Frauen in der IT

Zwischen Kundentermin und Elternsprechtag

19.06.2009 von Hans Königes
Der Anteil von Frauen in IT-Berufen hat in den letzten Jahren weiter abgenommen. Ein Grund dafür ist, dass sich Karriere und Familie nach wie vor schwer vereinbaren lassen. Dass das nicht so sein muss, zeigt das Beispiel des IT-Dienstleisters Mieschke Hofmann und Partner (MHP).

Sie lassen sich komplexe Maschinen erklären, betrachten technische Zeichnungen oder verfolgen am Computerbildschirm mit, wie eine Internet-Seite programmiert wird. Über 126.000 Schülerinnen kamen Ende April in Betriebe und Unternehmen, um technische Berufe unmittelbar zu erleben. Veranstaltet hat den mittlerweile neunten "Girls’ Day" ein Aktionsbündnis aus den Bundesministerien für Bildung und für Familie, der Bundesagentur für Arbeit und mehreren Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden. Das Ziel: junge Frauen für Technik und Naturwissenschaft begeistern.

Christoph Joos, MHP: "Mitarbeiter, die aus familiären Gründen kürzertreten, brauchen keine Angst vor einem Karriereknick zu haben."
Foto: MHP

Denn nach Angaben des Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft Telekommunikation und neue Medien) stagniert der Anteil der weiblichen Studienanfängern im Fach Informatik seit Jahren bei zirka 17 Prozent. Bei den Auszubildenden im IT-Sektor ist die Frauenquote sogar gesunken. Während 2001 noch 14,2 Prozent der Berufseinsteiger junge Frauen waren, schrumpfte dieser Anteil bis auf neun Prozent im vergangenen Jahr. Auch bezogen auf alle in der IT-Branche Beschäftigten ist die Quote weiblicher Mitarbeiter äußerst gering und in den letzten Jahren rückläufig. Laut der Bundesagentur für Arbeit ging der Frauenanteil von 20,4 Prozent im Jahr 2000 auf 18,7 Prozent 2008 zurück. Weibliche Führungskräfte sind kaum zu finden.

Die Gründe dafür, dass Frauen sich nur selten für IT-Berufe entscheiden, sind ebenso vielschichtig wie schwer zu belegen. So gelten unter anderem geschlechterspezifische Neigungen als Ursache. Während Männer sich dem Klischee nach eher für naturwissenschaftliche und technische Felder interessieren, fühlen sich Frauen eher zu kommunikativen oder kreativen Tätigkeiten hingezogen. Auch auf eine mangelnde Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Unterricht oder das vermeintlich unattraktive Image der Branche wird verwiesen.

Noch ein weiterer Aspekt spielt eine Rolle: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So sehen das auch weibliche IT-Führungskräfte, die auf der diesjährigen CeBIT die "Charta für die Talente der Zukunft" vorgestellt haben. In dem Papier der Initiative D21 erklären die Unterzeichnerinnen unter anderem, Programme zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen und Eltern bei der Work/Life-Integration zu coachen. Barbara Schwarze, die die Geschäftsstelle Nationaler Pakt für Frauen in Mint-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) leitet, meint: "Die flexiblen Arbeitszusammenhänge in der IT, in denen sich Teams oftmals weltweit zusammensetzen, bieten die Chance, Telearbeit zu nutzen und auf Vertrauensarbeitszeit zu setzen. Damit können Frauen und Männer Familie und Beruf besser in Einklang bringen, also auch mit Kindern ihre Karriere weiterverfolgen."

Wie so etwas aussehen kann, zeigt das Beispiel Dragica Saur, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Prozess- und IT-Beratung Mieschke Hofmann und Partner (MHP), bei der über 430 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die 41-jährige Prozess- und IT-Beraterin leitet als Senior Manager die Business Line Financials bei MHP und ist für ein 16-köpfiges Team verantwortlich. Nach Feierabend tauscht die diplomierte Betriebswirtin das Business-Outfit gegen Jeans und Pullover, um sich um ihre Tochter zu kümmern.

Statt Kundenterminen steht dann zum Beispiel der Elternsprechtag in der Schule an. "Ohne die Unterstützung durch meine Familie, MHP und die Teamkollegen wäre es kaum möglich, meinen Job als Mutter und den Beruf bei MHP unter einen Hut zu bekommen", sagt Saur.

Flexible Strukturen begünstigen Familie und Beruf

Dem Arbeitgeber kommt bei der Frage, ob sich Privatleben und Beruf vereinbaren lassen, eine zentrale Rolle zu. Denn schließlich kann nur er Strukturen schaffen, die es erlauben, beide Lebensbereiche aufeinander abzustimmen. Dabei sind flexible Arbeitszeiten ein wesentlicher Bestandteil. "Bei MHP gibt es keine festen Arbeitszeiten. Wichtig ist, dass wir unsere Projekte erledigen. Das hat den Vorteil, dass ich auch mal später als gewöhnlich kommen kann. Zum Beispiel dann, wenn ich mit meiner Tochter unerwartet zum Arzt muss. Das richtige Zeit-Management ist dabei essenziell." Neben der zeitlichen begünstigt auch räumliche Flexibilität das Nebeneinander von Beruf und Familie.

Auch deshalb würden laut einer aktuellen Bitkom-Erhebung drei Viertel der befragten Frauen ganz oder teilweise im Home Office arbeiten oder nutzen diese Möglichkeit bereits. MHP bietet Müttern darüber hinaus an, vor allem Aufgaben zu übernehmen, die verglichen mit dem üblichen Berateralltag keine große Reisebereitschaft erfordern.

Auch wenn solche Maßnahmen die Basis dafür sind, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, ist das nur ein Schritt. Wichtig ist für die betroffenen Frauen auch, dass sie den Spagat zwischen Job und Zuhause nicht mit Nachteilen beim beruflichen Aufstieg bezahlen müssen. Genau das ist allerdings nach wie vor eher die Regel als die Ausnahme. Anders bei MHP: "Beraterinnen, und übrigens auch Berater, die wegen ihrer Familie im Job etwas kürzer treten oder besondere Arbeitsformen in Anspruch nehmen, müssen bei uns keinen Karriereknick befürchten", so Christoph Joos, Mitglied der MHP-Geschäftsleitung und für den Bereich Human Resources verantwortlich. "Wohl auch deshalb haben wir einen für die Branche recht hohen Frauenanteil. Von allen Mitarbeiterinnen nehmen knapp 17 Prozent bei uns eine Führungsposition wahr."