BI - Auswirkungen der Digitalisierung

Business Intelligence - Welche Trends setzen sich durch?

19.04.2016 von Ingo Diekmann
Die rasante Digitalisierung hat in den letzten Jahren auch im Bereich Business Intelligence zahlreiche neue Entwicklungen gebracht. Welche davon etablieren sich dauerhaft in Unternehmen, welche sollte man im Auge behalten? Eine Bestandsaufnahme heutiger Installationen und ihrer Potenziale gibt Orientierung für anstehende BI-Entscheidungen.

Big Data, Smart Data, Predictive Analytics, In-Memory, Self-Service, Mobile BI - mit dem enormen Tempo der digitalen Transformation wurden auch im BI-Sektor zahlreiche neue Schlagworte in den Raum geworfen. Beim Blick in die Unternehmenspraxis zeigt sich, dass einige Entwicklungen schnell adaptiert wurden und daher heute schon nicht mehr als Trendbegriff auftauchen. Stichworte wie "Mobile BI" oder "In-memory" beispielsweise sind keine spannenden Neuerungen mehr, sondern Selbstverständlichkeiten. Ebenso wie von privaten Medien erwarten wir auch von BI-Systemen, dass sie mit schnellen Anwortzeiten und unbeschränktem Zugriff über alle Endgeräte verfügbar sind - wie das funktioniert, ist für die Nutzer uninteressant.

Business Ingelligence macht Analyseergebnisse aus Big Data sichtbar und liefert Ergebnisse, mit denen in der Praxis gearbeitet werden kann.
Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

Als eigenständige BI-Disziplinen, die sich über ihre Anwendungsbereiche definieren und bis in die IT-Architektur manifestieren, haben sich dagegen die Bereiche Operative BI und Self-Service-BI herauskristallisiert. Sie etablierten sich zunehmend neben der klassischen BI, die mit ihrem Fokus auf die Controlling-Themen Reporting, Planung und Analyse natürlich auch künftig ihren festen Platz im Unternehmen haben wird. Diese drei aussichtsreichen BI-Disziplinen sollte man im Blick haben, wenn BI-Entscheidungen anstehen.

Klassische BI für Controlling und CPM

Finanzanalysen und Berichterstattung im Rahmen standardisierter betriebswirtschaftlicher Steuerungsgrößen als originäre BI-Anwendung werden auch künftig Kernprozesse im Unternehmen sein. Angesichts volatiler Märkte gewinnen dabei vorausschauende Analysen noch weiter an Bedeutung; die rückwärtsgewandte Analyse historischer Werte reicht für die geforderte zeitnahe, proaktive Unternehmenssteuerung nicht mehr aus. Vor allem im Rahmen von Planung und Forecasting entwickeln sich daher mathematisch-statistische Prognosen, Trendfortschreibungen auf Basis von Vergangenheitswerten und Szenarien-Simulation zunehmend zu Standardfunktionen von BI-Applikationen.

Viele Unternehmen verfolgen derzeit aber auch bodenständige Ziele wie die Integration ihrer gesamten Berichtslandschaft. Reporting, Planung und Konsolidierung sollen mit einheitlichem Zahlenwerk in einer durchgängigen IT-Plattform laufen. Systemgestützte Prozesse, automatisierte Datenströme und ein konstistenter Datenpool sollen Berichtsprozesse effizienter machen und aktuelle, valide Ergebnisse liefern. Dazu sind vor allem Funktionalitäten für eine durchgängige Prozesssteuerung mit detaillierter Zugriffsrechte-Regelung, Workflows mit modernem Rollenkonzept sowie leistungsfähige ETL-Werkzeuge nötig. Auch Compliance-Aspekte nehmen immer mehr Raum ein; die Infomationsverarbeitung im Finanzbereich muss jederzeit zuverlässig, regelkonform und revisionssicher dokumentiert verlaufen.

Die traditionelle Data-Warehouse-Architektur - das heißt Vorsysteme, relationales DWH und der darauf aufbauende multidimensionale Data Mart mit vordefinierten betriebswirtschaftlichen Analysen und Aggregationen samt entsprechender ETL-Prozesse - hat sich für Controlling- und CPM-Anwendungen vielfach bewährt. Sie bietet den benötigten konstistenten Datenpool für performante, valide Analysen im Rahmen betriebswirtschaftlicher Standards und wird daher wohl auch künftig die am besten geeignete Lösung der Wahl bleiben.

Operative BI: Trends in Massendaten aufspüren

Vor allem im Bereich operative BI manifestieren sich zahlreiche neue Technologien und Methoden, die sich unter dem gemeinsamen Ziel "Vorausschauende Analyse von Massendaten" zusammenfassen lassen. Neben den Schlagworten "Big Data" und "Smart Data" gehören dazu Begriffe wie IoT, Industrie 4.0, Social Web, Sensor Intelligence, Telemetrie, Predictive Analytics, Statistische Analysen und Data Mining. Grundsätzlich geht es darum, riesige Datenmengen aus zum Teil neuen und heterogenen Datenquellen zu verschiedensten Zwecken auszuwerten - also aus Big Data wertvolle Informationen zu generieren, Zusammenhänge aufzudecken, Prozesse zu optimieren und frühzeitig Trends abzuleiten.

Als betriebswirtschaftliche Ziele stehen derzeit optimierte Wertschöpfungsketten von Produkten im Fokus - von der Entwicklung über die Fertigung, Logistik und gezielte Vermarktung bis zu damit verbundenen Dienstleistungen. Die bearbeiteten Inhalte reichen also weit über die klassischen Controlling-Aufgaben hinaus. Der zeitliche Analyse-Horizont richtet sich auf Zukunftstrends, und zwar möglichst individuell mit Blick auf einzelne Produkte, Chargen, bestimmte Zielgruppen oder den Endkunden.

Dieser Bereich steht noch ganz am Anfang, das Entwicklungspotenzial ist enorm und mit heutigem Wissen kaum absehbar. Über die letzten drei Jahre haben sich hier Standardarchitekturen und Technologien etabliert und einen ersten Reifegrad erreicht. Diese werden sich noch stetig weiterentwickeln. Die naheliegende systemtechnische Lösung ist, unverarbeitete Rohdaten aus verschiedenen Quellen auf leistungsfähigen Servern zu speichern und von dort ohne Umweg über ein Data Warehouse direkt in hoch performaten Analysesystemen auszuwerten. Nur ausgewählte Daten beziehungsweise Analyseergebnisse werden in diesem Systemkonzept zusätzlich im Enterprise Data Warehouse als Grundlage für weitere betriebswirtschaftliche Analysen abgelegt.

Self-Service-BI: Ad-hoc-Analysen für Einzelanwender

Als dritte Disziplin ist Self-Service-BI inzwischen in vielen Unternehmen verankert. Hier sind es zumeist die Fachabteilungen, die sich über einfach bedienbare BI-Frontends schnell und flexibel selbst mit Informationen für ihren Geschäftsalltag versorgen. Typisch ist der direkte Zugriff auf operative Vorsysteme oder das Einlesen einzelner Excel-Sheets. Die spontan benötigten Informationen werden individuell zusammengestellt und können vom Anwender direkt analysiert und aufbereitet werden.

Die dahinterliegende BI-Architektur ist allerdings nicht daraufhin konzipiert, komplexe Auswertungen, die ein vorverdichteter Data Mart mit hinterlegten Formeln etwa im Controlling-Umfeld ermöglicht, zu unterstützen. Auch unternehmensweite dezentrale Reporting- und Planungs-Szenarien in rollenbasierten Plattformen sind nicht anvisiert. Im Zentrum steht vielmehr der spezielle Bedarf eines einzelnen Anwenders mit Auswertungen auf individuellem Datenschnitt, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit der Analyseergebnisse.

Innovationstreiber von BI-Applikationen

Zentrale Anforderungen an BI-Systeme treiben die Entwicklung in allen drei BI-Disziplinen voran. Die Themen Integrationsfähigkeit, Datenmanagement, Usability und Cloud sehe ich dabei an vorderster Stelle.

Integration: Insellösungen haben keine Zukunft. Spezialisierte BI-Applikationen können nur als modularer Bestandteil integrierter Systemlandschaften ihren vollen Mehrwert entfalten, und nur so bleiben auch Compliance und Administrationsaufwand beherrschbar. Das gilt sowohl für Anwendungen innerhalb einer BI-Disziplin, wie zum Beispiel der angestrebten durchgängigen Plattform für alle Controlling-Prozesse, als auch für das Zusammenspiel der drei BI-Disziplinen untereinander.

Business Intelligence: Die Trend-Top-Ten 2016
10. Neue Technologien
Es gibt eine Reihe neuer Technologien im Ökosystem der Business Intelligence. Mit ihrer Markteinführung werden auch Lücken sichtbar, die es noch zu füllen gilt. Neu gegründete Unternehmen werden genau das tun. Hadoop-Beschleuniger, NoSQL-Datenintegration, Integration von Daten des Internet der Dinge, verbesserte Social-Media - alles Ansatzpunkte für neue Start-Ups. In 2016 werden wir den Aufstieg dieser „Lückenfüller“ und damit einhergehend eine Konsolidierung des Marktes beobachten können. Unternehmen werden sich zunehmend vom Ansatz der Einzellösung verabschieden und auf einen offenes und flexibles Arsenal setzen, das neue Technologien beinhaltet.
9. Daten aus dem Internet der Dinge
Das Internet der Dinge (IoT) schickt sich an, 2016 den Mainstream zu erobern. Es scheint so, als hätte bald alles einen Sensor, der nach Hause telefoniert. Man muss sich nur die Masse an Daten vorstellen, die von Mobilgeräten rund um die Uhr erzeugt werden. Mit dem Wachstum des IoT-Datenbestands steigt auch das Potenzial für neue Erkenntnisse. Firmen werden nach Mitteln und Wegen suchen, Anwender Daten erforschen und ihre Ergebnisse teilen zu lassen - und das auf sichere, geregelte und interaktive Art und Weise.
8. Mobile Analytik-Lösungen werden eigenständig
Die Mobile Analytik ist erwachsen geworden. Sie ist nicht länger nur eine Schnittstelle der herkömmlichen Business-Intelligence-Produkte. In 2015 kamen Produkte auf den Markt, die eine fließende, auf Mobilgeräte optimierte Benutzererfahrung boten. Unterwegs mit Daten zu arbeiten wird von einer lästigen Pflicht zu einem dynamisch integrierten Teil des Analyseprozesses.
7. Kompetenzzentren für Analytik spielen zentrale Rolle
Immer mehr Unternehmen werden Kompetenzzentren (CoE) einrichten, um die Verbreitung und Implementierung von Self-Service-Analytik zu fördern. Diese Zentren spielen eine kritische Rolle bei der Umsetzung einer datengesteuerten Unternehmenskultur. Durch Online-Foren und Einzeltraining versetzen sie auch Nicht-Experten in die Lage, Daten in ihre Entscheidungsprozesse einzubinden. Mit der Zeit führt dies dazu, dass sich die Arbeitsabläufe im gesamten Unternehmen auf Daten stützen und an ihnen orientieren.
6. Cloud-Daten und -Analytics starten durch
2015 war das Jahr, in dem die Cloud salonfähig wurde. Die Unternehmen merkten, dass die Speicherung von Daten in der Cloud einfach und sehr gut skalierbar ist; und dass man mit Cloud-Analytik sehr agil ist. Nicht zuletzt dank neuer Tools, die es einfacher machen Daten aus dem Web zu verwenden, werden 2016 noch mehr Unternehmen in die Cloud wandern. Die Early Adopter lernen jetzt schon von diesen Daten, und alle anderen stellen fest, dass sie besser nachziehen sollten. Mehr Unternehmen werden dank der Cloud größere Datenmengen schneller analysieren - die Cloud etabliert sich als unternehmenskritisches System.
5. Advanced Analytics nicht mehr nur für Analysten
Auch die Nicht-Analysten werden immer anspruchsvoller. Sie erwarten mehr als nur ein Diagramm, das auf ihren Daten aufsetzt, sondern tiefer gehende und sinnvolle analytische Möglichkeiten. Unternehmen werden Plattformen implementieren, mit denen Anwender statistische Methoden anwenden, eine Reihe von Fragen stellen und im Fluss ihrer Analyse bleiben können.
4. Datenintegration wird agiler
Viele Firmen verlangen heutzutage sehr viel Agilität im Controlling. Sie wollen den richtigen Mitarbeitern die richtigen Daten zur richtigen Zeit liefern. Das ist keine Kleinigkeit, da Daten an vielen verschiedenen Orten generiert und gespeichert werden. Datenquellenübergreifend zu arbeiten kann mühsam, unmöglich, oder beides zugleich sein. 2016 werden wir viele neue Wettbewerber mit Lösungen zur Datenintegration sehen. Dank ausgeklügelter Werkzeuge und ständig neu hinzukommenden Datenquellen werden Firmen sich davon verabschieden, alle Daten an ein und demselben Ort speichern zu wollen. Wer Daten erforschen will, wird dort auf die einzelnen Datensätze zugreifen, wo sie sich befinden und sie mit agileren Werkzeugen und Methoden kombinieren, verschmelzen oder verknüpfen.
3. Demokratisierung der Daten-Wertschöpfungskette
Self-Service Analytikwerkzeuge haben unsere Erwartungshaltung für immer verändert. In 2016 werden Nutzer eine Wertschöpfung aus dem gesamten Lebenszyklus von Daten anstreben, insbesondere durch den Eintritt der Milleniums-Generation in den Arbeitsmarkt. Für sich wiederholende Aufgabenstellungen müssen Geschäftsanwender bestimmte Daten spontan umformen können. Dementsprechend wird als natürliche Folge von Self-Service-Analytik die Nachfrage nach Self-Service-Tools zur Datenaufbereitung und Self-Service Data-Warehousing steigen. Diese Demokratisierung wird es uns ermöglichen, schnell auf Prioritätenwechsel zu reagieren.
2. Visuelle Statistik wird zur Weltsprache
Daten verändern den Diskurs in Chefetagen, den Medien und in sozialen Netzwerken. Menschen visualisieren ihre Daten, um Antworten auf Fragen zu suchen, Erkenntnisse zu gewinnen und ihre Geschichten mit anderen zu teilen, egal ob diese Datenexperten sind oder nicht. Mit dem Anstieg der Nutzung von Daten wird auch die Zahl der Anwender steigen, die geschäftliche oder persönliche Fragestellungen mithilfe von Daten beantworten. Arbeitgeber werden verstärkt nach Kandidaten suchen, die in der Lage sind, sich kritisch mit Daten auseinanderzusetzen. Die visuelle Analytik wird dabei als die gemeinsame Sprache dienen, mit der Menschen schnell zu Erkenntnissen gelangen, sinnvoll zusammenzuarbeiten und eine Community auf der Grundlage von Daten aufbauen können.
1. Governance & Self-Service-BI werden beste Freunde
Viele sehen Governance und Self-Service als natürliche Feinde an. Deshalb dürften auch Viele überrascht sein, die beiden friedlich nebeneinander grasen zu sehen. Es wächst zusammen, was zusammen gehört: die kulturelle Kluft zwischen Business und IT schließt sich. Die Unternehmen haben verstanden, dass richtig auf- und eingesetzte Sicherheit eine analytische Unternehmenskultur fördern und die Anforderungen der Business-Abteilungen erfüllen kann. Man setzt sich schließlich viel eher intensiv mit seinen Daten auseinander, wenn man zentrale, bereinigte Datenquellen zur Verfügung hat und weiß, dass sich jemand (IT) um Sicherheit und Performance kümmert.

Datenmanagement: Leistungsfähige Systeme zur Verarbeitung großer Datenmengen und neuer Datenquellen stehen schon heute bereit und werden sich schnell weiterentwickeln - an den technischen Grundlagen wird es nicht scheitern. Der erfolgskritische Faktor innovativer BI-Anwendungen liegt vielmehr beim organistorisch verankerten Datenmanagement. Systematisches DQM, Strukturierung verschiedenen Datenarten, Schnittstellendefinition, geregelte Speicher- und Löschzyklen - hier gibt es in der Unternehmenspraxis viel Nachholbedarf. Gute Erfolgsaussichten für eine unternehmensweite, nachhaltige Datenstrategie bietet zum Beispiel die Einrichtung eines strategischen Kompetenzzentrums, das sich mit IT- und Fachexperten und der nötigen Rückendeckung durch die Unternehmensleitung dauerhaft um das Thema Datenmanagement kümmert.

Usibility: Moderne BI-Systeme stellen den Anwender in den Fokus des Systemkonzepts. Sie kombinieren intuitive Bedienoberflächen mit individuell steuerbaren Rollenkonzepten. Die Systemoberfläche ist so gestaltet, dass sie den Anwender fokussiert und komfortabel durch sein Aufgabengebiet führt und so hohe Funktionalität, Fachlichkeit und Performance mit dem Gefühl der "Leichtigkeit" für den Nutzer verbindet. Fachlich bzw. branchenspezifisch ausgerichtete BI-Systeme, die Anwender in ihrem komplexen Tagesgeschäft unterstützen, sind daher derzeit auf dem Vormarsch.

Cloud: Durch die Auslagerung von IT-Infrastrukturen, Plattformen und Applikationen in die Cloud haben auch Unternehmen mit begrenzten IT-Ressourcen und -Budgets die Chance, komplexe BI-Lösungen zu nutzen und gleichzeitig auf dem professionellen Sicherheitsniveau der Rechenzentren zu arbeiten. In den Unternehmen schafft das neuen Raum, sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren und die Applikationen dort zu verankern, wo sie auch ihren Mehrwert entfalten, nämlich in den Fachabteilungen.

Fazit: Potenziale für das eigene Unternehmen ermitteln

BI hat sich inzwischen weit über die klassischen Themen der Unternehmenssteuerung hinaus entwickelt. Die Anwendungsbereiche sind vielfältig, und in der Praxis decken BI-Installationen die drei vorgestellten Diziplinen oft überschneidend ab. Die Klassifizierung der wichtigsten Strömungen kann jedoch helfen, sich Klarheit über den eigenen Bedarf zu verschaffen, denn darauf kommt es an: Die Zielsetzung des gewünschten BI-Einsatzes klar zu definieren, dies organisatorisch zu verankern und die vielfältigen Lösungen am Markt auch mit Blick auf die Innovationstreiber Integration, Datenmanagement, Usiblity und Cloud zu sondieren. So stehen die Chancen sehr gut, dass man die passende Lösung mit Potenzial für das eigene Unternehmen findet. (bw)