Auch wenn unternehmensweite Rollouts hierzulande nach wie vor Mangelware sind, ist der Sturm des Apple iPhone auf das Business kaum aufzuhalten. Egal, ob Mitarbeiter das Kultgerät aus einer Liste möglicher Geschäfts-Handys auswählen können, oder C-Level-Manager es sich privat anschaffen. Immer häufiger sieht sich der IT-Support mit Anfragen konfrontiert, ob und wie man das iPhone auch beruflich nutzen könne - und zwar nicht nur zum Telefonieren, sondern auch für geschäftliche E-Mails oder Business-Anwendungen.
Da Apple das Smartphone in erster Linie für Privatnutzer konzipiert hatte, konnte sich die IT-Abteilung lange Zeit mit einem Verweis auf diverse Security-Policies des Unternehmens aus der Affäre ziehen. So unterstützt das Gerät zwar seit dem Update auf iPhone 2.0 Pushmail via Exchange ActiveSync, Remote Wipe und VPN-Verschlüsselung. An dem Grundproblem, nämlich dass der Nutzer Admin-Rechte besitzt, hatte sich damit jedoch nichts Wesentliches geändert. Demnach hilft es wenig, wenn die IT-Abteilung - mit dem iPhone-Konfigurationsprogramm oder händisch - Einstellungen zu Kennwort- und Code-Richtlinien sowie Informationen zu Wireless-, Exchange-, VPN- und E-Mail-Settings festlegen kann. Die Unsicherheit bleibt bestehen, da der Nutzer in der Lage ist, bestehende Profile in den Einstellungen - bis hin zur Passwortabfrage - zurückzusetzen.
Verschiedene Anbieter versuchen dieses Manko zu entschärfen, indem sie geschäftskritische Funktionen und Daten in speziell an das iPhone-GUI angepassten Rich Web Applications anbieten. Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten. So präsentierte Sybase erst vor kurzem eine neue Version von iAnywhere Mobile Office mit erweiterter iPhone-Unterstützung. Der dazugehörige "Mobile Office iPhone Client" stellt iPhone-Nutzern in einer separaten Anwendung E-Mail- und PIM-Daten von Lotus Domino und Microsoft Exchange zur Verfügung. Dabei sind sämtliche Daten innerhalb des Programms verschlüsselt, wird das Gerät verloren oder gestohlen, können sie per Fernzugriff gelöscht werden.
iPhone 3.0 macht vieles besser
Mit dem angekündigten Firmware-Update iPhone 3.0 könnte die Funktionalität des Sybase-Clients weiter verbessert werden. So gestattet es Apple derzeit Drittanwendungen auf dem iPhone nicht, im Hintergrund weiterzulaufen (Multitasking), da diese permanent Rechenleistung und Akkulaufzeit kosten würden. Das Verbot wird auch in der kommen den Version nicht gelockert. Allerdings können Dienste dank der Funktion "Push Notifications" - diese war bereits für iPhone 2.1. geplant - über einen Server bei Apple Benachrichtigungen an das jeweilige iPhone senden, zum Beispiel wenn eine neue Nachricht eingegangen ist. Blackberry lässt grüßen!
Neben Funktionen wie MMS oder Copy & Paste sind mit iPhone 3.0 auch eine Reihe neuer und vor allem neuartiger Business-Applikationen zu erwarten. Grund dafür sind rund 1000 weitere Schnittstellen, die Apple für Entwickler freigegeben hat. So ermöglicht eine Karten-API nicht nur GPS-Navigation, sondern könnte - etwa integriert in einer CRM-Applikation - auch in der Nähe befindliche Kunden anzeigen. Die Freigabe der Bluetooth-Schnittstelle für die allgemeine Datenübertragung erlaubt neben der Anbindung beispielsweise eines Barcode-Lesers auch die Softwareinteraktion zwischen zwei iPhones, etwa beim Austausch der Kontaktdaten.
Office-Anwendungen in Reichweite
Während iPhone 3.0 mit Copy & Paste nach langem Warten eine wichtige Funktion für die Textverarbeitung unterstützen wird, kommen allmählich auch Office-Programme auf das Apple-Phone. So hatte Dataviz schon seit Oktober 2008 angekündigt, die Anwendung DocumentsToGo nach Symbian und Blackberry auch für das Apple iPhone herauszubringen. Obwohl eine Vorabversion bereits im Februar auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorgestellt wurde, hat sich inzwischen leider nichts mehr getan. Auch Microsoft arbeitet angeblich an einer Office-Version für das Apple-Handy, Resultate sind angesichts der Entwicklungsgeschwindigkeit in Redmond jedoch voraussichtlich nicht vor 2010 zu erwarten. Das Schneckenrennen gewinnt damit wahrscheinlich Quickoffice: Der Anbieter aus Dallas, Texas, hat auf der CTIA Wireless in Las Vegas angekündigt, er werde Anfang April die erste komplette Office-Suite für das iPhone zum Einführungspreis von knapp 20 Dollar in den App Store bringen. Ähnlich wie bereits bei den Plattformen SymbianOS, PalmOS, BlackberryOS und Android vorexerziert, soll das Programm es ermöglichen, Word- und Excel-Dokumente auf dem iPhone anzusehen, zu bearbeiten und weiterzuleiten. iWorks, PDF und andere Medienformate könnten immerhin eingesehen werden.
Citrix-Zugriff via iPhone
Eine andere Möglichkeit, Microsoft Office und andere Windows-Anwendungen auf dem, genauer gesagt, über das iPhone zu nutzen, bietet der nun in Betaversion erschienene "Citrix Receiver" . Mit der im iTunes App Store verfügbaren Anwendung wurde nicht nur einfach der Citrix-Zugriff auf ein neues Endgerät portiert. Der Hersteller passte auch die Benutzerführung an die Gestensteuerung des iPhone an. So entspricht etwa ein kurzer Druck auf das Display die Bedienung der rechten Maus-Taste, Drücken und Halten entspricht der linken Taste. Auch das Auf- und Herunter-Zoomen der Seitengröße durch das Auseinanderziehen zweier Finger wurde übernommen. Teil der Anwendung ist außerdem die auf dem XenApp-Server installierte Erweiterung Doc Finder. Sie ermöglicht es Nutzern, Dokumente einfacher zu finden, betrachten, zu bearbeiten und zu verschicken.
iPhone als Unified-Communications-Client
Aber auch in der Unternehmenskommunikation hält das Apple iPhone zunehmend Einzug. Unter anderem hat bereits Siemens Enterprise Communications (SEN) einen iPhone-Client für seine Unified-Communications-Lösung "Open Scape" herausgebracht. Die Anwendung unterstützt UC-Features wie Präsenzanzeige, Telefonkonferenzen, Corporate Directories oder One-Numbering. Das bereits erwähnte Verbot von Hintergrundapplikationen schränkt jedoch die Möglichkeiten einer optimalen Fixed-Mobile-Integration ein.
Anbindung an Web-Konferenzen
Mittlerweile können iPhone-Nutzer auch unterwegs an Web-Konferenzen über Ciscos "WebEx Meeting Center" und "Unified MeetingPlace" teilnehmen. Mit Hilfe der kostenlosen Anwendung "Cisco WebEx Meeting Center" sind sie in der Lage, sich an den Gesprächen zu beteiligen, die integrierte Chat-Funktion zu nutzen und während des Meetings bereitgestellte Präsentationen, Teilnehmerlisten, Anwendungen und Desktop-Oberflächen einzusehen. Bei einer mobilen Breitband- oder WLAN-Verbindung kann der iPhone-Nutzer gleichzeitig auf Sprache und Daten zugreifen. Besteht nur eine langsamere GPRS- oder Edge-Verbindung ist nur der wahlweise Zugriff (Sprache oder Daten) möglich. Die Lösung unterstützt laut Cisco verschiedene Telefonie-Optionen wie die Sprachübertragung via VoIP oder GSM. Vom iPhone aus initiierte WebEx-Meetings sind allerdings nicht möglich.
Nach den ersten Clients von Salesforce.com, Oracle und Anderen darf man gespannt sein, wie nah Unternehmen das iPhone an ihr Allerheiligstes, den Bereich Enterprise-Software, heranlassen. Erst vor kurzem haben SAP und Sybase bekannt gegeben, im Rahmen einer Kooperation ERP-gestützte Geschäftsprozesse auf mobilen Endgeräten wie dem Blackberry, Windows-Mobile-Geräten oder dem iPhone verfügbar zu machen. Neben der Bereitstellung von CRM-Informationen sollen dabei zunächst eher simple Vorgänge wie die Freigabe von Reise- oder Urlaubsanträge unterstützt werden. Was die mobilen Plattformen anbelangt, wollen SAP und Sybase zunächst Clients für Windows Mobile 5 und 6 realisieren, da hier der aktuelle Bedarf in der SAP-Kundschaft am höchsten ist. Als nächstes steht das Apple iPhone auf dem Programm, später dann Symbian, RIM/Blackberry und Android. Die Reihenfolge ist weniger technisch als politisch bedingt: Aus Rücksicht auf die bestehende Partnerschaft zwischen dem Blackberry-Hersteller und SAP wird die RIM-Anpassung relativ spät angegangen.