Startups auf der CeBIT 2015

Bühne frei für Startups und Investoren: SCALE 11

16.03.2015 von Klaus Hauptfleisch
"Wo junge Kreative auf erfahrene Investoren und Unternehmen treffen" - das soll SCALE 11 für die Startup-Szene in Halle 11 der CeBIT 2015 sein. Thematisch bietet der Ausstellungsbereich ein anderes Spektrum als CODE_n in Halle 16, wo sich alles um das Internet der Dinge dreht.

Wäre der Zusammenhang nicht so ein ganz anderer, könnte man fast sagen: Es ist wieder Gründerzeit. Allein um Smartphones und das Internet der Dinge hat sich ein so fruchtbarer Nährboden für Firmengründungen entwickelt wie schon lange nicht mehr. Und die internationale Startup-Szene wird hofiert wie nie, was sicher auch erfolgreichen Vorbildern wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg, dem Tesla-Gründer Elon Musk oder in Deutschland den Samwer-Brüdern zu verdanken ist.

Scale 11 Logo
Foto: CeBIT

Unter dem Motto "Hier treffen Optimisten auf Förderer, Konzerne auf Jungunternehmer, Investoren auf Entwickler" will die CeBIT mit SCALE 11 eine führende Begegnungsstätte für Startups, potenzielle Kapitalgeber und etablierte Unternehmen schaffen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel übernimmt die Schirmherrschaft, Catharina van Delden, Gründerin und CEO des Crowdsourcing-Softwareanbieters Innosabi, stellt sich als Botschafterin der Initiative zur Verfügung.

Scale 11
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Das Rahmenprogramm richtet sich in diversen Workshops auch an Gründerinnen. Mit Ingrid Hengster, Vorstandsmitglied der KfW-Bank, ist es denn auch eine erfolgreiche Frau, die gemeinsam mit Sigmar Gabriel über den vor mehr als zehn Jahren mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) entwickelten ERP-Startfonds und andere Fördermittel für Jungunternehmen sprechen wird. Die niedersächsische NBank wird ebenfalls am Eröffnungstag über die Beteiligungsbörse NCapital zu einem Kapitalpitch mit rund 120 Investoren einladen. Auch die Dax-Konzerne RWE und VW laden zu Pitches ein.

IBM packt mit an

Mit ihren flachen Hierarchien und kurzen Dienstwegen sind Startups meistens viel agiler als Traditionsunternehmen und erst recht als ein Riesenkonzern wie IBM mit über 400.000 Mitarbeitern. Big Blue arbeitet deshalb seit vielen Jahren mit kleinen Partnern zusammen. Seit fünf Jahren gibt es bereits das Global-Entrepreneur-Programm mit rund 6000 Startups, 150 davon in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz. So ist IBM auch der einzige Großkonzern, der sich bei SCALE 11 in Halle 11 mit einem eigenen Stand (E43) zeigt. In einer aus Containern zusammengesetzten Startup-Zone bringt der blaue Riese zwölf Unternehmen zusammen, die außer Konkurrenz Lösungen auf Basis von IBM-Technologien präsentieren.

Nur das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie das ihm unterstellte Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bringen mit ihrem Programm zur Förderung der Teilnahme junger innovativer Unternehmen an internationalen Leitmessen ähnlich viele Startups zusammen wie IBM mit seinen "SmartCamp Accelerators". Unter Hunderten von Bewerbungen werden jedes Jahr die Preisträger dieses Wettbewerbs ausgewählt.

Am IBM-Stand dabei sind unter anderen Momit, SmartCamp Winner aus Madrid vom Vorjahr, mit einer lernenden Smart-Home-Anwendung, sowie Tiramizoo, Sieger des SmartCamp in Berlin, mit einem Kurierdienst auf Web-Basis.

Startups und Verbände

Gibt man auf der CeBIT-Homepage den Suchbegriff "SCALE 11" ein, erscheinen über hundert Namen von Unternehmen und Organisationen, darunter auch die Teilnehmer der gleichfalls in Halle 11 untergebrachten Developer World von Heise mit Intel als prominentestem Mitglied. Allerdings gehört der Bereich gar nicht zu SCALE 11. Damit fällt die Zahl der deutschen Teilnehmer auf unter 60, gefolgt von neun portugiesischen, sechs französischen und vier polnischen Unternehmen, um einschließlich Dachorganisationen wie Portugal Venture Capital die größten Delegationen nach Herkunftsland zu nennen.

Aus dem diesjährigen CeBIT-Partnerland China ist kein Startup dabei, spannend könnte aber ein Vortrag des Berliner Mercator Institute for China Studies (MERICS) am 17. März, dem zweiten Messetag sein. Denn der beschäftigt sich mit den Herausforderungen für chinesische Startups angesichts von "wildem Kapitalfluss, Informationskontrolle und knallhartem Konkurrenzdenken". Mit Bolorsoft, Anbieter von Lokalisierungssoftware, wird ein mongolisches Unternehmen anreisen.

Berlin und NRW zeigen Flagge

Wer nach dem Flughafendebakel Berlin abgeschrieben hat, der wird in Halle 11 eines Besseren belehrt. 13 Unternehmen haben sich aus der Bundeshauptstadt angemeldet, acht Startups finden sich im Rahmen der Aktion "Digitale Wirtschaft NRW" des dortigen Wirtschaftsministeriums ein.

Dortmund schickt mit start2grow seine eigene Gründerplattform ins Rennen. Eine Reihe von Unternehmen versammeln sich auch unter dem Dach des Bundesverbands Deutsche Startups. Wie es sich für das bevölkerungsreichste Bundesland geziemt, bringt NRW 15 Firmen und Organisationen an den Start - mehr als alle anderen.

Breites Themenspektrum

Hier alle Startups vorzustellen, dafür würde der Platz nicht reichen. Aber die Bandbreite der Lösungen lässt sich anhand von einigen Beispielen andeuten: Alpwise aus der Schweiz etwa konzentriert sich mit Sensoren und einer App auf Bluetooth Low Energy. Das britische Startup 1313 Global hat Handy-Zubehör im Gepäck. Wer lieber stationär einkauft und einen günstigen Parkplatz in der Nähe sucht, der ist vielleicht mit der Smartphone-App "ep" von Evopark aus Köln gut beraten. Aptoide aus Lissabon betreibt einen unabhängigen Android-App-Store - und ermöglicht anderen, es ebenfalls zu tun. B-Parts wirbt mit "Wir finden das fehlende Teil" für eine Online-Suchmaschine für Kfz-Gebrauchtteile. Wer es leid ist, beim Online-Kauf immer die falsche Schuhgröße zu erwischen, kann mit der

Mifitto-App seine Füße vermessen und sich anschließend von unterstützenden Online-Shops passende Modellle empfehlen lassen.

Ideen aus Kundenwünschen

Manche Geschäftsideen werden aus der Not geboren, andere aus den Wünschen von Kunden. So bietet Holzgespür, ein junges Team von Tischlern aus Rhens, individuelle Naturholzmöbel von Bäumen aus der Region an. "Magic Schaufenster" nennt sich eine Lösung der Firma Gesture Powered aus Herne: Sie erlaubt es, Passanten mit Gestensteuerung anzulocken und so langweilige Schaufenster in interaktive Verkaufsflächen zu verwandeln.

Im B2B-Bereich gibt es ebenfalls einiges zu sehen - etwa vom Business-Intelligence-Spezialisten Bi Excellence Software aus Berlin, der auf einfache, schnell einzuführende BI-Lösungen setzt, oder von Bigboards aus Belgien, das eine Entwicklungsplattform für Big-Data-Entwickler und Data Scientist bietet. Zu erwähnen ist auch HQLabs aus Hamburg mit einer Cloud-basierten modularen Softwarelösung für Projektmanagement, CRM, Dokumenten-Management, Zeiterfassung und andere Aufgaben.

Wohl dem, der eine Idee hat und auch noch über das nötige Kleingeld verfügt, sie umzusetzen. Die meisten Startups sind aber auf private oder öffentliche Kapitalgeber oder Investoren angewiesen. Da die private Wirtschaft nach der Finanzkrise mit Wagniskapital und Krediten nicht gerade großzügig ist, spielt die KfW als Förderinstitut des Bundes neben den Förderbanken der Länder bei der Geldbeschaffung für Jungunternehmen eine besonders wichtige Rolle. Der eingangs schon genannte ERP-Startfonds der KfW wird als Beteiligungskapital mit maximal

fünf Millionen Euro ausschließlich an kleine innovative Unternehmen mit Betriebssitz in Deutschland vergeben, die nicht länger als zehn Jahre am Markt sind. Voraussetzung ist immer ein weiterer Beteiligungsgeber, auch Lead Investor genannt.

Nach der Seed-Phase wird in der Regel eine Exit-Strategie verfolgt. Diese kann in einen Börsengang münden, aber auch in einen Freikauf von allen Beteiligungen.

Gemischte Erfahrungen

Welche Erfahrungen junge Firmen mit staatlicher oder privater Förderung machen, das zeigen folgende Beispiele: Das 2005 gegründete Berliner Unternehmen Reventix, Anbieter einer Cloud-gestützten, virtuellen Telefonanlage, ist mehrmals ausgezeichnet worden - zuletzt 2013 gleich mit zwei Best-of-Industry-Preisen. Unterstützung habe man unter anderem in Form eines Gründerstipendiums und durch ein Coachingcenter erhalten. Von den Coaches habe man sich allerdings mehr Unterstützung und Zeit erhofft.

Mensch-Maschine-Kommunikation

Semvox aus Saarbrücken ist 2008 als Spin-off des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) hervorgegangen und hat eine "ODP S3" genannte Softwareplattform für Sprachsteuerung und proaktive Assistenz für die Mensch-Maschine-Kommunikation entwickelt, die den situativen Kontext, Gesten, Berührung und Blicke einbezieht. Mit der Unterstützung durch Maßnahmen für junge Unternehmen im Saarland, von der Universität, Kammern, Ministerien und der Finanzwirtschaft war Semvox sehr zufrieden.

Auf optische Privacy-Filter für Geldautomaten konzentriert sich Sioptica aus Jena, ein Startup, das Mitte 2013 gegründet wurde. Der Stand bei SCALE 11 sei nach der CeBIT 2014 schon der zweite vom Bund geförderte Auftritt. Die Investoren HTGF und bmt Beteiligungsmanagement bezögen ihr Funding zum Großteil über staatliche Stellen. Hinzu kämen weitere Fördermaßnahmen. "Insofern gehören wir zu der Spezies, die sehr dankbar für staatliche Förderung ist", schreibt Firmengründer Markus Klippstein. (hal)