IBM 402 & Co.

Diese Uralt-Technik ist noch immer in Gebrauch

06.07.2013 von Benj Edwards
Manchmal überdauern IT-Dinos den Fortschritt. Zum Beispiel Militär-Minicomputer aus den 70ern und IBM-Lochkartenmaschinen vom Typ IBM 402. Wir zeigen Ihnen diese und weitere Überbleibsel aus der Technik-Steinzeit.

Wie gerne schwelgt man in nostalgischen Erinnerungen - an seinen ersten Apple IIe zum Beispiel, oder die alten Mainframes, die nur mit Lochkarten funktionierten. Aber niemand würde diese alten Schätzchen heutzutage noch verwenden, um ein Geschäft zu betreiben – geschweige denn ein modernes Waffensystem - oder??

Stimmt nicht! Während ein Großteil der Technik-affinen Nutzer bereits ein zwei Jahre altes Smartphone als hoffnungslos überholt ansieht, verlassen sich einige Anbieter von Transport- und militärischer Infrastruktur, manche modernen Unternehmen und sogar ein paar Computer-Programmierer noch immer auf Technologien, die vor Jahrzehnten von neuen Produkten abgelöst wurden. Wenn Sie in der New Yorker U-Bahn beispielsweise schon einmal ein Ticket gekauft oder an einem US-Automaten Bargeld abgehoben haben, werkelte im Hintergrund dieser Transaktion vermutlich IBMs OS/2 - ein Betriebssystem, das vor 25 Jahren veröffentlicht wurde und schon kurz danach wieder den Tod fand. Eigentlich.

Sogar der "Secret Service", die Leibwache des US-Präsidenten, benutzt ein Mainframe-Computer-System aus den 80ern - noch dazu eines, das nur in 60 Prozent aller Einsätze wirklich zuverlässig funktioniert. Bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens die antiken Minicomputer des US-Verteidigungsministeriums, die das interkontinentale Raketensystem, die Kampf-U-Boote der Navy, Kampfjets und andere Waffenprogramme steuern, bessere Dienste leisten. Nach Angaben der Berater, die diese Systeme am Laufen halten, sollen sie noch wenigstens bis Mitte dieses Jahrhunderts verwendet werden.

Wir erzählen Ihnen im folgenden diese und andere Geschichten über Computer, die die Zeit vergessen hat und deswegen noch heute in Benutzung sind.

IBM 402: Lochkarten-Buchhaltung

IBM 402. Quelle: Ed Thelen IBM 1401 Group
Foto: Ed Thelen IBM 1401 Group

Die Firma Sparkler Filters aus Conroe, Texas, bewirbt sich selbst mit dem Slogan, sie sei der Weltmarktführer für chemische Filterprozesse. Wer bei Sparkler einen automatischen Nutsche-Filter kauft, dessen Transaktion wird auf einem "Computer" festgehalten, der womöglich älter ist als er selbst: Baujahr 1948. Sparklers IBM 402 ist kein Computer im traditionellen Sinne, sondern eine automatisierte, elektromechanische Tabelliermaschine. Sie kann so programmiert (oder besser gesagt angeschlossen) werden, dass sie bestimmte, verschlüsselte Ergebnis-Werte auf 80-spaltigen Hollerith-Lochkarten ausdruckt.

10 Tastatur-Ungetüme aus den PC-Urzeiten
1977: Commodore PET 2001
Keiner dürfte mehr wissen warum, aber Commodore stattete den Rechner PET 2001 mit einer äußerst grausamen Tastatur aus. Sie wirkte nicht nur wie eine Spielzeug-Taschenrechner-Tastatur, sondern war auch schlecht verarbeitet. Die Tasten besaßen keinerlei Druckpunkt. Die Buchstaben-Reihen waren direkt untereinander angeordnet und nicht - wie sonst üblich - etwas versetzt. Außerdem besaß die Tastatur nur eine Mini-Space-Taste und keine Spacebar. Commodore sah den Fehler ein und lieferte die PET-Nachfolger mit einer verbesserten Tastatur aus.
1978: Commodore PET 2001-32-N
Die Tastatur des damals neuen PET-Modells (2001-32-N) wurde als besser empfunden, als die des Vorgänger-Modells. Störend wurde aber empfunden, dass Commodore die Spezial-Taste "Run/Stop" direkt links von der Return-Taste positionierte, was zu vielen Vertippern führte. Außerdem wurde die Backspace-Taste gestrichen. Wer sich vertippte, musste sich stattdessen mit Shift und dem gleichzeitigen Drücken der "Cursor rechts/links"-Taste (über dem Keypad) behelfen. Immerhin besaß die Tastatur ein Keypad für die Eingabe von Ziffern. Dafür wurden diese aber im linken, oberen Tastaturbereich gestrichen. Suchen Sie mal auf dem Bild die Taste für "."... Gefunden? Sie befindet sich im Keypad-Bereich (zwischen "0" und "-").
1979: Texas Instruments TI-99/4
Mit diesem Modell brachte Texas Instruments den ersten Rechner für den Heimbereich (PC + Monitor für 1150 US-Dollar) auf den Markt. Die Tastatur erinnert eher an die Tastatur eines Taschenrechners. Kleinbuchstaben waren nicht vorgesehen und die "Shift"-Taste diente nur dazu, die Zweifunktion der Tasten zu nutzen. Verheerend war übrigens die Tastaturkombination "Shift+Q", die dafür sorgte, dass das augenblicklich geöffnete Programm ohne Rückfrage beendet wurde oder der Rechner neu gestartet wurde. Weiteres Manko: Die Enter-Taste war dort positioniert, wo bei anderen (Standard-)Tastaturen die Shift-Taste zu finden ist. Außerdem besaß die Tastatur keine herkömmliche, lange Spacetaste, sondern nur eine kleine "Space"-Taste (links über der Shift-Taste). Eine Backspace-Taste besaß die Tastatur nicht. Beim Modell TI-99/4a lieferte Texas Instruments den Rechner dann schließlich mit einer Standard-Tastatur aus...
1979: Atari 400
Der Atari 400 besaß (damals üppige) 8 KB RAM und eine flache, Membran-artige Tastatur, die als robust empfunden wurde. Nachteil: Die Tasten besaßen nahezu keinen Druckpunkt, so dass Anwender nie wirklich sicher waren, ob sie nun eine Taste bereits gedrückt hatten oder nicht. Atari war sich dessen bewusst und ließ den Rechner jeden Tastendruck mit einem Klick-Geräusch aus den Lautsprechern quittieren. Dort, wo sich normalerweise die Backspace-Taste findet, hatte Atari eine "Break"-Taste positioniert. Nun fragen Sie sich mal, warum viele fluchen mussten, die an einem langen Dokument saßen und sich vertippt hatten...?
1982: Commodore 64
Mit dem Commodore 64 kam ein Rechner auf dem Markt, der so erschwinglich war, dass er zum Heimcomputer avancierte. Über 17 Millionen Male verkaufte sich der "Brotkasten". Die Tastatur war klobig und die Bedienung umständlich und gewöhnungsbedürftig, weil viele Tasten gleich mehrfach belegt waren. Mit Ergonomie hatte man damals ebenfalls wenig im Sinn, denn heutzutage würde die viel zu hohe Tastatur durch viele Anwendern mit einer Kaufverweigerung bestraft werden. Außerdem scherte man sich damals nicht um Standards und spendierte der Tastatur zahlreiche C64-spezielle Tasten (z.B. Run/Stop links neben ShiftLock), die zudem auch eigenwillig positioniert waren. Aber wer seinen C64 ohnehin vor allem zum Spielen nutzte, der besaß auch einen Joystick. Später hat Commodore das Design des C64 grundlegend überarbeitet.
1982: Timex Sinclair 1000
Der Timex Sinclair 1000 war der erste Personal Computer, der in den USA für unter 100 US-Dollar erhältlich war. Dafür erhielt man einen Schwarz-Weiß-Bildschirm, keinen Sound, 2 KB Hauptspeicher und eine flache Mini-Tastatur. Weil nicht viel Platz war, wurden viele Tasten gleich mehrfach (zum Teil auch mit Basic-Befehlen) belegt. Die Eingabe von Basic-Befehlen war mit der Tastatur tatsächlich komfortabel, nur wer längere Texte tippen wollte, war gefrustet.
1983: Timex Sinclair 2068
Mit diesem Modell wollte Timex den in den USA erfolgreichen Sinclair ZX Spectrum ablösen. Im Vergleich zum Vorgänger wurde aber insbesondere die Tastatur verschlechtert: Die Tasten waren zu klein und teilweise mit bis zu sechs Funktionen belegt. Wer da die Übersicht behalten wollte, der musste zunächst mal Handbücher wälzen und den Umgang mit der Tastatur trainieren. Außerdem gingen die Designer der Tastatur anscheinend davon aus, dass User bei der Texteingabe keine Fehler machen: Die Backspace-Taste wurde einfach weggelassen.
1983: Tandy TRS-80 Micro Color Computer MC-10
Die Tastatur dieses Rechners fiel äußerst klein aus. Aber auch hier waren einzelne Tasten mit zu vielen Funktionen (bis zu vier) inklusive Basic-Befehlen belegt. Als störend empfanden Anwender, dass die "Break"-Taste dort positioniert war, wo man eigentlich die "Backspace"-Taste vermutet und letztere war gar nicht vorhanden. Statt einer linken Shift-Taste besaß die Tastatur an dieser Stelle eine "Control"-Taste.
1983: Mattel Aquarius
Eine Spacebar sucht man bei dieser Tastatur des Spieleherstellers Mattel vergeblich. Stattdessen wurde nur eine kleine Taste für diese Funktion spendiert (neben "Z"). Und die wurde zudem auch noch dort positioniert, wo man die "Shift"-Taste erwartete. Ebenfalls "clever" positioniert war die "Reset"-Taste, die, mal wieder versehntlich gedrückt, die Arbeit von Stunden ruinierte. Ganz zu schweigen von der unglücklichen Stelle, die sich die Designer für die Enter-Taste aussuchten...
1984: IBM PCjr
Die Tastatur des IBM PCjr war kabellos. 1984 - kabellos? Richtig. Die Tastatur musste ständig mit neuen Batterien versorgt werden und versagte schnell ihre Dienste, wenn sie zu weit oder ungünstig vom Rechner entfernt wurde (von wegen mit der Tastatur auf den Knien tippen). IBM verzichtete außerdem darauf, die Tasten direkt zu beschriften. Stattdessen wurden die Funktionen über den Tasten auf das Gehäuse gedruckt.

Firmen benutzten den IBM 402 zur damaligen Zeit vor allem für Buchhaltung, da die Maschine auch sehr lange Listen von Zahlen addieren und einen detaillierten, schriftlichen Report ausdrucken konnte. Im Grunde genommen also so etwas wie eine 1.500-Kilogramm-Spreadsheet-Maschine.Und genau so benutzt Sparkler Filters seinen IBM 402 auch - vielleicht der letzte funktionsfähige IBM 402 auf diesem Planeten. Seit über einem halben Jahrhundert leistet die Maschine gute Dienste und die Filter-Firma führt nach wie vor alle Buchhaltungs-Aufgaben (Gehaltsabrechnungen, Verkäufe und Inventur) über den IBM 402 aus.

Lochkarten. Quelle: Ed Thelen IBM 1401 Group
Foto: Ed Thelen IBM 1401 Group

Natürlich müssen die Daten, bevor sie in den 402 wandern, in Lochkartenstapeln verschlüsselt werden. Eine große IBM-029-Lochkartenmaschine übernimmt diese Aufgabe. Carl Kracklauer, dessen Vater Sparkler Filters im Jahr 1927 gründete, schreibt für gewöhnlich die Daten auf die Lochkarten. Die Firma hält vor allem deswegen am 402 fest, weil es sich dabei um ein vertrautes Gerät handelt: die Angestellten wissen, wie sie es zu benutzen haben, und das seit über 60 Jahren.

10 Projekte mit Zukunftstechnik

Der IBM 402 und die Lochkartenmaschine sind aber nicht die einzigen Urzeit-Monster im Arsenal von Sparkler. Der 402 ist außerdem mit einer IBM-514-Reproduziermaschine verbunden, die aber seit drei Jahren defekt ist. Würde das Gerät funktionieren, würde es "Zusammenfassungs-Lochkarten" ausspucken, die üblicherweise den Output der Operationen des IBM 402 (zum Beispiel Totalsummen) enthalten - für die spätere Nutzung. Sparkler lagert alle seine Lochkarten-Daten - insgesamt sind es viele Tausend - stapelweise in Kisten.

Ibm-Programme. Quelle: Ed Thelen IBM 1401 Group
Foto: Ed Thelen IBM 1401 Group

Die Firma besitzt weiterhin Dutzende von "Programmen" für den IBM 402 in Form von IBM-Stecktafeln. Das "Programmieren" von Computern in den 1940er Jahren bestand im Wesentlichen daraus, Hunderte einzelner Kabel an ganz bestimmten Steckplätzen anzubringen. Ein Vorgang, der heutige Software-Ingenieure zur Verzweiflung bringen würde. Im Falle des IBM 402 bestimmt ein Spaghetti-artiges Kabelwirrwarr mit Hunderten Anschlüssen auf jeder Stecktafel, welche Aufgabe die Maschine erfüllt. Unterschiedliche Stecktafeln sind dabei in etwa vergleichbar mit unterschiedlichen Software-Programmen auf CDs und DVDs. Beispielsweise ruft eine Stecktafel Kundendaten ab, eine andere übernimmt die Inventur-Verwaltung.

Pfiffiges IT- und Technik-Zubehörfür Autos

Sparklers 402 ist ein so unglaubliches Computer-Relikt, dass das Museum für Computergeschichte in Mountain View, Kalifornien, im vergangenen Jahr eine Delegation zu Sparkler schickte, um die Verantwortlichen dazu zu überreden, auf ein neueres System umzusteigen und den 402 dem Museum zu stiften. Eines Tages wird das tatsächlich ein angemessener Ruheplatz für den 402 sein. Doch solang die Maschine noch ihren Pflichten nachkommt, will die texanische Firma ihren digitalen Dinosaurier am Leben erhalten.

Altmodische Waffensysteme

Wenn man im Fernseher Bilder dieser kleinen, ferngesteuerten Aufklärungsdronen sieht, die vor allem in Pakistan und Afghanistan eingesetzt werden, erweckt das den Eindruck, auch alle anderen Waffensysteme des Militärs seien ähnlich fortschrittlich. Doch das Gegenteil ist der Fall. Einige Waffensysteme, auf die sich das US-Militär noch heute verlässt, basieren auf Technologien, die in einigen Fällen sogar auf die Zeit des Vietnam-Krieges zurück gehen.

PDP-Minicomputer

PDP 11. Quelle Digital Equipment Corporation
Foto: Digital Equipment Corporation

Das Schiff-basierte Radar-System der US-Navy und Großbritanniens Atomwaffen-Betrieb, der die Atomsprengköpfe des Landes führt, benutzen etwa PDP-Minicomputer, die in den 1970er Jahren von Digital Equipment Corporation (DEC) hergestellt wurden. Ein weiterer prominenter Verwender der PDPs ist der französische Flugzeughersteller Airbus. Der PDP gehört zur zweiten großen Welle der Minicomputer-Mainframes. Ihr Name rührt daher, dass sie lediglich die Größe von ein paar Kühlschränken hatten, anstatt einen kompletten Raum auszufüllen.

Cobol, Ascii, C, Unix: Diese Uralt-Techniken leben bis heute

Dec vax. Quelle: Digital Equipment Corporation
Foto: Digital Equipment Corporation

Die F-15- und F-18-Kampfflieger, das Hawk-Raketensystem, ein Teil der U-Boot-Flotte der US-Navy und das Navy-Kampfflieger-Testsystem für Luftfahrt-Anbieter benutzen DECs VAX-Minicomputer aus den 80ern für verschiedenste Aufgaben - wie wir von Lynda Jones von der Logic Company aus Oregon erfahren, die dabei hilft, die Systeme am Laufen zu halten.

Wegen ihrer kritischen Einsatzgebiete werden viele dieser Systeme noch mindestens bis Mitte dieses Jahrhunderts in Betrieb bleiben. Das Minuteman ICBM-Programm beispielsweise, das DEC VAX-Systeme zum Testen benutzt, erhielt vor kurzem Finanzierungen, die es bis 2030 am Leben halten werden. "Diese Technologie-Relikte sind in Multi-Milliarden-Dollar-Systeme integriert, die als Kontroll- oder Testsysteme verwendet werden", erklärt Lynda Jones. Die alten Systeme durch moderne Maschinen zu ersetzen, führt sie weiter aus, würde Millionen von Dollar kosten und könnte eine potentielle Gefährdung für die nationale Sicherheit darstellen.

DEC-Minicomputer

Wie sich herausstellt, ist es deutlich weniger risikoreich, die alten Systeme mit moderner Hardware zu ersetzen, die wie die antiquarischen Kompoinenten funktioniert. Jones' Firma produziert Systeme, die ältere DEC-Minicomputer simulieren und dabei neuere, kleinere und weniger energiehungrige Elektroteile benutzen. Die Ersatzmaschinen emulieren die exakte Funktionalität der Original-Hardware - und verfügen über die gleiche, antike Software. Dem Rest des Systems wird also vorgegaukelt, dass keine Veränderung stattgefunden hat.

Das ist wichtig, weil die meisten Kunden von Logical Verteidigungseinrichtungen sind, die alte Waffentechnologien nach Vertrag mit dem US-Verteidigungsministerium erneuern sollen. "Es gibt Tausende von DEC-Systemen im Gebrauch für militärische Anwendungszwecke auf der Welt", sagt Jones. "Darunter PDPs aus den 70ern, VAXs aus den 80ern und Alphas aus den 90ern."
Die Vereinigten Staaten entwickelten zahlreiche Kampfjets und Raketensysteme während des Kalten Krieges und benutzten DEC-Hardware für Tests und Kontrollfunktionien. Denn die Minicomputer gehörten damals zu den ersten Mehrzweck-Maschinen, die keine Wasserkühlung brauchten und auch in rauer Umgebung verwendet werden konnten.

Das größte Problem mit diesen antiken Computer-Systemen ist, dass die ursprünglichen Techniker, die wussten, wie man sie konfigurieren konnte, schon lange in Rente oder bereits verstorben sind. Kaum jemand besitzt heute noch die notwendige Expertise, um die Systeme zu reparieren, wenn sie einmal defekt sind. Und selbst wenn sich jemand mit dem nötigen Know-How findet, ist das Auftreiben von Ersatzteilen das nächste Problem. Stanley Quayle, ein Computer-Emulations-Berater, wird immer wieder mit verzweifelten Kunden konfrontiert, die einfach nicht an Ersatzteile herankommen. "Ich habe einen potentiellen Kunden, der ein US-Raketenabwehrsystem beliefert - er kauft seine Ersatzteile auf eBay", sagt Quayle. "Die meisten Ersatzteile, die man heutzutage noch auf dem Markt findet, sind mindestens genauso alt, wie die Teile, die sie ersetzen sollen", erklärt Quayle. "Und das bedeutet, dass sie mindestens genauso unzuverlässig sind wie die vorhandenen Teile."

Das Apple IIe-Warenhaus

Apple IIe. Quelle: Kevin Huffman
Foto: Kevin Huffman

Zahlreiche Nutzer haben sich bei seiner Veröffentlichung 1983 in den Apple IIe verliebt. Er unterstützte eine große Bandbreite an Soft- und Hardware, war zuverlässig und seine sieben internen Erweiterungs-Slots machten ihn extrem flexibel. Für Kevin Huffman, der das Huffman Industrial Warehouse in Eden, North Carolina, besitzt und betreibt, hat diese Liebe nie nachgelassen. Seine Firma lagert und verschickt Waren an Kunden, die Platz in seinem Lagerhaus mieten. Um das Inventar zu überblicken und Kundenkonten zu verwalten, benutzt Huffman noch immer seinen alten Apple IIe.

Huffman begann die Arbeit mit der Apple-II-Serie zu College-Zeiten und kaufte Mitte der 80er Jahre zwei identische Apple IIe-Systeme von seinem Schwager - eines benutzt er heute noch, das andere behält er als Notfall-Reserve. Huffmans Apple IIe-System ist nichts besonderes, aber trotzdem voll ausgebaut. Es ist ausgestattet mit 128 Kilobyte RAM, der Standard 1-MHz 6502 CPU und AppleSofts BASIC in ROM. Im Innern befinden sich fünf Erweiterungskarten: eine Druckerkarte, zwei Disk-Interface-Karten, eine Serial-Anschluss-Karte und eine 80-Spalten-Videokarte. Als Peripherie benutzt Huffman eine Apple DuoDisk-Einheit, einen 10 Zoll Amber-Videomonitor und einen zuverlässigen Drucker - einen Star NP-10, der "selbst mit seinen 26 Jahren noch hervorragend funktioniert", schwärmt Huffman.

Software Suite. Quelle Kevin Huffman
Foto: Kevin Huffman

Huffman arbeitet mit einer Anwendungs-Suite auf dem Apple IIe namens "The Business Accountant" - erstmals veröffentlicht von Manzanita Software im Jahr 1984. Von den sechs Anwendungen der Suite benutzt Huffman fünf: Hauptbuchhaltung, Kreditorenkonten, ausstehende Rechnungen, Inventur und Gehaltsabrechnungen. Alle seine Daten lagern auf damals weit verbreiteten 5,25 Zoll Floppy-Disks. Über die Sicherheit der Daten macht sich Huffman keine Sorgen: "Ich mache regelmäßig Backups von den Floppies mithilfe eines Programms namens Copy II+."

Huffman benutzt einen modernen PC lediglich als Word-Prozessor, für E-Mails und Surfen im Web. Von seinem geliebten Apple IIe für Buchhaltungsarbeiten will er sich definitiv nicht trennen. "Ich benutze die Maschine noch immer, weil sie so unglaublich einfach zu benutzen ist. Ich kenne die Software in- und auswendig und kann die Steuertabellen manuell aktualisieren." Huffman fügt hinzu: "Der einzige Fehler im gesamten System ist, dass es das Jahr 2000 nicht erkennt. Auf all meinen ausgedruckten Finanzreports steht also 1912 statt 2012. Auf den Rechnungen, Schecks und anderen Formularen zeigt er das Datum glücklicherweise im TT/MM/JJ-Format an - also etwa 14/11/12." Huffman versuchte sogar, den Apple IIe und seine Lieblingssoftware auf modernen Maschinen zu emulieren. Doch für ihn zählt vor allem die Kompletterfahrung. "Ich habe darüber nachgedacht, auf ein moderneres System umzusteigen - doch dadurch würde ich nichts gewinnen. Wie sagt man so schön: Wenn's nicht kaputt ist, repariere ich‘s auch nicht."

Der Color-Computer-Assistent

TCC 3. Quelle: John Kowalski
Foto: John Kowalski

Nur wenige Antik-Computer erfahren so viel aktive Hingabe wie der Tandy Color Computer 3 - eingeführt im Jahr 1986. Der CoCo 3 (wie er von seinen Fans genannt wird), hat nie auch nur annähernd so viele Exemplare verkauft wie beispielsweise Atari oder Commodore, genießt dafür aber umso stärkere Loyalität von seinen Benutzern. Der CoCo 3 markierte das Ende einer beliebten Reihe von Color Computer Produkten der Firma RadioShack, die das erste Modell im Jahr 1980 veröffentlichte. Das dritte Modell der Reihe entpuppte sich als beeindruckender Abgesang mit Unterstützung von 512 KB Speicher und eingebauten Grafik- und Sound-Verbesserungen - das alles unter Bewahrung von Abwärtskompatibilität mit der Prä-CoCo-3-Software.

Verständlich also, dass sich einige Leute standhaft weigern, ihren CoCo 3 nicht länger für Arbeit und Unterhaltungszwecke zu nutzen. Einer von ihnen ist John Kowalski, ein ehemaliger Entwickler von Konsolenspielen, der seinen CoCo 3 noch immer als unersätzlich ansieht. "Ich schalte ihn an, tippe ein kurzes Programm ein um etwas zu erledigen und lasse ihn laufen, bis die Ergebnisse da sind", sagt Kowalski. "Ich sehe ihn als meinen persönlichen Assistenten an - ich kann ihn so programmieren, dass er mir dir ermüdenden und repetitiven Aufgaben abnimmt, zum Beispiel automatische Dokument-Formatierung, während ich an etwas anderem weiter arbeite."

Namco Museum. Quelle Namco
Foto: Namco Museum

Kowalski begann seine Reise ins CoCo-Land mit einem Color Computer 2 im Jahr 1984. 1986 stockte er auf den CoCo 3 auf und blieb der Plattform seitdem treu. Lediglich einige Hardware-Upgrades führte Kowalski aus, erhöhte den RAM etwa auf 2 GB und übertaktete die 6809-CPU auf pfeilschnelle 3,5 MHz. Während Kowalski beim Studio Crystal Dynamics bis Mitte der 90er Jahre Videospiele programmierte, spielte sein CoCo 3 eine Hauptrolle. "Jedes Spiel, an dem ich arbeitete, bestand zu einem gewissen Teil aus Daten des CoCo", sagt er. Titel wie "Namco Museum 50th Anniversary" und "Tron 2.0: Killer App" profitierten von der Antik-Maschine, die Kowalski als eine Art programmierbare, wissenschaftliche Rechenmaschine benutzte.

Für "Tron 2.0" beispielsweise - ein Titel für die erste Xbox von Microsoft - benutzte Kowalski den CoCo 3 um 3D-Techniken zu testen, die im Spiel enthalten waren. "Viele der Datensets, die die 3D-Engine benutzte, wurden auf dem CoCo generiert. Zum Beispiel wie Tabellen, die benutzt wurden, um Tiefe und Perspektive in der 3D-Ansicht zu berechnen und auch die Daten zur Fish-Eye-Reduktion", erklärt Kowalski. "Die Textur-Grafiken des Spiels wurden ebenfalls mit einem Konversions-Tool in Programmdaten übersetzt, das ich auf dem CoCo geschrieben habe."

Wenn Geschwindigkeit nur an zweiter Stelle stand, tippte Kowalski ein Programm im CoCo-eigenen BASIC-Übersetzer. Wenn große Mengen an Grafik- und Sounddaten mit im Spiel waren, wechselte er stattdessen zur Assembler-Sprache. Letztere erwies sich als besonders praktisch bei den Arbeiten an "Namco Museum" und "Atari Anniversary" - beides Titel, die überarbeitete Spiele-Klassiker von 80er-Jahre-Arcade-Games enthielten. Kowalski benutzte den CoCo um Grafikdaten aus den ursprünglichen Arcade-ROMS zu extrahieren und konvertierte sie in ein Format, das die Playstation-2-Konsole benutzen konnte. Ebenso fand der CoCo Einsatz beim Übersetzen des alten Arcade-Source-Codes und beim Aufbessern der alten Sound-Effekte.

Mit einer so alten Maschine könnte man denken, es wäre schwierig, die Arbeitsdaten auf einen moderneren PC zu übertragen. Doch Kowalski hat damit keine Probleme. Jahrelang übertrug er Daten mithilfe von 5,25 Zoll Floppy-Disks von seinem CoCo 3 auf seinen Windows PC. Heute verbindet er die Geräte lediglich mit einem Serial-Kabel und emuliert den PC dann als virtuelles Disk-Laufwerk. Kowalski sagt, sein aktueller Job, Elektronik-Hardware zu designen, beanspruche kaum Datengenerierung, weshalb er seinen CoCo nicht mehr so regelmäßig benutze. Trotzdem hat er die antike Maschine noch nicht in den Ruhestand geschickt. Kowalski behält sein 25 Jahre altes Schätzchen als seine Haupt-Arbeitsmaschine. Und sie ist jederzeit bereit, innerhalb von wenigen Augenblicken den Dienst wieder aufzunehmen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.