Personal Cloud statt Personal Computer

Der PC ist tot, die PC lebt

16.06.2011 von Thomas Pelkmann
Eigene Geräte - das ist aus der Sicht der Anwender nicht nur ein Segen, sondern bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Desktop-Virtualisierung und persönliche Cloud-Angebote können da für Abhilfe sorgen.
Das Leben ist ein echter Drahtseilakt zwischen Arbeit und Freizeit. Personal Cloud-Lösungen können bei der Balance helfen.
Foto: Tomasz Trojanowski, Fotolia.de

Es klingt ganz leicht: Moderne Angestellte bringen einfach die Geräte mit zur Arbeit, die sie auch schon privat nutzen. Die IT-Abteilung ist zwar nicht direkt begeistert über diese Entwicklung, weil es Sicherheits- und Support-Probleme mit sich bringt. Aber wenn die Kollegen das unbedingt wollen: Warum nicht? Innerhalb nur weniger Monate hat sich aus der anfänglichen Not eine Tugend mit dem Namen "Bring Your Own Device" (BYOD) entwickelt - vermeintlich als Maßnahme, um auf die Wünsche der Mitarbeiter einzugehen.

Aber so einfach scheinen die Dinge nicht zu liegen, wie die Ergebnisse einer Forrester-Befragung unter US-Konsumenten nahelegen. Dort bewerten die Anwender die zunehmende "Consumerization" (Konsumerisierung) der IT durchaus nicht als ausschließlich positiv, mitunter schimmert sogar das Gegenteil durch.

Früher war die Welt einigermaßen übersichtlich. Da hatte man als Angestellter einen Rechner im Büro, auf dem alle Programme und Daten lagen, und einen PC zuhause für die privaten Mails, für Internet und zum Spielen. Wer abends das Büro verließ, war mit der Arbeit fertig; zuhause musste jedenfalls niemand weitermachen; die technischen Voraussetzungen gaben dafür überhaupt nicht die Möglichkeit.

Das, so hat die Forrester-Befragung unter knapp 5.000 erwachsenen US-Konsumenten ergeben, hat sich grundlegend geändert: Heute kämpfen die Anwender damit, Fotos und Dateien mit anderen zu teilen, stöhnen darüber, dass sie sich die vielen Benutzernamen und Passwörter nicht merken können und leiden unter der zunehmenden Vermischung von Privatleben und Arbeit. Tatsächlich kämpfen Forrester zufolge zwei von drei Befragten (64 Prozent) mit solchen Herausforderungen.

Immer mehr Menschen nutzen immer mehr Geräte

So nutzt eine wachsende Zahl von Menschen eine ebenso steigende Zahl von Geräten wie Smartphones, Computer oder Tablet-PCs: 124 Millionen Erwachsene in den USA verfügten schon 2010 zu Hause oder auf der Arbeit über zwei oder mehr internetfähige Geräte. Forrester schätzt, dass diese Zahl bis 2016 auf 184 Millionen US-Bürger steigen wird, die dann einen Computer in der Arbeit nutzen, einen zu Hause und Smartphones sowie Tablets überall.

Es gibt immer mehr leicht nutzbare Cloud-Services. Viele Menschen nehmen bereits solche Dienste jenseits des traditionellen Webs in Anspruch. Das können soziale Netzwerken wie Facebook oder Twitter sein, Internetshops wie Amazon oder eBay oder Datenspeicher wie Dropbox oder Apples neue iCloud. Diese Dienste haben eines gemeinsam: Sie existieren neben-, nicht miteinander. Auf jeder einzelnen dieser Seiten muss man seine eigenen Nutzerprofile verwalten, spezielle Zugangsdaten kennen und mit proprietären Umgebungen zurechtkommen. In der Forrester-Umfrage gaben immerhin 29 Prozent der Befragten an, dass sie Probleme mit der großen Zahl von Zugangskennungen haben. Die Menschen, folgert Forrester daraus, brauchen Hilfe beim Vereinheitlichen dieser vielen Zugänge und Umgebungen.

Das Archiv digital gespeicherter Informationen wächst dramatisch an. Früher waren digitale Informationen oft dem Verfall preisgegeben: Man druckte E-Mails und Dokumente aus, um sie zu bewahren. Die digitale Sicherung der Daten war lange kein Thema. Auch das hat sich im Internetzeitalter dramatisch geändert: Wer Bilder, Nutzerprofile und immer häufiger auch persönliche oder geschäftliche Dokumente im Internet ablegt, tut das in der Regel für die Ewigkeit. Online-Daten verfallen nicht. Dazu kommt, dass immer mehr Dokumente digital gespeichert werden müssen, um regulatorische oder gesetzliche Vorgaben einzuhalten.

Was waren das für Zeiten, als man seine Word- oder Excel-Dokumente auf einer Diskette unterbringen konnte. Heutzutage hortet ein durchschnittlicher Anwender Daten in Giga- und Terabyte-Größe: Dokumente, Fotos, Musik, Filme. Und das auf unterschiedlichen Endgeräten wie Smartphone, Privat- und oft auch Geschäfts-Computern. Wie man da den Durchblick bewahrt und solche Riesenmengen an Daten nutzt, vorhält und sichert und über die unterschiedlichen Endgeräte synchronisiert, beherrschen nur wenige.

Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verwischen. Man erledigt private E-Mails während der Arbeit und geschäftliche Aufgaben schnell auch noch nach Feierabend. Und bei einer wachsenden Zahl von Aktivitäten lässt sich zudem gar nicht mehr sauber trennen, ob das nun beruflich oder privat ist; das Netzwerken bei Facebook oder Xing gehört oft zu den täglichen Routine-Aufgaben dazu.

Noch keine Lösungen für die Vielfalt technischer Möglichkeiten

Früher einmal gab es digitale Formate entweder als DOC oder als XLS, und das ist nur leicht übertrieben. Danach kamen MP3 und PDF dazu - genug für ein Leben in der noch jungen digitalen Welt. Heutzutage müssen durchschnittliche Nutzer mit einer Vielzahl von Formaten für Bilder, Audio- und Videodateien, für Office-Dokumente und für Geschäftsanwendungen klar kommen. Hinzu kommt, bedingt durch die Vielfalt der Geräte, eine große Anzahl unterschiedlicher und nur in Ausnahmefällen kompatibler Betriebssysteme. Leichter ist die schöne neue Welt damit nicht geworden.

Citrix und die Personal Cloud

Auf der Citrix Synergy Konferenz in San Francisco hat der Virtualisierungs- und Netzspezialist unter anderem seine Angebote für Personal Cloud-Umgebungen vorgestellt. Kernstück dieser Angebote ist der Citrix Receiver, der Zugriff auf gewohnte (eventuell virtualisierte) Arbeitsumgebungen von fast jedem Endgerät her ermöglicht. Zu den nun zusätzlich unterstützten Betriebssystemen zählen unter anderem auch Google Chrome OS und HP WebOS. Citrix Receiver ist damit für gut 1.000 verschiedene Rechnermodelle, 149 verschiedene Smartphones, 37 Tablets, zehn Klassen von Thin Clients und alle gängigen Betriebssysteme zertifiziert.

Weiterentwicklungen gibt es auch beim Release 2.0 des XenClient: Der Bare Metal Hypervisor für die mobile Offline-Nutzung von Desktops und Anwendungen ist in Zukunft mit weiteren Plattformen kompatibel. Neben dem Support von Intel-Plattformen aus den Jahren 2010 und 2009 läuft die Lösung nun auch auf der zweiten Generation der Intel Core vPro Prozessoren. Die Zahl der unterstützten Endgeräte steigt damit weltweit auf über 45 Millionen.

Ebenfalls neu ist die separat verfügbare Version XenClient XT. Durch den autarken Aufbau und die Isolation der Lösung wird die Sicherheit der virtualisierten Umgebungen "deutlich erhöht", wie es in einer Pressemitteilung von Citrix heißt. Damit eignet sich das Produkt besonders für Branchen und Bereiche mit hoch sensiblen Daten, wie Banken oder Betriebe aus dem öffentlichen Sektor.

Bei der Citrix-eigenen HDX-Technologie in XenDesktop wurde insbesondere die Bandbreitenauslastung optimiert, so dass laut Citrix Bandbreiten-intensive Video- und Sprachdienste auch bei parallel stattfindenden Downloads und Druckaufträgen nicht ausgebremst werden. Die HDX RichGraphics-Technologie wird außerdem um Funktionen zur Flash-Umleitung, Remote-Befehle für DirectX und GDI-Grafik sowie integrierte HDX 3D Pro- und Microsoft RemoteFX-Technologien erweitert.

Weitere Neuerungen von der Synergy:
Tag 1
Tag 2

Strategische Informationen zur Personal Cloud von Citrix (auf Englisch)

Unterm Strich, bilanziert Forrester die Ergebnisse seiner Umfrage, scheinen die Menschen noch keine Lösungen für den Umgang mit der komplexen Vielfalt technischer Möglichkeiten zu haben: Sie machen keine Backups ihrer Daten und sie können sich nach wie vor die vielen Zugangsnamen und Passwörter nicht merken. Sie wünschen sich einfaches Handling für den Austausch von Fotos, Videos und Musikdateien und sie würden gerne auch auf Daten vom Home-PC zugreifen, wenn sie unterwegs sind.

Apropos Daten: Die Menge digital gespeicherter Informationen wächst so rasch an, dass ein einziger Rechner nicht mehr ausreicht, um all das zu speichern. Viele einzelne Geräte mit jeweils eigenen Datensammlungen lösen das Problem auch nicht, sondern vergrößern das Chaos nur noch. Eine, wenn auch (noch) kleine Gruppe der Befragten wünscht sich daher Technologien, mit denen man auf Anwendungen, Daten oder Informationen zugreifen kann, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wo sich diese Daten befinden.

Schon 2009 sagten die Analysten von Forrester voraus, dass es neue Modelle für den Umgang mit persönlichen Informationen geben würde. Schon damals - also noch vor dem Cloud-Hype und den Tablet-PCs - plädierten die Marktforscher für das Synchronisieren unterschiedlicher Geräte, für Online-Backups, für Web-Apps, virtuelle Desktops und das Streamen von Apps.

Heute steht das Ende der traditionellen PC-Ära als Zeitalter des "Personal Computers" bevor. Die neue PC-Ära beschäftigt sich - unter demselben Akronym - stattdessen mit der "Personal Cloud". Forrester definiert die Personal Cloud als "ein Set aus persönlichen Geräten und gebündelten Online-Services". Konfiguriert und kontrolliert wird diese Umgebung von den Anwendern selbst. Die User organisieren und bewahren persönliche oder geschäftliche Informationen, Dokumente, Medien und Kommunikationselemente. Diese Daten liefern die "persönlichen Admins" dann an beliebige Endgeräte aus, die sie selber nutzen.

Personal Cloud hilft Probleme lösen

Wer seine eigene Informationsumgebung verwalten und verwenden können will, heißt es bei Forrester, muss sich von der bisherigen, PC-zentrierten Arbeitsweise verabschieden. Stattdessen gibt es unabhängig vom Endgerät eine Basisumgebung mit Anwendungen wie Office-Apps, Kalender, Kontakte und E-Mails, die die Grundbedürfnisse der Anwender befriedigen. Um diese Basisdienste herum gibt es eine Reihe spezieller Anwendungen - Backup-Dienste, Sync-Services, Filesharing- oder Collaboration-Angebote. Die größten Anbieter der Basisdienste (wie Microsoft oder Google), schätzt Forrester, werden auf Dauer offene Schnittstellen (APIs) zu ihren Services anbieten. Damit können andere Dienstleister ihre speziellen Anwendungen an die Basisdienste andocken.

Personal-Cloud-Angebote zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie von einer breiten Palette von Endgeräten (PCs, Laptops, Smartphones, Tablets, Thin Clients...) genutzt werden können. Dennoch, glaubt Forrester, werde es für die meisten Anwender einen Rechner geben, der quasi als Schaltzentrale der Personal Cloud fungieren wird. Dort wird nach wie vor ein großer Teil der Anwendungen, aber auch der Daten liegen, die ein einzelner Anwender von unterschiedlichen Endgeräten her nutzen wird. Diese Tendenz wird offenbar von allen großen Betriebssystemen unterstützt: Windows 8, das nächste Mac OS X - genannt "Lion" - und moderne Linux-Distributionen, schreibt Forrester, werden entsprechend Kapazitäten mitbringen.

Für dieses Konzept sprechen auch moderne Strategien für die Desktop-Virtualisierung: Hier existiert ebenfalls ein persönliches Endgerät als Ausgangspunkt aller Aktivitäten. Dabei ist es egal, welche Rechenleistung oder Betriebssystem dieses hat. Mit diesem greift der Benutzer auf ein virtuelles Image im Rechenzentrum zu, das zentral gepflegt und gewartet wird, aber trotzdem pro Benutzer eine individuelle Umgebung darstellt. Erweitere Modelle ermöglichen es auch, unterschiedliche Betriebssystem-Images auf einem Client zu betreiben - voneinander isoliert und somit in einer sicheren Umgebung. Benutzer können nicht nur private von geschäftlichen Daten trennen, sondern profitieren auch von einer standardisierten (Unternehmens-Image) und einer personalisierten (Privat-Image) Umgebung.

Durch die Unabhängigkeit vom Endgerät ist der Benutzer wesentlich flexibler - sowohl was den Arbeitsplatz-als auch den Ort angeht. Durch den universellen Client-Zugriff auf den virtuellen Desktop sieht seine Umgebung immer gleich aus, Anwendungen und Desktops können dem Benutzer auf unterschiedliche Systeme folgen. Die Zahl der unterschiedlichen Anwendungen, Betriebssysteme und Speicheroptionen reduziert sich damit auf eine für jeden Anwender erträgliche Menge und löst so einen guten Teil der in der Forrester-Umfrage geäußerten Bedenken gegen moderne Technik.