Trends bei ERP, CRM und SCM

Betriebskosten senken, mehr verkaufen und Daten auswerten

31.08.2009 von Frank Niemann
Während Firmen bei ERP-Investitionen auf die Bremse drücken, ist für CRM-Lösungen und Datenanalyse offenbar noch Geld vorhanden.

Keine Branche bleibt von der Krise verschont. Auch die bisher von Umsatzsteigerungen verwöhnten Softwarehäuser bekommen das zu spüren. Wer in diesem Jahr leicht gewachsene oder zumindest gleich gebliebene Geschäfte verkünden kann, ist schon froh. Firmen trauen sich vor allem an große Projekte nicht heran. Selbst Unternehmen, die grundsätzlich bereit sind, in neue Geschäftssoftware zu investieren, haben Schwierigkeiten, die finanziellen Mittel aufzubringen. Laut einer Studie der IDG Business Media, in der die COMPUTERWOCHE erscheint, sind die ERP-Budgets deutlich geschrumpft (siehe auch "Firmen sind bei ERP-Investitionen vorsichtiger"). Etwa 38 Prozent der Firmen teilten in der Umfrage mit, ihnen ständen mindestens 100.000 Euro im Jahr für ERP-Vorhaben zur Verfügung. Ein Jahr zuvor waren das noch fast 60 Prozent.

ERP-Markt: Mehr Geschäft mit Bestandskunden

Was in diesem Jahr an ERP-Projekten stattfindet, wurde bereits im vergangenen Jahr budgetiert, als die Krise noch nicht so sehr zu spüren war. Gleichwohl gibt es Firmen, die auch jetzt noch Geld für ERP-Software lockermachen wollen: Darunter befinden sich eigentümergeführte Unternehmen mit solider finanzieller Basis und langfristiger Firmenstrategie. Viele dieser Firmen lösen Altsysteme ab, die nicht selten zehn und mehr Jahre auf dem Buckel haben. Einzelne Produkte wollen die Betriebe durch eine integrierte ERP-Anwendung ersetzen. Oftmals zwingen auch organisatorische Veränderungen wie Übernahmen, Ausgründungen oder die Zusammenlegung von Firmensparten dazu, die Geschäftssoftware auszuwechseln.

Kommt das Neugeschäft ins Stocken, versuchen Softwarefirmen mehr Geschäft mit den Bestandskunden zu machen. Sie bieten beispielsweise Erweiterungsprodukte an. Hoch im Kurs stehen dabei - auch eine Auswirkung der Krise - Programme zur Auswertung von Geschäftsdaten. Firmen benötigen Transparenz darüber, wo sie Geld verdienen oder verlieren und wo sich Kosten einsparen lassen. ERP-Anbieter erweitern ihr Angebot entsprechend. AP AG etwa entwickelte das "Aktive Risiko-Management", mit dem Nutzer von "Applus" Kennzahlen für Eintrittswahrscheinlichkeiten von Risiken errechnen können sollen (siehe auch "Risiko-Management: Regelmäßige Analysen sind selten").

ERP für Fertigungsbetriebe
Struktur der Stichprobe
Vor allem kleine und mittelständische Firmen nahmen an der Umfrage teil.
Unaided Recall
Gefragt wurde, welche ERP-Systeme den Firmen einfallen.
Konkrete Erfahrungswerte bei einzelnen Lösungen
Erfahrung gesammelt haben die Firmen vor allem mit auf die Branche spezialisierten ERP-Softwarehäusern.
Kaufentscheidungskategorien im Überblick
Die Betriebe legen weniger Wert darauf, dass der ERP-Hersteller Standorte in Asien und den USA unterhält.
Integrationsgrad von Fremdsoftware
Integrieren wollen die Firmen vor allem klassische Produkte wie Office und CAD.
Ausgewählte Detailaspekte
Das Arbeiten ohne Artikelnummern ist für viele Unternehmen mit Einzel-/Auftragsfertigung wichtig. Über die Wichtigkeit gehen die Meinungen jedoch auseinander.
Stellenwert Konzepte Dienstleistungen Services
Methoden, um Kosten und Termine im Auge zu behalten, stehen bei den Firmen hoch im Kurs.

Wenn der Absatz von Softwarelizenzen schwieriger wird, wachsen automatisch die Bedeutung von Softwarewartung sowie produktbegleitenden Dienstleistungen. Hier tun sich Softwarehäuser leichter, die bereits über viele Kunden verfügen. Beispielsweise legte Infor Global Solutions mit "Flex" ein Angebot für Bestandskunden auf, bestehend aus Software, Dienstleistungen und Finanzierungen (siehe auch "Infor motiviert Kunden zu ERP-Upgrades"). Mit wenig Aufwand und Geld sollen Infor-Kunden auf diese Weise auf neue Software-Releases wechseln beziehungsweise ein Infor-System gegen ein anderes austauschen können.

Der ERP-Markt wird von SAP dominiert. Eine richtige Nummer zwei gibt es nicht.

Trotz Kostendrucks spielen Mietlösungen (auch Software as a Service, neuerdings Software in der Cloud genannt) im ERP-Segment noch kaum eine Rolle. SaaS-Angebote richten sich an Unternehmen, die die Anfangskosten für eine ERP-Einführung scheuen. Das mag sich ändern, wenn es SAP gelingt, die SaaS-ERP-Suite "Business ByDesign" am Markt zu etablieren. Cloud-Software könnte jedoch bestehende ERP-Installationen ergänzen: Statt neben dem Kernsystem weitere Softwaremodule zu installieren, können Firmen über Web-Schnittstellen Erweiterungsbausteine einbinden, die als Service von einem Dienstleister bereitgestellt werden.

CRM-Markt: Vertriebslösungen sind auch in der Krise aktuell

Mögen Unternehmen auch vor großen ERP-Projekten zurückschrecken, das Interesse an Lösungen, mit denen sich der Vertrieb verbessern lässt, ist ungebrochen. "Seit fünf Jahren wächst der CRM-Markt zweistellig, daran konnte bisher auch die Finanzmarktkrise nichts ändern", sagen die Analysten von Gartner (siehe auch "Der CRM-Markt wächst und wächst"). Das weltweite CRM-Geschäft legte im Jahr 2008 um 12,5 Prozent zu und umfasst nunmehr 9,15 Milliarden Dollar. Viele Firmen haben Nachholbedarf in Sachen effizienter Vertrieb und Kundenservice und hoffen, mit Hilfe von CRM-Software den Warenabsatz zu steigern. Auch hier spielt die Analyse von Daten als Ergänzung zu operativen Funktionen eine Rolle: Unternehmen möchten die Kunden stärker an sich binden und die vorhandenen Kundeninformationen besser auswerten können. Analyseverfahren sind aber auch gefragt, weil sich damit herausfinden lässt, was eine Marketing-Kampagne bringt. "Mehr aus den CRM-Systemen herauszuholen ist da das Gebot der Stunde", bringt es Frank Naujoks auf den Punkt (siehe auch "Was den CRM-Markt bewegt"). Er ist Softwareexperte beim Marktforschungs- und Beratungshaus i2s.

Einige Firmen führen erstmals eine CRM-Applikation ein und lösen eigenentwickelte Tools ab. Andere tauschen dagegen bestehende CRM-Programme aus beziehungsweise ersetzen mehrere Lösungen durch eine umfassende CRM-Suite.

Da das Internet als Vertriebskanal und Medium für die Kundenkommunikation an Bedeutung gewinnt, statten die CRM-Anbieter ihre Lösungen entsprechend aus. Software soll helfen, Kundenportale zu errichten und darüber mit Käufern und Interessenten in Kontakt zu treten. Des Weiteren entwickeln die Softwareanbieter Funktionen, um soziale Netzwerke wie beispielsweise Xing.com, Facebook und Twitter in die CRM-Prozesse einzubinden. Software etwa von Microsoft, Salesforce.com und Rightnow erlaubt es, Twitter-Dialoge ("Tweets") auszuwerten (siehe auch "Kundendienst in der Cloud"). Soziale Netzwerke sind nach Überzeugung der CRM-Anbieter eine reichhaltige Quelle, um mehr über Kunden und deren Meinung zu Produkten und Dienstleistungen zu erfahren.

SCM-Markt: Spezialisten färben die Lieferkette grün

Der Markt für Lösungen zum Supply-Chain-Management steht im krassen Gegensatz zum CRM-Segment. Hier tut sich nämlich sehr wenig Neues. Die Funktionen zur Steuerung von Lieferketten und Bestandsoptimierung übernehmen in vielen Fällen ERP-Suiten. International agierende Anbieter von Lieferkettensoftware wie i2 sind praktisch vom Markt verschwunden. Daneben gibt es einige wenige Spezialisten, die Ergänzungen für ERP-Software neben Prozessberatung offerieren. Zu ihnen zählt die Wassermann AG.

Für Firmen steht Lieferkettensteuerung jedoch nach wie vor auf der Tagesordnung. Dazu zählen im weiteren Sinne Beschaffungslösungen, mit denen sich Lieferanten auswählen und Waren elektronisch ordern sowie abrechnen lassen.

Die Energiepreise machen es erforderlich, Transporte genauer zu planen. Hinzu kommen Umweltschutzmaßnahmen: die "grüne Lieferkette" soll Warentransporte mit möglichst wenig CO2-Ausstoß gewährleisten. Auch hier sind Daten zu analysieren.

Und wie geht es weiter?

Der Bedarf an integrierter Geschäftssoftware im Mittelstand wird wegen des hohen Modernisierungsdrucks noch eine Weile anhalten, so dass hier mit Investitionen in ERP- und CRM-Software zu rechnen ist. Große Firmen, die bereits ERP-Software angeschafft haben, werden sich dagegen überlegen, wie viel Geld sie noch in diese Kernsysteme stecken wollen, deren Betrieb nicht selten einen großen Teil der IT-Budgets auffrisst. Anbieter wie beispielsweise SAP versprechen ihren Kunden, dass sich ihre Business-Applikationen künftig zu geringeren Kosten betreiben und erweitern lassen sollen. Den Beweis, wie das mit einem höheren Wartungssatz möglich sein soll, muss der Softwarekonzern aber noch erbringen. Die Softwarekunden werden anspruchsvoller: Eine integrierte Lösung mit zahlreichen Funktionen setzen sie inzwischen voraus, ebenso die Möglichkeit, Fremdsysteme einzubinden. Sie suchen aber nach Methoden, mit denen sie ihre Geschäftsprozesse leicht, dass heißt mit wenigen Programmierern und Beratern, anpassen können. Hier fällt der Softwareinfrastruktur eine zentrale Rolle zu. Ob die vom ERP-Anbieter oder einem Dritthersteller kommt, wird sich zeigen.

Auch deshalb dürften vor allem solche Anbieter weiterhin Erfolg haben, die neben Software und Technik ihren Kunden auch Branchen-Know-how und Hilfe bei der Gestaltung von Geschäftsprozessen liefern können. Das setzt fachkundige, motivierte Experten beziehungsweise entsprechende Partnerfirmen voraus.