Marriott und die Digitalisierung

Design Thinking treibt Business

26.04.2017 von Clint Boulton und Florian Maier
Der weltgrößte Hotelkonzern hat seiner Mobile App auf die Sprünge geholfen, um seine Gäste während ihres Aufenthalts umfassend zu begleiten.

Mit einer Generalüberholung seiner mobilen Applikation will Marriott International dem Trend zu mehr Personalisierung und Service folgen. Nebenbei unterstreichen die Bemühungen einmal mehr, dass der Kampf um die Millennials durch den Einsatz von Digital Natives als Speerspitze des Software-Entwicklungsprozesses forciert wird. Marriott setzt in der Ära der Digitalisierung auf eine Schlüsselstrategie in einer von besonders intensivem Wettbewerb gekennzeichneten Branche: Design Thinking.

Marriott: Mit Design Thinking zu mehr Erfolg.
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"Der Aufenthalt an sich ist der Schlüssel zum Erfolg", meint George Corbin, Senior Vice President of Digital bei Marriott International. "Man kann eine großartige Website und eine tolle Booking-App anbieten, aber der Aufenthalt an sich entscheidet darüber, ob der Kunde wiederkommt oder nicht."

Nach der Übernahme von Starwood Hotels für 13 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr nimmt Marriott eine starke Position ein und ist die größte Hotelkette der Welt: Unter ihrem Dach sind 30 Marken vereint. Das sind 6000 Hotels mit 1,2 Millionen Zimmern, die auf 110 Länder in der ganzen Welt verteilt sind. Unterdessen steigt die Bedeutung der Millennials - auch für die Hotelbranche. Ihre Kaufkraft wächst im Vergleich zu derer der älteren Generationen in den USA überproportional.

Smartphone-Tauziehen um Milliennials

Die Boston Consulting Group geht davon aus, dass im Jahr 2018 bereits 50 Prozent der US-Arbeitskraft von den Millennials gestellt wird. Die gleiche Gruppe soll bis zum Jahr 2020 die Hälfte aller Reisebuchungen in den Vereinigten Staaten vornehmen. Laut George Corbin bevorzugen sie dabei klar die Online- und Smartphone-Buchung. Die Konkurrenz - das weiß auch der Digital-Manager und sein Team - ist nur einen Mausklick entfernt. Egal ob sie nun Hilton oder Airbnb heißt.

Um die reisenden Millennials anzuziehen, hat Marriott International seine Mobile App auf Personalisierung getrimmt. Diese gibt Gästen ab sofort einen ausgiebigen Überblick über ihren Aufenthalt. Sobald dieser gebucht ist, wird es interessant: Zunächst sind alle Reservierungen auf einen Blick sichtbar, die via App getätigt wurden. Am Tag der Reise füllt sich der Home Screen der Applikation mit Informationen zum Hotel, der Umgebung und wichtigen Routen. Check-In und Service-Anfragen werden per Knopfdruck erledigt. Wenn Sie zum Beispiel zusätzliche Kissen oder Handtücher benötigen, erledigen Sie die entsprechende Anfrage über Ihr Smartphone-Display. Derzeit ist die App für iOS- und Android-Geräte verfügbar.

Die Marriott Mobile App steht derzeit für iOS- und Android-Devices zur Verfügung.

Marriott will seine Gäste mit seiner neuen Smartphone App nach den Worten von Corbin mit einer "warmherzigen Umarmung" begrüßen, wozu man auf die Prinzipien von Design Thinking gesetzt habe. Dieser Ansatz stellt den User in den Mittelpunkt der Produktentwicklung und verbindet das mit dem Potential von Technologie, um das gewünschte Business Outcome zu erzielen.

Die Gäste von Marriott International sind dabei ohnehin seit jeher Smartphone-affin, wenn es um die Buchung geht: Im Jahr 2016 nahm Marriott alleine mit seinen Online-Buchungen über die Smartphone App 1,7 Milliarden Dollar ein. Gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 70 Prozent. Wie Corbin versichert, nehmen Services, die nicht in Zusammenhang mit dem Buchungsprozess stehen, dabei zwei Drittel der Nutzungszeit in Anspruch: "Früher ging es nur um die Buchung. Aber irgendwann im Jahr 2015 haben die Menschen angefangen, die App für mehr als nur die kommerzielle Komponente zu nutzen. Wir haben durch Befragungen herausgefunden, was unsere Kunden wollen und setzen nun alles daran, Features und Services dementsprechend auszubauen, um sie entsprechend ihren Wünschen unterstützen zu können."

"Data over opinion"

Diese Unterstützung könnte auch bald über die Smartphone App hinausgehen - dank dem durchschlagenden Erfolg von Amazons Alexa in der Consumer-orientierten Business-Welt. Laut Corbin experimentiert bei Marriott International derzeit ein kleiner Kreis von Mitarbeitern, der auf neue Technologien spezialisiert ist, mit Spracherkennung. Das Ziel: herauszufinden, welche Möglichkeiten die Technologie für die Erweiterung der Gast-Erfahrung bietet. Die Fragen die Corbin diesbezüglich beschäftigen, drehen sich zum Beispiel darum, aus welchen Datenquellen sich eine solche technologische Lösung bedienen könnte. Mehr noch aber das Thema Datenschutz: Wie fühlen sich die Gäste mit einem Gerät im Raum, das sie belauscht?

Auch die Nutzung von Services könnte sich aufwändig gestalten. Beispiel Zimmerservice: Einen Burger zu ordern ist nur solange simpel, bis die Sonderwünsche anfangen: Medium oder well done? Käse oder kein Käse? Welches Brötchen? Mit oder ohne Zwiebeln? Die Marriott-Entwickler müssten die KI darauf trainieren, viele verschiedene menschliche Sprachmuster und Eigenheiten zu erkennen. Wenn man den kompletten Service-Katalog von Marriott so abarbeiten will, steigt die Komplexität exponentiell, wie Corbin deutlich macht.

Bei Marriott hält man sich dennoch alle Optionen offen und setzt dabei insbesondere auf die Daten, die man aus dem Feedback der Gäste extrahiert hat. Dieselben Daten haben auch zum Relaunch der Mobil App geführt und laufen nicht nur über Web Analytics und Social Media beim Hotel-Unternehmen ein, sondern auch in Papierform. Die Mitarbeiter führen ebenfalls leidenschaftliche Debatten darüber, was ihrer Meinung nach cool ist und was die User wollen. Am Ende seien aber die Kundendaten entscheidend, so Corbin: "Unser Mantra ist: ‚data over opinion‘".

Die Digital-Unit und die IT-Abteilung sind bei Marriott International übrigens direkt nebeneinander angesiedelt und arbeiten in agilen Scrum-Teams. Als es beim Release der überarbeiteten Smartphone-App zu API-Problemen kam, arbeiteten die Teams zusammen an Updates und konnten den Fehler innerhalb von wenigen Tagen beheben - ganz ohne gegenseitige Schuldzuweisungen. Corbin erklärt auch, warum das so ist: "Der Kunde ist letztlich, worauf es ankommt. Wenn das jeder im Unternehmen begriffen hat, ziehen auch alle an einem Strang."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com.