Neue Angebote von Atos/Google und Oracle

Die Zukunft des Datenbankmarkts liegt in der Cloud

02.07.2019 von Martin Bayer
Lange Zeit widerstand die Datenbank allen Cloud-Avancen. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern, sagt Gartner. Vor allem Cloud-Spezialisten wie AWS und Google geben kräftig Gas.

Die Cloud wird sich in den kommenden Jahren zur bevorzugten Betriebsplattform für Datenbanken entwickeln. Gartner zufolge werden bis 2022 rund drei Viertel aller Datenbanken auf Cloud-Plattformen eingesetzt oder dorthin migriert. Dieser Trend ist aus Sicht der Analysten unumkehrbar. Lediglich fünf Prozent dieser Cloud-Datenbanken seien dafür ausgelegt, eventuell auch wieder ins lokale Rechenzentrum zurückverlegt zu werden.

Immer mehr Datenbank-Server werden in den kommenden Jahren in Richtung Cloud umziehen, prognostizieren die Analysten von Gartner.
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Das wachsende Interesse der Datenbankanwender an der Cloud hat verschiedene Ursachen. So wandern immer mehr Business-Anwendungen in die IT-Wolke. Damit stellt sich für die Betriebe zwangsläufig die Frage, ob nicht auch die zugrundeliegenden Datenbanken in der Cloud laufen könnten. Außerdem erfordert die zunehmende Diversität an Daten und Datenquellen mehr Flexibilität in der Datenhaltung, die sich in klassischen, eher starr und monolithisch ausgelegten Database-Management-Systemen (DBMS) nur schwer erzielen lässt.

Gerade mit Blick auf die wachsenden Anforderungen hinsichtlich Analytics und der digitalen Transformation ihres Business stellen viele Betriebe auch ihre herkömmlichen Datenbanken auf den Prüfstand. "Unternehmen entwickeln und implementieren neue Anwendungen in der Cloud und verschieben bestehende Assets mit hoher Frequenz. Dies wird weiter zunehmen", sagt Donald Feinberg, Distinguished Research Vice President bei Gartner. Der Analyst geht davon aus, dass diese Entwicklung mit Systemen beginnen wird, die das Datenmanagement für Analytics-Lösungen betreffen - wie Data Warehousing, Data Lakes und anderen Anwendungsfällen mit Daten für Analytics, künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML). "Zunehmend wandern auch operative Systeme in die Cloud, insbesondere bei der Umstellung auf das SaaS-Anwendungsmodell", konstatiert Feinberg.

Atos und Google bringen Oracle-Datenbanken in die Cloud

Tatsächlich wächst das Cloud-Angebot für Datenbanken. Erst Anfang Juli haben Atos und Google eine strategische Partnerschaft bekannt gegeben, um Oracle-Anwendern den Weg auf die Google Cloud Platform (GCP) zu ebnen. Googles Rechenzentren in Frankfurt am Main sowie in Ashburn, Virginia, sollen speziell für den Betrieb von Oracle-Datenbanken mit Hochleistungs-Servern vom Typ "BullSequana S" aus dem Hause Atos ausgestattet werden. Die Systeme seien modular sowie hochskalierbar ausgelegt und könnten vergleichsweise einfach und kostengünstig Oracle-Datenbanken aus der Cloud bereitstellen, versprechen die Partner.

Während sich Google um eine sichere und leistungsfähige IT-Infrastruktur kümmern soll, will Atos sein Wissen in Sachen Cloud-Orchestrierung und -Management einbringen. Oracle-Kunden sollen den Datenbank-Betrieb als Managed Service aus der Google-Cloud beziehen können.

Thierry Breton, Chairman and CEO von Atos (li.), und Thomas Kurian, CEO bei Google Cloud (re.), freuen sich über ihren Cloud-Deal.
Foto: Atos

"Ich freue mich, unsere globale Partnerschaft mit Google Cloud auszubauen", sagte Thierry Breton, Chairman und CEO von Atos. Offensichtlich wurde bereits länger am gemeinsamen Angebot gearbeitet. Breton verwies auf die "fruchtbare Arbeit", die man im letzten Jahr gemeinsam geleistet habe. "Die Ausführung von Oracle-Datenbank-Workloads bei gleichzeitiger Nutzung aller Funktionen der Google Cloud Platform ist für viele Kunden eine Priorität", ergänzte Thomas Kurian, CEO von Google Cloud. Oracles Datenbankkunden könnten über die Google Cloud zudem Funktionen für KI und ML nutzen, um geschäftliche Herausforderungen zu lösen und Innovationen voranzutreiben.

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Die Partnerschaft zwischen Google und Atos für den Betrieb von Oracle-Datenbanken entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Kurian hatte über viele Jahre die Produkt- und Cloud-Strategie von Oracle verantwortet. Im vergangenen Jahr kam es Gerüchten zufolge zu einem Streit mit Oracle-Gründer Larry Ellison über den künftigen Cloud-Kurs. Kurian soll dafür plädiert haben, Oracle-Software mehr für die Cloud-Infrastrukturplattformen von Wettbewerbern wie Amazon Web Services (AWS) und Microsofts Azure zu öffnen und damit die Basis für das eigene Cloud-Geschäft zu verbeitern. Dem wollte Ellison offenbar nicht folgen. Kurian kehrte Oracle den Rücken und heuerte zu Jahresbeginn bei Google an.

Oracle-Datenbank in der Oracle-Cloud

Der Oracle-Gründer setzt derweil auf die eigene Cloud und sucht Anschluss. Anfang Juli hat der Datenbankspezialist mit "Autonomous Database Dedicated" einen Service vorgestellt, der Anwendern den Umstieg von klassischen On-Premise- auf Cloud-Datenbanken erleichtern soll - in der Oracle Public Cloud. Autonomous Database Dedicated beinhaltet dem Hersteller zufolge eine individuell anpassbare private Datenbank-Cloud, die auf einer speziellen Exadata Infrastruktur in der Oracle Cloud läuft. Kunden könnten dort Datenbanken jeder Größe, Skalierung und geschäftskritischer Bedeutung betreiben, hieß es. Die Architektur biete Workload-Isolation und schütze damit vor externen und internen Bedrohungen. Der Oracle-Service sieht individuell anpassbare Betriebsrichtlinien vor, die Anwendern vollständige Kontrolle über die Bereitstellung von Datenbanken, Software-Updates und Verfügbarkeit geben.

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"Autonomous Database Dedicated ermöglicht den problemlosen Umstieg von manuell verwalteten, unabhängigen On-Premise-Datenbanken zu vollständig autonomen und isolierten privaten Datenbank-Clouds innerhalb der Oracle Public Cloud", sagt Juan Loaiza, Executive Vice President, Mission-Critical Database Technologies bei Oracle. Der neue Service mache Schluss mit landläufigen Bedenken von Unternehmenskunden bezüglich der Sicherheit, Isolation und betrieblichen Richtlinien bei der Transformation in die Cloud.

Oracle zufolge wächst das Interesse an der eigenen Autonomous Database. Allein im vierten Quartal des Finanzjahrs 2019 habe man mehr als 5000 neue Testinstallationen für Kunden in Betrieb genommen. Wie viele System bereits produktiv laufen, verrät der Hersteller allerdings nicht.

Datenbankanwender mit Stockholm-Syndrom

Gartner zufolge ist der weltweite Datenbankmarkt im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2017 um 18,4 Prozent auf ein Volumen von 46 Milliarden Dollar gewachsen. Gut zwei Drittel dieses Wachstums gehen auf das Konto von Cloud-Angeboten. Vor allem AWS und Microsoft machten gute Geschäfte, konstatierten die Analysten.

Im On-Premise-Segment des Datenbankmarkts gibt es laut Gartner dagegen kaum Bewegung. Wachstum sei im Grunde nur noch durch Preiserhöhungen für Bestandskunden zu erzielen, denen der Vendor-Lockin einen Wechsel schwer oder unmöglich mache. Die Analysten sprechen an dieser Stelle von einem regelrechten Stockholm-Syndrom, das sich unter Datenbankanwendern ausbreite.

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Deutlich mehr Dynamik gibt es in der Cloud. In den vergangenen Jahren haben sich unter den Top-15-Datenbankherstellern vier Cloud-only-Anbieter positioniert - deren Wachstumskurven zeigen steil nach oben. Neben den beiden chinesischen Cloud-Betreibern Tencent und Alibaba, sind es Google und AWS. Letztere hat sich in den vergangenen Jahren auf Platz drei im gesamten Datenbankgeschäft hochgearbeitet, hinter Oracle und Microsoft.

Den Cloud-Anteil am globalen Datenbank-Business beziffert Gartner für 2018 auf 10,5 Milliarden Dollar, ein Wachstum von fast 87 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr. Damit machen die Cloud-Lösungen bereits fast ein Viertel des gesamten Database-Markts aus. Die Cloud-Liga führt AWS mit Einnahmen in Höhe von 6,3 Milliarden Dollar mit deutlichem Vorsprung an. Microsoft folgt mit 2,1 Milliarden Dollar auf Rang 2. Oracle listet Gartner mit vergleichsweise mageren 373 Millionen Dollar Cloud-Datenbankumsatz auf Platz 4, IBM kommt mit 120 Millionen Dollar auf Rang 8. SAP, immerhin fünfter im Gesamtmarkt, schafft es erst gar nicht unter die Top ten im Cloud-Segment und wird zwölfter.