Schwieriges Jubiläum

12 Jahre iPhone: Wir gratulieren!

09.01.2019 von Peter Müller
San Francisco, 9. Januar 2007, 9.41 Uhr Ortszeit: Was Steve Jobs da aus seiner Hosentasche zieht, verändert die Welt.

Die Keynote zur Eröffnung der Macworld Expo, im Jahr 2007 noch eine Art Hochamt für Apple, seine Fans und Kunden, hatte etwas verspätet begonnen. Wie wir heute wissen, werkelten Steve Jobs und Konsorten noch bis zur buchstäblich letzten Minute daran, dass bei einer der wichtigsten Präsentationen der Firmengeschichte nichts schief gehen würde. Drei Prototypen hielt man bereit, der eine, den Jobs dann mit auf die Bühne nahm, erledigte klaglos all das, was er sollte. So begann die Show nicht wie angekündigt um 9 Uhr Ortszeit, sondern erst 25 Minuten später.

Am 9. Januar 2007 stellte Steve Jobs das erste iPhone vor.
Foto: Apple

Lange mit Präliminarien hielt sich Jobs nicht auf, bis er zum Kern der Präsentation kam. Apple werde heute drei Geräte vorstellen. Einen iPod mit Breitbild-Touchscreen, ein Telefon und ein revolutionäres Internetgerät. Einen iPod, ein Telefon, ein Internet-Gerät. Jobs wiederholte den Dreiklang nochmals, bis das Publik wusste, was als nächstes kommen würde und beinahe hätte mitsprechen können: "Es sind drei Geräte in einem und wir nennen es iPhone". Noch ein Spaßbild auf die Leinwand geworfen, nämlich einen klassischen iPod mit Wählscheibe, dann wurde es Ernst: Exakt um 9.41 Uhr Ortszeit zog Steve Jobs das Wundergerät aus seiner Hosentasche. Das ist der Grund, warum seither die Sperrbildschirme von iPhone und iPad in Apples PR-Bildern die Zeit 9.41 Uhr anzeigen: Die Geburtsminute einer Legende.

Industrie und Gesellschaft auf den Kopf gestellt

Wenn man sich noch einmal klar machen will, wie sehr das Wunderding die IT-Welt - und nicht nur diese - verändert hat, sollte sich an damals dominierende Mobilfunkmarken erinnern und sich fragen, wo sie heute sind. Motorola: weg. Nokia: weg. Blackberry: weg. Nun gut, nicht wirklich komplett weg, aber spielen die einstigen Platzhirsche nach teilweise mehreren Besitzerwechseln praktisch keine Rolle mehr. Nokia hat zwischendrin mal zu Microsoft gehört und dann den Fitnessspezialisten Withings aufgekauft und wieder her geben müssen, Blackberry versteht sich heute als Lösungsanbieter für Unternehmen. Und Motorola? Ach, Motorola …

Das "3-im-1-Gerät" versprach so einiges und hielt noch viel mehr: Endlich Fotos und Videos zur Musik auf einem Breitbild-iPod anschauen. Das Internet in der Hosentasche mit sich herumtragen. Und vor allem bequem mobil telefonieren. Man erinnert sich heute noch mit Schaudern daran, dass man zwanzig unwichtige Mailboxansagen hintereinander abhören musste, um an die eine relevante zu gelangen. Heute ist die vor zwölf Jahren revolutionäre Visual Voicemail ein Standard, hinter den wir nicht mehr zurückfallen wollen. Oder erinnern sie sich an Zeiten, in denen sie Sportnachrichten per SMS bei Ihrem Provider bestellen konnten? Nach dem Ende eines Bundesligaspieltags, eines Rennens oder einer anderen Veranstaltung mussten Sie eine gute halbe Stunde warten, bis endlich die Nachricht mit den aktuellen Ergebnissen kam und die SMS nicht voller Resultate der Vorwoche war.

Dabei war das erste iPhone noch gar nicht einmal so schlau und so schnell, wie wir es heute in der Retrospektive sehen. Denn Apple hatte sich aufgrund der wenig befriedigenden Energieeffizienz der verfügbaren Chips dazu entschieden, auf UMTS und GPS vorerst zu verzichten - erst das iPhone 3G hatte selbiges an Bord. Das Wort Apps war noch eine kaum gebrauchte Kurzform für "Applikation", also "Anwendung", von Programmen hatte man sich nicht sprechen trauen. Denn nativ auf das iPhone und sein System zugreifen durften nur Apple und Google mit Maps und Youtube. Alle anderen, die das iPhone für sich entdecken wollten, sollten doch bitteschön im Web ausgeführte Anwendungen in XML und JavaScript programmieren.

Dafür hatte es mehrere Gründe, aber vor allem den einen: Das iPhone war bei seiner Premiere einfach noch nicht ausgereift. Erst in letzter Minute waren überhaupt erst die Demo-Geräte für die Macworld Expo im Januar fertig geworden, das halbe Jahr bis zum Erstverkaufstag musste Apple noch emsig an Hardware und vor allem Software werkeln. Klar sollten auch Entwickler von Dritten auf das iPhone zugreifen können, Apple befürchtete aber wohl nicht ganz zu Unrecht, dass vieles einfach noch nicht richtig funktionieren würde und Apps sogar die Kernfunktionen des iPhone stören oder gar außer Kraft setzen könnten. Apple hatte schließlich seine Existenz auf das iPhone verwettet, hätte es gefloppt, sprächen wir heute womöglich von der einst großen Marke Apple, deren Stern vor zwölf Jahren rapide zu sinken begann. Wie wir aber heute wissen, hat Apple in Sachen iPhone alles richtig gemacht und auf das richtige Pferd gesetzt.

Heute geht das iPhone also in sein 13tes Lebensjahr und hat keineswegs die besten Zeiten hinter sich. Gewiss, das scheinbar ungebremste Wachstum ist Geschichte, Apple hat das schon vor zwei bis drei Jahren gewusst und die Preise für das iPhone erhöht, bei gleichzeitiger Verbesserung und Vergrößerung des Angebotes. So konnte Cupertino aus eher flach verlaufenden Wachstumskurven noch bedeutendes Umsatz- und Gewinnwachstum holen, das dürfte nun aber auch vorbei sein. Verkaufszahlen wird Apple ab der Bilanz für das erste Quartal 2018/19 nicht mehr nennen, nur noch Umsätze. Vieles deutet aber darauf hin, dass auch diese zurück gehen, aber auf einem hohen Niveau bleiben.

Die Prognose ist nicht zu gewagt, dass Apple auch in den nächsten Jahren um die 200 Millionen Geräte pro Jahr verkaufen wird, die Neukunden werden nur weniger. Und Bestandskunden greifen seltener zum Upgrade, denn mittlerweile ist die Technik so ausgereift, dass Apple nur noch evolutionär weiter entwickeln kann, aber nicht mehr spektakulär. Das muss aber keine Schaden sein, wachsende Umsätze generiert Apple fürderhin aus seinen Services. Insbesondere den lukrativen Gesundheitsmarkt hat Cupertino hier für sich ausgemacht. Das wäre ohne iPhone - dem Computer, der uns so nahe kommt wie keiner seiner Vorgänger, gar nicht denkbar gewesen. Die Revolution des Gesundheitswesens braucht noch eine Weile, doch auch sie nahm ihren Anfang am 9. Januar 2007 in San Francisco.

Wir blicken auf die Geschichte und die Vorgeschichte des iPhone zurück:

Oktober 2001: Der iPod

Am 23. Oktober werde Apple ein "elektronisches Gerät" vorstellen, das "kein Mac" sei, erging kurz nach der 9/11-Katastrophe die Einladung an die Presse. Spekulationen um eine Neuauflage des Personal Digital Assistent Newton lösten sich in Schall auf, denn der iPod war die Lösung für das digitale Zeitalter der Musik.

iPod, 2001
Foto: Apple

Auf dem eleganten Gerät ließen sich nicht nur im Handumdrehen bis zu 1000 Titel speichern, sondern sie auch einfach wieder auffinden und abspielen. Zunächst nur für die Nische der Apple-Nutzer gedacht, nahm der iPod erst so richtig Fahrt auf, als Apple ihm für die Windows-Welt noch eine USB-Schnittstelle spendierte und mit iPod Mini und später mit iPod Nano und iPod Shuffle auch noch bezahlbare Geräte herausbrachte. Der digitale Musikladen iTunes (Music) Store tat sein Übriges, um all die Konkurrenz alt aussehen zu lassen. Der iPod war das "Must have"-Gerät des frühen dritten Jahrtausends. Von einer Neuauflage des Newton sprach bald keiner mehr.

2002 bis 2006: Der Nabel der digitalen Welt

Wozu auch ein neuer Newton, wer denn unbedingt einen PDA herumschleppen musste und sich nicht mit dem Notebook zufrieden gab, der konnte ja eines von einem Dritten kaufen. Anschließen und abgleichen mit dem Mac ließen sich diese Palms und Tungstens ohne Weiteres, ebenso wie die immer populärer werdenden Digitalkameras, Audiogeräte wie der iPod und weitere Gadgets. Der Mac sollte als Zentrale für den Fuhrpark gelten, als "digital hub". Apple verstand sich auch als Softwarehersteller, im Sommer 2002 gönnte man bei einer Macworld Expo gar Sony Ericsson einen Teil der Show, um zu zeigen, dass der Mac auch mit Handys kann. Wer braucht da schon ein eigenes Apple-Telefon? Apple selbst, denn mit der von Motorola im Herbst 2005 bereit gestellten Lösung des "iTunes-Handys" Rokr konnte nun wirklich niemand zufrieden sein. Angeblich gab dieser Flop den letzten Ausschlag für Apple, die Entwicklung des Smartphones voran zu treiben. Schon seit etwa 2003 hatte Apple an einem Tablet-Computer gebaut, die dafür entwickelten Lösungen sollten sich als ideal für ein Telefon erweisen. Und für einen iPod mit Touchscreen. Und ein revolutionäres Internetgerät. All in auf das iPhone.

9. Januar 2007: Bescheidene Ziele

Das erste iPhone konnte noch gar nicht viel. Die Kamera war lächerlich schlecht und zeichnete keine Videos auf. GPS- und UMTS-Chips fehlten, Apple fürchtete womöglich zurecht, dass die damals verfügbaren Prozessoren den Akku zu schnell leer saugen würden - einen Tag lang sollte die Batterie schon halten. Eine weitere Einschränkung begründete Apple mit der Sicherheit des Systems: Dritthersteller mussten auf Web-Apps zurückgreifen, um ihre Lösungen auf das iPhone zu bekommen. Native Apps durften nur Apple und ausgewählte Partner wie Google bereit stellen. Man könne nur so das beste Nutzererlebnis garantieren, wenn keine Dritten dazwischen pfuschen.

Das originale iPhone von 2007
Foto: Apple

Apple hatte dabei aber die Rechnung ohne die "Pfuscher" gemacht und musste schon bald feststellen, dass mithilfe von Knacksoftware, die den vielsagenden Kategorienamen "Jailbreak" erhielt, sich sehr wohl allerlei Programm auf das iPhone installieren ließen. Apple reagierte bereits im März 2008 mit der Ankündigung, man werde ein SDK (Software Development Kit) vorstellen, mit iPhone-OS 2 werde man über den iTunes Store künftig Programme auf die Smartphones der Nutzer verteilen können. Das am 9. Januar 2007 formulierte Ziel, man wolle etwa zehn Prozent des Mobilfunkmarktes erobern und gut zehn Millionen Geräte im Jahr verkaufen, verfehlte Apple noch. Der Grund dafür war unter anderem, dass das iPhone ab Juni 2007 nur in den USA erhältlich war, Deutschland, Frankreich und Großbritannien kamen erst im November hinzu. 10 Millionen iPhones im Jahr... Heute verkauft Apple selbst in schlechten Quartalen mehr als 10 Millionen Stück im Monat.

2008: Das iPhone bekommt 3G und GPS

iPhone 3G, 2008
Foto: Apple

Im Sommer 2008 öffnete Apple sein Erfolgsmodell nicht nur für Entwickler, sondern rüstete das Telefon auch mit unerlässlicher Hardware nach. So trug die zweite Generation iPhone 3G die eine wichtige Innovation schon im Namen, die andere war der GPS-Chip, der die Ortungsdienste nun wirklich zuverlässig machte. Bisher musste man sich an den Standorten öffentlich bekannter WLANs orientieren. Apple und seine Nutzer hatten die Erfahrung gemacht, dass der Akku abends immer noch voll genug war und man den ein oder anderen Verbraucher mehr einbauen könnte. Zumal die Chips insgesamt von Jahr zu Jahr effektiver wurden.

2009: Tik-Tok

iPhone 3GS, 2009
Foto: Apple

War das iPhone 3G womöglich das erste richtig ausgereifte iPhone, setzte Apple fortan auf einen Zweijahresrhythmus bei der Entwicklung. Denn die Ausgabe von 2009, das iPhone 3GS, war äußerlich gegenüber dem 3G unverändert, hatte es aber in sich. Ein schnellerer Prozessor (daher das "S" für "speed"), eine bessere Kamera, die nun auch Videos mit akzeptablen Frameraten aufnehmen konnte und drei Gyroskope, die die Lage des iPhone im Raum wesentlich besser messen - nicht unwichtig für Spiele. Im Jahresrhythmus verbesserte Apple zudem noch das Betriebssystem, das ab 2009 tatsächlich sich auf Copy-and-paste verstand.

2010: iPad und neue Form

iPhone 4, 2010
Foto: Apple

Am 27. Januar 2010 präsentierte Apple schließlich das Gerät, das in der Entwicklung angeblich zuerst da war: Der Tablet-Computer iPad. Frühere Versuche, den tragbaren Computer auf Berührungen reagieren zu lassen, waren vor allem an der Software gescheitert, erst Apples radikaler Ansatz, der auf Hilfsgeräte wie Eingabestifte verzichten ließ, brachte den Durchbruch. Das iPhone war mittlerweile zum massiv kopierten Millionenseller geworden, das iPad legte zwar einen noch besseren Start hin, kam dann aber schenll an den Sättigungspunkt - Laptops bleiben weiter vital und lassen sich nicht so leicht verdrängen, wie sich Apple das vorstellen mag. Für das iPhone des Jahrgangs 2010 hatte sich Apple etwas besonderes ausgedacht: Der Rücken ist wie die Vorderseite aus Glas, zusammen gehalten werden die Bauteile mit einem Stahlband, das auch als Antenne fungiert. Wenn man das aber falsch anfasst, bricht die Verbindung ab... Auch ein anderes Designproblem hat Apple sich mit dem iPhone 4 eingefangen: Eine weiße Rückseite will den Ingenieuren lange nicht zur Zufriedenheit von Steve Jobs gelingen, das weiße iPhone 4 kommt mit einen dreiviertel Jahr Verspätung. In der Zwischenzeit war das 4er aber auch in einer Variante für den konkurrierenden 3G-Standard CDMA erschienen, was der Verbreitung des Telefons mehr als dienlich war. Die Software, die so auch auf dem iPad läuft, heißt nun iOS 4.

2011: Das iPhone lernt sprechen

iPhone 4S, 2011
Foto: Apple

Wenige Monate vor seinem Tod in Oktober konnte Steve Jobs auf der Entwicklermesse WWDC noch die neue Softwarestrategie präsentieren. Der "digital hub" war endgültig Geschichte, iCloud sollte die Klammer für Daten auf Geräten unterschiedlichster Bauart sein. So lässt sich seit iOS 5 auch das iPhone ohne Verbindung zu iTunes einrichten und betreiben, Mac und PC werden nur zu anderen Zugangsgeräten für die eigenen Daten. Das "S" in der Generation von 2011 steht nicht nur für "Speed", sondern auch für Siri: Das iPhone lernt sprechen und zuhören. Äußerlich bleibt es wieder unverändert, die schon mit dem CDMA-Modell des Vorgängers umgesetzten Änderungen an der Antenne mal ausgenommen.

2012: Vier Zoll müssen sein

iPhone 5, 2012
Foto: Apple

Vor der Smartphone-Revolution waren Handys immer kleiner und kompakter geworden, wer sich zum Beispiel an das Nokia 8210 erinnert, der weiß noch, wie klein die Tasten wurden. Auf dem Bildschirm musste man ja kaum etwas sehen. Jetzt wird die Anzeige aber immer wichtiger, die Bildschirmgrößen steigen. Mit ihnen aber auch der Energieverbrauch, aber immerhin kann man in größere Smartphones auch größere Akkus einbauen. Apples immer umfangreicher werdende Konkurrenz hat das Größenwachstum angestoßen, Cupertino zieht nach. Zunächst mit einer kleinen Änderung: Das iPhone 5 wird etwas länger, die Bildschirmdiagonale wächst von 3,5 auf 4 Zoll.

2013: Fingerabdruck und Apple Pay

iPhone 5S, 2013
Foto: Apple

Wieder ein ungerades Jahr, wieder bekommt der bewährte Formfaktor neue Technik spendiert. Wie üblich ist die Kamera im Fokus der Entwicklung, doch bekommt das iPhone 5S mit dem Fingerabdruckscanner und der Touch ID eine neue Sicherheitsfunktion. Mit Auflegen eines zuvor registrierten Fingers ist das Telefon schnell entsperrt, es gibt keine Ausrede mehr für den Verzicht auf eine PIN. Die Daten kommen in einen eigenen Prozessorbereich, der Secure Enclave, in der iCloud wird nichts gespeichert. Als nützlich erweist sich die neue Methode zur Authentifizierung auch für das drahtlose Bezahlen. Apple Pay hat es seit 2013 zwar auch außerhalb der USA in alle Welt geschafft, bis dato aber noch nicht nach Deutschland. Das passierte dann erst Ende 2018.

iPhone 5C, 2013
Foto: Apple

Für Einsteiger konzipiert Apple das iPhone 5C, das nichts weiter ist als alte Technik im neuen Plastikgehäuse. Genaue Verkaufszahlen nennt Apple nicht, da aber das Experiment mit dem Plastikbomber zum etwas günstigeren Preis keine Fortsetzung fand, darf man davon ausgehen, dass das iPhone 5C kein großer Erfolg war.

2014: Größe zählt doch

iPhone 6 und 6 Plus, 2014
Foto: Apple

Der Trend zu größeren Smartphones hält an, vor allem in Asien verkaufen sich die Geräte besser, je größer der Bildschirm ist. Apple kann sich dem nicht entziehen und bringt mit dem iPhone 6 die nächste Vergrößerung auf 4,7 Zoll. Damit aber nicht genug, das iPhone 6 Plus mit seinem 5,5-Zoll-Bildschirm genügt vielen Leuten offenbar schon völlig, um auf iPad (Mini) und/oder Notebook zu verzichten. Zumindest lassen die Verkaufszahlen von iPad einerseits (rückläufig) und iPhone andererseits darauf schließen: Mit der 6er-Generation erreicht Apple den vorläufigen Höhepunkt.

2015: Nicht viel Neues in der S-Klasse

iPhone 6S und 6S Plus, 2015
Foto: Apple

Das iPhone 6S (Plus) sehe zwar genau so aus wie das Modell von 2014, aber eigentlich ändere sich ja alles, wird Apple nicht müde zu betonen. Vor allem bei der Kamera erzielt der Hersteller weitere Fortschritte, das 7000er-Aluminium ist bei annähernd gleichem Gewicht noch viel stabiler als vorher. Dennoch gehen die Verkaufszahlen nach einem letzten leichten Anstieg im Weihnachtsgeschäft erstmals zurück, die S-Klasse kann zu wenige Neukunden und Wechsler überzeugen. Diese warten lieber auf das iPhone 7

2016: Der neue Rhythmus

iPhone 7 mit AirPods, 2016
Foto: Apple

Und das ist für viele Kommentatoren auf den ersten Blick eine Enttäuschung. Es sieht nämlich fast genau so aus wie die beiden Vorgängermodelle, am ehesten erkennt man es noch an der fehlenden Kopfhörerbuchse. Doch die Technik hat es in sich, erneut verbessert Apple die Kamera enorm, der zusätzliche Farbumfang schlägt sich auch in einem neuen Display nieder. Das Plus-Modell kommt mit Dualkamera und somit erstmals mit einem optischen Zoom, wenn auch nur zweifach.

iPhone SE, Frühjahr 2016
Foto: Apple

Aus dem mutmaßlichen Fiasko mit dem iPhone 5C hat Apple gelernt, das im Frühjahr 2016 vorgestellte iPhone SE hat zwar ein Vierzollgehäuse von gestern, aber die Technik von heute eingebaut. Ende Januar veröffentlichte Apple die Zahlen für das erste Quartal 2016/17 und zeigte damit, dass der Abwärtstrend bei den Verkäufen gestoppt ist. Das Umsatzwachstum kommt aber schon jetzt von gestiegenen Preisen. Die iPhones haben aber auch immer mehr zu bieten, muss man konstatieren.

2017: Die neue Dekade

iPhone 8 (Plus), 2017
Foto: Apple

Das iPhone ausgereizt? Von wegen, erklärt Marketingchef Phil Schiller zum Zehnjährigen. Im Herbst des Jubiläumsjahres zeigt Apple dann, wie die nächste Dekade des iPhones aussehen soll. Vor allem diversifiziert der Konzern weiter: Als Nachfolger des iPhone 7 (Plus) kommen keine 7s-Modelle, sondern gleich 8er. Nur aus der Ferne sehen die aus wie die Generationen zuvor. Bei näherem Hinsehen entdeckt man aber die neue Glasrückseite, die drahtloses Laden nach dem Qi-Standard ermöglicht.

iPhone X, 2017
Foto: Apple

Die bedeutende Änderung bringt aber das Jubiläumsmodell iPhone X: Der OLED-Bildschirm erstreckt sich über fast die komplette Vorderseite, ein Home-Button fehlt. Damit auch die TouchID, aber mit der Gesichtserkennung FaceID hat Apple einen noch sicheren Nachfolger im Gepäck. Die Preise steigen nun massiv: Die beiden Varianten des iPhone X kosten in Deutschland 1.149 und 1.319 Euro. Die Leute kaufen das neue Gerät aber wie verrückt, entgegen der Befürchtung von Skeptikern erweist sich das iPhone X als das bestverkaufte Smartphone, nicht nur von Apple. Der Umsatz steigt massiv, bei annähernd gleich bleibenden Stückzahlen.

2018: Krise? Welche Krise?

iPhone XS (Max), 2018
Foto: Apple

Gewissermaßen wird Apple aber zum Opfer seines eigenen Erfolgs. Denn das iPhone X ist schon so gut und nach wie vor wertvoll, dass kaum jemand auf das iPhone XS umsteigt - allenfalls Nutzer älterer Geräte, die mit dem X-Nachfolger ein noch besseres Smartphone bekommen. Wenn es auch noch größer sein darf, bitte: Das iPhone XS Max vergrößert den Bildschirm auf 6,5 Zoll, ist in seinen äußeren Maßen aber nicht größer als die Plus-Modelle der Vorjahre. Der Preis wird aber immer stolzer, mit 512 MB Speicher kostet das XS Max 1.649 Euro. Ein Telefon! Nein, eben bei weitem nicht nur ein Telefon.

iPhone XR, 2018
Foto: Apple

Das iPhone SE entfällt, zumindest vorerst. Als Einstiegsgerät – was bei einem Preis von 849 Euro ein wenig seltsam klingt – dient nun das iPhone XR. Das Design fast so rahmenlos wie das der XS (Max), nur eben LED statt OLED und auf der Rückseite nur eine Kamera. Dafür in sechs bunten Farben erhältlich: Technik und Design der zweiten iPhone-Dekade für all die, denen mehr als 1000 Euro für ein Telefon ein bisschen viel Geld sind.

2019: Ausblick

Womöglich hat Apple es mit den Preisen übertrieben, die massiven Trade-In-Angebote, die der Konzern schon Ende 2018 aufgelegt hat, sprechen eine eindeutige Sprache, ebenso die Umsatzwarnung, die Apple Anfang Januar ausgeben musste. Auch 2019 wird Apple das iPhone nicht völlig neu erfinden können, eine weitere Kamera auf der Rückseite und womöglich USB-C statt Lightning könnten aber die Leitlinien sein. Und dass die Prozessoren noch besser und schneller werden, ist fast schon sicher. Womöglich wird Apple aber auf den Verkaufsrückgang auch noch anderweitig reagieren müssen, etwa mit Preissenkungen oder mit einem neuen, kleineren 4,x-Zoll-Gerät oder mit einer Verlängerung des Produktzyklus. Oder gar mit all diesen Maßnahmen und noch ein paar mehr. Das iPhone mag ausgereift sein, zu Ende erzählt ist seine Geschichte aber noch lange nicht.
(Macwelt)