Ratgeber Server-Markt

Blades ersetzen Mainframes und Midrange-Rechner

21.03.2009 von Andreas Zilch
Der Server-Markt steht vor einem Umbruch, der auch für mittelständische Unternehmen von Bedeutung ist. Insbesondere Nutzer von Mainframes und Midrange-Rechnern sollten ihre IT-Strategie kritisch überdenken.

Die Vorzeichen im Server-Markt deuten aus mehreren Gründen auf Veränderung. So wird sich zum Beispiel im Unix-Geschäft vieles wandeln, weil es vor einer Konsolidierung der Anbieter steht. Ferner ist das stark wachsende Segment der Blade-Server heiß umkämpft. Darüber hinaus dürfte Cisco für Wirbel sorgen. Mit der Networking-Company ist ein neuer, starker Anbieter im Server-Geschäft angetreten. Und über allem schwebt das Thema Cloud Computing sowie die Frage, ob Anwender in Zukunft überhaupt noch Server und Rechenzentren benötigen, wenn sie Rechenleistung komplett von Dienstleistern beziehen können.

Der folgende Artikel durchleuchtet die einzelnen Segmente des Server-Marktes und gibt Anwendern Handlungsempfehlungen.

Mainframes: Exoten müssen raus

Aktuelle Situation: Der Mainframe-Markt wird in Deutschland immer noch durch zwei Spieler bestimmt: IBM und Fujitsu Technology Solutions (vormals Fujitsu-Siemens Computers). Vereinzelt gibt es noch Mainframe-Installationen von Bull, Unisys und anderen Anbietern. Sie spielen aber für die weitere Entwicklung des Marktes eine untergeordnete Rolle.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Die großen Mainframe-Installationen von IBM sind sehr stabil und werden kontinuierlich ausgebaut. Das bestätigt die neue Mainframe-Generation „z10“, die gegenüber der vorherigen Version eine deutliche Leistungssteigerung verspricht. Anwender sollten in diesem Bereich optimieren und auch eine Konsolidierung von anderen Server-Plattformen (etwa Linux Workloads, Lotus Notes, etc.) prüfen. Dabei sollten sie aber nie aus den Augen verlieren, dass die Abhängigkeit von einem Anbieter riskant werden kann.

Kleinere Mainframes sind in den letzten Jahren schon sukzessive abgelöst worden. Dieser Trend wird sich fortsetzen, da ein wirtschaftlicher Betrieb bei den kleineren Systemen nur sehr selten möglich ist.

Die Wirtschaftskrise zum Wechsel nutzen

Im deutschen Server-Markt legen vor allem x86-basierende Blade-Server zu. Die Grafik zeigt die Umsatzprognose 2009 in Millionen Euro.

Fujitsu Technology Solutions hat in den letzten Jahren einen guten Job bei der Pflege der installierten Kundenbasis gemacht, ohne wirklich Neugeschäft zu generieren. Es ist zu erwarten, dass Fujitsu weiterhin im Mainframe-Bereich einen Schwerpunkt setzt, da das Unternehmen Technologielieferant ist und auch noch gute Margen erwirtschaftet. Die Anwender sollten sich vor jeder größeren Investitionsentscheidung in diesem Bereich aber die Frage stellen, ob nicht eine alternative Plattform die langfristig kostengünstigere Lösung ist. Auch hier gilt die Regel, dass sich kleinere Systeme eher für eine Migration eignen, und die Verfügbarkeit von Software auf mehreren Plattformen gewährleistet sein muss.

Benutzer exotischer Mainframes - und davon gibt es noch einige - müssen sich fragen, ob nicht gerade jetzt ein sehr guter Zeitpunkt für eine Migration ist. Die Weiterentwicklung solider Plattformen ist durch eine erodierende Kundenzahl langfristig nicht gewährleistet. Weil derzeit nicht besonders viele neue IT-Projekte anstehen, sind Ressourcen für einen Wechsel frei. Diese Chance sollten die Anwender nutzen.

Midrange-Systeme ablösen

Aktuelle Situation: Der Lebenszyklus des Midrange-Markts ist deutlich weiter fortgeschritten als der des Mainframe-Geschäfts und nähert sich dem Ende. Das einzig überlebende System ist IBMs AS/400 (auch bekannt unter den Bezeichnungen iSeries, System i oder aktuell Power Systems). Sie wurde aber technologisch komplett renoviert und standardisiert. Daher unterscheiden sie sich von den AIX-basierenden Power-Systemen nur noch durch die Softwarekomponenten wie etwa Betriebssystem und Datenbank.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Wo noch ältere Midrange-Systeme im Einsatz sind, ist dringender Handlungsbedarf geboten, Ausnahmen gelten nur für die AS/400-Rechner. Alle anderen Systeme sollten aus Kosten- und Risikogründen umgehend abgelöst werden. Im Fall der AS/400 sollte die Entscheidung auf Basis der eingesetzten Applikationen getroffen werden. Entscheidend ist, dass die Anwendungen wirklich für die Zielplattform zur Verfügung stehen.

Unix-Server: Was wird aus Sun?

Aktuelle Situation: Dieser Markt ist der am heißesten umkämpfte. Verschärft wird die Situation dadurch, dass IBM den Konkurrenten Sun übernehmen möchte. Obwohl der geplante Zukauf offiziell noch nicht bestätigt ist, sorgt er schon für weitere Diskussionen über die Entwicklung des Unix-Server-Marktes. Das Geschäft ist schon länger in einer Konsolidierungsphase - gekennzeichnet durch zurückgehende Stückzahlen und Umsätze sowie einen massiven Preiskampf. Migrationspläne der Anwender auf Linux- und Windows-Plattformen sorgen für weiteren Druck.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Wie im Mainframe- und Midrange-Segment gilt es zunächst, die exotischen Plattformen so schnell wie möglich auszutauschen. Dazu zählen alle Unix-Dialekte außer AIX, HP/UX und Solaris. Aus heutiger Sicht sind diese drei Unix-Derivate für die nächsten fünf Jahre sicher. Dies kann sich aber durchaus durch neue Entwicklungen (etwa Übernahmen und Zusammenschlüsse) relativ kurzfristig ändern. AIX auf IBMs Power-Systemen hat unter technischen Gesichtspunkten die Nase vorn. Solaris auf Sparc-Rechnern ist ebenfalls technisch gut aufgestellt. Dagegen fällt die Kombination aus HP-UX und Itanium-Prozessoren etwas ab. Allerdings kann sich diese Reihenfolge im Laufe der Zeit durchaus wieder verändern.

Wichtig für Anwender ist insbesondere die Zukunftssicherheit der Anbieter und Technologien. Hier wäre es wünschenswert, dass es weltweit drei annähernd gleich starke Wettbewerber gibt. Bislang sind dies IBM, HP und Sun/Fujitsu. Eine Akquisition von Sun durch IBM würde dieses Gleichgewicht stören und eine weitere Konsolidierung der CPU- und Betriebssystem-Plattformen vorantreiben. Daher sollten Anwender, die vor langfristigen, strategischen Investitionsentscheidungen stehen, nicht vorschnell handeln und zunächst die weitere Entwicklung von IBMs Akquisitionsplänen abwarten. Taktischen Investitionen, die sich über einen Planungshorizont von drei bis fünf Jahren erstrecken, steht dagegen nichts im Wege. Sie sollten sich an aktuellen Performance- und Kostenvergleichen orientieren.

X86- und IA64-Server: Intensiver Wettbewerb

Aktuelle Situation: Das Marktsegment der x86- und IA64-Server, wozu primär die CPUs von Intel und AMD sowie die Betriebssysteme Windows Server und Linux zählen, wächst seit Jahren. Dadurch herrscht in diesem Geschäft ein starker Wettbewerb der führenden Anbieter. Dies hat einen positiven Effekt auf das Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Anbieter liefern sich einen Wettlauf um die beste Technik der Plattform, etwa im Bereich Virtualisierung. Für Anwender sind die Themen Konsolidierung und Virtualisierung wichtig, um größere Effekte zu erzielen. Dennoch stehen sie in der Pflicht, grundsätzlich eine Make-or-buy-Entscheidung zu treffen.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Die Anwender sollten zunächst die bestehenden Server-Infrastruktur analysieren. Die Erhebung muss Anzahl, Alter, Leistung, Betriebssystem, Virtualisierungsgrad sowie die eingesetzten Applikationen erfassen. Aus dieser ersten Analyse lassen sich geeignete Maßnahmen ableiten und weiterentwickeln.

Für den Betrieb des Rechenzentrums sind die früher üblichen Stand-Alone-Server - bis auf wenige Ausnahmen - obsolet. Rack-basierende Modelle und Blade-Server sind Stand der Technik. Wo welche Systeme zum Einsatz kommen, hängt vor allem von den notwendigen Applikationen ab (Database-Server, Application-Server, Web-Server,etc). Allerdings weist der Server-Trend eindeutig in Richtung Blade-Server. Sie verbrauchen wesentlich weniger Platz und Strom.

Vorsicht! Proprietäre Blade-Chassis

Als Nachteil kann sich ihre höhere Energiedichte erweisen. Dadurch können sich geplante Standorte als ungeeignet erweisen, weil zu wenig Strom und Kühlmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Weiterhin sind die Blade-Chassis der verschiedenen Anbieter proprietär. Besonders in kleineren Rechenzentren kann sich eine ansonsten empfehlenswerte Zwei-Anbieter-Strategie als schwierig erweisen.

Der Energieverbrauch ist ein wichtiges Entscheidungskriterium. Die Erfahrung der Experton Group zeigt, dass auch vermeintlich hoch standardisierte Blade-Server führender Anbieter in der Praxis einen deutlich unterschiedlichen Stromverbrauch haben. Die Abweichungen belaufen sich auf bis zu 30 Prozent. Dies lässt sich leider oft nur durch Testen, nicht aber anhand von Datenblättern ermitteln.

Bevor Anwender ihre Entscheidung über Server-Art und -Anbieter treffen, sollten sie ihre Hausaufgaben machen und eine Konsolidierungs- und Virtualisierungsstrategie formulieren. Besonders die Virtualisierung ist ein komplexes Thema mit vielen Optionen und Risiken. Das Gesamtkonzept sollte unbedingt auch die Storage-Systeme berücksichtigen.

Fazit: Künftig mehr Server-Services

Der Server-Markt steht in den vier Kernsegmenten Mainframe, Midrange, Unix sowie x86 und IA64 vor einem Umbruch. Benutzer von Mainframes und Midrange-Systemen kommen um eine Migration unwirtschaftlicher Altsysteme nicht herum. Im Unix-Segment zeichnet sich daher eine grundsätzliche Konsolidierung ab, und der X86- sowie IA64-Markt sind durch einen intensiven Wettbewerb und Technologiewettlauf geprägt.

Zukünftig stellt sich Anwendern zusätzlich die Frage, wie die Themen Outsourcing und Cloud Computing den Markt beeinflussen. Schon heute betreiben Service-Provider im Rahmen von Outsourcing-Verträgen viele Server für ihre Kunden. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Ein massiver Eingriff in den Markt steht durch das Cloud Computing bevor. Schon 2008 haben Unternehmen wie Microsoft, Google, Yahoo und Amazon einen großen Anteil der weltweiten Server-Produktion geordert, um eigene, große Service-Rechenzentren aufzubauen. Möglicherweise werden wir in fünf Jahren nicht mehr über Server, sondern nur noch über Rechenleistung aus der Steckdose, Service-Level-Agreements (SLAs) und Verfügbarkeit sprechen. (jha)