ERP-Zufriedenheitsstudie 2008

Anwender von Business-Software erwarten Kontinuität

06.10.2008 von Frank Niemann
Nutzer von ERP-Software sind nur dann bereit, neue Releases einzuspielen, wenn sie sich gut betreut fühlen und die Produktstrategie des Herstellers nachvollziehen können. Zudem verlangen Anwender stärker als bisher besser bedienbare und leichter anpassbare Applikationen.

Firmen wünschen sich moderne ERP-Lösungen, die ihnen dabei helfen, ihre Prozesse zu beschleunigen. Deshalb schaffen sie neue Software an oder aktualisieren bestehende Systeme. Doch Innovationen allein reichen nicht: Softwarenutzer erwarten eine klare Release-Strategie und verlässliche Technik. Sie nehmen die Kosten einer Migration nur auf sich, wenn sie sich betriebswirtschaftlich lohnt und für sie wenige Risiken birgt. Zudem sollte der Hersteller aufzeigen können, wie er das Produkt langfristig weiterentwickeln will.

ERP-Anwender reagieren empfindlich, wenn es dem Applikationsanbieter an Kontinuität und Betreuung mangelt. Dies unterstreicht einmal mehr die aktuelle ERP-Zufriedenheitsstudie der i2s Zürich, die in Deutschland von Trovarit AG aus Aachen in Zusammenarbeit mit der COMPUTERWOCHE organisiert worden ist. Im Rahmen der Studie, die alle zwei Jahre erscheint, haben Nutzer von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware die Möglichkeit, sich über einen strukturierten Fragebogen zu ihrem ERP-System sowie dem Anbieter beziehungsweise Einführungspartner zu äußern. Insgesamt 2206 Bewertungen zu Softwareprodukten wurden hierzu analysiert. Die Umfrage teilt die untersuchten Softwarehäuser in die drei Kategorien "kleine, mittelgroße und große Firmen" ein. Die Studie berücksichtigt dabei die tatsächlichen Installationen des jeweiligen ERP-Players, was schon mal von den Marketing-Aussagen der Firmen abweichen kann.

SAP-Anwender renovieren

Zu den Modernisieren unter den ERP-Nutzern zählen die Kunden von SAP. Viele Bestandskunden haben R/3 gegen die aktuelle Version ERP 6.0 ausgetauscht. Zwar taten sie dies oft nicht aus Begeisterung für das neue SAP-Produkt, sondern weil sie für alte Releases höhere Wartungssätze zahlen müssen. Fest steht aber, dass sich die installierte Basis deutlich verjüngt hat: Die Zufriedenheitsstudie 2006 ergab, dass lediglich 30 Prozent der erfassten SAP-Releases ein bis zwei Jahre alt und damit relativ jung waren. In der aktuellen Studie macht dieser Anteil bereits 50 Prozent aus.

SAP-Anwender äußerten sich in der Umfrage positiver als noch 2006 über ihre Anwendung. Das überrascht nicht, denn oft besteht ein Zusammenhang zwischen dem Alter der Systeme und der Anwenderzufriedenheit. "Je jünger das Software-Release, desto höher ist die Zufriedenheit", hat Trovarit-Vorstand Karsten Sontow festgestellt.

Allerdings ist zu erwähnen, dass die deutliche Anhebung der SAP-Wartungsgebühren für die Bestandskunden erst nach der Zufriedenheitsumfrage 2008 ankündigt wurde. Man darf also gespannt sein, wie das Votum der SAP-Nutzer beim nächsten Mal ausfällt.

Der positive Effekt aktueller Releases zeigt sich beispielsweise auch bei der AP AG. Das Produkt schnitt in Sachen Zufriedenheit gegenüber 2006 besser ab. Offenkundig haben viele Kunden des Vorgängersystems "P2" gegen die aktuelle ERP-Lösung "Applus" ausgetauscht.

Umgang mit den ERP-Kunden

Gute Noten bekommen Hersteller aber nicht nur von Kunden, die moderne Produkte einsetzen. Wenn die Betreuung stimmt, können auch Nutzer von Altprogrammen zufrieden gestellt werden. Bessere Werte erreichte beispielsweise Infor mit dem von größeren Firmen genutzten System "AS" (vormals "Brain AS"). Hier honorieren die Anwender offenbar die Bestandskundenpflege des Anbieters, obwohl die Installationen oft schon einige Jahre auf dem Buckel haben.

Dass dies auch innerhalb eines Anbieters nicht immer gelingt, belegt das Abschneiden des ebenfalls zu Infor gehörenden Produkts "ERP LN" (vormals Baan), das in der aktuellen Umfrage wesentlich schlechtere Noten bekommt als in früheren Jahren. Ein großer Teil der installierten Basis zögert bei der Modernisierung und nutzt weiterhin das Altsystem Baan IV.

Noch drastischer fällt das Votum der Nutzer von "Infor ERP.COM" aus. Das für mittelgroße Firmen konzipierte Softwareprodukt bildet in dieser Kategorie das Schlusslicht. Wie aus der Studie hervorgeht, hat sich insbesondere die Zufriedenheit der Anwender mit dem Anbieter gegenüber der letzten Erhebung dramatisch verschlechtert.

Hier dürften Sontow zufolge Ereignisse aus der Vergangenheit nachwirken: Infor hatte im Jahr 2006 den Konkurrenten SSA Global geschluckt und erwarb auf diese Weise mit Baan/ERP LN nun ein weiteres ERP-Produkt für die Fertigungsindustrie, was zu Verunsicherungen geführt hat. Zudem hat sich der Hersteller lange Zeit gelassen, ein neues Release ("ERP.COM 7.1") mit funktionalen Neuerungen auf den Markt zu bringen, so dass auch hier die installierte Basis deutlich gealtert ist.

ERP-Zufriedenheitsstudie

Die ERP-Zufriedenheitsstudie "Deutschland 2008" findet seit 2004 regelmäßig statt. Sie ist Teil einer länderübergreifenden, anbieterunabhängigen Initiative im gesamten deutschsprachigen Raum und wurde von der Züricher Beratung i2s GmbH im Jahr 2003 ins Leben gerufen. Die Trovarit AG leitet die Erhebung in Deutschland;. Sie wird von der i2s GmbH, Zürich, dem Forschungsinstitut für Rationalisierung an der RWTH Aachen (FIR) e.V. und die MQ Result Consulting AG, Tübingen, fachlich begleitet.

Methodik und Datenbasis:

  • Online-Befragung mittels standardisiertem Fragebogen.

  • Seit 2004 jährliche Untersuchung von mittlerweile 29 Zufriedenheitsaspekten anhand einer Notenskala.

  • Ansprache der Teilnehmer über Print-/Onlinemedien, Massen-Mailing und ERP-Anbieter.

  • Anzahl Teilnehmer: 2.317 Unternehmen (über 14 Prozent mehr als in 2006).

  • Charakteristik der Teilnehmer: Schwerpunkt "Industrie" (rund 66 Prozent), repräsentative Größenverteilung.

  • Rund 55 Prozent sind IT-/ERP-Verantwortliche.

  • 2008 wurden gemäß der Qualitätskriterien 2.206 Bewertungen zur Auswertung zugelassen (rund 3,0 Prozent mehr als im Vorjahr).

Verunsicherungen wegen der ERP-Produktstrategie

Schlechter schnitt auch die Oxaion AG ab. Nach Ansicht von Trovarit-Chef Sontow könnte dies mit der Neuentwicklung "Oxaion Open" zusammenhängen, die das Softwarehaus vor einigen Monaten vorgestellt hatte. Mit dem Produkt wendet sich der Hersteller, der sich bisher auf die System-i-Plattform (AS/400) konzentriert hat, an Kunden, die ERP-Software auf Linux- und Windows-Systemen betreiben wollen.

Abgerutscht ist ferner der Hersteller Sage Bäurer. Die Firma entstand durch die Übernahme des auf den gehobenen Mittelstand abzielenden Herstellers Bäurer durch Sage Software im Jahr 2006. Das Unternehmen kann zwar neue Lösungen nebst einer neuen Technikplattform "BOA" ("Bäurer Open Access") vorweisen, doch die Kunden modernisieren ihre bestehenden Lösungen sichtlich zögerlich. Weshalb sich die Nutzer den aktuellen Produkten verweigern, lässt sich dem Trovarit-Chef zufolge nicht sagen.

Gewinner und Verlierer

Einmal mehr bestätigt die Studie auch, dass kleinere Softwareanbieter, die sich meist auf bestimmte Branchen konzentrieren, höhere Zufriedenheitswerte bei ihren Kunden erreichen als die größeren Softwarehäuser.

ERP-Zufriedenheitsstudie
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Die Anwender der Softwareprodukte bewerten über Fragebögen Produkt und Anbieter nach Noten. Gegenüber der ERP-Zufriedenheitsstudie 2006 gab es einige Veränderungen. An der Spitze liegt wie auch schon in vorangegangenen Studien ein vergleichsweise kleiner Hersteller mit starkem Branchenfokus.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Bei Infor AS stimmt offenbar die Betreuung der Bestandskunden. Das Produkt schnitt gegenüber 2006 besser ab. Auch SAP erhielt bessere Noten. Hier wirkt sich offenbar die Modernisierung der ERP-Releases positiv aus.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Wenn Firmen neue Produkte einführen, kann sich das negativ auf Nutzer bestehender Programme auswirken. Mit "Oxaion Open" führte der auf AS/400-Software ERP-Hersteller Oxaion ein Produkt für Windows- und Linux-Plattformen ein, was zu einer weniger guten Benotung geführt haben könnte.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Kleineren ERP-Herstellern gelingt es offenbar, ihre Kunden gut zu betreuen, vor allem dann, wenn die Anbieter eine überschaubare Anzahl an ERP-Installationen pflegen müssen.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Die Bewertungskriterien sind breit gestreut. Wie immer regen sich die Anwender über schlechte Ergonomie und Berichtsfunktionen auf. Gegenüber 2006 haben sich hier die Werte nochmal verschlechtert.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Vor allem veraltete Software veranlasst Firmen zur Einführung eines neuen ERP-Produkts. Vermehrt sind aber Veränderungen in der Organisation des Unternehmens durch Zukäufe und Expansion der Auslöser.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
ERP-Software soll vor allem Abläufe verbessern. Der schnelle Informationszugriff wird zwar gewünscht, gleichzeitig kritisieren Anwender aber die Auswertungsfunktionen von Business-Software (siehe Bild 5).
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
ERP-Käufer legen verstärkten Wert auf moderne Technik. Ob die darunterliegende Plattform beispielswiese .NET oder Java heißt, spielt dabei keine so große Rolle.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Datenmigration bleibt ein Problem im ERP-Projekt, wobei sich hier eine leichte Besserung zeigt. Dies mag daran liegen, dass Firmen oft vorhandene Programme ablösen, in denen bereits strukturierte Daten vorliegen.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Firmen wollen Software, die sich flexibel anpassen lässt, wenn sich Prozesse ändern. Doch dies bereitet den Anwendern offenbar Schwierigkeiten. Vergleichswerte zu älteren Studien tauchen hier nicht auf, da in der Studie diesmal zusätzliche Kriterien abgefragt wurden.
ERP-Zufriedenheitsstudie 2008
Excel bleibt das wichtigste Zusatzwerkzeug, das ERP-Anwender nutzen. Tendenz steigend.

Insgesamt die höchste Zufriedenheit in der Umfrage erreicht die Firma UB Software aus Spaichingen in Baden-Württemberg. Diese entwickelt mit "Majesty" eine betriebswirtschaftliche Standardsoftware für kleine Händler und Hersteller medizinischer Geräte. In vorangegangen Studien war UB Software nicht aufgetaucht.

Am anderen Ende der Skala verweilt wie auch schon in den vorangegangenen Studien Lawson Software, deren Lösung sich vor allem bei größeren Unternehmen findet. Genau genommen handelt es sich um den von Lawson gekauften schwedischen ERP-Spezialisten Intentia. Dieser hatte vor einigen Jahren durch Probleme beim Umstieg von einer in RPG geschriebenen Software "Movex" auf Java die Anwender verärgert. Mittlerweile bietet Lawson zwar ein modernes Java-ERP-System ("M3"). Viele der Lawson-Kunden verwenden jedoch das betagte RPG-Programm.

ERP-Nutzer sehen Upgrade- und Release-Fähigkeit kritischer

Wie die Studie ferner belegt, bewerten die Softwarenutzer ganz gleich welches Systems die Upgrade- und Release-Fähigkeit ihrer Software kritischer als bisher, was sicher auch mit der steigenden Zahl an Modernisierungsvorhaben zusammenhängen dürfte. Ein einheitliches Bild ergibt sich hier indes nicht: Kleinere Hersteller, die weniger Installationen zu betreuen haben, tun sich leichter mit der Softwarepflege bei ihren Kunden.

Firmen honorieren Upgrade-Support der Hersteller

Zwar beklagen die Unternehmen die Upgrade-Fähigkeit der ERP-Lösung, honorieren aber, dass sie ihr Softwarelieferant beziehungsweise dessen Partner mittlerweile besser dabei unterstützt. Offenbar haben ERP-Anbieter Strukturen geschaffen, um ihren Kunden besser beim Release-Wechsel unter die Arme greifen zu können - nicht zuletzt natürlich deshalb, weil sich über diese IT-Dienstleistungen Geld verdienen lässt.

Kritikpunkt Ergonomie

Neben Release-Fähigkeit und Produktpolitik spielen natürlich auch die Funktionen und die Benutzerführung der Lösung bei der Zufriedenheit eine Rolle. Wenn Nutzer etwas an ihrer ERP-Software auszusetzen haben, dann ist es die Ergonomie. Die Lösung mag über zahlreiche Funktionen verfügen, doch deren Bedienung scheint den Anwendern nicht zu behagen.

Unzufriedenheit herrscht ferner über die Anpassungsfähigkeit der Business-Software sowie deren Schnittstellen. Kritik an diesen Aspekten sind nichts Neues. Neu ist die gewachsene Bedeutung, die Anwender diesen Punkten entgegenbringen.

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ERP-Nutzer werden anspruchsvoller

Die Anwender erwarten heute Bedienkomfort, den sie von Büro-Software oder Internet-Applikationen gewohnt sind. Auch über die Methoden, ERP-Daten auszuwerten, sind sie wenig begeistert. Dementsprechend steigen ihre Erwartungen, Informationen schnell zu finden und ansprechend aufbereitet nutzen zu können. So schnell wie beispielsweise Web-Dienste von Google, Microsoft oder Yahoo ihnen Informationen präsentiert, soll auch das ERP-System ihre Anfragen beantworten. Wenig erbaut sind sie, wenn sie umständlich Abfragen formulieren müssen, um ihrer Applikation Geschäftsdaten zu entlocken.

Excel bleibt des ERP-Nutzers bester Freund

Zudem steigt in den Unternehmen schlicht der Bedarf, in möglichst kurzer Zeit Geschäftsdaten auswerten und in Berichtsform bringen zu können. Niemand mag mehr bis zum Ende der Woche darauf warten, um eine Übersicht über die Kosten, Liquidität beziehungsweise Auftrags- und Lagerbestand zu erhalten.

Nicht nur aus diesem Grund ist Microsoft Excel das beliebteste Zusatz-Tool des ERP-Nutzers. Die Zahl derer, die das Programm für die Tabellenkalkulation praktisch dauernd dazu verwenden, Geschäftsdaten aufzubereiten, hat gegenüber dem letzten Umfragezeitraum sogar noch mal zugenommen. "Excel zeigt die Schwächen von ERP-Systemen deutlich auf", so Eric Scherer, Geschäftsführer des Zürcher Beratungshauses i2s und Initiator der Studie, "dabei ist es schade, dass die meisten Anbieter nicht konsequent die Excel-Applikationen rund um ihre installierten Systeme analysieren. Sie hätten damit ohne großen Aufwand ein Kataster all ihrer funktionalen Lücken."

Zwar haben die Softwareanbieter sowohl bei den Benutzeroberflächen als auch bei den Auswertungsfunktionen viel getan. Doch diese Bemühungen sind anscheinend wenig zielführend und erfüllen offenbar nicht die echten Nutzerbedürfnisse. "Die ‚iPhone-nisierung‘ von ERP-Oberflächen könnte ein Holzweg sein," meint Sabina Lichtensteiger. Die Mitarbeiterin im Bereich Research der i2s verantwortet die ERP-Zufriedenheitsstudie weltweit. "Für den Arbeitsplatz eines IT-Sachbearbeiters ist das Web vielleicht nicht immer das richtige Vorbild. Wenn es um eine Auftragsschnellerfassung geht, ist die alte alpha-nummerische Oberfläche noch immer ungeschlagen."

Worauf ERP-Neukunden Wert legen

Wenn sich Firmen nach einem neuen ERP-Produkt umschauen, ist - wenig überraschend - nach wie vor die funktionale Eignung der mit Abstand wichtigste Einflussfaktor. Wie die Studie ergab, legen die Unternehmen mittlerweile mehr Wert auf moderne Technik. Dabei interessiert sie jedoch weniger als zuvor, auf welcher Plattform (etwa Java, .NET, Linux oder System i) die Lösung aufsetzt, Hauptsache, sie entspricht dem Stand der Technik (lesen Sie dazu auch den Beitrag "SOA im Mittelstand?").

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Viele Unternehmen lösen mit der Neuanschaffung einer ERP-Software ein Altprodukt ab. Auslöser für solche Projekte sind zunehmend organisatorische Veränderungen der Firmen, etwa durch Zukäufe, Umstrukturierungen und das Eröffnen neuer Niederlassungen im In- und Ausland. "Zunehmend wird auch die internationale Aufstellung des Anbieters zu einem entscheidenden Auswahlkriterium auf Anwenderseite", berichtet Carsten Schmidt, Leiter des Bereichs Produktionsmanagement am Forschungsinstitut für Rationalisierung an der RWTH Aachen. Differenzieren würden sich Lösungen diesem Zusammenhang beispielsweise anhand der verfügbaren Länderversionen und der internationalen Supportstandorte des Herstellers.

Sowohl ERP-Modernisierungen als auch die Systemablösung setzen Experten beim Hersteller beziehungsweise Einführungspartner voraus. Doch dies wird zunehmend zum Problem. Wie die Studie belegt, sind die Klagen der Anwender über den Personalmangel bei den Softwarehäusern deutlich lauter geworden. Der viel beklagte Mangel an Fachkräften betrifft auch die IT-Branche massiv und führt zu entsprechenden Leistungseinbussen.

ERP-Einführung und Personalmangel

Die Ergebnisse der ERP-Zufriedenheitsstudie "Deutschland 2008" decken sich mit den Projekterfahrungen von Experten. Zu ihnen zählt Reiner Martin, Professor für Wirtschaftsinformatik und Mitgründer der MQ result consulting AG, Tübingen. "Insbesondere können wir die Zunahme der Personalknappheit der ERP-Anbieter in den Einführungsprojekten klar bestätigen, ebenso fehlt es häufig an langjährig erfahrenen Beratern." Martin und sein Team helfen Firmen bei der ERP-Auswahl und beraten in Sachen Projekt-Management und Softwareeinführung. Welche Personalprobleme auf die Einführungsprojekte zukommen, sei oft schon in den anspruchsvollen Workshops bei der ERP-Auswahl erkennbar. Mit entsprechenden Vorgaben erlebten die Kunden in diesen Workshops das Projekt mit dem potenziellen Anbieter quasi im Zeitraffer. Viele namhafte Anbieter hätten da schon Probleme mit einer entsprechend kompetenten und vorbereiteten Mannschaft anzutreten. "Leider bestätigen sich die dort gezeigten Schwächen all zu oft dann in den Einführungsprojekten", musste der Informatikprofessor feststellen.