Thema des Tages

IBM kauft Sequent für 810 Millionen Dollar

13.07.1999
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die bereits seit Wochen kursierenden Gerüchte haben sich bestätigt: IBM hat gestern die Übernahme von Sequent Computer Systems für rund 810 Millionen Dollar bekanntgegeben. Big Blue zahlt dabei für jede Sequent-Aktie 18 Dollar. Das sind knapp 30 Prozent mehr als Sequents Aktienkurs vor zwei Wochen (bevor die Kaufgerüchte aufkamen) und sogar 125 Prozent über dem Kurs von vor drei Monaten.

Sequents Aktivitäten und der Firmensitz in Beaverton im US-Bundesstaat Oregon bleiben zunächst unangetastet. Von der 2500 Mann starken Belegschaft soll niemand entlassen werden. Mittelfristig plant IBM dann zwecks stärkerer Integration des Zukaufs die Verlegung passender eigener Aktivitäten nach Beaverton; im Gegenzug soll eine Reihe von Sequent-Entwicklern in geeignete Forschungslabors von Big Blue wechseln. Auch das komplette Management von Sequent bleibt zunächst in Amt und Würden. Die Leitung des 1983 gestarteten Unternehmens liegt damit weiter in den Händen von Firmengründer, Chairman und CEO (Chief Executive Officer) Casey Powell. "Ich brauche den Job, weil ich denke, daß es hier noch eine Menge zu tun gibt", erklärte Powell in einer Stellungnahme.

Ausschlaggebend für den Kauf dürfte Sequents Know-how im Bereich der Mehrprozessor-Architektur "cc:Numa" (Cache-coherent Non-uniform memory access) sein, mit der sich aus Standardkomponenten - etwa SHV-Boards (Standard High Volume) von Intel - Hochleistungsrechner mit derzeit maximal 64 Intel-CPUs (256 bereits in Planung) zusammenbauen lassen. IBM will cc:Numa nach eigenen Aussagen in einer ganzen Reihe eigener Produkte einsetzen. Dabei sollen die RS/6000-Familie und wissenschaftliche "Numbercruncher" den Anfang machen. "Wir glauben, daß Numa-Fähigkeiten eine entscheidende Technik für NT- und Unix-Server Anfang des 21 Jahrhunderts sein werden", erläutert Robert Stephenson, Senior Vice-President bei IBMs Server Group.

Teile der Numa-Funktionalität stecken auch in Sequents hauseigenem Unix-Dialekt "Dynix/ptx". Dieses fließt bekanntlich mit in das von IBM, SCO (Santa Cruz Operation) und Sequent gemeinsam aus der Taufe gehobene "Project Monterey" ein. In dessen Rahmen werkeln die drei Anbieter an einem 64-Bit-Unix für die von Intel und Hewlett-Packard entwickelte kommende Prozessorarchitektur "IA-64". Dieses soll dazu beitragen, das unübersichtliche Dickicht der vielen kommerziellen Unix-Varianten ein wenig zu lichten.

Darüber hinaus bietet Sequent seit einiger Zeit auch Server an, auf denen Unix und Windows NT parallel laufen. "Solche ´Hybrid-Server´ dürften in den kommenden Jahren populärer werden", meint dazu Steve Milunovich von Merill Lynch. Interessant seien solche Maschinen vor dem Hintergrund der Server-Konsolidierung und wegen der Möglichkeit, mit beiden Betriebssystemen auf einen Datenbestand zuzugreifen.

Susan Frankle, unabhängige Server-Analystin aus Boston, zieht ein positives Fazit: Big Blue sei bislang weder als führender Unix-Betriebssystemanbieter aufgefallen, noch habe der Konzern nennenswerte Erfolge im oberen NT-Marktsegment vorzuweisen. Sequent bringe der IBM interessante Technik sowohl bei Unix als auch im High-end-NT-Bereich. Außerdem verfüge Sequent über einige interessante Technologien für Hochverfügbarkeit.