haben die Diskussionen um Big Data neu angeheizt. Damit fällt ein Schatten auf eine Technik, die dazu prädestiniert ist, Unternehmen zu Produktivitätssprüngen zu verhelfen.

Nach den Enthüllungen rund um die Spähprogramme Prism und Tempora der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste stand das Thema Big Data mit einem Mal im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Während die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung zuvor wenig damit anzufangen wusste, wird nun heftig darüber diskutiert, inwieweit das Sammeln und Analysieren großer Datenmengen erlaubt beziehungsweise reglementiert werden soll.

Die jüngsten Abhörskandale haben die Diskussionen um Big Data neu angeheizt.
Foto: Maxim Kazmin, Fotolia.com

Diese Diskussionen sind wichtig. Genauso wie Regeln für das Daten-Handling. Denn das Vertrauen schwindet. Big Data ist für manchen Web-Nutzer zum Synonym für Datenmissbrauch und Überwachungsgesellschaft im Orwellschen Sinne geworden. Umfragen haben zuletzt gezeigt, wie sich das Negativ-Image in der Öffentlichkeit festsetzt. "Die Ausspähaktionen von US- und britischen Geheimdiensten haben das Vertrauen der deutschen Internet-Nutzer in Staat und Behörden massiv einbrechen lassen", lautet das zentrale Ergebnis einer Umfrage des Bitkom.

Best in Big Data 2013 - Die Finalisten
Die COMPUTERWOCHE kürt zum zweiten Mal die besten Big-Data-Projekte und -Tools. Am 24. September stellen sich die Anbieter der Jury und dem Publikum. Lesen Sie auf den folgenden Seiten, welche Teilnehmer in den Ring treten.
Actuate: BIRT Analytics
Actuate geht mit „BIRT Analytics“, einem Tool für Big-Data- Analytics, Visual Data Mining und Predictive Analytics, an den Start. Das Werkzeug enthält neben den Analysefunktionen ein integriertes Workflowund Kampangen-Management.
Berliner Morgenpost: Flugrouten-Radar
Die „Berliner Morgenpost“ hat eine interaktive Datenjournalismus- Anwendung umgesetzt, die Informationen zu Flügen sowie Flugspurdaten rund um die Hauptstadt auswerten und visualisieren kann.
Clueda "News Analytics" - Lotse durch den Informationsstau im Handelsraum
Nachrichten treiben Börsen. Deshalb müssen Börsenhändler in der Lage sein, in kürzester Zeit die Tragweite einer Nachricht zu verstehen und Entscheidungen zu treffen. Die Münchner Big-Analytics-Spezialisten der Clueda AG haben gemeinsam mit ihrem Kunden, der Baader Bank AG, ein Analyse-System entwickelt, das aus großen unstrukturierten Textmengen alle relevanten Informationen und Stimmungen in Echtzeit herausfiltert und so die Handelsentscheidung erleichtert.
Delphit: Social Forecast
Delphit schickt sein Tool „Social Forecast“ ins Rennen um die diesjährigen Best-in-Big-Data- Awards. Das Werkzeug erstellt quantitative Prognosen auf Basis von Mitarbeitereinschätzungen, um Entscheidungen in Unternehmen zu unterstützen.
Empolis Competitive Intelligence hört auch die schwachen Signale
Um im Wettbewerb zu bestehen, müssen Unternehmen der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein. Empolis hat mit "Competitive Intelligence" ein Tool entwickelt, das mittels semantischer Technologien große Mengen an unstrukturierten Daten automatisch analysiert und dabei auch die entscheidenden "schwachen Signale" ermittelt.
HP Big Data Discovery Experience - Big Data richtig pilotieren, validieren und umsetzen
Hewlett-Packard unterstützt mit "HP Big Data Discovery Experience" Anwender dabei, einen Business Case für Big-Data-Projekte zu rechnen sowie Pilotumgebungen zügig produktiv zu setzen.
hfp Informationssysteme GmbH: hfp openAnalyzer
Der „openAnalyzer“ von hfp stellt eine Datenanalyse-Plattform dar, die App-basiert strukturierte und unstrukturierte Daten einlesen, verarbeiten und wieder ausgeben kann.
IBM Infosphere Streams filtert Datenströme in Echtzeit
Um Daten effizient analysieren und nutzen zu können, benötigen die Unternehmen heute neue Methoden und Werkzeuge. IBM hat mit "Infosphere Streams" ein Tool entwickelt, das Daten in Echtzeit analysieren kann, ohne dass diese gespeichert werden müssen.
Michulke & Ringsdorf: INTTRA
Mit „INTTRA“ wendet Michulke & Ringsdorf sein System künstlicher Intelligenzen auf den europäischen Energiemarkt an. Dort wird aufgrund der immer stärkeren Integration unstet produzierender Energieträger wie Sonne und Wind die Planung von Angebot und Nachfrage an Strom für Energiehändler, Übertragungsnetzbetreiber und Kraftwerksbetreiber immer schwieriger.
Mindbreeze: InSpire
Mindbreeze bietet „InSpire“ als vorkonfigurierte, aufeinander abgestimmte Komplettlösung aus Hardware-Appliance und Softwarepaket an – für eine schnelle und umfangreiche Suche in allen Unternehmensdatenquellen.
n3 data & software science: Immobilien bewerten
ImmobilienScout24 bietet für seine Kunden neben der Vermarktung auch ein Online-Immobilienbewertungssystem an. Ein großer Teil der Metadaten der darin enthaltenen Objekte – wie etwa Baujahr, Baustil oder Heizanlage – liegt allerdings in Form von Fließtext in unstrukturierten Freitextfeldern vor und ist damit nur schwierig zu verarbeiten.
Pentaho Business Analytics ordnet Sounds im Netz
Über 200 Millionen Musiker stellen ihre Stücke in die SoundCloud. Um diese Daten sinnvoll zu sortieren und zu ordnen benötigten die Betreiber effiziente und leistungsstarke Big-Data-Werkzeuge. Mit Pentaho Business Analytics kann SoundCloud gezielter auf Wünsche und Anforderungen seiner Nutzer eingehen.
r4apps: PerForm
r4apps verspricht Anwendern mit „PerForm“ schnelle, interaktive Analysen von massiven strukturierten und unstrukturierten Daten.
Splunk holt die Informationen aus den Maschinendaten
Um Betrieb und Geschäft möglichst effizient zu betreiben, müssen Unternehmen aus ihren Maschinendaten alle wichtigen Informationen herausholen. Splunk bietet mit "Splunk Enterprise" eine Lösung, die sich flexibel konfigurieren und anpassen lässt, um Daten zu erfassen, auszuwerten und darzustellen.
Synop Systems: Synop Analyzer
Mit dem „Synop Analyzer“ bietet Synop Systems eine modular aufgebaute Big-Data-Analysesoftware an, mit der Fachanwender und Data-Mining-Experten interaktiv Zusammenhänge und versteckte Muster entdecken sowie Prognosen erstellen können.
Tableau Software: Tableau Desktop und Server
Die hohe Kunst von Big Data heißt für die Anwender, viele unterschiedliche Daten aus verschiedenen Quellen in den Griff zu bekommen sowie in diesem komplexen Zusammenspiel auch noch den Durchblick zu behalten und zudem die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Talend Open Studio verbindet Big-Data-Quelle und -Ziel
Mit Open Studio for Big Data bietet Talend Anwendern ein grafisches Tool, mit dessen Hilfe sich der Austausch von Big Data zwischen beliebigen Quellen und Zielen einfach konfigurieren lässt.
VMS AG: SCOOP
Die VMS AG bringt mit „SCOOP“ ein Big-Data-Werkzeug für Predictive Operational Analytics zum diesjährigen Best-in-Big- Data-Award an den Start. SCOOP steht für „Seeking Cash Opportunities in Operational Processes“.

Der Branchenverband hatte über 1000 Bundesbürger über 14 Jahre befragen lassen, wie sie die Sicherheit ihrer persönlichen Daten im Netz derzeit einschätzen. Die Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache: Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie die Situation ihrer persönlichen Daten im Netz als eher unsicher (39 Prozent) beziehungsweise völlig unsicher (27 Prozent) einstufen. Damit ist das Misstrauen der User bezüglich Datensicherheit rasant gestiegen. In einer vergleichbaren Umfrage aus dem Jahr 2011 hatten 55 Prozent der Befragten an dieser Stelle Skepsis geäußert. Damals hielten immerhin noch 42 Prozent ihre Daten im Netz für sicher. Heute sind es gerade noch 29 Prozent.

Vor allem das Misstrauen gegenüber staatlichen Stellen ist gewachsen, hat der Bitkom festgestellt. 58 Prozent der befragten Internet-Nutzer vertrauten Staat und Behörden wenig oder überhaupt nicht, wenn es um den Umgang mit persönlichen Daten im Netz geht. Doch auch Unternehmen werden skeptischer beurteilt, was den Umgang mit persönlichen Daten betrifft. Gerade ein Drittel der Befragten hat starkes oder sehr starkes Vertrauen gegenüber der Wirtschaft. Vor zwei Jahren waren es immerhin noch 41 Prozent. Geringes oder gar kein Vertrauen haben 55 Prozent, 2011 waren es 46 Prozent.

Auch eine jüngst von T-Systems beim Institut für Demoskopie Allensbach in Auftrag gegebene Studie belegt das wachsende Misstrauen gegenüber der Wirtschaft. Demnach sehen es die Bundesbürger zunehmend kritisch, wenn Unternehmen Massendaten etwa im Social Web oder aus Internet-Foren auswerten. Beispielsweise lehnt es die Hälfte der fast 1500 Befragten ab, dass Pharmafirmen Forenbeiträge auswerten, um bis dato nicht bekannte Nebenwirkungen ihrer Produkte zu identifizieren. Vier von fünf Bürgern wollen nicht, dass Unternehmen Kundendaten für Marketing-Zwecke speichern.

Firmen im Big-Data-Dilemma

Damit stecken die Verantwortlichen in den Firmen in einem Dilemma. Auf der einen Seite stehen die kritischen, in Datenfragen zunehmend sensibilisierten Kunden, auf der anderen Seite die Notwendigkeit, Big Data zu nutzen, um Prozesse effizienter und das eigene Geschäft erfolgreicher zu machen. Immer mehr Entscheider in Vertrieb, Marketing und Produktion erkennen die Bedeutung von Big Data.

Mehr als zwei Drittel aller Manager sind der Meinung, dass aussagekräftige Datenanalysen und Prognosen notwendig für fundierte Entscheidungen sind und den Erfolg eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen, hat eine Studie gezeigt, die der Analytics-Spezialist Blue Yonder gemeinsam mit "Focus Online" erarbeitet hat. Die Einschätzung bestätigt Erik Brynjolfsson, Professor für Informationstechnik am Bostoner Forschungsinstitut MIT: "Unternehmen, die ihre Entscheidungen auf Basis von Daten treffen, sind um fünf Prozent produktiver als ihre Wettbewerber. Sie verdienen sechs Prozent mehr, und ihr Börsenwert liegt im Durchschnitt 50 Prozent höher."

Vertrauen Sie der Wirtschaft? Über die Hälfte der Bürger sind skeptisch, Firmen persönliche Daten anzuvertrauen. Angaben in Prozent.
Foto: Bitkom

Big Data verspricht den Unternehmen also viel. Sie erhoffen sich eine bessere Entscheidungsgrundlage, Kostenreduktion und Vorteile aus der Automatisierung von Prozessen. Doch vieles davon ist noch mehr Vision als Realität. Die Big-Data-Hysterie im Markt, die auch von den Anbietern geschürt werde, habe mit dem Geschäftsalltag in den Firmen noch wenig gemein, haben die Experten von Steria Mummert Consulting in ihrem aktuellen "Business Intelligence Maturity Audit" (biMA 2012/13) herausgefunden.

Laut der Befragung von 650 Unternehmensentscheidern in 20 Ländern müssen sich viele Unternehmen noch um grundlegende Hausaufgaben kümmern. Dazu zählen die Sicherung der Datenqualität sowie der Aufbau der notwendigen Organisationsstrukturen und Skills der Mitarbeiter. Auch die eigentlichen Big-Data-Probleme scheinen bis dato noch die wenigsten Firmen zu drücken. So sprach nur ein geringer Anteil der Befragten von Schwierigkeiten im Umgang mit großen Datenvolumina oder polystrukturierten Daten. Offensichtlich fehlten für Big Data noch die überzeugenden Anwendungsfälle, so die Interpretation der Experten.

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Ralf-Philipp Weinmann analysiert Blackberry OS 10 auf Schwachstellen.
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"Der Hype um Big Data verführt dazu, in eine abstrakte Technologiediskussion abzudriften, ohne vorher die grundlegendsten Fragen nach wirtschaftlichem Nutzen beantwortet zu haben", warnte Studienleiter Volker Oßendoth von Steria Mummert Consulting. Entscheider dürften sich nicht von der Angst leiten lassen, einen wichtigen Trend zu verpassen: "Die Prüfung der Relevanz für das eigene Unternehmen sollte immer der erste Schritt sein."

"Vielen Unternehmen fehlt das Verständnis, dass es bei Big Data nicht darum geht, einfach nur mehr Daten in etablierter Form zu verarbeiten", ergänzt Oßendoths Kollege Carsten Dittmar, bei Steria Mummert Consulting Experte für Business Intelligence: "Zum Teil entstehen komplett neue Geschäftsmodelle. Dafür braucht es zeitlich, inhaltlich und rechtlich relevante Einsatzfelder, die die Investitionen in Technologie und Expertise rechtfertigen - nicht andersherum."

Dass es diese Einsatzfelder gibt, ist indes unbestritten. Das haben unter anderem die Projekte des Computerwoche-Events "Best in Big Data 2012" gezeigt, und die diesjährige zweite Veranstaltung am 24. September wird es wieder belegen. Zudem können auch die Anbieter immer mehr Showcases für sinnvolle und erfolgreiche Big-Data-Auswertungen präsentieren. Davon profitieren letztendlich nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Menschen. Wenn es beispielsweise darum geht, mit Hilfe von Geo-Daten die besten Plätze für Windkraftanlagen zu ermitteln, wird die Nutzung erneuerbarer Energie gefördert. Im Medizinsektor verspricht Big-Data-Technik eine bessere Bekämpfung von Krankheiten wie Krebs. Und eine flexible Verkehrssteuerung, die laufend aktuelle Daten auswertet, verringert die Lärm- und Abgasbelastung in den Städten.

Big Data braucht Transparenz

Doch um nach den jüngsten Skandalen wieder ein positives Bild von Big Data in der Öffentlichkeit zu verankern, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen. Die Nutzer bräuchten "Klarheit und Wahrheit", stellt Bitkom-Präsident Dieter Kempf klar. Es sei höchste Zeit, dass die Politik konkrete Schritte zur Aufklärung unternehme. Um das Vertrauen wiederherzustellen, müsse Transparenz darüber herrschen, wie mit Daten umgegangen werde. "Wir brauchen eine Kultur des Einverständnisses", sagt Reinhard Clemens, Telekom-Vorstand und Chef von T-Systems. "Nur wenn es uns gelingt, die Chancen der Technik in echten Nutzen für die Menschen umzuwandeln, wird Big Data ein Erfolg." (mhr)