DSAG-Technologietage

Debatte um SAP-Wartung reißt nicht ab

19.02.2009 von Frank Niemann
Waren die DSAG-Technologietage früher von Neuheiten rund um Netweaver geprägt, dominieren derzeit die Themen IT-Kosten, Wartung, BI-Produktstrategie und Softwarequalität. Dabei zeigt sich: Auch für überzeugte SAP-Anwender wird der Konzern zu einer Softwarefirma unter vielen.

Noch immer beherrscht der "Enterprise Support" die Gemüter der SAP-Nutzer. Dies war auch auf den "Technologietagen" der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) zu vernehmen, die derzeit in Darmstadt stattfinden (siehe auch "SAP-Kunden fordern flexiblen Support"). Nachdem SAP Ende 2008 die Kündigung der Wartungsverträge für Standardsupport rückgängig gemacht hat und Firmen in diesem Jahr ihre Altverträge in diesem Jahr weiterführen können, steht nun neuer Ärger ins Haus. SAP will ab 2010 von seinem vertraglich vereinbartem Recht Gebrauch machen und die Wartungsgebühren für die Standardwartung entsprechend des Lohnkostenindex anpassen, und zwar rückwirkend. Somit würde der Hersteller unter Umständen Unternehmen, die stabile ERP-Umgebungen betreiben und wenig Hilfestellung von SAP benötigen, hohe Wartungsaufschläge zumuten, während Kunden mit neueren Verträgen weniger zu zahlen hätten. Langjährige Bestandskunden könnten so geradezu gezwungen sein, den umstrittenen Enterprise Support in Anspruch zu nehmen, weil dieser für sie günstiger ist.

Wartungsärger forciert Multi-Vendor-Strategie

Aus diesem Grund forderte DSAG, den Preisaufschlag auf den Standardsupport nur für ein Jahr rückwirkend anzusetzen. Zudem bleibt es bei dem Appell in Richtung Walldorf, aufzuzeigen, wie denn Enterprise Support zu niedrigeren Betriebskosten der ERP-Software führen soll.

Auch wenn SAP diesen Forderungen nachkommen sollte, wird die Wartungspolitik Spuren hinterlassen. Der DSAG zufolge ziehen Anwender viel stärker als bisher Alternativlösungen bei Softwareprojekten in Betracht. Bisher waren die Firmen bemüht, möglichst viele IT-Funktionen mit der Software ihres ERP-Lieferanten zu realisieren. Unternehmen überdenken ihre IT-Strategie nicht zuletzt deshalb, weil sie nicht so sehr von SAP abhängig sein wollen.

Kritik an Softwarequalität

Nicht glücklich sind die SAP-Nutzer auch über die Softwarequalität. Insbesondere neue Bestandteile der Ablauf- und Integrationsplattform "Netweaver" seien fehlerhaft und veranlassten Nutzer, sich häufig mit dem SAP-Support in Verbindung zu setzen. Auch das Systemverwaltungswerkzeug "Solution Manager", mit dem Firmen ihre SAP-Lösungen betreiben und Supportanfragen absetzen, ist nicht selten selbst Ursache für die Hilferufe. Jeder Support-Call verursacht auch Aufwand im Anwenderunternehmen, was angesichts der unsäglichen Wartungsdebatte nicht gerade die Stimmung der Kunden hebt. Die DSAG fordert daher Netweaver-7.1-Produkte, die nicht nur weniger komplex sind, sondern auch weniger Fehler enthalten.

Mehr Klarheit bei Business Intelligence gefordert

Zu den größten Baustellen der SAP zählt der Produktbereich Business Intelligence. Der Informationsbedarf der Nutzer und auch das Interesse an den neuen Produkten ist groß. Doch obwohl der Softwarekonzern skizziert hat, wie SAP- und Business-Objects-Lösungen zusammenwachsen, bleiben offenbar noch immer viele Fragen unbeantwortet. Beispielsweise möchten die Anwender wissen, ob und wie viel das Softwarehaus noch in das Frontend-Werkzeug "Bex" investiert. SAP hatte angekündigt, dieses eigene Produkt zugunsten einer Neuentwicklung namens "Pioneer" aufzugeben (siehe auch ). Doch das neue Programm gibt es noch nicht und SAP-Kunden wären wenig erbaut, wenn der Hersteller in der Zwischenzeit überhaupt keine zusätzlichen Funktionen für Bex entwickeln würde. Schließlich haben die Anwender mit ihren Wartungsgebühren über die Jahre auch für die Weiterentwicklung dieses Analysewerkzeugs für SAP BW gezahlt.

Weniger Stress bei Installation und Integration

Bei all der Kritik gingen die Neuheiten der SAP fast unter. Dazu zählt ein "Configuration Wizard", mit dem sich Roll-outs von Standardsoftware sowie die Integration von SAP-Komponenten drastisch abkürzen lassen sollen. Beispielsweise ließen sich so SAP ERP und SAP CRM innerhalb weniger Minuten integrieren, was heute meist Stunden in Anspruch nimmt. Die Anwender begrüßen jeden Schritt in Richtung Vereinfachung, bemerken aber, dass die Methoden sich erst noch in der Praxis beweisen müssen. Der Wizard automatisiert Vorgänge, die SAP bisher dem Nutzer überlassen hatte. In "Configuration Guides" war das Vorgehen etwa für die CRM-/ERP-Anbindung beschrieben.

In eine ähnliche Richtung zielt der Ansatz "Near-Zero-Downtime" für die Netweaver-Einführung. Die Idee dabei: Bei der Installation von Komponenten wie "Netweaver Process Integration" (auch Netweaver PI vormals Exchange Infrastructure) oder das "Netweaver Portal" soll sich der Systemstillstand auf 30 Minuten begrenzen lassen. Diese will SAP auch für die Applikationen der Business Suite etablieren. Der Vorteil: SAP-Anwender können neue Software in Betrieb nehmen, ohne wie bisher den Normalbetrieb zu beeinträchtigen. Für Release-Wechsel reservieren Kunden gern ein langes Wochenende, um Betriebsstörungen klein zu halten.

Gemeinsame Bausteine für unterschiedliche Benutzerschnittstellen

Eine weitere Entwicklungsrichtung betrifft die Benutzerschnittstellen. Zwar werde es künftig nach wie vor verschiedene User-Interfaces (UI) geben, etwa Netweaver Business Client, Abobe Forms, Netweaver Portal, Sapgui, mobile Clients sowie Duet (Kopplung von SAP ERP und Microsoft Office) und das künftige Alloy (Kopplung von SAP ERP und der Lotus-Software von IBM). Für diese Frontends soll jedoch es einen gemeinsamen Satz an UI-Komponenten geben, dazu zählen Benutzerrollen, Navigation, Suchfunktionen und Personalisierung). Erste Ansätze dieser Strategie will SAP mit der "Business Suite 7" verwirklichen, die vermutlich im Mai dieses Jahres auf den Markt kommt.