Eucalyptus-CEO Marten Mickos ist kein Unbekannter in der Branche. Schon als Chef von MySQL, das die gleichnamige Open-Source-Datenbank entwickelte, warb der Manager für die Vorzüge quelloffener Software. Jetzt will der Spezialist für Private-Cloud-Software seine Vertriebs- und Support-Aktivitäten in Mitteleuropa verstärken und insbesondere VMware angreifen. Im Visier hat Mickos dabei vor allem auch deutsche Kunden, wie er in einem Interview mit der COMPUTERWOCHE verriet.
Die Strategie des Unternehmens aus dem US-amerikanischen Santa Barbara basiere auf der im März angekündigten Kooperation mit Amazon Web Services, erklärte der Manager. Im Zuge der Partnerschaft werde Amazon Eucalyptus technisch unterstützen. Ziel sei es, dass beide Anbieter dasselbe API verwenden. Damit soll der Datenaustausch zwischen Private Clouds auf Basis von Eucalyptus und der Amazon-Cloud verbessert werden. Kunden erhielten die Möglichkeit, mit denselben Management-Tools beide Cloud-Infrastrukturen zu steuern und zu verwalten. Mickos: "Als Anbieter einer Private -Cloud-Software brauchen wir auch eine Hybrid-Cloud- Lösung." Im Rahmen der Partnerschaft gehen Amazon Web Services und Eucalyptus auch gemeinsam auf Kundenakquise. Eucalyptus wird zum Beispiel in den kommenden Versionen seiner Software auch bekannte AWS Services wie Elastic Load Balancing und Auto Scaling als neue Funktionen präsentieren.
Deutschland ist für Eucalyptus kein Neuland. Mit dem Social Gaming Anbieter Plinga und dem Sportartikelhersteller Puma gehören bereits zwei bekannte Namen zum Kundenportfolio. Dabei ist Plinga das Vorzeigebeispiel für die Nutzung einer Hybrid Cloud auf Basis von Eucalyptus. Als das Unternehmen vor längerer Zeit ein neues Spiel auf dem Markt brachte, ließ es das System zunächst auf der Amazon-Cloud laufen. Der Grund: das Wachstum und die Popularität des Spiels waren nicht abzuschätzen. Nachdem sich die Zugriffe eingependelt und die Popularität sich stabilisiert hatte, begann Plinga damit, das Spiel auf der eigenen Private Cloud mit Eucalyptus zu hosten.
"OpenStack ist kein Produkt"
Angesprochen auf die Konkurrenzsituation nennt Mickos ohne zu überlegen VMware. Das Cloud-Portfolio des Herstellers ist nach seiner Einschätzung jedoch zu unübersichtlich. Kunden benötigten zu viele Produkte, um damit eine Cloud-Umgebung aufzubauen. Eucalyptus hingegen bestehe im Prinzip aus einem Stück Software, die installiert und konfiguriert werden müsse. Mickos kritisiert insbesondere eine Lock-in-Situation, in die sich Kunden mit VMware begäben.
So konzentriere sich VMware beispielsweise nur auf einen Hypervisor: "Wir versuchen nicht, VMware im Unternehmensumfeld zu ersetzen", so der Manager. "Wir wollen VMware-Kunden lediglich ein Druckmittel in die Hand geben, mit dem sie zeigen können, dass sie auch andere Hypervisor nutzen möchten." VMware betrachte das Thema Cloud Computing überdies nur als ein weiteres Feature, das auf die Virtualisierung aufsetzt.
Anderen Open-Source-Lösungen für die Cloud wie OpenNebula, OpenStack oder CloudStack zollt Mickos zwar Respekt. Er sieht sie aber nicht als direkte Konkurrenten an: "OpenNebula wird in der Regel im Bereich High Performance Computing und nicht im Unternehmensumfeld eingesetzt. CloudStack konzentriert sich auf Service Provider." Dennoch schätze er CloudStack zumindest als Mitbewerber von Eucalyptus ein, OpenStack hingegen nicht.
"OpenStack wird überwiegend in Public Clouds eingesetzt. Zum Beispiel ist Hewlett-Packards Cloud die größte OpenStack-Installation weltweit und steht im direkten Wettbewerb zu AWS ." Insbesondere aufgrund der Entstehung und der Herangehensweise mache ihm OpenStack keine großen Sorgen. Es handele sich dabei nicht um ein Produkt, sondern vielmehr um viele kleine Projekte, die erst zusammen eine Cloud-Umgebung ergäben und für jede Umgebung neu angepasst werden müssten.
Deutsche mögen Open Source
Den Markt für Cloud-Computing-Lösungen beurteilt Mickos optimistisch. Allerdings befinde er sich in einer sehr frühen Phase, in der sich üblicherweise die Pioniere unter den Kunden herauskristallisierten: "Diese benötigen keine Beratung. Die kommen zu uns und verlangen nur die Software. Den Rest machen sie selbst." Der nächste Schritt in der Marktentwicklung steht nach seiner Meinung kurz bevor. Auch dafür sei Eucalyptus mit einem eigenen globalen Angebot von Professional Services gerüstet: "In den einzelnen Ländern werden wir gezielt mit lokalen und bevorzugt mit kleinen innovativen Unternehmen zusammenarbeiten. Diese kennen sich mit dem Thema bereits bestens aus."
In Deutschland will Eucalyptus zudem zwei bis drei Consultants einstellen, um eine offizielle Präsenz direkt vor Ort zu haben. Mickos: "Die Konzentration gilt jedoch dem Aufbau eines Partnernetzwerks von zehn bis 15 kleineren Unternehmen. Nach und nach werden wir dann auch größere Consulting-Firmen an Bord holen." Dass der CEO vor allem kleine oder junge Unternehmen mag liegt an deren flachen Hierarchien und der Innovationsfähigkeit. "Immer wenn eine neue bahnbrechende Technologie auf dem Markt erscheint, sind es nicht die großen etablierten Unternehmen, die etwas daraus machen, sondern die kleinen Innovativen."
Dazu passt auch die Kundenbasis von Eucalyptus in Deutschland. "Kunden wie Plinga wissen genau was sie tun und vor allem was sie wollen", so der Manager. Als Partner für das Plinga-Projekt standen die AWS-Spezialisten von Peritor aus Berlin unterstützend zur Seite. Ein weiterer deutscher Partner ist MayFlower mit Sitz in München und Würzburg.
Als Zielmärkte in Europa nennt Mickos Großbritannien, Skandinavien mit Schwerpunkt Finnland und Deutschland. Vor allem hierzulande sieht er eine besonders positive Einstellung gegenüber Open - Source-Software . Das Geschäft laufe für Eucalyptus derzeit gut. Mittlerweile bietet das Unternehmen nur noch eine einzige Version seiner Software an, die kostenlos heruntergeladen und genutzt werden kann. Über kostenpflichtige Enterprise Plugins können Kunden weitere Funktionen wie etwa Konnektoren für VMware-Techniken oder SAN-Adapter für Speicherlösungen von Anbietern wie Dell oder NetApp erhalten.
Cloud und Virtualisierung: Die Angst vor dem Lock-in
Unterschiede zwischen Europa und den USA sieht Mickos vor allem in den einzelnen Ländern und deren Gesetzgebungen. "Unternehmen müssen kontrollieren, wo sich die Daten befinden. Zum Beispiel dürfen bestimmte Daten nur in Deutschland gespeichert werden , andere wiederum nur in der Schweiz. In den USA gibt es genau diese Problematik nicht, es ist ein großes Land." Dies sei auch ein Grund dafür, dass die USA den Europäern in Sachen Cloud Computing weit voraus seien.
Weitere Kooperationen wie die mit Amazon Web Services soll es vorerst nicht geben. Allerdings sei Eucalyptus für Gespräche offen. Mickos: "Wir konzentrieren uns auf zwei Themen. Das eine sind die APIs, mit denen wir für sämtliche Applikationen offen stehen. Das andere ist die Unterstützung unterschiedlicher Hypervisor, um einen Lock-in zu vermeiden." Letzteres Thema werde weltweit heiß diskutiert. "Die Leute erinnern sich daran, was Microsoft und Oracle in der Vergangenheit getan haben. Nun vermuten sie, das VMware dasselbe vorhat." (wh)