Sie suchen ein Smartphone mit einer Hardware-Ausstattung für gehobene Ansprüche? Falls Sie mit Windows Phone 7 leben können, dann kommen sie jetzt äußerst günstig zu einem entsprechenden Gerät. 248 Euro sind nämlich durchaus ein Schnäppchen für ein Smartphone. Zumal, wenn mindestens 256 MB RAM sowie mindestens 8 GB Flash-Speicher verbaut sind, ein Kompass, GPS-Empfänger, Beschleunigungs- und Lagesensor mit an Bord sind. Eine Ausstattung, die dann mit kapazitivem Multi-Touchscreen, 5-Megapixel-Kamera sowie WLAN und UMTS abgerundet wird. Herzstück eines solchen Smartphones sollte nach dem Willen des Konzerns eine CPU mit mindestens 1 Gigahertz Taktfrequenz sein, denn der Konzern wollte mit Windows Phone 7 im Highend-Segment ganz vorne mitmischen.
Pläne, die sich wohl, betrachtet man die Preisentwicklung in Deutschland in Schall und Rauch aufgelöst haben: Statt im Highend-Segment entsprechende Preise zu erzielen, lassen sich die Windows-Handys nur noch verramschen. Diesen Eindruck legt zumindest die Preisentwicklung in Internet-Portalen wie www.geizhals.at/de nahe: So kostet ein Samsung Omnia aktuell nur noch 248 Euro (ohne Handy-Vertrag). Zum Marktstart vor rund fünf Monaten hätte der User noch 629 Euro zahlen sollen. Das ist ein Preisverfall von 381 Euro. Im gleichen Zeitraum sank der Verkaufspreis des HTC 7HD um 273 Euro von 549 auf 276 Euro.
Rapider Preisverfall
Sicher: Elektronik, egal ob Handy, PC etc. gehört nicht unbedingt zu den stabilen Wertanlagen. Vergleicht man allerdings den Preisverfall der Windows Phones mit einem iPhone 3GS oder einem Samsung Galaxy S, dann sind letztere geradezu stabile Wertanlagen. So sank der Preis eines 3GS innerhalb eines Jahres lediglich um 181 Euro von 639 auf 458 Euro. Und das Galaxy S verbilligte sich seit seiner Markteinführung lediglich um 151 Euro. Es geht heute im günstigsten Fall für 348 Euro über den Ladentisch, statt ursprünglich 499 Euro.
Fehlende Nachfrage
Doch worauf beruht diese unterschiedliche Preisentwicklung? Ist Windows Phone 7 bei den Anwendern wirklich so unbeliebt, dass sich diese Smartphones nur noch verramschen lassen? Trifft etwa zu, was der verärgerte Entwickler Paul Jenkins in seinem Blog schreibt: "Every opportunity Microsoft have had to fuck up WP7, they‘ve taken." Und Mitte Januar beklagte bereits James Choi, Marketing-Stratege bei LG, dass der erste Ansturm nicht so stark war, wie alle erwartet hatten. Die Zurückhaltung der Käufer erklärte sich Choi unter anderem damit: "Für Technik-Fans mag Windows Phone 7" nach einer Woche etwas langweilig sein.
Vermutungen und Thesen, auf die man bei Microsoft Deutschland gar nicht näher eingehen will: "Um am Markt weiter zu wachsen, werden wir nicht nur unsere Partnerbeziehungen weiter ausbauen, sondern auch das Betriebssystem noch attraktiver machen", kündigte stattdessen der hiesige Statthalter Ralph Haupter auf die Anfrage der COMPUTERWOCHE an. Es würden bereits mehr als 18.000 Entwickler an Neuheiten wie Spielen oder Anwendungen arbeiten. Außerdem stünden schon heute stehen mehr als 10.000 Apps auf dem Windows Phone Marketplace zur Verfügung. Mit Blick auf den lokalen Markt erklärte Haupter, dass die Entwicklungs-Tools für Windows Phone 7 allein in Deutschland über 50.000-mal heruntergeladen worden seien. Das Land läge außerdem mit über 1.300 registrierten Entwicklern und über 350 Apps europaweit mit an der Spitze.
Lediglich hinter vorgehaltener Hand wurde in der Deutschlandzentrale in Unterschleißheim vermutet, dass vielleicht Grauimporte das Preisgefüge unter Druck setzten und so für die Billigangebote sorgten.
Leere Produkt-Pipeline?
Auf den ersten Blick klingt Microsofts Erklärungsversuch plausibel und die Durchhalteparolen des Managements lassen für die Zukunft der Windows Phones hoffen. Doch gibt es weitere Indizien dafür, dass Windows Phone 7 womöglich doch bei der Kundschaft und damit auch den Herstellern schlecht ankommt. So stand Microsoft auf dem Mobile World Congress im Februar buchstäblich mit leeren Händen da - die letzten (und ersten) Windows Phones war bereits im Oktober 2010 vorgestellt worden. Die (erfolgreichen) Bemühungen, den schwankenden Handy-Riesen Nokia zum Plattformwechsel zu bewegen, sprechen eine ähnliche Sprache, genauso wie die Pläne Microsofts, die relativ hohen Hardware-Anforderungen mit dem noch für dieses Jahr angepeilten "Mango"-Update wieder zu senken, um preisgünstigere Devices zu ermöglichen.
Windows Mobile hoch im Kurs
Interessanterweise steigen auch seit der offiziellen Markteinführung von Windows Phone 7 wieder die Neupreise für Smartphones, die noch den Betriebssystem-Vorgänger Windows Mobile 6.5 verwenden. So kostet etwa das HTC HD2, das im Oktober/November um die 400 Euro lag, mittlerweile wieder 465 Euro. Und das US-amerikanische Marktforschungsinstitut NPD Group stellte in seinen US-Marktzahlen zum vierten Quartal 2010 fest, dass sich die schon fast zum alten Eisen gerechneten Windows-Mobile-Geräte doppelt so gut wie die neuen Windows Phones verkauften - wenn auch auf niedrigem Niveau mit zwei beziehungsweise ein Prozent Marktanteil.
Auch hierzulande hätten Unternehmen, die Windows Mobile noch immer im Einsatz haben, zum Jahresende 2010 Hamsterkäufe getätigt, bestätigt Marcus Müller, Gründer und CMO des Münchner Mobile-Device-Management-Anbieters Ubitexx. Nachdem die Carrier Windows-Mobile-Devices nun endgültig aus dem Programm nehmen, hätten sie praktisch die letzte Chance genutzt, künftig ausfallende Geräte ersetzen zu können.
Hamsterkäufe
Längerfristig bleibt aber auch diesen Unternehmen kaum eine andere Wahl, als sich nach einer passenden Alternative umzusehen. Der Nachfolger Windows Phone 7 sei noch lange nicht Business-tauglich, unter anderem fehlten Verschlüsselung und Schnittstellen für den Remote-Zugriff, erklärte Müller.
Die Hoffnung, dass Microsoft die fehlende n Enterprise-Funktionen in kurzer Zeit nachschiebt, dürften die meisten Firmen inzwischen verloren haben. So hat die Gates-Company arge Schwierigkeiten, ihre Versprechen bezüglich regelmäßiger Updates, die unabhängig von Carrier und Handy-Herstellern erfolgen, einzuhalten: Fünf Monate nach dem Start ist der Softwareriese aktuell gerade einmal dabei, mit dem mehrmals verschobenen ersten Firmware-Upgrade 7.0.7390.0 ("NoDo") Basisfunktionen wie Copy & Paste zu ermöglichen. Auf essentielle Business-Features wie die Multitasking-Unterstützung für Third-Party-Apps müssen die Nutzer sogar bis zum noch nicht datierten "Mango"-Update warten. Zugegeben: Apple brachte Multitasking sogar erst knapp zwei Jahre nach dem Start in Version 3.0 von i(Phone-)OS. Anders als Microsoft mit seinen alten Windows-Mobile-Wurzeln besaß die Jobs-Company zu diesem Zeitpunkt aber kein kräftiges Standbein im Enterprise-Bereich, sondern war buchstäblich bei Null gestartet.
Mobile-Device-Manager geht fremd
Immerhin scheint sich Microsoft mit seiner sinkenden Bedeutung bei Business-Smartphones abgefunden zu haben. Im Zuge der kürzlich erfolgten Freigabe der zweiten Beta des "System Center Configuration Manager 2012" warb der Softwareriese nun sogar damit, dass die Lösung über das Exchange-ActiveSync-Protokoll neben Windows Phones auch iPhones, iPads sowie Symbian- und Android-Geräte verwalten könne. Früher hatte Microsoft bei Anfragen zu seiner - nun in SCCM 2012 integrierten - Verwaltungslösung "System Center Mobile Device Manager" darauf verwiesen, dass sich Microsoft auf Windows-Mobile-Geräte konzentriere und das Management anderer Mobile-Plattformen lediglich als mögliches Add-On von Value Added Resellern (VAR) sehe.
Vermutungen, dass Microsoft selbst nicht mehr an die Zukunft seiner eigenen Plattform im Business glaubt, weist Frank Prengel, Technical Evangelist, indes zurück. "Wir werden mit Systems Server 2012 der "Consumerization of IT" gerecht, das heißt, dem Trend, dass Mitarbeiter ihre privaten Geräte auch im Unternehmen einsetzen wollen", erklärt er. "Dieser zunehmend heterogenen IT-Landschaft tragen wir Rechnung mit modernen Werkzeugen zur Verwaltung aller mobilen Geräte. Deshalb werden neben Windows Phone 7 auch weitere mobile Plattformen unterstützt."