Neue Lünendonk-Listen

Die IT-Servicebranche wächst auch in schwierigen Zeiten

19.05.2023 von Heinrich Vaske
Ungeachtet der Konjunkturflaute und der vielen Krisen sind die Ausgaben der deutschen Unternehmen für externe IT-Dienstleistungen 2022 erneut zweistellig angestiegen.

Eigentlich hätten die IT-Dienstleister durchaus Grund zu jammern: Der Fachkräftemangel bremst die Geschäfte, außerdem setzen Inflation, die schwache Konjunktur und viele globale Krisenherde den Anbietern zu - zumindest in der Theorie. Tatsächlich hat das alles aber keine negativen Auswirkungen auf das Investitionsverhalten der Anwenderunternehmen, wie die Studie "Der Markt für IT-Dienstleistungen in Deutschland" des Research- und Consulting-Unternehmens Lünendonk & Hossenfelder zeigt.

Demnach lag das durchschnittliche Wachstum der Inlandsumsätze aller in Deutschland aktiven IT-Dienstleister im vergangenen Jahr bei 13,2 Prozent (2021: 13,1 Prozent). Wichtigster Treiber dabei ist die die digitale Transformation: Vor allem bei der Cloud-Transformation, der IT-Modernisierung und in der Softwareentwicklung besteht eine hohe Nachfrage nach IT-Services.

In den kommenden zwei Jahren wollen Unternehmen vor allem in IT-Sicherheit, Prozesseffizienz und IT-Modernisierung investieren.
Foto: Lünendonk

Wie immer hat Lünendonk zwei Listen veröffentlicht, die der größten Anbieter von IT-Beratung und Systemintegration sowie die der führende IT-Service-Unternehmen in Deutschland. Das erste Ranking enthält Unternehmen, die mehr als 60 Prozent ihrer Erlöse mit Management- und IT-Beratung, Systemintegration, Softwareentwicklung und -einführung erzielen. In der zweiten Liste finden sich Anbieter, die über 50 Prozent ihres Umsatzes mit IT-Outsourcing, Hosting, Managed Services und anderen RZ-Dienstleistungen am externen Markt machen.

Accenture ist top bei IT-Beratern und Systemintegratoren

Wenig überraschend ist Accenture mit einem geschätzten Deutschlandumsatz von 2,9 Milliarden Euro (2021: 2,2 Milliarden Euro) klarer Marktführer unter den Beratungshäusern und Systemintegratoren geblieben, gefolgt von Capgemini und IBM (siehe Liste). Auf Rang vier folgt der indische Anbieter Tata Consultancy Systems (TCS). msg systems vervollständigt die Top Five.

In diesem Ranking hebt Lünendonk insbesondere die Anbieter Adesso (Rang sechs), Materna (Rang zwölf), Reply (15) und Senacor (19) hervor, die jeweils starkes Wachstum aufwiesen und mehrere Plätze im Ranking gutmachten. Zudem gibt es auf den Plätzen 22 und 23 mit den IT-Beratungen ISO Software Systeme und Team Neusta zwei Neuzugänge.

Wie schon im Vorjahr haben Accenture, Capgemini und IBM im Geschäft mit IT-Beratung und Systemintegration hierzulande die Nase vorn.
Foto: Lünendonk

T-Systems vorne bei IT-Serviceunternehmen

Mehr Bewegung zeigt die Liste der IT-Serviceunternehmen, wo erstmals T-Systems und DXC Technology auftauchen - und zwar gleich auf den Rängen eins und vier. Zuvor waren beide mit ihren anteiligen IT-Beratungs- und Systemintegrationsumsätzen in der anderen Lünendonk-Liste vertreten. NTT Data Inc., das seine bisher eigenständigen Gesellschaften NTT Data und NTT Ltd. zusammengeführt hat, findet sich ebenfalls erstmals im Ranking der führenden IT-Service-Unternehmen - und zwar gleich auf dem zweiten Rang.

In die Top Five schafften es auch Atos und die IBM-Ausgründung Kyndryl. Unter den IT-Serviceunternehmen gibt es insgesamt keine großen Sprünge unter den Anbietern. Neu im Ranking finden sich Akquinet auf Rang 13, außerdem Unisys Deutschland (16), Skaylink (18), Convotis (19) und Ewerk (20).

Mit T-Systems International behauptet sich ein deutscher IT-Serviceanbieter vor dem ausländischen Wettbewerb, wenn es um Dienstleistungen wie Outsourcing, Hosting, Colocation und RZ-Betrieb geht.
Foto: Lünendonk

Wachstum künftig mit veränderten Fokusthemen

Für 2023 erwarten die Systemintegratoren und Beratungshäuser im Durchschnitt ein Wachstum von 12,2 Prozent, im Jahr darauf soll es sogar um 13,6 Prozent nach oben gehen. Noch optimistischer sind die IT-Serviceunternehmen, die heuer ein Plus von 12,9 Prozent und im nächsten Jahr ein Wachstum von 13,8 Prozent erwarten. Ihnen spielen dauerhafte Trends wie die digitale Transformation sowie der Wunsch vieler Anwenderunternehmen, mehr aus ihren Daten herauszuholen, in die Hände. Hinzu kommt der allgemeine Fokus auf Kosteneffizienz und Automatisierung in den Unternehmen, der Zwang, sich mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen zu müssen, und natürlich der sich weiter verschärfende Fachräftemangel.

"Viele Unternehmen denken in diesem Jahr darüber nach, wie sie möglichst gut durch die aktuellen Krisen wie Inflation, steigende Energiepreise und die stagnierende Nachfrage kommen", beobachtet Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder. "Technologien wie Künstliche Intelligenz, Cloud und Automatisierung spielen hier eine zentrale Rolle, und CIOs sind besonders gefordert, mit dem Einsatz von digitalen Technologien nachhaltige Effizienzsteigerungen zu fördern."

Zillmann betont auch, dass mit zunehmender Digitalisierung der CO2-Fußabdruck der IT-Organisationen größer werde. Doch nicht nur hier müsse der Hebel angesetzt werden, auch der Zwang zu einer besseren Kontrolle weltweiter Lieferketten rücke in den Mittelpunkt der Nachhaltigkeitsstrategien.

Umweltbilanz von IT-Produkten muss sichtbar werden

Schon jetzt berichten 37 Prozent aller von Lünendonk befragten IT-Dienstleister, dass sie interne ESG-Audits (ESG = Environmental, Social und Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) vornehmen müssten, um bei ihren Kunden überhaupt erst zu Ausschreibungen zugelassen zu werden. Nach Ansicht von 32 Prozent der Befragten werden schon 2025 alle IT-Produkte mit einem CO2-Preis hinterlegt sein. Dann werden Kunden schon im Einkauf Klarheit über den CO2-Fußabdruck der Dienstleister in der IT-Lieferkette haben.

IT-Dienstleister dürfen weiter auf gute Geschäfte hoffen, da der Fachkräftemangel Anwenderunternehmen zwingt, weiter bei externen Anbietern einzukaufen.
Foto: Lünendonk

Deshalb arbeiten die Anbieter mit viel Energie an ihrer Nachhaltigkeitsstrategie, die Hälfte hat bereits eine solche eingeführt. Es gibt jedoch noch etliche Herausforderungen zu meistern. Wer ESG ernstnehmen will, muss sich beispielsweise auch um Diversität kümmern, doch der durchschnittlichen Frauenanteil von 28,7 Prozent bei den untersuchten IT-Dienstleistern ist noch immer sehr überschaubar. (hv)