In einer Studie zu Versicherungen hat Capgemini 2015 festgestellt, dass die Kundenzufriedenheit der Generation-Y (18-34 Jahre) bei etablierten Versicherern deutlich nachlässt. Für die Studie wurden 15.000 Kunden aus 30 Ländern zu ihren Erfahrungen mit Versicherungen befragt. Die meisten Befragten beantworteten die Fragen eher mit einer neutralen, als mit einer guten Beziehung und bewerteten, unabhängig von ihrer Herkunft, die etablierten Versicherer eher als schwach in ihrem digitalen Portfolio.
"Die sinkende Kundenzufriedenheit und aktuelle Herausforderungen rund um Big Data sowie die zunehmende Zahl regulatorischer Anforderungen und die wirtschaftliche Unsicherheit zwingen die Versicherer, ihre Kernkompetenzen mit einer höheren Servicequalität zu verbinden", so Dr. Uwe Korte, Leiter Business & Technology Versicherungen bei Capgemini. "Die internen Strukturen müssen stärker auf den Kunden ausgerichtet werden, um auch bei der nächsten Kundengeneration erfolgreich zu sein."
Der Umfrage nach sind in allen Ländern die Kunden weniger zufrieden als im vorigen Umfragezeitraum. Besonders in reifen Märkten ist die Zufriedenheit um 10-15% gesunken.
Generation Y erwartet mehr Mobilität
Besonders die Kunden der Generation-Y empfinden, dass ihre Erwartungen zur Nutzung von internetfähigen mobilen Geräten nicht ausreichend erfüllt werden.
Die Versicherer sollten das digitale Angebot verbessern. Ein multimodales und persönliches Kundenerlebnis muss digital integriert werden. Social-Media, mobile Geräte und Onlinekommunikation müssen mit persönlicher Beratung verknüpft werden. Dies spiegeln auch die Kongresse der Versicherungsbranche wider, die sich um IT und Innovationsfähigkeit drehen.
Digitalisierung als Lösung
So diskutierten Experten immer wieder über neue Produkte und Prozesse. Digitalisierung ist ein hoch aktuelles Thema in der Versicherungsbranche. Omnikanalfähigkeit, 360 Grad Sicht auf den Kunden, Mobilität, Governance und Effizienz sind Schlagwörter, die immer wieder fallen. Die Strategen der Versicherungsunternehmen suchen nach innovativen Bedienkonzepten und Interaktionsmöglichkeiten, um die Kundenerlebnisse zu verbessern und über alle Kanäle zu ermöglichen.
Einfluss der Digitalisierung
Wenn die Potenziale der Digitalisierung ausgenutzt werden, zeigen sich die Effekte wie es Vorreiter in der Industrie (Stichwort Industrie 4.0) demonstrieren: Die Organisationen können hoch dynamisch zusammenarbeiten und damit ganz neue Dimensionen der Effizienz und Effektivität erklimmen.
Produkte können durch Integration von Unternehmens-IT, Zulieferer-IT und Produkt-IT smarter werden und neue Mehrwerte anbieten. IT-Versicherungsexperte Dirk Weingärtner von SoftProject, Ettlingen erläutert, wie die Produkte zusammenhängen und welche Herausforderungen es gibt: "In den komplexen Datenstrukturen der Backend-Systeme lagern Informationen über Tarife, Kunden und Abhängigkeiten. Diese komplexen Zusammenhänge müssen bei einem neuen Produkt oder einer modernen Web-Plattform in eine einfach und intuitiv nutzbare Oberfläche für Endkunden oder Außendienstmitarbeiter gebracht werden. Die Herausforderung liegt in der Nutzung und Vereinfachung von jahrzehntelang gewachsenen Daten- und Infrastrukturen."
Die Prozesse können durch die Digitalisierung in Teilprozesse aufgespalten werden. Diese können wieder aufgespalten werden. Beliebige Teilprozesse können auf beliebigen Infrastrukturen ablaufen. Damit sind das Datenmanagement, die Fähigkeit zum Outsourcing und die Dokumentierbarkeit für alle Aspekte der Unternehmens-IT greifbar geworden.
Herausforderungen für Versicherer
Wo liegen denn noch die großen Herausforderungen, die Organisationen meistern müssen, um die Chancen zur Digitalisierung zu nutzen?
In den Köpfen und in den Strategien:Viele Versicherer und dort auch oftmals die obere Führung haben die Überzeugung, dass auch in Zukunft ein Großteil des Vertriebs über klassische Wege, nämlich Berater, gehen wird. Damit wird es Ihnen möglicherweise ebenso gehen, wie den Autohäusern, Einzelhändlern und Banken, die die digitalen Optionen nicht nutzen. Sie verlieren Kunden. Und nicht nur die Vertriebswege ändern sich: Viele Versicherungen der Zukunft werden Bestandteil anderer Produkte sein und von den Menschen als Dienst erworben - wir nennen das die "Cloudifizierung" der Welt. Die Wertschöpfungsketten werden sich damit verlängern. Beispiele sind: Mobilität statt Autoversicherung, Gesundheit statt Krankenversicherung. Damit entstehen ganz neue Produkte. Künftig kaufen wir mehr Dienste statt nur Waren oder isolierte Produkte.
In den Produkten: Die Versicherungen sind - auch aus grundsätzlichen Überlegungen heraus - heute noch darauf ausgerichtet, Massenprodukte herzustellen. Die Kunden werden aber von innovativen Unternehmen - von myMuesli bis Google - daran gewöhnt, Individuen zu sein und hochgradig individuelle Anforderungen zu haben. Erfolgreiche Versicherungen der Zukunft werden ihre Produkte dementsprechend weiterentwickeln. Und die Kunden erwarten das auch.
Viele Menschen haben damit begonnen, Daten über sich zu sammeln, und sie haben diese zunächst eher egoistisch oder in sozialen Netzwerken genutzt. Im nächsten Schritt erwarten die Kunden, dass diese Daten auch wirtschaftlichen oder persönlichen Erfolg bringen. Manche Kfz- und Krankenversicherungen machen hier den Anfang. Die Systeme der meisten Versicherer sind darauf aber noch nicht ausgelegt, massenhaft individuelle Daten und damit auch massenhaft individuelle Tarife beziehungsweise Parameter zu verarbeiten. Natürlich müssen auch Standardprodukte für den Standardbedarf angeboten werden. Der Kunde will aber die Wahl haben - so wie zwischen Discounter und Feinkostgeschäft. Und er erwartet individuelle Leistungen zu Massenproduktpreisen und -qualität.
In den Prozessen: Grundsätzlich ist das Thema Prozessmanagement bei den Versicherungen zwar schon angekommen, aber bei vielen sind die Wege noch viel zu lang, zu aufwändig und zu fehleranfällig. Und auch die Methoden des Prozessmanagements werden nicht durchgängig angewandt. So gibt es immer noch Faxschnittstellen, unnötige Schleifen und manuelle Prozesse, die dramatisch verbessert werden könnten. Mit jedem neuen Produkt einer Versicherung steigt der Aufwand für die Qualitätssicherung. Digitalisierung kann helfen dabei zu automatisieren. Hier hat die Industrie einiges voraus, wie eine aktuelle Industrie-4.0-Studie der Hochschule München belegen kann, die in Kürze erscheint. Daher ist auch in der Versicherungsbranche die Digitalisierung in der Industrie 4.0 als Benchmark nutzbar.
Herausforderungen für Lösungsanbieter
Auch Softwarehersteller müssen ihre Produkte entsprechend umgestalten. Es bedarf eines angepassten Portfolios, um die Unternehmen von Beginn an bei ihren Prozessen und dem digitalen Wandel zu unterstützen. Denn ohne ein ausgereiftes Prozessmanagement macht eine Multikanal-Technologie keinen Sinn. Durch die notwendige Aufrüstung der Unternehmens-IT von Versicherungen soll beispielsweise die Kundenkommunikation auf Portalen verbessert und das Risiko von Zusammenbrüchen bei Massenereignissen gesenkt werden. Während viele Unternehmen beim Eintreffen einer Facebookanfrage bisher viele Schritte durchlaufen müssen, bis die Anfrage beim richtigen Ansprechpartner landet, wird dieser Schritt mit Hilfe der richtigen BPM-Suite künftig ins System integriert und damit automatisiert.
Neue Ausrichtung der IT-Architektur als Antwort
Die Digitalisierung erfordert oft eine neue Ausrichtung der IT Architektur. Die Architektur muss Funktionalitäten anbieten, die agil zur Verfügung gestellt werden und gleichzeitig die gewohnte exzellente Qualität der Funktionen sicherstellen. Qualitätssicherung erfährt bei der aktuellen Agilität des Serviceangebots eine neue Relevanz.
So können bei gleichen Backend-Systemen neue Funktionen für die Kunden realisiert werden und auf der anderen Seite, ohne die Kundenfunktionen zu stören, die Backend-Systeme effizienter gemacht werden. Business Process Management (BPM) zur Definition der geschäftlichen Anforderungen und eine diensteorientierte Architektur mit einem Enterprise Service Bus (ESB) zur modularen Realisierung der Anforderungen helfen dabei. Jede Versicherung hat bereits grundsätzlich ein Prozess-Management zur Dokumentation und Unterstützung ihrer IKS-Anforderungen.
Baut man auf diesem BPM-System auf und erweitert es um einen ESB, so kann man mit dieser BPM/ESB-Plattform den Schalter zur Automatisierung umlegen und damit die Abläufe einerseits auf Compliance-Richtlinien hin überprüfen und andererseits Fehler in den Abläufen sofort erkennen und automatisch überprüfen lassen.
Dirk Weingärtner hat schon viele Versicherungen beraten und stellt immer wieder fest: "Ist dieses Monitoring für Versicherungen einmal integriert, dann bietet es sowohl einzelne Kennzahlen wie auch komplette Überwachung von komplexen versicherungsinternen oder auch teilweise ausgelagerten Prozessen. Anpassungen und Erweiterungen in der Modellierung können sofort in die Automatisierung und Ausführung gebracht werden, wenn die Verknüpfung von BPM und ESB gewährleistet ist."
Somit werden auf der einen Seite aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllt, auf der anderen Seite trägt die BPM/ESB-Plattform sowohl zur früheren Risikoerkennung wie auch zur schnelleren Nutzung von Geschäftschancen bei. Versicherungen, die diese Flexibilität integriert haben, können schnell auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und Innovationen zeitnah realisieren. (bw)