Windows Phone 7

Auferstanden aus Ruinen

14.10.2010 von Manfred Bremmer
Wird es Microsoft gelingen, mit Windows Phone 7 wieder Anschluss im Smartphone-Markt zu finden? Die nächsten Wochen und Monate werden es zeigen.
Welches Schweinderl hätten 'S denn gern? Microsoft-CEO Steve Ballmer mit dem Windows Phgones der ersten Stunde. Foto: Microsoft
Foto: Microsoft

Binnen 18 Monaten hat es Microsoft geschafft, mit Windows Phone 7 ein neues mobiles Betriebssystem aus dem Boden zu stampfen und auf den Markt zu bringen. Ziel war es, mit einem völlig neuen Design und besonders einfacher Benutzerführung Konkurrenzsystemen wie i(Phone)OS und Google Android Paroli bieten zu können.

Der Druck auf Redmond, verlorenes Terrain gutzumachen, ist enorm: Laut Berechnungen von Gartner hat sich der Marktanteil von Microsoft bei mobilen Betriebssystemen in diesem Jahr erneut fast halbiert und ist von 8,7 auf 4,7 Prozent gesunken. Schuld an dieser Abwärtsentwicklung ist allerdings nicht nur der Umstand, dass der Softwareriese - wie die Chefetage mehr als einmal reumütig bekannte - einen kompletten Produktzyklus im Smartphone-Geschäft verschlafen hat. Nachdem Steve Ballmer auf dem Mobile World Congress im Februar ankündigte, mit Windows Phone 7 alle Brücken zum Vorgänger abzubrechen, dürfte selbst den treuesten Anhängern das Interesse an den zu Auslaufmodellen deklarierten Windows-Mobile-Geräten vergangen sein.

Tiles und Hubs statt App-Mosaik

Trotz des Anspruchs, mit Windows Phone 7 zur Konkurrenz aufzuschließen und sie womöglich sogar zu überholen, ist das mobile Betriebssystem kein bloßes Mischmasch aus Elementen von i(Phone)OS, Google Android oder Palm WebOS, sondern besitzt durchaus einen eigenen Charakter. Neu sind beispielsweise die so genannten Live Tiles auf dem Homescreen, die Informationen aus verschiedenen Quellen bereitstellen, ohne dass der Nutzer dazu eine Anwendung öffnet. Ebenfalls charakteristisch für Windows Phone 7 sind die Hubs, die Funktionen verschiedener interagierender Apps themenspezifisch zusammenfügen.

Windows-Phone-Nutzer wissen, was ihre Kontakte gerade auf Facebook gepostet haben - so wie hier "Claire Grube" Foto: Microsoft
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So werden im People Hub - anlehnend an Konzepte wie HTC Sense oder Motorola Blur - automatisch alle Informationen zu Kontakten zusammengestellt. Der Nutzer bekommt eine einheitliche Sicht auf Kurzmitteilungen, E-Mails und Statusmeldungen - aber auch auf Videos und Bilder einer Person. Mit People, Picture, Games, Music & Video, Marketplace und Office stellt Microsoft selbst sechs solche Hubs bereit, Software- und Hardwarepartner können weitere ergänzen. Außerdem fährt der Konzern gegen die Konkurrenten iPhone und Android Geschütze wie die bereits im Markt etablierten Dienste Xbox Live, Zune und andere Cloud-Services auf und setzt auf drahtlose Synchronisation. "Das Smartphone ist nur die Hälfte des Lieferumfangs", so Frank Fischer, Leiter des Geschäftsbereiches Mobile Communications bei Microsoft Deutschland.

Zumindest in einem Punkt erinnert Windows Phone 7 aber doch stark an das Apple iPhone der ersten Generation: Da das Augenmerk zunächst auf private Nutzer gelegt und die Zeit offenbar knapp wurde, werden zum Launch Ende Oktober die an Windows Mobile geschätzten Business-Features wie vollständige Verschlüsselung, Device Management oder VPN-Unterstützung fehlen. Außerdem können wegen potenziell negativer Auswirkungen auf Rechen- und Akkuleistung keine Drittanwendungen im Hintergrund laufen - kein Multitasking also vorerst für Windows Phone 7. Push Notification wird indes unterstützt. Die fehlenden Funktionen sollen jedoch genauso wie etwa Copy & Paste oder Flash-Unterstützung im Rahmen späterer Updates nachgeliefert werden. Da Microsoft davon ausgeht, dass die Windows Phones wie einst das Apple iPhone über die privaten Nutzer den Weg in die Unternehmen finden werden, ist auch ein Konzept zur Entwicklung und Verteilung von Inhouse-Apps in Planung.

Same Same But Different

Auch aus dem Debakel mit den oft langsamen, schlecht ausgestatteten Endgeräten hat Microsoft seine Lehren gezogen: Um einen Rückfall in Windows-Mobile-Zeiten vermeiden, stellt der Softwareriese bei Windows Phone 7 klare Mindestanforderungen an die Hardware. Unter anderem sehen die Vorgaben mindestens 256 MB Arbeitsspeicher, einen 1-Gigahertz-Prozessor, 4 GB Speicher, eine Fünf-Megapixel-Kamera, GPS, Beschleunigungssensor, Kompass und ein Multitouch-fähiges kapazitives Display mit 800 x 480 Pixel vor.

Windows Phones
Dell Venue Pro
Das Dell Venue Pro soll demnächst auch in Europa angeboten werden. Es hat als einziges Windows Phone eine nach unten herausziehbare Tastatur.
HTC 7 Pro
Das HTC Pro mit ausziehbarer Qwertz-Tastatur wird ab sofort auch in der DACH-Region angeboten.
HTC 7 Pro
Der Preis ohne Vertrag liegt bei 599 Euro, bei o2 Germany und Partnern ist das Device ohne SIM-Lock für eine Anzahlung von 29 Euro und 24 Monatsraten zu je 22,50 Euro erhältlich.
HTC HD7
o2 Germany bietet das HTC HD7 exklusiv in Deutschland an.
HTC HD7
Der Preis: 49 Euro Anzahlung plus 24 Monatsraten à 20 Euro = 529 Euro
HTC 7 Trophy
Außer dem HD7 stellte HTC gleich vier weitere Windows Phones vor. Dazu zählt unter anderem das Spiele-Handy HTC... Trophy
HTC 7 Trophy Screen
Exklusiver Vertragspartner für das HTC Trophy ist Vodafone, das Gerät kommt für 460 Euro auf den Markt.
HTC 7 Mozart
Die Telekom konnte sich dagegen das HTC Mozart mit stylischem Aluminium-Gehäuse sichern.
HTC 7 Surround
Gleiches gilt für das HTC Surround mit ausziehbarem Lautsprecher und Ständer.
LG Optimus 7
LG beteiligt sich mit zwei Geräten am WP7-Launch. Hier das LG Optimus 7
LG Optimus 7
Die technischen Daten: Ein kapazitiver 3,8-Zoll-WVGA-Touchscreen, 1500mAh-Akku, 5-Megapixel-Kamera mit LED-Blitz und 720p-Videoaufnahme sowie , 16 GB interner Speicher.
LG Optimus 7Q
Zusätzlich gibt es eine Variante des LG Omnia 7 mit Volltastatur - diese kommt (vorerst) aber nicht nach Europa.
Dell Venue Pro
Das Dell Lightning wurde letztendlich als Venue Pro vorgestellt - auf den Markt kommen soll es vorerst nur in den USA .
Samsung WP7
Das häufig auf Präsentationen gezeigte Samsung-Smartphone ist vermutlich nur ein Demo-Gerät und soll nicht vermarktet werden.
Samsung Omnia 7
Auf den Markt kommt dagegen das Samsung Omnia 7 - diese Info (samt Bild) verbreitete zumindest Samsung Russland.

Diese Maßgabe hat zur Folge, dass sich die beim weltweiten Launch-Event vorgestellten neun Windows Phones auch äußerlich fast nicht unterscheiden. Ausnahmen sind die mit einer physischen Tastatur ausgestatteten Modelle "HTC 7 Pro", "Dell Venue Pro" und "LG Optimus 7Q". Hierzulande ist allerdings keines von diesen zum Start am 21. Oktober erhältlich. Die Auswahl beschränkt sich fünf nahezu identische Geräte, davon stammen drei von HTC (HTC HD7, HTC 7 Trophy und HTC Mozart), LG bringt das LG Optimus 7, Samsung bietet das Samsung Omnia 7 an.