Offenheit vor allem anderen
Bosch setzt auf Open Source als neuen Standard. Dies bedeutet nicht nur einen Standardisierungsprozess im Hinblick auf die Ausrichtung auf das Geschäft mit Kunden. Vielmehr ist es auch ein interner Prozess, der vorangetrieben wird. Unterstrichen wird dies durch Engagements und Sponsoring bei Open-Source-Projekten und Open-Source-Lizenzierung von Bosch-Software. Durch diesen Schritt öffnet sich Bosch für Kunden und Partner und versucht, ein innovativer Nährboden für neue digitale Applikationen unterschiedlichster Art zu werden.
Als Teil der Veranstaltung fand auch ein Hackathon statt, der die von Bosch definierten Tools erproben und den Entwicklern die aktuelle Plattform näherbringen sollte. Dies stieß auf unterschiedliche Akzeptanz bei den Teilnehmern. Einigen war diese Restriktion in einem sich offen darstellenden Ökosystem zu limitierend.
Industrie-Cloud ade?
Letztes Jahr kündigte Bosch die IoT Cloud an, welche dieses Jahr in Betrieb gehen sollte. Der ein oder andere potentielle Industriekunde in Deutschland und auf der Welt hat sicherlich schon mit einer möglichen Nutzung geliebäugelt. Doch leider bleibt dies auch in diesem Jahr vorerst ein Wunschtraum. Zwar gibt es die IoT Cloud von Bosch, doch ist diese weiterhin nur für enge Kunden und interne Bosch-Nutzer zugänglich. Ein Modell à la AWS, Azure und Co. - also als eine Public-Cloud-Variante - wird überlegt, ist aber noch nicht spruchreif bzw. „market ready“. Man wird also abwarten müssen, wie sich Bosch hier entscheidet.
Mit der Ankündigung, die Bosch IoT Suite nun auch auf Public-Cloud-Plattformen verfügbar (IBM Bluemix und AWS) zu machen, wird es die Bosch IoT Cloud auf jeden Fall nicht einfach und harte Konkurrenz haben. Dies gilt natürlich auch für die schon bestehende Bosch IoT Cloud für die internen Nutzer und bestehenden Kunden. Im gleichem Atemzug steigen IT-Lieferanten in eine neue Rolle als Business-Partner auf. Im Zuge der Digitalisierung legt sich Bosch bei den prägenden Technologien der nächsten Jahre fest:
Künstliche Intelligenz,
Cloud & Fog Computing,
Blockchain und
IoT Netzwerke
Nvidia und Co. - aus Lieferanten werden Partner
Die Partnerlandschaft von Bosch sah bisher sicherlich weniger stark auf IT fokussiert aus. Dies soll nicht bedeuten, dass im Hause Bosch nicht schon immer viel entwickelt worden ist und IT eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Im Gegenteil - arbeiten doch rund 30.000 Software-Entwickler im Konzern. Doch mit neuen Partnern wie Nvidia beschreitet Bosch Neuland. Das erste Produkt dieser neuen Partnerschaft ist der Bosch AI Car Computer. Dieser nutzt eine GPU, um mit Hilfe von Deep-Learning-Algorithmen Fahrzeugen das autonome Fahren zu ermöglichen.
Auch bei der zugrundeliegenden Drive PX Plattform von Nvidia handelt es sich um ein offenes System mit eigenem SDK. Damit bleibt sich Bosch bei der Auswahl der Partner treu in Bezug auf die Offenheit. Die Frage, die sich allerdings stellt, ist, ob Bosch nicht selbst in der Lage gewesen wäre diese Kernkompetenz aufzubauen und anzubieten. Immerhin deuten die Investitionen und strategischen Felder darauf hin, dass dies möglich sein sollte. Das Bosch-Center für Künstliche Intelligenz mit Standorten in Bengaluru (Indien), Palo Alto (USA) und Renningen (Deutschland) wird ebenfalls mit erheblichen finanziellen Ressourcen ausgestattet.
Digitaler Wandel eines Riesen
Auch Bosch muss sich neu formieren und die Transformation einleiten. Dies geschieht nach eigenen Angaben bereits und auch der Versuch hin zu einer neuen Organisation ist zu erkennen. Die Nachhaltigkeit dieses Prozesses wird darüber entscheiden, ob diese Transformation gelingt.
Äußerlich spiegelte sich dies durch ein Bild aus zwei Welten wieder: Auf der einen Seite die klassischen Kunden und Boschler im Anzug und auf der anderen Seite der Einfluss des Neuen, repräsentiert durch Fritz-Getränke, Streetfood-Market, Start-ups und Hackathon. Auch dies symbolisiert den aktuellen Stand der Transformation im Hause Bosch sehr gut. Der Anfang ist gemacht, doch die Strategie muss sich ganzheitlich durchsetzen und vollzogen werden.
Opportunities für Kunden und Partner
Bosch’s B2B Kunden, insbesondere Automobil-Hersteller, müssen ihre Strategien mit Bosch abstimmen.
Bosch’s Value Proposition ist noch nicht auf die der großen OEM Kunden abgestimmt. Überlappungen sind natürlich möglich, aber es macht Sinn entsprechende Allianzen einzugehen und zum Beispiel mit Here eine Ecosystem-Story zu bilden.
Endkunden können keinen direkten Wert der vorgestellten Bosch Angebote erwarten.
Die Ausrichtung von Bosch für den Endkunden fehlt. Momentan ist nur ein Angebot im Bereich B2B vorgesehen und den Mehrwert bekommt der Endkunde erst durch die OEMs. Diese integrieren die Vorteile der Bosch IoT Cloud in die eigenen Produkte und eröffnen dadurch dem Kunden erst den Zugang. Auch ist die Frage, wie es mit dem klassischen Endkunden bestellt ist, ist noch immer offen. Einer der präsentierten neuen Kunden kam aus der Versicherungsbranche und ist damit auch Neuland. Es bleibt also abzuwarten, ob Bosch hier eine strategische Ausrichtung gelingt, die auch die Endkunden in Gänze abholt.
Die vielen Unternehmen der Bosch-Gruppe sollten auf eine homogene Bosch-Strategie drängen.
Die starke Fragmentierung innerhalb der Bosch-Organisation ist ebenfalls nicht gerade förderlich für die Entwicklung. Hinzu kommen nun noch die Partner, die ebenfalls einen neuen Grad an Komplexität mitbringen. Eine ganzheitliche Strategie und die Synchronisierung mit der Bosch IT-Strategie ist hier dringend erforderlich. Ebenso sollte Bosch diese dann auch intern komplett zum Leben erwecken - Eating your own dog food! Denn nur auf diese Weise fallen auch mögliche Risse in der Plattform-Strategie auf. Eine homogene Strategie und der Software-Stack müssen auf die verschiedenen hybriden Deployment-Szenarien abgebildet werden können. Ist die Plattform selbst noch fragmentiert, wird sie nicht die Adoption erreichen, um sich gleichermaßen bei Bosch-B2B-Kunden und im Bosch-“Binnenmarkt” zu behaupten.