Wie Digitalisierung mehr tatsächlichen Geschäftsnutzen bringen kann

Die gefährlichen Sirenengesänge der Technologie

20.06.2016 von Prashant Kelker
Die breite Konsumerisierung der Technologie hat viele regelrecht hypnotisiert und vergessen lassen, dass Technologie nur ein Mittel zum Zweck ist. Oft ist es einfacher, über Technologie zu sprechen als darüber, wie ein Unternehmen sie sinnvoll einsetzen kann. Und das Nachdenken über Technologie wird noch einmal schwieriger, wenn ihr Einsatz bedeutet, dass ein Unternehmen die Art und Weise ändern muss, wie es Geschäfte macht.

Wenn Unternehmen die wahren Chancen nutzen wollen, die eine Technologie für sie bereit hält, reicht es nicht herauszufinden, welche digitalen Technologien es gibt und was sie leisten. Vielmehr gilt es zu fragen: Wie können wir den Fortschritt der Technik nutzen, um einen nachhaltigen und marktverändernden Mehrwert zu erzielen? Und: Wie lässt sich ein digitales Gewebe erzeugen, das Kunden, Mitarbeiter, Partner und Lieferanten miteinander verbindet?

Digitale Transformation kann auch bedeuten, viele an einem Prozess beteiligte Unternehmen technologisch enger aneinander zu ketten.
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Ein Blick auf den Digitalisierungs-Markt zeigt einige interessante Trends und Muster. Oft haben paradoxerweise gerade jene Entwicklungen die größte disruptive Kraft, über die am wenigsten gesprochen wird, die aber das höchste Maß digitalen Denkens aufweisen. So zeigte erst kürzlich General Electrics, wie es die Geschäfts- und Betriebsdaten des aufgekauften Energiegeschäfts von Alstom integrierte – inklusive der Daten über rund 67.000 Mitarbeiter. Die Analyse dieses gigantischen Transformationsprojekts sagt mehr über den Nutzen von Digitalisierung aus, als der Hype, der um viele mobile oder Cloud-Lösungen gemacht wird.

Wie Technologie Mehrwert schafft

Sogar in Zeiten technologischer Umbrüche ändern sich einige Grundregeln nicht. Jedes Unternehmen schafft Mehrwert an der Schnittstelle von vier Gruppen: Kunden, Mitarbeiter, Partner und Lieferanten. Auch wenn neue Technologien auf dem Vormarsch sind, bleiben diese Gruppen doch dieselben, werden durch die neuen Technologien jedoch immer enger miteinander vernetzt. Da dadurch die Verbindungen zwischen den Beteiligten zahlreicher und tiefer werden, ergeben sich für das Unternehmen auch zusätzliche Wachstumschancen.

Vier Gruppen bei der Schaffung digitalen Mehrwerts
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Digital erfolgte Kundenerfahrungen bieten Unternehmen zusätzliche Möglichkeiten, ihre bereits bestehenden Kundenbeziehungen zu verbessern und neue hinzuzugewinnen. Unternehmen wie Amazon gestalten den Kundenkontakt ohne Brüche. Der Anbieter hat sich eine unangefochtene Reputation als Händler erworben, der ein einfaches Online-Shopping-Erlebnis ermöglicht, das zudem beim Kauf in eine schnelle Lieferung mündet – zum Teil noch am selben Tag. Diese Ende-zu-Ende-Orchestrierung hat andere Unternehmen dazu gezwungen darüber nachzudenken, wie solch nahtlosen Online-Offline-Prozesse auch ihrem eigenen Geschäft zusätzlichen Schub verleihen können. Insofern nutzt Amazon die Digitalisierung um den Markt zu dominieren, die Transformationen im Einzelhandel anzuführen und dadurch seine Marke zu stärken.

Andere Unternehmen verschaffen sich Marktvorteile, indem sie die digital erfolgten Kundenerlebnisse im Rahmen von Datenanalyse oder Big Data untersuchen. So hat zum Beispiel der US-Einzelhandelsriese Target erfolgreich Einkaufsgewohnheiten analysiert und die Ergebnisse dazu genutzt, seinen Vertrieb zu stärken. Das Wachstum von 44 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr 2002 auf 67 Milliarden im Jahr 2010 geht vor allem auf das Konto akribischer Datenanalysen.

Was macht unser Geschäft eigentlich aus?

Neue Technologien und die mit ihnen verbundenen Möglichkeiten führen dazu, dass sich Unternehmen zum Teil merkwürdige Fragen stellen müssen, wie zum Beispiel: In welchem Business sind wir eigentlich genau tätig? Da analoge Produkte und Dienstleistungen sich durch digitale Ergänzungen weiterentwickeln, müssen Unternehmen, die bislang komfortable Marktnischen besetzt haben, sich plötzlich völlig neu positionieren.

Andere proben den Angriff nach vorne und versuchen, sich an die Spitze neuer Trends zu setzen. Ein Beispiel sind die Produzenten von Bauteilen für Telekommunikationsnetze. Viele nutzen Network Function Virtualization (NFV) und Software Defined Networking (SDN), um ihre traditionellen Hardware-Produkte durch Software-Lösungen zu ersetzen. Diese neuen Software-Komponenten lassen sich einfach fernsteuern und von einer Zentrale aus beliebig oft mit Updates versehen. Zudem senden sie Messwerte und Kennzahlen des Netzwerkbetriebs an den Hersteller. Dies eröffnet eine völlig neue Welt an zusätzlichen Geschäftsmodellen, die dazu geführt hat, dass die europäische Netzwerkeindustrie mehrere Initiativen wie zum Beispiel FP7 UNIFY ins Leben gerufen hat, die neue Standards für die Zukunft der Telekommunikation setzen.

Der zunehmende Trend, Hardware durch Software zu ersetzen, führt zu riesigen Chancen, aber auch zu riesigen Gefahren. Da Produkte nun als as a service verkauft und dadurch ohne Zeitverzögerung aktiviert und eingesetzt werden können, müssen Unternehmen schnell entscheiden, ob sie weiterhin analoge Produkte verkaufen oder Preismodelle auf Abonnement-Basis anbieten wollen.

In anderen Fällen machen digitale Lösungen klassische Produkte für Anwender nützlicher. Withings, ein Anbieter von Gesundheits- und Lifestyle-Technologie, hat zum Beispiel das Display seiner Blutdruckmessgeräte entfernt, weil eine mobile App diese Funktion viel umfangreicher und einfacher erfüllt und zudem automatische Updates an Krankenhäuser versenden kann. Indem das Display wegfiel, konnte Withings das Messgerät leichter und günstiger anbieten und mithilfe der App dazu noch standortbasierte Funktionen anbieten, die es vorher nicht gab.

Erfolgsbeispiele für Social Media Marketing
Pizza kommt per #EasyOrder
Seit Mai 2015 können Domino's-Kunden die Lieferung ihrer Lieblingspizza per Twitter veranlassen – dazu posten sie ein "Pizza-Emoji" an @Dominos oder nutzen den Hashtag #EasyOrder. Mehr als jeder zweite Pizzafan nutzt das bereits.
"Blinde Vorbestellung" bei Taco Bell
Die amerikanische Fast-Food-Kette Taco Bell startete im vergangenen Februar die "blinde Vorbestellaktion" eines neuen Produkts. Um was es sich handelte, blieb geheim – sicher war nur, dass es sich online vorbestellen ließ und dann am 6. Februar zwischen 14 und 16 Uhr im lokalen Restaurant abgeholt werden konnte. Die Taco-Bell-Jünger kamen in Scharen.
Edeka-Video #HeimKommen
Das weihnachtliche Werbevideo der Supermarktkette Edeka berührte im vergangenen Winter viele Hunderttausende Zuschauer.
Niveas zweite Haut
Auch dieser Weihnachtsclip aus 2015 ging viral: Kosmetik-Hersteller Niva stellte sein "Second Skin Project" vor und erreichte deutlich sechsstellige Abrufzahlen.
Snapchat-Kampagne zur Oscar-Verleihung
PricewaterhouseCoopers (PwC) kümmert sich seit 82 Jahren um die Auszählung der Stimmen für die Academy Awards, im Volksmund auch Oscar-Verleihung genannt. Für die 2016er-Ausgabe startete PwC eine Snapchat-Story rund um die berühmten goldenen Umschlägen mit den Oscar-Gewinnern. Viele neue Fans und ein Shorty Award waren der Lohn.
Lustige Sprüche frei Haus
"Unsere Klingen sind so gut, dass du sie einen ganzen Monat lang benutzen kannst" - das Start-up Dollar Shave Club verschickt unter diesem Claim im Monatsabo Rasierer und Rasierklingen per Post. Die zugehörige Marketing-Kampagne mit Bildern abgewetzter Klingen und lustigen Sprüchen sorgte für eine große Aufmerksamkeit im Social Web.
Für eine Handvoll Dollar
Black Friday als Konsum-Höhepunkt des Jahres? Der Partyspiel-Anbieter "Cards Against Humanity" machte da im vergangenen Jahr nicht länger mit. Er nahm seinen Shop einen Tag lang vom Netz und bot den Kunden stattdessen "nichts" für fünf Dollar an. Die dankten es ihm und zahlten - es kamen über 71.000 Dollar zusammen.
Luxus bei Snapchat
Das britische Modelabel Burberry war im April 2016 die erste Luxusmarke, die eine native Snapchat-Werbeanzeige buchte. 24 Stunden lang wurde ein neues Parfum beworben - mit exklusiven Videos, darunter dem Kurzfilm "Mr. Burberry" des Oscar-prämierten Regisseurs Steve McQueen, der binnen eines Monats bei Youtube fast 370.000 Mal aufgerufen wurde.
"Deadpool" – ein durchschlagender Erfolg
Das Antihelden-Epos "Deadpool" verhalf 20th Century Fox zu neuen Social-Web-HöhenflügeN: Die fast 500.000 Follower des @deadpoolmovie-Twitter-Kanals, der fast ein Jahr (!) vor dem Kinostart mit einem mehr als 55.000 Mal retweeteten Posting gestartet ist, die vielen prominenten Fans der Comicreihe und der im Social Web ebenfalls sehr aktive Hauptdarsteller Ryan Reynolds ließen die Grenzen zwischen PR und purer Fan-Vorfreude verschwimmen.
Verkaufen per Pinterest
Nach dem "127 Corridor Sale" im vergangenen Jahr bot der Spraydosen- und Farbenverkäufer Krylon dort erworbene und aufgehübschte Waren online via Pinterest Buyable Pins zum Verkauf an - als erster Anbieter überhaupt. Neben den erzielten Einnahmeen, die kmplett gespendet wurden, erfuhr Krylon für die Aktion eine mediale Aufmerksamkeit, die das Unternehmen ein Vielfaches von dem gekostet hätte, wäre sie auf klassischem Wege per Werbeanzeige zustande gekommen.

Sogar Unternehmen ohne digitale Produkte finden sich im digitalen Business wieder. So hat Social Media den Einzelhandel einschneidend verändert, weil kleinen unbekannten Anbietern nun Massenplattformen offen stehen, auf denen sie großen, etablierten Marken Kunden abspenstig machen können.
Der Brillenhändler Warby Parker etwa etablierte sich dank Social Media auf den Online-Märkten, indem er Facebook als Kundenservice-Kanal nutzte. Dort berichtete er über populäre Lifestyle-Themen und Events, um die eigene Marke aufzubauen und bekannt zu machen. Dank der Unmittelbarkeit von Social Media können auch Unternehmen, von denen zuvor noch nie zuvor jemand gehört hat, auf den Zug populärer Trendthemen aufspringen und dadurch die eigene Marke entsprechend aufladen. Hinzu kommt: Dieser schnelle und virale Trends nutzende Markenaufbau kostet nur einen Bruchteil traditioneller Kampagnen.

Vom Hype zum Mehrwert

Business-Verantwortliche wollen nicht mehr hören, dass sie ihr Geschäft digitalisieren müssen, wenn sie nicht „uberisiert“ werden wollen. Sie wollen jenseits des Hypes wissen, wie und wann sich Digitalisierung für sie lohnt und wie sie im Rahmen ihrer spezifischen Organisation und Branche aussehen kann. Um an dieser Stelle Transparenz zu erhalten, lohnt es sich, eine digitale Roadmap zu erstellen:

1. Welchen Mehrwert bietet Digitalisierung für Ihr Unternehmen?
Beginnen Sie mit einer gründlichen Analyse, inwiefern die digitale Revolution Ihre Branche verändert. Diese Studie sollte unabhängig von Externen erfolgen und nicht durch die Betriebsbrille Ihres Unternehmens. Konzentrieren Sie sich darauf zu untersuchen, wie Ihr Unternehmen einen Unterschied machen kann. Zum Beispiel: Wie lassen sich die Kosteneinsparungen, die Sie durch eine gut gemanagte digitale Lieferkette erzielen, in differenzierte Preismodelle umsetzen?

Vor allem marktführende Unternehmen müssen bei dieser Analyse sorgfältig vorgehen, da sie durch die Newcomer am Markt besonders häufig unter Druck geraten. Renommierte Autohersteller etwa wurden davon überrascht, dass quasi über Nacht Gebrauchtwagenplattformen auftauchten, auf denen sich jeder einfach und günstig darüber informieren kann, wie viel ein bestimmtes Modell am Markt wirklich kostet. Die kostbaren Daten über Automodelle, ihre Preise und ihre Kunden standen diesen Online-Anbietern plötzlich wesentlich umfangreicher zur Verfügung als den Fahrzeugherstellern selbst.

Strategische Analysen darüber, wie Digitalisierung das Angebot eines Unternehmens stärken, ergänzen oder schützen kann, sollte schließlich in die Definition konkreter Initiativen münden, die geschäftlichen Mehrwert erzeugen. Die Herausforderung dabei besteht darin, dass Sie sich durch disruptive Technologien neue Türen öffnen, bevor die alten sich schließen.

2. Investieren Sie vorsichtig
Hüten Sie sich davor, dem Digitalisierungs-Hype zu verfallen. Heutzutage zahlt es sich nicht mehr aus, einfach Neues aufzubauen und zu warten, bis sich der Erfolg von alleine einstellt. Stattdessen überprüfen Sie genau, welche der von Ihnen definierten Initiativen Gewinne am ehesten erhöhen und drohende Verluste am besten vermeiden können. Verwenden Sie dafür Ihre bestehenden Gewinn- und Verlustrechnungen oder erstellen Sie sie bei Bedarf neue. Da Ihre IT-Abteilung weiß, wie man Technologie designt und kauft, binden Sie sie ein, wenn es um das Design des Blueprint und der Plattform Ihrer Digitalisierung geht. Setzen Sie die Stufen der Digitalisierung so auf, dass Sie anhand kontrollierter Experimente am Markt kontinuierlich dazulernen.

3. Kaufen Sie digitale Fähigkeiten zu
Schnelles Verhalten am Markt ist im digitalen Zeitalter unabdingbar. Deshalb haben Sie nicht immer die Zeit, alle notwendigen digitalen Fähigkeiten selbst aufzubauen. Suchen Sie deshalb aktiv nach neuen Partnerschaften, um an solche Fähigkeiten zu gelangen – sei es nur vorübergehend oder langfristig. Geschwindigkeit ist eines der wichtigsten Elemente, wenn Sie Ihr „digitales Gewebe“ erstellen. Ihre Mitbewerber werden versuchen, Ihren Erfolg zu kopieren. Bleiben Sie ihnen immer einen Schritt voraus.

4. Wandel beginnt ganz oben
Wie jede einschneidende Transformation betrifft auch die Digitalisierung viele, wenn nicht sogar alle Bereiche Ihres Unternehmens. Deshalb muss das Top-Management den Weg für diese Transformation bereiten, muss Hürden beseitigen und Prioritäten setzen. Binden Sie die gesamte Organisation mit ein, damit die Sicht aller Beteiligten in das Lösungsdesign miteinfließen kann. Spezielle Transformationsteams sollten Empfehlungen aussprechen, welche Innovationen zugekauft werden, wie das Design der digitalen Plattform aussieht und wie die Kundenerfahrungen nahtlos von offline in online übergehen und umgekehrt. Der IT kommt dabei eine besondere Führungsrolle zu. Der CEO von Burberry, einem britischen Hersteller von Luxusartikeln, hat die Rolle seines CIO in die eines CTO überführt und ihm mit auf den Weg gegeben: Setzen Sie sich von den hinteren Sitzen, wo sich die IT normalerweise befindet, ganz nach vorne in den Bus.

Hochschule St. Gallen und BVDW über 3 typische Fehler bei der Digitalisierung
Aufruf zum Change
Die Hochschule St. Gallen und der BVDW haben typische Fehler bei der Digitalisierung analysiert. Change-Management-Expertin Claudia Schmidt gibt Tipps, wie man es besser macht.
Projekte nicht isoliert betrachen
Viele Unternehmen organisieren die digitale Transformation in isolierten Einzel-Projekten, etwa im Marketing, im Vertrieb oder als reines IT-Projekt. Das ist zu kurz gedacht, mahnen die Studienautoren. Es sei wichtig, die Zusammenhänge zwischen den Projekten aufzuzeigen und die Auswirkungen der Projekte auf das Unternehmen darzustellen. Schmidt plädiert dafür, Projekte immer als Teilabschnitt auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen - also digitalisierten - Unternehmen zu sehen.
Teamstrukturen aufbrechen
Je unterschiedlicher die Teammitglieder sind, die gemeinsam an einem Projekt arbeiten, umso höher die Innovationsfähigkeit des gesamten Teams. Dieser These stimmen die Uni St. Gallen und der BVDW zu. Unternehmen müssen die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen fördern. Auch Expertin Schmidt sagt, dass Projekte immer das gesamte Unternehmen beeinflussen: "Die Wirkung und die Bewegung, die sie erzeugen, gilt es zu verstehen, zu nutzen und für die Organisation und die Menschen nutzbar zu machen."
Das mittlere Management mitnehmen
Die Geschäftsleitung will Digitalisierung, die Mitarbeiter am Kunden und in der Praxis könnten Ideen liefern - wenn nicht das mittlere Management dazwischen stünde. Für Beraterin Schmidt geht es dabei um das Thema Flexibilität. Die Digitalisierung verlange von Unternehmen eine Überprüfung von Kultur und Führung: "Damit das mittlere Management sich bewegen kann, braucht es ein neues Verständnis von seiner Rolle und davon, wie sich seine Spielräume und Verantwortung verändern."
Claudia Schmidt, Mutaree
Schmidt erklärt: "Sind erst digitale Prinzipien erfolgreich verankert in Führung und Arbeitskultur, wird parallel die Anpassungsfähigkeit steigen. Soll der ROI erreicht werden, muss gewährleistet sein, dass die Menschen die Veränderung verstehen, sie dabei befähigt werden, diese umzusetzen und sich aktiv einbringen können."

Öffentliche und private Daten kombinieren

Unternehmen wie zum Beispiel Industriefertiger, die mehr im B2B-Geschäft unterwegs sind, haben ihren Betrieb optimiert, indem sie ihre gesamte Lieferkette digitalisiert haben. Logistikunternehmen und Automobilzulieferer richten gemeinsame Plattformen ein, über die sie ihre Erfahrungen mit Lieferprozessen teilen. Die Aachener Universität zum Beispiel hat Smart Logistics Grids ins Leben gerufen, bei dem die beteiligten Unternehmen einen Verbund verschiedener Clouds für Prognosen auf der Basis von Datenanalysen nutzen. Diese Lösung verbindet mittlerweile Fertigungsunternehmen, Bauteileproduzenten und Logistikunternehmen miteinander – und jeder profitiert von Echtzeitinformationen. Die geteilten Informationen umfassen auch frei verfügbare Daten wie aktuelle Staus, Wetterwarnungen oder Autobahnumleitungen. In Kombination mit den eigenen, privaten Daten lässt sich der Betrieb der beteiligten Unternehmen kontinuierlich optimieren. So weiß das Montagewerk genau, wann bestimmte Teile eintreffen und kann enstprechenden Lagerplatz freiräumen, während die Logistiker ihre Fahrrouten an die jeweilige Verkehrslage anpassen können.

Viele Beratungshäuser geben ihren Kunden heute den Rat, sich auf IT-Investitionen zu konzentrieren, die Innovationen und Wettbewerbsvorteile schaffen. Dies führt häufig dazu, dass die bereits bestehenden IT-Systeme für Beschaffung, Finanzen oder HR weitgehend ausgeblendet bleiben. Die Investitionen fließen vorrangig in neue Systeme. Dabei können diese klassischen Unternehmensbereiche oft genauso oder sogar stärker von der Digitalisierung profitieren. Wer interne Prozesse digitalisiert, reduziert in der Regel Transaktionskosten und verbessert die Effizienz. Wenn Unternehmen analysieren, welche arbeitsaufwändigen Tätigkeiten geeignete Kandidaten für die Digitalisierung sind, stellen sie häufig fest, dass sie dadurch nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Koordination und Kollaboration der Abteilungen untereinander verbessern.

Methoden, die Produktivität und Effizienz verbessern – wie DevOps in der Software-Entwicklung oder Lean in der Produktion – hinterlassen auch im Organisationsdesign eines Unternehmens ihre Spuren: Vorher voneinander getrennte Informationen und Teams wachsen zusammen. HR zum Beispiel kann seine Produktivität deutlich steigern, wenn es mithilfe ausgefeilter Algorithmen eigene und öffentliche Informationen analysiert, um Jobkandidaten treffsicher zu bewerten.