SAP und Microsoft starten mit Duet neu durch

16.02.2011
Lange Zeit hat man von dem Integrationsprojekt nichts mehr gehört, nun wurde es unter der Produktbezeichnung "Duet Enterprise" Anfang Februar neu aufgelegt - mit deutlich verbesserter Interoperabilität der beiden Softwarewelten.

Wem klingt noch der Titel "Mendocino" im Ohr? Gemeint ist allerdings nicht der Schlager von Michael Holm, sondern das Projekt von SAP und Microsoft aus dem Jahr 2005: Das Universum der SAP-Business-Objekte sollte mit dem Kosmos von Microsoft Windows und Office enger verbunden werden, um den Zugriff auf Unternehmensanwendungen vom Desktop aus zu erleichtern. Das Produkt trug den Namen "Duet", der Durchbruch blieb aus - wohl wegen mangelnder Flexibilität der Plattform.

Wachsender Integrationsbedarf

Laut Angaben aus Unternehmenskreisen haben im Lauf der Zeit aber immer mehr Kunden nach Integrations- und SOA-Techniken gefragt, so dass SAP und Microsoft die Zusammenarbeit weiterentwickelt haben. Man blieb beim musikalischen Namen, und zum 1. Februar 2011 wurde "Duet Enterprise for Microsoft SharePoint and SAP" offiziell vorgestellt.

Beide Unternehmen betonen, dass es sich nicht um ein Nachfolge-Release des Vorgängers handelt, sondern um ein völlig überarbeitetes Produkt mit neuen Techniken. Erste Reaktionen klingen positiv: Auf der SAP TechEd im Oktober 2010 in Las Vegas waren die Sessions zu Duet Enterprise so gut besucht, dass Teilnehmer auf dem Boden sitzen mussten. Fachleute bescheinigen dem neuen System einen Qualitätssprung.

SAP-Software und Microsoft SharePoint wurden in den letzten Jahren intensiv weiterentwickelt und bieten nun einen Funktionsumfang, der ein besseres Zusammenspiel ermöglicht. So kann man auch Sys- teme älterer SAP-Release-Stände über SAPs Gateway-Technik sinnvoll ansprechen, so dass externen Anwendungen ein einfacherer Zugriff auf SAP-Ressourcen möglich ist - bis zurück zu R/3 4.6c. Die SharePoint-Verbindung geht jetzt nicht mehr zum Client, sondern ist Web-basierend und integriert neben den Kollaborationsmöglichkeiten auch Web-2.0-Funktionen wie Wikis und Blogs. Dadurch stehen die Geschäftsprozesse und die Interoperabilität beider Systemwelten im Mittelpunkt statt dem Austausch von Datensätzen und Peer-to-Peer-Integration.

Jetzt werden keine fixen Szenarien mehr eingebunden, sondern zwei Softwaresys- teme (SharePoint Server und SAP) sind wie zu einer Plattform miteinander verbunden. Die Orchestrierung ist technisch ausgereift, die Stärken beider Systeme können genutzt und ineinander verschränkt werden. Der Vision der ersten Mendocino-Projektierung ist man nun deutlich näher gekommen.

Heute erwartet ein Anwender, dass er sich nicht mehr jeweils in unterschiedlichen Applikationen anmelden muss. Seine Rollen und Berechtigungen sollen in den jeweiligen Systemen vorgehalten und synchronisiert werden, damit ein prozessorientiertes Arbeiten über Systemgrenzen hinweg möglich ist.

Gateway schafft Durchgängigkeit

Der hierfür geschaffene Transfermechanismus ist das SAP-Gateway. Mit ihm will man Anwender außerhalb der eigenen Software erreichen, so dass sich SAP-Daten über Standardtechniken beziehen lassen - dies wird in Duet Enterprise für SharePoint bereits produktiv genutzt. Das Gateway aggregiert die Daten aus unterschiedlichen SAP-Systemen und unterstützt Funktionen für Sicherheit, Authentifizierung, Autorisierung und Rollen inklusive Single-Sign-on. Durch den "Service Consumption Layer", ein Add-on zu Netweaver 7.0 und SharePoint 2010, gehen die Informationen auch zurück an die SAP-Software. Damit sind die Benutzerrechte auf Seiten des SAP-Systems aus dem Business-Prozess gesteuert und werden an SharePoint weitergegeben. So lassen sich Informationen aus den SAP-BusinessObjekten einfach in SharePoint übernehmen, wo sie in gewohnter Anwenderumgebung unter Wahrung von Sicherheit und Compliance unkompliziert verarbeitet werden können.

Auf SharePoint-Seite geschieht dies mittels der Active Directory Federation Services 2.0 (ADFS), die durch den Aufbau einer Vertrauensstellung zum Netweaver-Server das Mapping der Active-Directory-Benutzer auf die SAP-User ermöglichen. Damit funktioniert das Single-Sign-on auch für alle dahinterliegenden SAP-Systeme.

Abläufe aus Office starten

Der Mitarbeiter erhält die wesentlichen Daten eines vordefinierten Business-Prozesses via SharePoint und kann dort oder in den Office-Anwendungen direkt sämtliche Arbeitsabläufe starten, angereichert mit Zusatzinformationen wie Angeboten, Kalkulationen, Verträgen, Analysen und Reporting, Teamdiskussionen und Kalender - ohne weitere Anmeldung und ohne Wechsel in SAP-Programme. Für jeden Vorgang lassen sich in SharePoint Team-Arbeitsbereiche vom Mitarbeiter (nach Recht/Rolle) einrichten, so dass Projektkollegen ebenso wie Lieferanten beziehungsweise Kunden im gleichen Portal arbeiten können. Hier sind die Zugriffsrechte via SharePoint-Rechtevergabe gesichert, aus den dahinterliegenden SAP-Daten ist nur sichtbar, was rollenseitig erlaubt ist. Umgekehrt kann der Benutzer aber auch aus dem Business-Objekt in SAP einen Vorgang starten und sich die Daten und Tasks in SharePoint präsentieren lassen.

Beispiel Angebotserstellung

Ein Beispiel: Bei der Angebotserstellung entsteht aus der Zusammenarbeit mehrerer Fachabteilungen in verschiedenen Entwurfsstufen auf Basis von Diskussion, Mitbewerbervergleichen, Erinnerungen etc. ein Dokument mit Preiskalkulation, für die es des Zugriffs auf Daten aus dem SAP-System bedarf. Da die kollaborationsgestützten Vorgänge aus der gängigen Office-Welt in SAP-Software jedoch schwer abzubilden sind, holt sich der Mitarbeiter via SharePoint die strukturierten Geschäftsobjekte der SAP-Systeme (Kundennummer, eventuell Metadaten, Preise, Budgets) in die gemeinsame Kundenseite des SharePoint-Portals. Die so befüllten Dokumente, Auswertungen und Reports werden dann für Fristen, Kalkulation, Verträge, Freigabe und Unterzeichnung weiter von SharePoint gesteuert.

Die Erfahrungen mit den früheren Duet-Szenarien waren nicht besonders gut. Sie ließen sich nur unzureichend an den Kundenbedarf anpassen und waren zudem abhängig von bestimmten Systemversionen. Die neuen Szenarien bieten eine schnell und gut erweiterbare Basis für gängige unternehmensspezifische Abläufe. So zum Beispiel die Abbildung von Genehmigungs-Workflows, die Bereitstellung von Reports direkt aus SAP in SharePoint, der durchgängige Echtzeitzugriff (lesend und schreibend) auf SAP-Daten via SharePoint und Office, das Einrichten personalisierter Seiten beziehungsweise Teamsites sowie die Offline-Fähigkeit durch SharePoint 2010. Eine unternehmensspezifische Weiterentwicklung kann mit gängigen Tools wie SharePoint Designer und Visual Studio erfolgen.

Erste Erfahrungen

Die Bezeichnung "ready-to-use" kommt von Microsoft und suggeriert Einfachheit, was aus Sicht des Anwenders nicht abwegig ist. Einige Unternehmen haben Duet Enterprise bereits im Einsatz und berichten, dass die Out-of-the-Box-Funktionen zwar gut sind, das Produkt aber kein Selbstläufer ist. Die Definition und Konzeption des Anwendungsdesigns benötigt Zeit, ebenso das Sich-vertraut-machen mit dem Entwicklungsansatz und den Tools. Unterm Strich geht dies aber nicht über das Maß gängiger Softwareprojekte hinaus. Dem gegenüber stehen Arbeitsvereinfachung, Zeiteinsparung und Fehlervermeidung. (ue)

Die Vorteile von Duet aus Business-Sicht

- Komplette Durchgängigkeit der Business-Daten aus SAP-Software in die übliche Mitarbeiterumgebung der Microsoft-Applikationen.

- Fünf Basisszenarien bilden übliche Unternehmensprozesse ab und lassen sich einfach weiterentwickeln.

- Die Prozessqualität wird deutlich verbessert, langfristig kann das Anwenderunternehmen Kosten sparen.

- Vor allem von Anwendern, die nur gelegentlich mit der SAP-Software arbeiten, ist eine hohe Akzeptanz zu erwarten.

- Geringer Schulungsaufwand.

Systemvoraussetzungen

- SAP Netweaver 7.02 (Enhancement Packages 2) - die Abwärtskompatibilität und Zusammenführung verschiedener anderer SAP-(Sub-)Systeme und -Generationen ist möglich;

- Windows Server 2008;

- Microsoft SharePoint 2010;

- Duet-Lizenzen müssen pro Benutzer erworben werden;

- SharePoint-Enterprise-Lizenzen müssen vorhanden sein.