Der Markt für Datenbanken

Der Markt für Datenbanken 2005: Auf ihnen ruht alles

13.10.2005 von von Jan
Datenbanken sind eine feste Größe in der IT. Die Produkte und auch das Marktgeschehen ändern sich nur langsam. Neues findet sich eher am Rande.

Kaum ein Unternehmen wird ohne triftigen Grund seine Datenbanken austauschen. Zu viel hängt an diesen Eckpfeilern der IT, als dass ohne immensen Leidensdruck Migrationsprojekte gestartet werden. Wer sich für eine Datenbank entscheidet, richtet sich langfristig an der Produktpalette eines Herstellers aus. Entsprechend ruhig geht es auf diesem Markt zu: Im Gegensatz zu anderen Technologien können die Datenbanken weder mit exorbitanten Wachstumsraten noch mit sensationellen Ankündigungen der Hersteller aufwarten. Die Produkte sind seit Jahren ausgereift, das Rennen um kaufentscheidende Features ist längst vorbei. Daraus zu folgern, dass sich am Datenbankmarkt nichts tue, wäre jedoch falsch. Denn jede kleine Änderung, die ein Hersteller seinen Produkten oder seinen Lizenzmodellen angedeihen lässt, hat große Auswirkungen: Datenbanken sind fast immer unternehmenskritisch und mit entsprechend teuren Wartungsverträgen hinterlegt.

Der Markt wird seit Jahren vom Triumvirat IBM, Oracle und Microsoft bestimmt. Fast 89 Prozent des Geschäfts in Deutschland gingen laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner Dataquest im vergangenen Jahr auf deren Konto. Lange Zeit führte IBM das Feld mit deutlichem Abstand an. Nun aber liegt Oracle, nachdem es 2004 wie Microsoft weltweit zweistellig gewachsen ist, fast gleichauf.

IBMs Datenbankgeschäft basiert vor allem auf den Z-Series- Anwendern. Der Quasi-Monopolist bei Mainframes kann hier auf einen großen Kundenstamm zurückgreifen. Laut Gartner entsteht ein großer Teil des Geschäfts mit neuen Lizenzen durch DB2 für die Z-Series. Global konnte IBM dadurch rund 34 Prozent Marktanteil für sich verbuchen. In Deutschland hat Big Blue einen noch besseren Stand: Durch die unverändert hohe Beliebtheit der großen Eisen kommt das Unternehmen hier sogar auf einen Anteil von über 44 Prozent des Neulizenzgeschäfts.

Im Vergleich zum Vorjahr musste IBM damit am deutschen Markt zwar zwei Prozent abgeben, steht aber nach wie vor deutlich an der Spitze der Top Ten von Gartner. Die konstanten Marktanteile von IBM führt auch Andreas Zilch, Vorstandsvorsitzender des Marktforschungsunternehmens Experton Group, auf das z-Series- Geschäft zurück: „Die Mainframe-Anwender haben eigentlich keine Alternative zu IMS und DB2. IMS-User wechseln - wenn überhaupt - zu DB2.“

Das hohe Lied der Linux-Rechner

Ganz anders dagegen Oracle: Bereits seit längerem singt der Anbieter das hohe Lied der Commodity-Hardware mit Linux als Betriebssystem. Und das offensichtlich mit einiger Überzeugungskraft, Oracle kann vor allem im Bereich der Linux-Datenbanken traumhafte Wachstumsraten vorweisen: Hier hatte Oracle 2004 laut Gartner weltweit einen Marktanteil von rund 80 Prozent, beim Umsatz mit neuen Lizenzen für Linux-Datenbanken konnte der Hersteller ein Plus von mehr als 150 Prozent verbuchen. Inzwischen liegen IBM und Oracle auf globaler Ebene beim Kampf um die Marktführerschaft Kopf an Kopf:Oracle kam im Jahr 2004 auf einen Marktanteil von 33,7 Prozent. Etwas anders schaut das Bild bei der deutschen Anwendergunst aus. Hier kann die von Lawrence Ellsion gegründete Company nur knapp 23 Prozent des Kuchens für sich reklamieren und hat damit den Marktanteil gegenüber 2003 um etwas über ein Prozent gesteigert.

In jüngster Zeit hat Oracle unter den Anwendern für Verwirrung gesorgt: Bei der Frage, wie die nun auf den Markt kommenden Dual-Core- Prozessoren von AMD und Intel zu lizenzieren sind, tut sich der Anbieter schwer. Präferierte Oracle zunächst das Modell, jeden Kern als eigenständige CPU zu betrachten, ruderten die Kalifornier vor kurzem wieder zurück und wollen nun bei Multi-Core- Prozessoren jeden Kern wie 0,75 Prozessoren werten. Die Mitbewerber IBM und Microsoft haben sich hier schon länger zu einer kundenfreundlichen Lösung durchgerungen und legen die Lizenzgebühren nach Anzahl der CPU-Sockel fest, nicht nach den Kernen. Bei IBM gilt das jedoch nur für Intel- und AMD-basierende Systeme, nicht für Power-Prozessoren.

Sonderweg Microsoft

Allerdings wird der Schlingerkurs von Oracle laut Zilch die Anwender nicht zu anderen Produkten greifen lassen: „Eine Datenbankmigration ist viel zu aufwändig und zu teuer, als dass sich die Kunden deswegen von Oracle abkehren würden.“

Einen anderen Weg, die eigene Datenbank im Markt zu verankern geht Microsoft. Das Redmonder Unternehmen versucht, mit günstigen Produktbündeln bei den Anwendern zu landen. So legt Microsoft zum Beispiel der Komplettlösung für kleinere Unternehmen - dem Windows Small Business Server 2003 - den eigenen SQL Server bei.Microsoft konnte weltweit im Datenbankbereich mit rund 18 Prozent das größte Wachstum aller Anbieter verzeichnen und hält global nun auf Platz drei 20 Prozent Anteil am Gesamtmarkt. In Deutschland ist der Anteil sogar etwas höher, hier kommen die Redmonder auf fast 23 Prozent. Laut Zilch ist die Microsoft- Strategie durchaus Erfolg versprechend: „Reine Datenbanken werden immer mehr zur Commodity. Damit eignen sie sich sehr gut für Bundles.“

Middleware entscheidend

Andere Datenbankanbieter können keine relevanten Marktanteile für sich reklamieren - was meist daran liegt, dass die Produkte hoch spezialisiert sind. Bereits der Vierte auf der Gartner-Liste, NCR Teradata, muss sich mit 2,2 Prozent des Kuchens zufrieden geben.Mehr Dynamik findet sich im Open-Source-Lager. Die Open- Source-Datenbanken werden ernst zu nehmende Alternativen. MySQL hat mit Version 5 nun wichtige Lücken geschlossen und kann zum Beispiel Views und Trigger - unverzichtbar beim Einsatz in ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning) - unterstützen. PostgreSQL ist seit einiger Zeit auch für Windows verfügbar, der User-Support wird durch regionale Dienstleister zunehmend verbessert. Allerdings dürfte es wegen der komplizierten Migration den Anbietern quelloffener Datenbanken schwer fallen, nennenswerte Marktanteile von den etablierten Herstellern abzuziehen. Ihre Chance liegt vor allem in neuen Projekten. „Open-Source-Datenbanken werden deutlich dazugewinnen, während die anderen Hersteller sich auf ungefähr dem heutigen Niveau halten“, prognostiziert der Experton-Analyst Zilch.

So sind in nächster Zeit generell keine großen Umwälzungen am Markt für Datenbanken zu erwarten. „Die reinen Datenbank-Engines sind am Ende ihres Innovationszyklus angekommen“, so Zilch. „Alle wichtigen Neuerungen werden heute darauf aufbauend entwickelt.“ Die Innovationskraft fließe in Business Intelligence (BI) oder Data Warehousing. „Entscheidend ist heute nicht die Datenbank-Engine, sondern die Middleware.“

* Der Autor JAN SCHULZE ist freier Journalist in Erding bei München. [jan@schulze-miedl.de]