Eine kurze Geschichte des IT-Chefs

Der CIO - totgesagt und alle Hände voll zu tun

20.06.2013 von Karin Quack
In den 70er Jahren hieß er DV/Org.-Leiter, später wurde er umgetauft in CIO, künftig vielleicht in Chief Business Technology Officer (Forrester) oder Chief Digital Officer (Gartner). Diese Namensänderungen kommen keineswegs von ungefähr.
Eine Tasche voll Kryptonit könnte jeder CIO brauchen.
Foto: Nomad Soul/Shutterstock

Der klassische CIO ist tot. So meldete die Computerwoche im November 2010. Das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner hatte den IT-Verantwortlichen, wie wir ihn kennen, zum Auslaufmodell abgestempelt. Zwei Jahre später erfreuen sich die meisten der Totgesagten immer noch bester Gesundheit. Einige von ihnen bangen aber tatsächlich um ihren Job. Denn die bisherigen Qualifikationen reichen nicht mehr aus.

In der Frühzeit der Unternehmens-IT, den 70er und 80er Jahren also, war Informationstechnik etwas für wenige Experten. Die arbeiteten tief im Bauch der Unternehmen an gigantischen Rechenmaschinen, die Lochkarten abtasteten oder - etwas später - endlose Reihen von Einsen und Nullen zu Datenkolonnen bündelten. Die Verdichtung dieser Daten zu Informationen war eine Geheimwissenschaft, ausgeübt von seriösen, wichtig aussehenden Herren.

Damals hieß dieser Unternehmensbereich noch DV, also Datenverarbeitung. Und besagte Herren zeichneten nebenher auch noch für die Unternehmensorganisation verantwortlich. Die "DV/Org-Leiter" waren diejenigen, die das Unternehmen mit analytischem Verstand durchdrangen.

Von den Fachbereichen getrieben

Dies war die Ära der Mainframes und der "dummen Terminals", die grüne, orangerote oder weiße Buchstaben und Zahlen auf schwarzen Bildschirmhintergrund zauberten. Softwareprogramme gab es kaum zu kaufen, also wurden sie entwickelt. Viele DV/Org.-Leiter konnten selbst programmieren, auch wenn sie es nicht oft taten.

Um die Wende zu den 80er Jahren entstand ein veritabler Drittmarkt für "Softwareanwendungen". Die IBM hatte mit System- und Datenbanksoftware den Boden bereitet, auf dem Unternehmen wie die ADV/Orga ihre Applikationen aufsetzen konnten. Beinahe zwangsläufig waren die ersten kommerziell verwertbaren Mainframe-Anwendungen für den Finanz- und Controlling-Bereich gedacht. Die Personalabteilungen mit ihrem ständigen Abrechnungsbedarf wurden bald ebenfalls mit "DV-Anwendungen" beglückt. Parellel dazu entwickelte sich hinter den Kürzeln MRP beziehungsweise PPS eine eigene DV-Welt für die Fertigungsunterstützung.

Worüber der CIO mitreden muss
Laut Forrester Research sollte sich ein Business Technology Officer (BTO), der einen Platz am Vorstandstisch beansprucht, heute in sieben Bereichen auskennen
Kosten der Technik ...
... (nicht nur die der IT-Abteilungen) sowie Budgets.
Priorisierung der Kosten ...
... beziehungsweise Investitionen. (Wo soll in Technik investiert werden - Produktion, Marketing etc.).
(Re-)Sourcing:
Was wird zentral, was dezentral genutzt? Wer stellt welche Leistung zur Verfügung?
Jeweils angemessene Qualität ...
... der Technik (im Hinblick auf die strategische Bedeutung der Lösung/des Service).
Risiko-Management/Security-Fragen:
Bewerten können, welche Risiken aus einer technischen Lösung erwachsen und inwieweit sie tragbar sind.
Rollen und Verantwortlichkeiten:
Wer ist wofür verantwortlich? Wer braucht Zugriff worauf? Wer übernimmt welche Aufgaben?
Kommunikation der Entscheidungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens:
Zum Beispiel bei Bring your own kann die IT nicht mehr einfach sagen: So wird es gemacht.

Die ersten Abteilungsrechner

Alexander Peters: "Die IT-Entwicklung wird von den Fachbereichen getrieben."
Foto: Forrester Research

"Die Betrachtung der IT-Entwicklung als Pendulum Swing ist falsch", sagt Alexander Peters, Principal Consultant bei Forrester Research. Signifikant sei nicht der Wechsel von zentral zu dezentral und wieder zu zentral, wie viele Marktbeobachter herausstellten. Richtig sei vielmehr, dass alle informationstechnischen Revolutionen von einem oder mehreren Business-Bereichen, also keineswegs aus der IT heraus, angezettelt wurden: "Die Verhaltensmuster und die Dynamik sind immer dieselben: Die Technik fasst außerhalb der IT Fuß, dann explodiert sie quasi, und die IT führt sie wieder zusammen."

Peters zufolge nahm der nächste Evolutionsschritt seinen Anfang in den Produktionsabteilungen: Dort tauchten in den 80er-Jahren die ersten dedizierten Abteilungsrechner (meist "Mini-Computer" von DEC) auf. Einige Jahre später wurde der Markt vom Betriebssystem Unix und den damit betriebenen Abteilungs-Servern noch einmal durcheinandergewirbelt. Mit der Weiterentwicklung des Open-Source-Betriebssystems Linux und dessen Unterstützung duch die IBM wurden diese Maschinen endgültig salonfähig.

Vorboten der Schatten-IT

Da gab es nun plötzlich Computer, die nicht mehr direkt dem DV-Bereich unterstellt waren. Sie können als frühe Vorläufer der "Schatten-IT" angesehen werden, die sich heute angeblich schon in den meisten Fachbereichen etabliert hat.

Die vier Wellen der Technologie-Innovation.
Foto: Karin Reitberger

Für die DV/Org.-Leiter war das ein Schlag ins Kontor. Rückblickend muss diese Entwicklung aber auch als Chance begriffen werden. Nur so konnten sich die Herren über Mainframes und Number Cruncher (so hießen die auf rechenintensive Operationen spezialisierten Supercomputer) auf ihren Weg aus dem "Maschinenraum" heraus machen - hinein in die Unternehmens-ebenen, wo Business-Entscheidungen getroffen werden. "In den Anfängen der Informationstechnik galt das Interesse des DV-Leiters zu 80 Prozent der Technik und zu 20 Prozent dem Business", erinnert sich der IT-Berater und Analyst Rüdiger Spies, assoziierter Partner der IDC Deutschland, "heute muss ein CIO zu 80 Prozent das Business verstehen und zu 20 Prozent die Technik."

Die Privatisierung der Hardware

Andreas Resch: "Die IDV war der erste Bruch im Selbstverständnis."
Foto: Andreas Resch

Fast gleichzeitig mit den Fertigungplanern und Ingenieuren entdeckten die Büroangestellten die Vorteile einer "individuellen" Datenverarbeitung, die damals tatsächlich als IDV tituliert wurde, obschon sie stark standardisiert war. Spätestens Mitte der 80er Jahre rüstete jedes Unternehmen, das etwas auf sich hielt, seine Sachbearbeiter mit "Personal Computern" aus. Hier entstand eine immer größer werdende Nische, für die der DV/Org.-Leiter kraft seines Amtes verantwortlich zeichnete, ohne dass er direkt Einfluss darauf nehmen konnte.

"Die IDV war der erste große Bruch im Selbstverständnis der IT-Verantwortlichen", erinnert sich Andreas Resch, ehemaliger CIO der Bayer AG, heute Managing Partner bei Modalis Management in Berlin: "Diesem Dilemma versuchten sie zu begegnen, indem sie den Mitarbeitern PCs ohne Diskettenlaufwerke bereitstellten, so dass niemand Daten mitbringen oder nach Hause nehmen konnte." Dieser verzweifelte Versuch, die Kontrolle über Daten und Anwendungen zu behalten, war die logische Konsequenz aus dem, was für die DV/Org.-Leiter einen wichtigen Teil ihres Berufsethos bildete: Datensicherheit, -konsistenz und -integration.

Die im Prinzip untragbare Situation läutete die Weiterentwicklung des DV- zum IT-Leiter ein. Die Verantwortlichen wollten sich nicht länger selbst im Maschinenraum einsperren, sondern bemühten sich, all das, was ihnen de jure anvertraut war, de facto in Besitz zu nehmen. Und das äußerte sich auch im Begriffswechsel von der Datenverarbeitung zur Informationstechnik. Auf der technischen Seite half das Client-Server-Computing den IT-Chefs, die marodierenden PCs wieder einzufangen. Daneben entwickelten sie ein Gespür für die nichttechnischen Aspekte der Informatik: ihren Nutzen für das Unternehmensgeschäft. Wer von Informationen statt von Daten spricht, hat diese Dimension schon im Kopf.

CIO des Jahres 2012 - Preisträger Großunternehmen
Mit großer Freude präsentieren wir Ihnen die CIOs des Jahres 2012 in der Kategorie Großunternehmen.
Platz 10: Jochen Schneider, Zürcher Kantonalbank
Jochen Schneider, bis Juni dieses Jahres CIO der Zürcher Kantonalbank, hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den zehnten Platz in der Kategorie Großunternehmen erreicht.
Platz 9: Volker Raupach, Johnson Controls Automotive
Volker Raupach von Johnson Controls Automotive Experience hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den neunten Platz in der Kategorie Großunternehmen und den dritten Platz in der Kategorie "Global Exchange Award" erreicht.
Platz 8: Horst Westerfeld, Land Hessen
Horst Westerfeld vom Land Hessen hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den achten Platz in der Kategorie Großunternehmen erreicht.
Platz 7: Dietmar Schlößer, Deloitte
Dietmar Schlößer, CIO von Deloitte, hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den siebten Platz in der Kategorie Großunternehmen erreicht.
Platz 6: Thomas Schott, Rehau AG
Thomas Schott von REHAU hat beim IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den 6. Platz in der Kategorie "Großunternehmen erreicht.
Platz 5: Christian Mezler-Andelberg, Magna Steyr Fahrzeugtechnik
Christian Mezler Andelberg von Magna Steyr Fahrzeugtechnik hat beim IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" in der Kategorie den 5. Platz erreicht.
Platz 4: Klaus Vitt, Bundesagentur für Arbeit
Klaus Vitt von der Bundesagentur für Arbeit hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den vierten Platz in der Kategorie Großunternehmen erreicht.
Platz 3: Michael Kollig, Danone
Mit seinem Innovationsprojekt landete Michael Kollig, CIO für die Region EMEA von Danone, beim "CIO des Jahres 2012" nicht nur auf Rang drei in der Kategorie Großunternehmen, sondern schnappte sich zudem den ersten Platz in der Kategorie "Global Exchange Award". Das ist eine Überraschung: Die Nahrungsmittelindustrie war noch nie mit einem CIO so weit vorne im Ranking vertreten.
Platz 2: Andreas König, ProSiebenSat.1 Media AG
Platz zwei im IT-Wettbewerb „CIO des Jahres 2012“, Kategorie Großunternehmen, erreichte Andreas König von ProSiebenSat.1 Media. So weit nach vorne hat es noch nie ein Vertreter der Medienbranche beim „CIO des Jahres“ geschafft.
Platz 1: Thomas Noth, Talanx AG
Der Sieger des IT-Wettbewerbs "CIO des Jahres 2012" in der Kategorie Großunternehmen heißt Thomas Noth von der Talanx AG. Der Konzern-CIO hat es geschafft, sein Unternehmen von den branchentypischen Eigenentwicklungen hin zu einer Standardsoftware zu bewegen

Raus aus dem Konzern

Diese Informationen befanden sich - ebenso wie die für ihre Übermittlung, Verarbeitung und Speicherung nötige Technik - immer öfter nicht mehr im unmittelbaren Einflussbereich des IT-Leiters. 1990 lagerte Daimler-Benz seine IT in eine Tochtergesellschaft namens Debis aus - mit dem Ziel, deren Dienstleistungen am Markt anzubieten. Was damals revolutionär war, gab es schon bald immer öfter: Unternehmen lagerten IT-Services aus, mischten Angebote unterschiedlicher Provider, verglichen Marktpreise, analysierten die eigene Performance - und beschäftigten Stäbe von Juristen, um die Verträge auszuhandeln.

Wie sich die Themen gleichen - COMPUTEWOCHE vom 24. September 1982

Mit dem reinen Rechenzentrumsbetrieb hatten die IT-Leiter schon vorher nicht mehr viel zu tun. Dafür gab es das Berufsbild des RZ-Leiters, heute würde man ihn IT Operations Manager nennen. Auch der Softwareentwicklung waren sie mehr und mehr entwachsen. Jetzt mussten sie sich auch damit abfinden, dass große Teile ihres Kerngeschäfts - etwa Business-Applikationen und Desktop-Services - in fremde Hände wanderten. Und mit ihnen auch ein erheblicher Teil des Personals.

Geburtshelfer des CIO-Begriffs

Trotzdem blieb mehr als genug Arbeit. Galt es doch, die strategische Bedeutung der Informationen und der zugehörigen Technik zu erfassen sowie nutzbar zu machen. Damit rückte der IT-Verantwortliche näher denn je an das Business heran. Wenn man so will, wurde das Outsourcing zum Geburtshelfer eines neuen Begriffs: des Chief Information Officer.

Aus dem "Leiter" eines unterbewerteten Unternehmensbereichs wurde der "Officer", der den wichtigsten Rohstoff der Neuzeit unter seiner Kontrolle hatte: die Information. Eine ganze Weile schien es sogar, als sei ein Sitz im Unternehmensvorstand der nächste logische Entwicklungsschritt.

Das Internet war schuld

Indirekt war es das Internet, das die Blütenträume der CIOs als designierte Vorstandsmitglieder platzen ließ: Zum einen läutete das World Wide Web die nächste Welle der IT-Evolution ein. Wie der Forrester-Analyst Peters sicher zu Recht herausstellt, waren es diesmal die Marketing-Bereiche, die als erste auf den Zug aufsprangen. Sie sahen hier eine Möglichkeit, das Unternehmen und die Produkte zu präsentieren, ausgewählte Zielgruppen direkt anzusprechen und Feedback zu sammeln.

Zum anderen löste das WWW den Euphoriesturm aus, der als Dotcom-Blase in die Wirtschaftsgeschichte einging. Als dieses Trugbild zerplatzte, blieb ein tiefes Misstrauen der Unternehmenslenker gegenüber der IT zurück. Die Wirtschaftsflaute verführte viele Unternehmen zu einer Sparpolitik, die dort ansetzte, wo man die Wurzel des Übels vermutete: bei der IT.

Plötzlich galt die IT als teuer und wenig effektiv. Manche machten sich sogar Gedanken darüber, ob sie jemals etwas gebracht habe oder bringen werde. Die Hexenjagd gipfelte in dem 2003 veröffentlichten Aufsatz "IT doesn’t matter" von Nicholas Carr. So kam es, dass heute nur wenige CIOs regelmäßig an Vorstandssitzungen teilnehmen. Viele sind noch - oder wieder - dem Chief Financial Officer unterstellt, der eher auf Kosten-Nutzen-Rechnungen als auf strategische Optionen fixiert ist.

CIO des Jahres 2012 - Preisträger Mittelstand
Mit großer Freude präsentieren wir Ihnen die CIOs des Jahres 2012 in der Kategorie Mittelstand.
Platz 9: Sebastian Saxe, Hamburg Port Authority
Sebastian Saxe von der Hamburg Port Authority hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" in der Kategorie Mittelstand den 9. Platz erreicht. Diese Platzierung teilt er sich punktgleich mit Christoph Grewe-Franze von Weleda.
Platz 9: Christoph Grewe-Franze, Weleda AG
Christoph Grewe-Franze vom Naturkosmetikhersteller Weleda hat im IT-Wettbewerb „CIO des Jahres 2012“ in der Kategorie Mittelstand den 9. Platz erreicht. Diesen belegt er punktgleich mit Sebastian Saxe von der Hamburg Port Authority.
Platz 7: Frank Nittka, BRITA GmbH
Frank Nittka vom Wasserfilterhersteller Brita hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" in der Kategorie Mittelstand den siebten Platz erreicht. Auf diesem Rang liegt er punktgleich mit Klaus Höffgen von der Delvag Luftfahrtversicherung.
Platz 7: Klaus Höffgen, Delvag Luftfahrtversicherungs AG
Klaus Höffgen von der Delvag Luftfahrtversicherungs AG hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den siebten Platz in der Kategorie Mittelstand erreicht. Auf diesem Rang liegt er punktgleich mit Frank Nittka, CIO von Brita.
Platz 6: Volker Dirksen, Landwirtschaftsverlag GmbH
Volker Dirksen vom Landwirtschaftsverlag hat im IT-Wettbwerb "CIO des Jahres 2012" den sechsten Platz in der Kategorie Mittelstand erreicht.
Platz 5: Leo Hintersteiner, Bene AG
Leo Hintersteiner von der Bene AG hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den fünften Platz in der Kategorie Mittelstand erreicht.
Platz 4: Markus Kapler, EBZ SE
Markus Kapler von der EBZ-Gruppe hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den vierten Platz in der Kategorie Mittelstand erreicht.
Platz 3: Thorsten Pawelczyk, SieMatic
Thorsten Pawelczyk von SieMatic hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres" den dritten Platz in der Kategorie Mittelstand erreicht. Der CIO des Küchenherstellers hat ein Unternehmens-Wiki auf Sharepoint-Basis eingeführt.
Platz 2: Sönke Vetsch, Börse Stuttgart
Sönke Vetsch von der Börse Stuttgart hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den zweiten Platz in der Kategorie Mittelstand erreicht. Der CIO und COO der Börse Stuttgart hat die gesamte IT-Infrastruktur erneuert und dabei vier Rechenzentren auf zwei konsolidiert, Windows 7 eingeführt und die Zahl der Firmen-Notebooks um 75 Prozent verringert.
Platz 1: Bernd Kuntze, Haas Food Equipment GmbH
Der Mittelstandssieger des IT-Wettbewerbs "CIO des Jahres 2012" heißt Bernd Kuntze, CIO von Haas Food Equipment. Erstmalig hat es ein österreichischer IT-Leiter auf das oberste Treppchen im Wettbewerb geschafft.

Alte Fehler vermeiden

Möglicherweise haben die CIOs in den späten 90er Jahren auch den einen oder anderen Fehler gemacht. Zu bereitwillig haben viele das Thema E-Business den Marketiers überlassen. Erst nachdem die ersten Projekte gegen die Wand gefahren waren, übernahmen die IT-Spezialisten. Hätten sie von Anfang an das technisch Machbare und das geschäftliche Wünschenswerte unter einen Hut gebracht, stünden sie heute vielleicht besser da.

Jetzt sollten die CIOs zusehen, dass die wichtigen Trends dieses Jahrzehnts nicht wieder an ihnen vorbeilaufen. Dazu zählen die Techniken aus dem Consumer-Bereich, also vor allem Social Media und Mobility. Vielerorts gibt es schon wieder Bestrebungen, den als zu langsam geltenden IT-Bereich zu umgehen und beispielsweise einen Chief Mobile Officer zu installieren.

Der CIO oder - so es ihn gibt - der IT-Vorstand ist in den meisten Unternehmen derjenige, der für jede Art von Informationstechnik geradestehen muss. Da ist es recht und billig, dass er auch die Weisungskompetenz für die unterschiedlichen IT-Ausprägungen im Unternehmen hat - sei es nun Security, Mobility, Social Media, Cloud Computing oder Big Data.

Das erfordert allerdings Fingerspitzengefühl. "Die Business-Manager wissen heute meist selbst, welche Technik sie brauchen, um ihre Aufgaben zu unterstützen", erläutert Forrester-Analyst Peters, "und immer häufiger ist diese Technik auch außerhalb der IT angesiedelt; sie durchdringt buchstäblich das gesamte Leben." Also benötigten die Firmen IT-Verantwortliche - Forrester nennt sie neuerdings Business Technology Officers - mit einer "anderen Qualität". Sie müssten in der Lage sein, die "pervasive" Technik wieder "einzufangen".

Was CIOs derzeit beschäftigt

Eine Entwicklung, die den CIOs im Augenblick Kopfschmerzen bereitet, ist Bring your own Device (ByoD). Für unruhige Nächte sorgen auch die Themenkomplexe "Cloud" und "Apps". Beide bezeichnen im Prinzip dasselbe Phänomen: die völlige Privatisierung der IT, nicht nur der Hard-, sondern auch der Software.

Dazu gehört die in Fachabteilungen zunehmend beliebte Vorgehensweise, Software-Services quasi mit der Kreditkarte zu beschaffen. "Software as a Service ist die nächste Welle der Freiheit für die Fachabteilungen", sagt Spies. Diese Freiheit habe allerdings oft ihren Preis: die fehlende Integration in die restlichen IT-Systeme des Unternehmens.

Eine andere Ausprägung der Tendenz zur privaten Software sind mobile Apps. "Traditionell gab es für Applikationen in Unternehmen drei Kriterien", weiß der ehemalige CIO Resch: "Sie mussten sicher sein. Sie mussten konsistent sein, also keine widersprüchlichen Informationen enthalten. Und sie mussten integriert sein. Das war bis zur Jahrtausendwende das Credo des IT-Verantwortlichen."

Heute sind diese Grundsätze offenbar außer Kraft gesetzt. Die Mitarbeiter bringen kleine Programme in die Arbeitswelt mit, die diesen Kriterien nicht mehr genügen. "Einfach mal was Kleines entwickeln", so lautet die Devise der App-Programmierer. Der grandiose Durchbruch der kleinen programmierten Abläufe, die so selbstverständlich auf Informationen aus dem Web zurückgreifen, ist eng damit verknüpft, dass sie sich nicht um die Prinzipien der Unternehmensanwendungen scheren.

Der Datenschutz, eine der heiligen Kühe der Unternehmens-IT, wird auf dem Altar des Ease-of-Use geschlachtet. Aber wehe, ein CIO würde von sich aus vorschlagen, dass er sich künftig einen feuchten Kehricht um Datenschutz, Sicherheit, Konsistenz und Integration kümmert. "Der wäre schnell weg vom Fenster", prognostiziert Resch.

Eine schizophrene Situation

Der CIO bezieht Schmerzens- und Schweigegeld.
Foto: Michele Piacquadio; mkabakov /Shutterstock

Wie sollen die IT-Chefs mit dieser schizophrenen Situation umgehen? Schließlich sind die Unternehmen nach wie vor an die Prinzipien gebunden, die sie schwerfällig machen. Sie komplett aufzugeben, wäre wirtschaftlicher Selbstmord. Doch das "Immunsystem" weiter zu stärken, wäre ebenfalls töricht, so warnt Resch: "Der CIO hat sich keineswegs geirrt, als er seine Grund-sätze entwarf, aber er darf deren Beibehaltung nicht zum Lebensprinzip machen." Damit ließe er sich auf einen Mehrfrontenkrieg ein, den er nur verlieren könne. "Ein CIO, der überleben will, muss versuchen, zu befrieden", empfiehlt der Berater. Das bedeute, die Prinzipien so aufzuweichen, dass sie die innovative Hardware und Software aufnehmen können.

Vielleicht kann sich die Unternehmens-IT ja ab und an den Grundgedanken der Apps zu eigen machen und erst implementieren, um dann zu integrieren. Das sei für den CIO ein Balanceakt, räumt Resch ein. Aber dessen Gehalt schließe sicher ein wenig Schmerzensgeld ein. "Und auch einen Teil Schweigegeld", schmunzelt der Berater, "dafür, dass er es sich verkneift, später zu sagen, er habe es ja von Anfang an gewusst …"

CIO des Jahres 2012 - Global Exchange Award
Mit großer Freude präsentieren wir Ihnen die CIOs des Jahres 2012 in der Kategorie Global Exchange Award.
Global Exchange Award Platz 3: Volker Raupach, Johnson Controls Automotive Experience
Volker Raupach von Johnson Controls Automotive Experience hat im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den neunten Platz in der Kategorie Großunternehmen und den dritten Platz in der Kategorie "Global Exchange Award" erreicht.
Global Exchange Award Platz 2: Christian Mezler-Andelberg, Magna Steyr
Christian Mezler Andelberg von Magna Steyr Fahrzeugtechnik hat beim IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" in der Kategorie den 5. Platz erreicht.
lobal Exchange Award Platz 1: Michael Kollig, Danone
Mit seinem Innovationsprojekt landete Michael Kollig, CIO für die Region EMEA von Danone, beim "CIO des Jahres 2012" nicht nur auf Rang drei in der Kategorie Großunternehmen, sondern schnappte sich zudem den ersten Platz in der Kategorie "Global Exchange Award". Das ist eine Überraschung: Die Nahrungsmittelindustrie war noch nie mit einem CIO so weit vorne im Ranking vertreten.

Die ureigensten Aufgaben des CIO

Gegen Privatisierung und Schatten-IT sind zwei Kräuter gewachsen: eine solide Architektur und eine Governance, die sich auf das Wesentliche konzentriert. Unter Architektur verstehen Fachleute wie der IDC-Analyst Spies ein von der IT-Abteilung und der Business-Seite gemeinsam getragenes Modell als Basis für die Zusammenarbeit beider Seiten. "Ohne eine tragfähige Architektur sind ByoD und Mobile, Big Data etc. nicht zukunftsfähig in eine bestehende IT-Landschaft integrierbar", konstatiert er. Allerdings gebe es eine solche Architektur nicht von der Stange: "Hier geht es schließlich darum, abstrakte Konstrukte und konkrete Business-Anforderungen in Einklang zu bringen."

Mit ähnlichen Argumenten bricht Peters eine Lanze für die IT-Governance, sprich: für flexible, aber verbindliche Regeln, denen Beschaffung und Einsatz von IT-Komponenten folgen. Der BTO müsse die Bereichsleiter und Top-Executives im Unternehmen sanft, aber bestimmt "erziehen".Aber dabei dürfe er nicht das Prinzip "Command and Control" anwenden: "Am Ende des Tages lassen sich die Business-Leute nicht diktieren, was sie machen sollen." Wichtig sei deshalb, dass der BTO als Diskussionspartner "ernst genommen" werde.

Rüdiger Spies: "Nicht der CIO, die Aussagen von Carr sind obsolet."
Foto: IDC

"Dazu ist es aber absolut notwendig, dass der BTO direkt an den CEO berichtet", empfiehlt Peters. Wenn er dem CFO unterstellt ist, wirft dieses Miss-Alignment-Probleme auf." Das Thema Kosteneinsparungen sei immer noch auf dem Tisch. Deshalb sei es notwendig, dass der Vorgesetzte verstehe, wo die Technik dem Unternehmen etwas bringe: "Und das ist einfacher, wenn der CIO mit dem CEO spricht."

Seit die IT beim Vorstand in Ungnade gefallen ist, haben viele CIOs mehr denn je versucht, ihre Rolle neu zu definieren. Im Zuge dessen haben sie sogar ihre Berufsbezeichnung wieder und wieder geändert:

Dies sind nur einige der Aufgaben, die dem CIO anvertraut werden und die er meist ohne Murren übernimmt. Die immer wieder gestellte Frage, ob der CIO überflüssig ist, entbehrt also jeglicher Relevanz. Davon sind nicht nur die Betroffenen überzeugt. Marktbeobachter wie Spies wissen: "Jemand muss die Lufthoheit über die Architektur behalten. Nicht der CIO, sondern die Aussagen von Nicholas Carr sind obsolet. Den CIO angesichts der ubiquitären IT für überflüssig zu erklären, wäre so, als ob man sagte, Sales Force Automation könne den Vertrieb ersetzen."